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   * [[https://www.franz-hamburger.de/franz-hamburger/Vortrage_files/Abschiedsvorlesung_Franz%20Hamburger.pdf|Abschiedsvorlesung]]  (16.9.2011, Universität Mainz)   * [[https://www.franz-hamburger.de/franz-hamburger/Vortrage_files/Abschiedsvorlesung_Franz%20Hamburger.pdf|Abschiedsvorlesung]]  (16.9.2011, Universität Mainz)
  
-  * Religion und Migration. https://www.oefo.org/post/artikel-zum-thema-religion-und-migration-von-prof-i-r-dr-franz-hamburger +  * [[https://www.oefo.org/post/artikel-zum-thema-religion-und-migration-von-prof-i-r-dr-franz-hamburger|Religion und Migration]] - Abendgespräch bei der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt e.V. (2023) 
-  * Gabe-Konvivialität-Integration. https://www.oefo.org/post/veranstaltungsbericht-zum-abendgespr%C3%A4ch-gabe-konvivalit%C3%A4t-integration-am-27-06-2023  +  * [[https://www.oefo.org/post/veranstaltungsbericht-zum-abendgespr%C3%A4ch-gabe-konvivalit%C3%A4t-integration-am-27-06-2023|Gabe-Konvivialität-Integration]] - Veranstaltungsbericht zum Abendgespräch bei der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt e.V. (2023) 
-  * Migration und Religion – ein vielschichtiger Zusammenhang. https://www.oefo.org/post/migration-und-religion-ein-vielschichtiger-zusammenhang+  * [[https://www.oefo.org/post/migration-und-religion-ein-vielschichtiger-zusammenhang|Migration und Religion – ein vielschichtiger Zusammenhang]] -  Dossier zur Veranstaltung bei der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt e.V. (2023)
  
  
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 **15.6. 2013, aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Migrantenseelsorge des Evangelischen Dekanats Bad Kreuznach** **15.6. 2013, aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Migrantenseelsorge des Evangelischen Dekanats Bad Kreuznach**
  
-Die Religionen haben heute keinen guten Ruf. Sie werden vor allem zum Thema, wenn es um Kriege und Konflikte geht. In der öffentlichen Meinung wird ihnen das Potential zugeschrieben, Konflikte anzuheizen, Differenzen zu legitimieren, Auseinandersetzungen ideologisch aufzuladen. Der strategische Denker Samuel Huntington hat die ganze Welt nach religiös-kulturellen Mustern aufgeteilt und entsprechend den Krieg der Kulturen prognostiziert. Es war von Anfang an schwer zu entscheiden, ob es bei seiner These um eine Handlungsanweisung geht, die sich selbst erfüllt, oder um eine Warnung vor Zuständen, gegen die man präventiv vorgehen soll. Und selbst der vermeintlich so friedliche Buddhismus wird heute in einen ursächlichen Zusammenhang mit blutigen Zusammenstößen gebracht. +Die Religionen haben heute keinen guten Ruf. Sie werden vor allem zum Thema, wenn es um Kriege und Konflikte geht. In der öffentlichen Meinung wird ihnen das Potential zugeschrieben, Konflikte anzuheizen, Differenzen zu legitimieren, Auseinandersetzungen ideologisch aufzuladen. Der strategische Denker Samuel Huntington hat die ganze Welt nach religiös-kulturellen Mustern aufgeteilt und entsprechend den Krieg der Kulturen prognostiziert. Es war von Anfang an schwer zu entscheiden, ob es bei seiner These um eine Handlungsanweisung geht, die sich selbst erfüllt, oder um eine Warnung vor Zuständen, gegen die man präventiv vorgehen soll. Und selbst der vermeintlich so friedliche Buddhismus wird heute in einen ursächlichen Zusammenhang mit blutigen Zusammenstößen gebracht.\\ 
-Angesichts dieser Debatten rücken die großen Leistungen der Religionen und Kirchen in den Hintergrund. Es ist die Sorge für die Armen, die Unterstützung der Schwachen, die Hilfe für die, die am Rande der Gesellschaft stehen, die Integration derer, die von Ausschluss bedroht sind, und derer, die mit Gewalt Probleme lösen wollen. Gerade in dieser Gegensätzlichkeit des Einsatzes, nämlich dem Engagement für die Opfer einerseits und dem Bemühen andererseits, Täter von ihren Taten zurückzuhalten, wird die Kraft des religiösen Engagements für den Frieden der Menschen untereinander sichtbar.+Angesichts dieser Debatten rücken die großen Leistungen der Religionen und Kirchen in den Hintergrund. Es ist die Sorge für die Armen, die Unterstützung der Schwachen, die Hilfe für die, die am Rande der Gesellschaft stehen, die Integration derer, die von Ausschluss bedroht sind, und derer, die mit Gewalt Probleme lösen wollen. Gerade in dieser Gegensätzlichkeit des Einsatzes, nämlich dem Engagement für die Opfer einerseits und dem Bemühen andererseits, Täter von ihren Taten zurückzuhalten, wird die Kraft des religiösen Engagements für den Frieden der Menschen untereinander sichtbar.\\
 Wenn man die christliche Botschaft zusammenfassen möchte, dann sind Samariterdienst und die Stiftung des Friedens wesentliche Aspekte. Und diesem Dienst widmen sich die Kirchen in Deutschland auch in hohem Maße. Nicht nur weil es für den Staat billiger kommt oder er die Leistungen mit Entgelten honoriert, sind Diakonie und Caritas die praktische Seite der Kirche in der Gesellschaft. Dazu zählt auch immer schon die Sorge für die Fremden und das Engagement für eine menschliche Ausgestaltung ihrer Lebensbedingungen. Die Kirchen haben als erste die Beratung und Unterstützung für die Gastarbeiter gesichert, sie haben sich für deren menschenwürdige Unterbringung eingesetzt, sie haben sich um die Bildung der Kinder und die Integration der Frauen gekümmert, sie haben die Interkulturellen Wochen mit aus der Taufe gehoben und schließlich gegen die verschiedenen Verschärfungen des Ausländer- und Asylrechts gekämpft. Ja, es waren Kämpfe und nicht immer nur wohlmeinende Erklärungen und viele kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben ihr ganzes Leben in den Dienst an den Armen gestellt. Dies auch deshalb, weil es eben nicht nur um den Kampf gegen materielle Armut, sondern auch um Verzweiflung und Orientierungslosigkeit, um Ortlosigkeit in dieser Welt geht.  Wenn man die christliche Botschaft zusammenfassen möchte, dann sind Samariterdienst und die Stiftung des Friedens wesentliche Aspekte. Und diesem Dienst widmen sich die Kirchen in Deutschland auch in hohem Maße. Nicht nur weil es für den Staat billiger kommt oder er die Leistungen mit Entgelten honoriert, sind Diakonie und Caritas die praktische Seite der Kirche in der Gesellschaft. Dazu zählt auch immer schon die Sorge für die Fremden und das Engagement für eine menschliche Ausgestaltung ihrer Lebensbedingungen. Die Kirchen haben als erste die Beratung und Unterstützung für die Gastarbeiter gesichert, sie haben sich für deren menschenwürdige Unterbringung eingesetzt, sie haben sich um die Bildung der Kinder und die Integration der Frauen gekümmert, sie haben die Interkulturellen Wochen mit aus der Taufe gehoben und schließlich gegen die verschiedenen Verschärfungen des Ausländer- und Asylrechts gekämpft. Ja, es waren Kämpfe und nicht immer nur wohlmeinende Erklärungen und viele kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben ihr ganzes Leben in den Dienst an den Armen gestellt. Dies auch deshalb, weil es eben nicht nur um den Kampf gegen materielle Armut, sondern auch um Verzweiflung und Orientierungslosigkeit, um Ortlosigkeit in dieser Welt geht. 
  
-Ich konnte als Jugendlicher mit dem Kirchenlied „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh, mit mancherlei Beschwerden, der ewigen Heimat zu“ nicht viel anfangen. Ich habe mich mehr mit der U-topie, also der Ort-losigkeit eines naiv visionären Denkens befasst. In der Konfrontation mit Migrationsschicksalen begegnet uns aber konkret die existenzielle Bedeutung eines solchen Lebensgefühls. Weniger noch bei den kräftigen jungen Männern, die ihr Armutsschicksal ändern wollen, als vielmehr in den Erzählungen der alt gewordenen Migranten oder der unerträglich lange nur geduldeten Flüchtlinge, die in nostalgischer Erinnerung an die Kindheit sich mit dem Ganzen ihres Lebens konfrontiert sehen. Und für dieses Leben keinen guten Schluss zu finden scheinen. +Ich konnte als Jugendlicher mit dem Kirchenlied „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh, mit mancherlei Beschwerden, der ewigen Heimat zu“ nicht viel anfangen. Ich habe mich mehr mit der U-topie, also der Ort-losigkeit eines naiv visionären Denkens befasst. In der Konfrontation mit Migrationsschicksalen begegnet uns aber konkret die existenzielle Bedeutung eines solchen Lebensgefühls. Weniger noch bei den kräftigen jungen Männern, die ihr Armutsschicksal ändern wollen, als vielmehr in den Erzählungen der alt gewordenen Migranten oder der unerträglich lange nur geduldeten Flüchtlinge, die in nostalgischer Erinnerung an die Kindheit sich mit dem Ganzen ihres Lebens konfrontiert sehen. Und für dieses Leben keinen guten Schluss zu finden scheinen.\\ 
-Eines der wichtigsten Felder kirchlichen Engagements ist heute die Flüchtlingsarbeit. Die Kirchen setzen sich für die ein, die angeblich für nichts nütze sind. Die Gesellschaft will nur die haben, die für sie von Nutzen sind. Flüchtlingsarbeit heißt heute aber nicht nur praktische Hilfe zu leisten, sondern vor allem auch, die Zusammenhänge verstehen lernen, die zur Flucht führen. Es ist nicht nur so, dass wir zu wenig Barmherzigkeit üben. Es ist auch so, dass wir zu wenig analysieren und daraus die konsequenten Schlüsse ziehen. Ich möchte das an einem kleinen Beispiel verdeutlichen:  +Eines der wichtigsten Felder kirchlichen Engagements ist heute die Flüchtlingsarbeit. Die Kirchen setzen sich für die ein, die angeblich für nichts nütze sind. Die Gesellschaft will nur die haben, die für sie von Nutzen sind. Flüchtlingsarbeit heißt heute aber nicht nur praktische Hilfe zu leisten, sondern vor allem auch, die Zusammenhänge verstehen lernen, die zur Flucht führen. Es ist nicht nur so, dass wir zu wenig Barmherzigkeit üben. Es ist auch so, dass wir zu wenig analysieren und daraus die konsequenten Schlüsse ziehen. Ich möchte das an einem kleinen Beispiel verdeutlichen: \\ 
-Die globalen Wanderungsbewegungen folgen in zentralen Linien den Wegen des Geldes. Das zeigt sich am Verhältnis der armen und reichen Länder.+Die globalen Wanderungsbewegungen folgen in zentralen Linien den Wegen des Geldes. Das zeigt sich am Verhältnis der armen und reichen Länder.\\
 Es ist nicht so, dass wir bei der Entwicklungshilfe zu wenig geben. Es ist vielmehr so, dass wir zu viel nehmen. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; das ist deutlich mehr als sie an Entwicklungshilfe erhalten.“ (Markus Meinzer: Der neue Kolonialismus, SZ 12.4.2013, S.2) Auch die Kooperation zwischen den reichen Ländern und den Reichen der armen Länder trägt zur Aufrechterhaltung dieser ungerechten Ordnung bei. Im sogenannten „Offshore“-System arbeiten Heerscharen hoch bezahlter Anwälte, Banker und Wirtschaftsprüfer für die Superreichen, für die Geldwäscher und Konzerne, damit diese die komplexen Fluchtwege für ihr Geld nutzen können. Deutschland hat 2009 die Steuerkooperation mit Entwicklungsländern eingeschränkt. Davon profitieren wir. Schließlich liegen 1,3 Billionen Euro ausländisches Geld auf deutschen Konten. Muammar al-Gaddafi hatte sechs Milliarden in Deutschland angelegt. Warum sollten die Menschen nicht diesen lukrativen Strömen zum Reichtum folgen? Warum soll der Tellerwäscher nicht etwas von dem haben wollen, was der Geldwäscher im Überfluss besitzt und protzig in den Jachten der Luxushäfen zur Schau stellt – gerade im Mittelmeer, wo gleichzeitig so viele Flüchtlinge ums Leben kommen? Tatsächlich ist es, und das ist das Erstaunliche, nur weniger als 1 Prozent der Menschen, die aus der Not in das Reich des Reichtums fliehen. Würde man die Steueroasen, die eigentlich Schattenwirtschaftsplätze sind, einhegen, dann könnte die wirtschaftliche Entwicklung der armen Länder alle diese Menschen an sich binden. Zwei Prozent der Weltbevölkerung leben heute nicht in ihrem Heimatland. Und nur ein Bruchteil von ihnen sind Flüchtlinge. Und nur ein Bruchteil von ihnen wiederum erreicht die reichen Länder. Aber im Jammern über ihren angeblich gefährdeten Reichtum stehen diese Länder an der Spitze. In Wahrheit finanzieren die ärmsten Länder unseren Zweitwagen und unseren Espressoautomaten. Es ist nicht so, dass wir bei der Entwicklungshilfe zu wenig geben. Es ist vielmehr so, dass wir zu viel nehmen. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; das ist deutlich mehr als sie an Entwicklungshilfe erhalten.“ (Markus Meinzer: Der neue Kolonialismus, SZ 12.4.2013, S.2) Auch die Kooperation zwischen den reichen Ländern und den Reichen der armen Länder trägt zur Aufrechterhaltung dieser ungerechten Ordnung bei. Im sogenannten „Offshore“-System arbeiten Heerscharen hoch bezahlter Anwälte, Banker und Wirtschaftsprüfer für die Superreichen, für die Geldwäscher und Konzerne, damit diese die komplexen Fluchtwege für ihr Geld nutzen können. Deutschland hat 2009 die Steuerkooperation mit Entwicklungsländern eingeschränkt. Davon profitieren wir. Schließlich liegen 1,3 Billionen Euro ausländisches Geld auf deutschen Konten. Muammar al-Gaddafi hatte sechs Milliarden in Deutschland angelegt. Warum sollten die Menschen nicht diesen lukrativen Strömen zum Reichtum folgen? Warum soll der Tellerwäscher nicht etwas von dem haben wollen, was der Geldwäscher im Überfluss besitzt und protzig in den Jachten der Luxushäfen zur Schau stellt – gerade im Mittelmeer, wo gleichzeitig so viele Flüchtlinge ums Leben kommen? Tatsächlich ist es, und das ist das Erstaunliche, nur weniger als 1 Prozent der Menschen, die aus der Not in das Reich des Reichtums fliehen. Würde man die Steueroasen, die eigentlich Schattenwirtschaftsplätze sind, einhegen, dann könnte die wirtschaftliche Entwicklung der armen Länder alle diese Menschen an sich binden. Zwei Prozent der Weltbevölkerung leben heute nicht in ihrem Heimatland. Und nur ein Bruchteil von ihnen sind Flüchtlinge. Und nur ein Bruchteil von ihnen wiederum erreicht die reichen Länder. Aber im Jammern über ihren angeblich gefährdeten Reichtum stehen diese Länder an der Spitze. In Wahrheit finanzieren die ärmsten Länder unseren Zweitwagen und unseren Espressoautomaten.
  
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 "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen? und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst" (Mt 7,1-5). "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen? und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst" (Mt 7,1-5).
  
-Diesen Text kann man lesen als eine Aufforderung zum Abbau von Vorurteilen. Das ist richtig und notwendig. Insbesondere dann, wenn Vorurteile sich verfestigen, gegen empirische Argumente immun sind und sich mit negativen Gefühlen aufladen, sind sie Grundlage von Aggressionen. Aber dieser Text bedeutet auch, dass der aggressiv auf die Fehler des Anderen Starrende seine eigene Würde verliert. Seine Würde, die er als Mensch mit Recht zu beanspruchen glaubt. Denn er misst den anderen an einem Kriterium, das er für sich selbst nicht gelten lassen will. Die Wechselseitigkeit des eigenen Anspruchs und des Eintretens für die Würde des Anderen – das ist die Botschaft dieser Textstelle. Dahinter steht gleichzeitig eine demokratische Ordnung, wie sie in unserer Verfassung zum Ausdruck kommt und die uns deutlich macht, dass unsere Würde als Menschen nur so weit reicht, wie wir die Würde eines jeden anderen anerkennen und zur Geltung bringen. +Diesen Text kann man lesen als eine Aufforderung zum Abbau von Vorurteilen. Das ist richtig und notwendig. Insbesondere dann, wenn Vorurteile sich verfestigen, gegen empirische Argumente immun sind und sich mit negativen Gefühlen aufladen, sind sie Grundlage von Aggressionen. Aber dieser Text bedeutet auch, dass der aggressiv auf die Fehler des Anderen Starrende seine eigene Würde verliert. Seine Würde, die er als Mensch mit Recht zu beanspruchen glaubt. Denn er misst den anderen an einem Kriterium, das er für sich selbst nicht gelten lassen will. Die Wechselseitigkeit des eigenen Anspruchs und des Eintretens für die Würde des Anderen – das ist die Botschaft dieser Textstelle. Dahinter steht gleichzeitig eine demokratische Ordnung, wie sie in unserer Verfassung zum Ausdruck kommt und die uns deutlich macht, dass unsere Würde als Menschen nur so weit reicht, wie wir die Würde eines jeden anderen anerkennen und zur Geltung bringen. \\
 Die eigene Borniertheit und Verbissenheit in der Ablehnung der Anderen, heute zum Beispiel des Islam, zu erkennen und sie zu mindern, ist eine genuin christliche Aufgabe. Dabei geht es gerade nicht um Selbstbehauptung, sondern um Selbstbegrenzung, weil wir wissen, dass unser Wort oder unsere Tat nicht mit dem übereinstimmt, was wir zu beabsichtigen glauben. Es liegt immer eine zumindest kleine Differenz zwischen dem, was wir meinen, und dem, was wir tun oder sagen. „Selbstironische Fehlerfreundlichkeit“ hat Paul Mecheril einmal für das interkulturelle Lernen gefordert. Sie ermöglicht uns einen immer etwas spielerischen Umgang mit der Welt. Wir sind ihr dann nicht verfallen. Möglicherweise hat der Umgang mit dem Fremden bzw. mit Befremdung deshalb auch etwas zu tun mit dem Glauben. Jedenfalls kann er uns frei machen für die Sensibilität gegenüber den Splittern und Balken. Und weil der Satz mit den Splittern und Balken auch für mich gilt, schließe ich, bevor mir Bretter vor den Kopf wachsen.  Die eigene Borniertheit und Verbissenheit in der Ablehnung der Anderen, heute zum Beispiel des Islam, zu erkennen und sie zu mindern, ist eine genuin christliche Aufgabe. Dabei geht es gerade nicht um Selbstbehauptung, sondern um Selbstbegrenzung, weil wir wissen, dass unser Wort oder unsere Tat nicht mit dem übereinstimmt, was wir zu beabsichtigen glauben. Es liegt immer eine zumindest kleine Differenz zwischen dem, was wir meinen, und dem, was wir tun oder sagen. „Selbstironische Fehlerfreundlichkeit“ hat Paul Mecheril einmal für das interkulturelle Lernen gefordert. Sie ermöglicht uns einen immer etwas spielerischen Umgang mit der Welt. Wir sind ihr dann nicht verfallen. Möglicherweise hat der Umgang mit dem Fremden bzw. mit Befremdung deshalb auch etwas zu tun mit dem Glauben. Jedenfalls kann er uns frei machen für die Sensibilität gegenüber den Splittern und Balken. Und weil der Satz mit den Splittern und Balken auch für mich gilt, schließe ich, bevor mir Bretter vor den Kopf wachsen. 
  
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 Diesen Gedankengang möchte ich in meiner ersten These zuspitzen: Diesen Gedankengang möchte ich in meiner ersten These zuspitzen:
-Mit dem ständigen Verweis auf den Bildungsmisserfolg der Kinder mit Migrationshintergrund wird eine politische Instrumentalisierung der Migranten vollzogen, die der ökonomischen Instrumentalisierung nachfolgt.+Mit dem ständigen Verweis auf den Bildungsmisserfolg der Kinder mit Migrationshintergrund wird eine politische Instrumentalisierung der Migranten vollzogen, die der ökonomischen Instrumentalisierung nachfolgt.\\
 Immer wieder wird die Bildungssituation der Migranten als „dramatisch“ bezeichnet. Die schulische Selektion im Bildungssystem wird damit als Problem benannt, aber zugleich auf eine Personengruppe projiziert. Deshalb kann sich die Kritik an der sozialen Selektivität des Bildungssystems nicht ernsthaft, das heißt folgenreich entfalten. Denn ernsthaft betroffen von der selektiven Wirkung seien ja vor allem die Ausländer. Wenn ca. 15 % der ausländischen Abgänger aus dem allgemeinbildenden Schulwesen in Deutschland keinen Abschluss erreichen, so handelt es sich um ca. 16 000 Jugendliche. Die ca. 6,5 % der deutschen Schulabgänger machen eine Gruppe von ca. 52 000 Schülern aus – mit einem männlichen Schwerpunkt. Die Chancen, auf qualifizierte Weise in die Gesellschaft „integriert“ zu werden, sind für beide Gruppen gleichermaßen eingeschränkt. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die kleinere Gruppe mit dem höheren Prozentanteil belastet das Bild der Migranten und stabilisiert Vorurteile – gerade bei denen, die, wie im Handwerk, über die Einstellung von Auszubildenden entscheiden. Die Folge ist bekannt: Auch bei gleichem Abschluss und bei gleichen Noten haben ausländische Schulabgänger deutlich schlechtere Chancen. Die Kritik an der sozialen Selektivität des Schulwesens wird de-legitimiert, weil angeblich vor allem „die Ausländer“ betroffen sind.  Immer wieder wird die Bildungssituation der Migranten als „dramatisch“ bezeichnet. Die schulische Selektion im Bildungssystem wird damit als Problem benannt, aber zugleich auf eine Personengruppe projiziert. Deshalb kann sich die Kritik an der sozialen Selektivität des Bildungssystems nicht ernsthaft, das heißt folgenreich entfalten. Denn ernsthaft betroffen von der selektiven Wirkung seien ja vor allem die Ausländer. Wenn ca. 15 % der ausländischen Abgänger aus dem allgemeinbildenden Schulwesen in Deutschland keinen Abschluss erreichen, so handelt es sich um ca. 16 000 Jugendliche. Die ca. 6,5 % der deutschen Schulabgänger machen eine Gruppe von ca. 52 000 Schülern aus – mit einem männlichen Schwerpunkt. Die Chancen, auf qualifizierte Weise in die Gesellschaft „integriert“ zu werden, sind für beide Gruppen gleichermaßen eingeschränkt. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die kleinere Gruppe mit dem höheren Prozentanteil belastet das Bild der Migranten und stabilisiert Vorurteile – gerade bei denen, die, wie im Handwerk, über die Einstellung von Auszubildenden entscheiden. Die Folge ist bekannt: Auch bei gleichem Abschluss und bei gleichen Noten haben ausländische Schulabgänger deutlich schlechtere Chancen. Die Kritik an der sozialen Selektivität des Schulwesens wird de-legitimiert, weil angeblich vor allem „die Ausländer“ betroffen sind. 
 Dies nenne ich die politische Instrumentalisierung des Ausländers für Herrschafts- und Statusinteressen. Im Hamburger Volksentscheid haben sie sich ausgetobt. Schon nach der ersten PISA-Studie haben manche versucht, „die Ausländer“ aus der Statistik des allzu bescheidenen deutschen Bildungserfolges „herauszurechnen“. Auch wenn solcher Unsinn nicht ständig wiederholt wird, so hat sich das Denkmuster doch tief eingegraben und wird an den Stammtischen des Bildungsbürgertums zelebriert. Denn PISA stellte eine Kränkung dieser deutschen Tradition dar. Dies nenne ich die politische Instrumentalisierung des Ausländers für Herrschafts- und Statusinteressen. Im Hamburger Volksentscheid haben sie sich ausgetobt. Schon nach der ersten PISA-Studie haben manche versucht, „die Ausländer“ aus der Statistik des allzu bescheidenen deutschen Bildungserfolges „herauszurechnen“. Auch wenn solcher Unsinn nicht ständig wiederholt wird, so hat sich das Denkmuster doch tief eingegraben und wird an den Stammtischen des Bildungsbürgertums zelebriert. Denn PISA stellte eine Kränkung dieser deutschen Tradition dar.
  
-Das Bildungsbürgertum pflegte aber nicht nur ein nationales Muster, sondern kultivierte auch einen schichtspezifischen Habitus, der in der Verachtung der unteren Klassen seinen Ausdruck fand. Der Umstand, dass die Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere aber die Ausländer in Deutschland zu einem erheblichen Anteil die Gesellschaft unterschichtet haben, gibt dem alten Muster neue Nahrung.  +Das Bildungsbürgertum pflegte aber nicht nur ein nationales Muster, sondern kultivierte auch einen schichtspezifischen Habitus, der in der Verachtung der unteren Klassen seinen Ausdruck fand. Der Umstand, dass die Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere aber die Ausländer in Deutschland zu einem erheblichen Anteil die Gesellschaft unterschichtet haben, gibt dem alten Muster neue Nahrung. \\ 
-Zugleich aber muss sich die Analyse der „Bildungsarmut“ der Migranten neu orientieren und auf die objektive Lage in der Gesellschaft eingehen. Deshalb lautet meine zweite These: +Zugleich aber muss sich die Analyse der „Bildungsarmut“ der Migranten neu orientieren und auf die objektive Lage in der Gesellschaft eingehen. Deshalb lautet meine zweite These:\\ 
-Nicht der Migrationshintergrund ist die Ursache für Bildungsbenachteiligung, sondern die Klassenlage, also die Armut der Migranten. +Nicht der Migrationshintergrund ist die Ursache für Bildungsbenachteiligung, sondern die Klassenlage, also die Armut der Migranten.\\ 
-Armut ist grundsätzlich die Folge der Lohnarbeiterexistenz. Ohne sozialstaatliche Absicherungen, ohne materielle Leistungen für Kinder und ihre Familien, ohne Sozialschutz der Kranken und Alten ist Armut unmittelbar mit dem Lohnarbeiterstatus verbunden. Deshalb ist der Abbau von Sozialleistungen, die Belastung mit Zuzahlungen bei elementaren Sicherungsleistungen, die Kürzungen der Renten und die Senkung der Leistungen im Falle von Erwerbslosigkeit mit einem Übergang in die Armut direkt verbunden, und zwar immer dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis schon eine Gradwanderung am Rande der Armut war. Es ist die fragwürdige Leistung von Hartz IV, dass es den Prozess der Verarmung für alle Erwerbstätigen spätestens nach einem Jahr unübersehbar herstellt und sichtbar macht. Das langfristige Sinken der Nettolohnquote und die dauerhaft verbreitete Erwerbslosigkeit drücken den Prozess strukturell aus. +Armut ist grundsätzlich die Folge der Lohnarbeiterexistenz. Ohne sozialstaatliche Absicherungen, ohne materielle Leistungen für Kinder und ihre Familien, ohne Sozialschutz der Kranken und Alten ist Armut unmittelbar mit dem Lohnarbeiterstatus verbunden. Deshalb ist der Abbau von Sozialleistungen, die Belastung mit Zuzahlungen bei elementaren Sicherungsleistungen, die Kürzungen der Renten und die Senkung der Leistungen im Falle von Erwerbslosigkeit mit einem Übergang in die Armut direkt verbunden, und zwar immer dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis schon eine Gradwanderung am Rande der Armut war. Es ist die fragwürdige Leistung von Hartz IV, dass es den Prozess der Verarmung für alle Erwerbstätigen spätestens nach einem Jahr unübersehbar herstellt und sichtbar macht. Das langfristige Sinken der Nettolohnquote und die dauerhaft verbreitete Erwerbslosigkeit drücken den Prozess strukturell aus.\\ 
-Nun ist Migration in den meisten Fällen auch ein Prozess der Herstellung von „reiner“ Lohnarbeiterexistenz. Denn die Ressourcen der Subsistenzwirtschaft werden zurückgelassen, die Ersparnisse werden häufig durch die Kosten für die Wanderung aufgebraucht. Deshalb ist die Erwerbsarbeit auf besondere Weise die einzige Quelle für Einkommen und Absicherung – außer natürlich der verwandtschaftlichen Einbindung und Unterstützung. Diese soll aber nicht romantisch verklärt werden - sie ist oft auch ein Zwangsverhältnis, aus dem sich die einheimische Bevölkerung, wenn es irgendwie geht, gelöst hat.  +Nun ist Migration in den meisten Fällen auch ein Prozess der Herstellung von „reiner“ Lohnarbeiterexistenz. Denn die Ressourcen der Subsistenzwirtschaft werden zurückgelassen, die Ersparnisse werden häufig durch die Kosten für die Wanderung aufgebraucht. Deshalb ist die Erwerbsarbeit auf besondere Weise die einzige Quelle für Einkommen und Absicherung – außer natürlich der verwandtschaftlichen Einbindung und Unterstützung. Diese soll aber nicht romantisch verklärt werden - sie ist oft auch ein Zwangsverhältnis, aus dem sich die einheimische Bevölkerung, wenn es irgendwie geht, gelöst hat. \\ 
-Die Menschen mit Migrationshintergrund sind also nicht zufällig ärmer als die Bio-Deutschen. Schon die ersten Armutsberichte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zeigen, dass 60% der Ausländerhaushalte mindestens einmal in 9 Jahren unter die Armutsgrenze absinken. Sie sind nicht dauernd, aber immer wieder arm. Heute ist die Armut differenziert beim Migrationshintergrund „Haushalte mit Migrationshintergrund“ sind zu 26 – 28 % arm, bei denen ohne den Hintergrund liegt bei Quote bei 11 bis 12 %. Bei den Ausländern allein macht die Quote der Armen ein Drittel aus. Und bei ausländischen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegt die Armutsquote bei 41,2% - ein Datum aus dem Zweiten Integrationsindikatorenbericht. Auch sind 17% der erwerbstätigen Ausländer arm. Und die Hälfte der alleinerziehenden Ausländer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Schließlich führen auch die Sozialleistungen bei einem Fünftel der sie beziehenden Ausländer zu Armut.  +Die Menschen mit Migrationshintergrund sind also nicht zufällig ärmer als die Bio-Deutschen. Schon die ersten Armutsberichte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zeigen, dass 60% der Ausländerhaushalte mindestens einmal in 9 Jahren unter die Armutsgrenze absinken. Sie sind nicht dauernd, aber immer wieder arm. Heute ist die Armut differenziert beim Migrationshintergrund „Haushalte mit Migrationshintergrund“ sind zu 26 – 28 % arm, bei denen ohne den Hintergrund liegt bei Quote bei 11 bis 12 %. Bei den Ausländern allein macht die Quote der Armen ein Drittel aus. Und bei ausländischen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegt die Armutsquote bei 41,2% - ein Datum aus dem Zweiten Integrationsindikatorenbericht. Auch sind 17% der erwerbstätigen Ausländer arm. Und die Hälfte der alleinerziehenden Ausländer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Schließlich führen auch die Sozialleistungen bei einem Fünftel der sie beziehenden Ausländer zu Armut. \\ 
-Wenn man nun die Quote der armen ausländischen Kinder und Jugendlichen von 41,2 % in Relation setzt zu den 15 % der Schulabgänger ohne Abschluss bekommt man ein realistisches Bild und eine Vorstellung davon, mit welcher Anstrengung gerade ausländische Kinder und Jugendliche versuchen, über Bildung aus ihrer Armutslage heraus zu kommen. Doch dies gelingt auf Dauer nur begrenzt, denn auch ein guter Realschulabschluss ist bei Bewerbern auf dem Ausbildungsmarkt nur begrenzt mit Chancen verbunden, wenn sie den „falschen“ Pass haben.+Wenn man nun die Quote der armen ausländischen Kinder und Jugendlichen von 41,2 % in Relation setzt zu den 15 % der Schulabgänger ohne Abschluss bekommt man ein realistisches Bild und eine Vorstellung davon, mit welcher Anstrengung gerade ausländische Kinder und Jugendliche versuchen, über Bildung aus ihrer Armutslage heraus zu kommen. Doch dies gelingt auf Dauer nur begrenzt, denn auch ein guter Realschulabschluss ist bei Bewerbern auf dem Ausbildungsmarkt nur begrenzt mit Chancen verbunden, wenn sie den „falschen“ Pass haben.\\
 Was immer im Bildungssystem geschieht: es kann den Bildungsanspruch der ausländischen Eltern und die Anstrengungen ihrer Kinder nicht klein kriegen. Auf dem Markt muss neue Ungleichheit hergestellt werden, obwohl er doch das Image der reinen Leistungsbezogenheit kultiviert. Doch die Analyse der geschlechtsspezifischen Ungleichheit hat schon überdeutlich gezeigt, dass diese Barrieren auf dem Markt, und dann besonders auf dem Weg zur Verfügungsmacht, nicht beseitigt sind. Und bei Ausländern und anderen Menschen mit Migrationshintergrund sind sie ebenfalls besonders ausgeprägt. Die neuen deutschen Medienmacher haben das nachdrücklich gezeigt. Was immer im Bildungssystem geschieht: es kann den Bildungsanspruch der ausländischen Eltern und die Anstrengungen ihrer Kinder nicht klein kriegen. Auf dem Markt muss neue Ungleichheit hergestellt werden, obwohl er doch das Image der reinen Leistungsbezogenheit kultiviert. Doch die Analyse der geschlechtsspezifischen Ungleichheit hat schon überdeutlich gezeigt, dass diese Barrieren auf dem Markt, und dann besonders auf dem Weg zur Verfügungsmacht, nicht beseitigt sind. Und bei Ausländern und anderen Menschen mit Migrationshintergrund sind sie ebenfalls besonders ausgeprägt. Die neuen deutschen Medienmacher haben das nachdrücklich gezeigt.
  
-Diese Überlegungen zwingen zu einer dritten These: Die Fokussierung auf Bildung, auf die Lösung von Benachteiligung durch Bildung kann auch ein Beitrag zur Stabilisierung der Benachteiligung sein. Zu einfach ist die OECD-Parole von der Überwindung von Armut und der Ermöglichung von sozialem Aufstieg durch Bildung. Die Daten zum Studium von Arbeiter- und Akademikerkinder zeigen heute, dass die benachteiligenden Relationen nicht abgebaut, sondern eher verstärkt wurden. Auch ist die Rede von dem großen Wert der „hohen“ Bildungsabschlüsse nur eine begrenzte Charakterisierung der Wirklichkeit. Gefragt ist nach wie vor das große Heer der flexiblen Menschen, die jeden Job annehmen (und als Hartz-IV-Bezieher auch annehmen müssen), die nicht auf der Qualität von Handwerklichkeit bestehen, wie Richard Sennett analysiert hat, die leicht in den Arbeitsmarkt inkludiert werden und ebenso leicht wieder exkludiert werden können. Sie müssen zwar eine gewisse allgemeine Handlungsfähigkeit haben, aber ansonsten kommt es nur auf Fertigkeiten an. Die ständige Rede von Kompetenzen, die etwas Gehaltvolles auszudrücken scheint, verdunkelt nur den Prozess, dass heute die Flexibilität das wichtigste Arbeitnehmermerkmal darstellt. +Diese Überlegungen zwingen zu einer dritten These: Die Fokussierung auf Bildung, auf die Lösung von Benachteiligung durch Bildung kann auch ein Beitrag zur Stabilisierung der Benachteiligung sein. Zu einfach ist die OECD-Parole von der Überwindung von Armut und der Ermöglichung von sozialem Aufstieg durch Bildung. Die Daten zum Studium von Arbeiter- und Akademikerkinder zeigen heute, dass die benachteiligenden Relationen nicht abgebaut, sondern eher verstärkt wurden. Auch ist die Rede von dem großen Wert der „hohen“ Bildungsabschlüsse nur eine begrenzte Charakterisierung der Wirklichkeit. Gefragt ist nach wie vor das große Heer der flexiblen Menschen, die jeden Job annehmen (und als Hartz-IV-Bezieher auch annehmen müssen), die nicht auf der Qualität von Handwerklichkeit bestehen, wie Richard Sennett analysiert hat, die leicht in den Arbeitsmarkt inkludiert werden und ebenso leicht wieder exkludiert werden können. Sie müssen zwar eine gewisse allgemeine Handlungsfähigkeit haben, aber ansonsten kommt es nur auf Fertigkeiten an. Die ständige Rede von Kompetenzen, die etwas Gehaltvolles auszudrücken scheint, verdunkelt nur den Prozess, dass heute die Flexibilität das wichtigste Arbeitnehmermerkmal darstellt.\\ 
-Die Vorenthaltung von habitueller Gleichheit ist zu einem zentralen Mechanismus der Statussicherung geworden. Auch wenn die Staatsbürgerschaft erworben wurde, ist die Erfahrung, dass habituell Gleichheit verweigert wird, mit einer tiefen Kränkung der integrierten Menschen mit Migrationshintergrund verbunden. Integration soll nicht stattfinden. Paul Mecheril hat diesen Prozess schon vor einiger Zeit untersucht.  +Die Vorenthaltung von habitueller Gleichheit ist zu einem zentralen Mechanismus der Statussicherung geworden. Auch wenn die Staatsbürgerschaft erworben wurde, ist die Erfahrung, dass habituell Gleichheit verweigert wird, mit einer tiefen Kränkung der integrierten Menschen mit Migrationshintergrund verbunden. Integration soll nicht stattfinden. Paul Mecheril hat diesen Prozess schon vor einiger Zeit untersucht. \\ 
-Gleichheit entsteht durchaus auch durch Bildung. Aber sie wird auch durch die Bildung und vor allem durch die Bildung eines Habitus aufrechterhalten. Die Ungleichheit hat dagegen ihre zentralen Quellen in der Verfügung über Eigentum auf der einen Seite und die konstitutionelle Unfähigkeit auf der anderen Seite, über die Bedingungen der Erwerbsarbeit selbst entscheiden zu können. Angesichts von Zwangsarbeit, Minijobs, Ein-Euro-Arbeitsgelegenheiten, Vertragsbefristungen und Leiharbeit zu miserablen Bedingungen wird dies wieder unübersehbar deutlich. Welche Barrieren die 85% der ausländischen Schulabgänger mit einem angeblich die Integration sichernden Schulabschluss überwunden haben im Wissen um diese Aussichten und die Erfahrung der Einkommensbedingungen ihrer Eltern, das wird in einer realistischen Wahrnehmung der tatsächlichen Lebenslage ersichtlich.+Gleichheit entsteht durchaus auch durch Bildung. Aber sie wird auch durch die Bildung und vor allem durch die Bildung eines Habitus aufrechterhalten. Die Ungleichheit hat dagegen ihre zentralen Quellen in der Verfügung über Eigentum auf der einen Seite und die konstitutionelle Unfähigkeit auf der anderen Seite, über die Bedingungen der Erwerbsarbeit selbst entscheiden zu können. Angesichts von Zwangsarbeit, Minijobs, Ein-Euro-Arbeitsgelegenheiten, Vertragsbefristungen und Leiharbeit zu miserablen Bedingungen wird dies wieder unübersehbar deutlich. Welche Barrieren die 85% der ausländischen Schulabgänger mit einem angeblich die Integration sichernden Schulabschluss überwunden haben im Wissen um diese Aussichten und die Erfahrung der Einkommensbedingungen ihrer Eltern, das wird in einer realistischen Wahrnehmung der tatsächlichen Lebenslage ersichtlich.\\
 Ich fürchte, dass die Lebenswege der schulerfolgreichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht das halten, was ihnen die Bildungseuphoriker versprechen. Ich fürchte, dass die Lebenswege der schulerfolgreichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht das halten, was ihnen die Bildungseuphoriker versprechen.
  
 Das einzig Verlässliche scheint mir, dass die widersprüchlichen Erfahrungen einen Bildungsprozess ermöglichen, in dem die Realität nicht verdrängt werden braucht. Das ist sicherlich schmerzlich, aber realistisch. Vor allem aber ist ein politischer Bildungsprozess möglich und notwendig, der die Bedingungen der eigenen Bildung verarbeitet. Manche schlagen aus dieser Erkenntnis den Weg des instrumentellen Umgangs mit Bildung ein, das heißt, sie fügen sich in das dominante Verständnis von Bildung als Konkurrenzinstrument ein. Insofern ist die Integration recht leicht. Andere haben es nicht einfacher, wenn sie die politischen Einsichten in die Logik der Ungleichheit in solidarisches Handeln umsetzen. Einfacher ist aber Bildung wohl nicht zu erreichen. Das einzig Verlässliche scheint mir, dass die widersprüchlichen Erfahrungen einen Bildungsprozess ermöglichen, in dem die Realität nicht verdrängt werden braucht. Das ist sicherlich schmerzlich, aber realistisch. Vor allem aber ist ein politischer Bildungsprozess möglich und notwendig, der die Bedingungen der eigenen Bildung verarbeitet. Manche schlagen aus dieser Erkenntnis den Weg des instrumentellen Umgangs mit Bildung ein, das heißt, sie fügen sich in das dominante Verständnis von Bildung als Konkurrenzinstrument ein. Insofern ist die Integration recht leicht. Andere haben es nicht einfacher, wenn sie die politischen Einsichten in die Logik der Ungleichheit in solidarisches Handeln umsetzen. Einfacher ist aber Bildung wohl nicht zu erreichen.
  
-Es geht aber, das ist meine vierte These, auch um die Bildung der Einheimischen. Das meine ich wie im Hinblick auf die Menschen mit Migrationsgeschichte auch in zweierlei Hinsicht. Es geht um die schulische Bildung mit Zertifikat für die armen deutschen Kinder und Jugendlichen, die benachteiligt sind. Und es geht vor allem um die Bildung der Kinder aus Familien, die sozial absinken oder abgesunken sind. Nicht der Migrationshintergrund oder die deutsche Staatsbürgerschaft oder sonst ein zufälliges Merkmal von Personen kann als Begründung für die Förderung herangezogen werden. Die Ungleichheit in unserer Gesellschaft kann in begrenzter Weise durch Nachteilsausgleich im zentralen System zur Vergabe von Sozialchancen, und das ist die Schule, abgebaut werden. Ungleichheit wird aber in der Gesellschaft insgesamt, und dabei insbesondere in den Produktionsverhältnissen hergestellt. Darauf müssen die Kritik und die politische Aktivität bezogen bleiben. Die pädagogische Aktivität richtet sich auf den Nachteilsausgleich im Bildungssystem.+Es geht aber, das ist meine vierte These, auch um die Bildung der Einheimischen. Das meine ich wie im Hinblick auf die Menschen mit Migrationsgeschichte auch in zweierlei Hinsicht. Es geht um die schulische Bildung mit Zertifikat für die armen deutschen Kinder und Jugendlichen, die benachteiligt sind. Und es geht vor allem um die Bildung der Kinder aus Familien, die sozial absinken oder abgesunken sind. Nicht der Migrationshintergrund oder die deutsche Staatsbürgerschaft oder sonst ein zufälliges Merkmal von Personen kann als Begründung für die Förderung herangezogen werden. Die Ungleichheit in unserer Gesellschaft kann in begrenzter Weise durch Nachteilsausgleich im zentralen System zur Vergabe von Sozialchancen, und das ist die Schule, abgebaut werden. Ungleichheit wird aber in der Gesellschaft insgesamt, und dabei insbesondere in den Produktionsverhältnissen hergestellt. Darauf müssen die Kritik und die politische Aktivität bezogen bleiben. Die pädagogische Aktivität richtet sich auf den Nachteilsausgleich im Bildungssystem.\\
 Sie richtet sich aber auch auf den Prozess, den wir mit dem anspruchsvollen Begriff der Bildung bezeichnen. Es geht dabei um Selbstbildung, denn bilden kann sich der Mensch nur selbst und er kann von anderen dazu angeregt oder aufgefordert werden. Die Einheimischen bilden sich also in der Auseinandersetzung mit der Migration und in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Reaktionen auf die Migration. Familien, die sozial absinken, stehen stärker als andere in der Gefahr, ihre widrigen Lebensumstände den Eingewanderten zuzuschreiben. Sie folgen dabei der Indoktrination durch eine aggressive Abwehr von unerwünschten Zuwanderern. Bildung würde aber eher darauf hinauslaufen, das eigene Schicksal und das der Migranten als Ergebnis derselben Ursachen zu verstehen. Das beobachten wir auch, aber nicht so oft wie wir es für nötig halten. Wir beobachten aber viel zu oft den Rassismus in Wort und Tat. Und der kommt nicht primär aus den sozial abgesunkenen Schichten, sondern aus den politischen Parolen, mit denen sie abgelenkt werden. Bildung der Einheimischen bedeutet also zu erkennen, dass Solidarität der Menschen miteinander das Fundament der Demokratie ist. Denn nur in ihr kann auf der Grundlage der Verfassung der eine Mensch nicht gegen den anderen Menschen ausgespielt werden. Und Würde verdient, wer die Würde des Anderen, insbesondere des Fremden, achtet. Diese Einsicht motiviert wiederum zu pädagogischen Aktivitäten, eben zur Unterstützung all derer, die benachteiligt sind. Und wie das geht, das haben Sie in dem Projekt „Eltern finden die beste Schule für ihr Kind“ gezeigt. Sie richtet sich aber auch auf den Prozess, den wir mit dem anspruchsvollen Begriff der Bildung bezeichnen. Es geht dabei um Selbstbildung, denn bilden kann sich der Mensch nur selbst und er kann von anderen dazu angeregt oder aufgefordert werden. Die Einheimischen bilden sich also in der Auseinandersetzung mit der Migration und in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Reaktionen auf die Migration. Familien, die sozial absinken, stehen stärker als andere in der Gefahr, ihre widrigen Lebensumstände den Eingewanderten zuzuschreiben. Sie folgen dabei der Indoktrination durch eine aggressive Abwehr von unerwünschten Zuwanderern. Bildung würde aber eher darauf hinauslaufen, das eigene Schicksal und das der Migranten als Ergebnis derselben Ursachen zu verstehen. Das beobachten wir auch, aber nicht so oft wie wir es für nötig halten. Wir beobachten aber viel zu oft den Rassismus in Wort und Tat. Und der kommt nicht primär aus den sozial abgesunkenen Schichten, sondern aus den politischen Parolen, mit denen sie abgelenkt werden. Bildung der Einheimischen bedeutet also zu erkennen, dass Solidarität der Menschen miteinander das Fundament der Demokratie ist. Denn nur in ihr kann auf der Grundlage der Verfassung der eine Mensch nicht gegen den anderen Menschen ausgespielt werden. Und Würde verdient, wer die Würde des Anderen, insbesondere des Fremden, achtet. Diese Einsicht motiviert wiederum zu pädagogischen Aktivitäten, eben zur Unterstützung all derer, die benachteiligt sind. Und wie das geht, das haben Sie in dem Projekt „Eltern finden die beste Schule für ihr Kind“ gezeigt.
  
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 **8.10.2014 an der Universität Debrecen** **8.10.2014 an der Universität Debrecen**
  
-Über Dynamiken der Wohlfahrt in 30 Minuten sprechen zu wollen gleicht dem Flug des Ikarus. Steigt man zu weit auf, verbrennt man sich die Worte an der Abstraktheit der Theorien. Fliegt man zu weit unten, versinkt man im Wasser der vielen Formen von Wohlfahrt. Also versuche ich in der Mitte zu bleiben. Vielleicht hat es auch Ikarus wenigstens 30 Minuten lang geschafft.+Über Dynamiken der Wohlfahrt in 30 Minuten sprechen zu wollen gleicht dem Flug des Ikarus. Steigt man zu weit auf, verbrennt man sich die Worte an der Abstraktheit der Theorien. Fliegt man zu weit unten, versinkt man im Wasser der vielen Formen von Wohlfahrt. Also versuche ich in der Mitte zu bleiben. Vielleicht hat es auch Ikarus wenigstens 30 Minuten lang geschafft.\\
 „Wohlfahrt“ ist keine feste Größe, über sie wird politisch gestritten und in einem diskursiven Prozess entschieden. Die Beteiligten haben natürlich ungleiche Chancen, auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. Diese Vorstellung eines Diskurses über Wohlfahrt geht über funktionalistische Theorien hinaus und sucht nach den normativen Gründen für Wohlfahrt.  „Wohlfahrt“ ist keine feste Größe, über sie wird politisch gestritten und in einem diskursiven Prozess entschieden. Die Beteiligten haben natürlich ungleiche Chancen, auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. Diese Vorstellung eines Diskurses über Wohlfahrt geht über funktionalistische Theorien hinaus und sucht nach den normativen Gründen für Wohlfahrt. 
  
 **Geschichtliche Aspekte** **Geschichtliche Aspekte**
-Der Funktionalismus kann die sozialstaatlichen Eingriffe in die Gesellschaft als Notwendigkeit erklären, die sich aus der Industrialisierung und Verstädterung im 19. Jahrhundert beginnend ergeben hat. Soziale Politik bearbeitet die Risiken der Lohnarbeiterexistenz wie Krankheit, Alter, Invalidität, familiale Reproduktion. Die Systeme der Sozialversicherungen sind in europäischen Staaten recht stabil entwickelt, wurden intensiviert und auf weitere Risiken ausgedehnt. Die Sozialpolitik im Produktionsbereich bezog sich auf Arbeiterrechte im Betrieb und auf Arbeitsmarktpolitik und ist in den verschiedenen Ländern unterschiedlich entwickelt. Die europäische Integration und Freizügigkeit haben diesen Bereich unter Druck gesetzt. Schließlich gibt es eine dritte Sozialpolitik, die sich auf den Reproduktionsbereich bezieht. Hier geht es um Bildung und Erziehung, um Pflege und medizinische Versorgung, um soziale Hilfe in allen Notlagen. + 
-Während wir diese Sicherungen der Wohlfahrt in allen Ländern Europas vorfinden, ist das Ausmaß der Realisierung recht unterschiedlich. Diese Unterschiede lassen sich historisch erklären. Dabei wird die Frage wichtig, wie am Anfang der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung das soziale Problem in dem jeweiligen Land bestimmt wurde (Kaufmann 2003, S. 33). In der Folge haben sich in Europa recht unterschiedliche Formen des Wohlfahrtspluralismus entwickelt. Überall sind die Akteure Staat und Markt, gesellschaftliche Organisationen und private Haushalte beteiligt. Der jeweilige Anteil ihrer Aktivitäten ist sehr unterschiedlich.+Der Funktionalismus kann die sozialstaatlichen Eingriffe in die Gesellschaft als Notwendigkeit erklären, die sich aus der Industrialisierung und Verstädterung im 19. Jahrhundert beginnend ergeben hat. Soziale Politik bearbeitet die Risiken der Lohnarbeiterexistenz wie Krankheit, Alter, Invalidität, familiale Reproduktion. Die Systeme der Sozialversicherungen sind in europäischen Staaten recht stabil entwickelt, wurden intensiviert und auf weitere Risiken ausgedehnt. Die Sozialpolitik im Produktionsbereich bezog sich auf Arbeiterrechte im Betrieb und auf Arbeitsmarktpolitik und ist in den verschiedenen Ländern unterschiedlich entwickelt. Die europäische Integration und Freizügigkeit haben diesen Bereich unter Druck gesetzt. Schließlich gibt es eine dritte Sozialpolitik, die sich auf den Reproduktionsbereich bezieht. Hier geht es um Bildung und Erziehung, um Pflege und medizinische Versorgung, um soziale Hilfe in allen Notlagen.\\ 
 +Während wir diese Sicherungen der Wohlfahrt in allen Ländern Europas vorfinden, ist das Ausmaß der Realisierung recht unterschiedlich. Diese Unterschiede lassen sich historisch erklären. Dabei wird die Frage wichtig, wie am Anfang der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung das soziale Problem in dem jeweiligen Land bestimmt wurde (Kaufmann 2003, S. 33). In der Folge haben sich in Europa recht unterschiedliche Formen des Wohlfahrtspluralismus entwickelt. Überall sind die Akteure Staat und Markt, gesellschaftliche Organisationen und private Haushalte beteiligt. Der jeweilige Anteil ihrer Aktivitäten ist sehr unterschiedlich.\\
 Über das Verhältnis der Akteure und über das Ausmaß, wie Wohlfahrt realisiert werden soll, entscheidet der nationale Diskurs – dass sich dies im Prozess der europäischen Integration und der Globalisierung nicht mehr halten lässt, wird noch zu besprechen sein. Bedeutsam ist für die weitere Eingrenzung des Themas, also um mich dann auf Soziale Arbeit konzentrieren zu können, ein weiterer Aspekt: „Wohlfahrt“ ist zunächst eine „Problemformel öffentlicher Kommunikation …, die sich auf die Vermittlung zwischen den partikulären Formen der Lebensführung und dem Zustand bzw. den Entwicklungsperspektiven eines Gemeinwesens bezieht“ (S. 227). Es macht also die Diskussion über das richtige Ausmaß der Wohlfahrt schwierig, weil immer eine Verknüpfung zwischen den kollektiven Aktivitäten und den Individuen und ihren Verhaltensweisen hergestellt wird. Wer verdient es also, dass ihm durch den Staat geholfen wird? Welche Voraussetzungen muss der Einzelne erfüllen, damit ihm institutionelle Unterstützung zuteilwird?  Über das Verhältnis der Akteure und über das Ausmaß, wie Wohlfahrt realisiert werden soll, entscheidet der nationale Diskurs – dass sich dies im Prozess der europäischen Integration und der Globalisierung nicht mehr halten lässt, wird noch zu besprechen sein. Bedeutsam ist für die weitere Eingrenzung des Themas, also um mich dann auf Soziale Arbeit konzentrieren zu können, ein weiterer Aspekt: „Wohlfahrt“ ist zunächst eine „Problemformel öffentlicher Kommunikation …, die sich auf die Vermittlung zwischen den partikulären Formen der Lebensführung und dem Zustand bzw. den Entwicklungsperspektiven eines Gemeinwesens bezieht“ (S. 227). Es macht also die Diskussion über das richtige Ausmaß der Wohlfahrt schwierig, weil immer eine Verknüpfung zwischen den kollektiven Aktivitäten und den Individuen und ihren Verhaltensweisen hergestellt wird. Wer verdient es also, dass ihm durch den Staat geholfen wird? Welche Voraussetzungen muss der Einzelne erfüllen, damit ihm institutionelle Unterstützung zuteilwird? 
 Sofort erinnern wir uns an die Mechanismen der Diskreditierung oder Privilegierung von Personengruppen. Den würdigen Armen wird das Recht auf Hilfe zugesprochen, den unwürdigen Armen wird es abgesprochen. Verachtete Gruppen wie Ausländer, Sinti und Roma oder andere Minderheiten sollen gar keine Hilfe erhalten oder sie sollen zumindest streng kontrolliert werden. Heute lauten die Fragen aber auch: Sollen alte Menschen tatsächlich alle medizinischen Leistungen erhalten? Müssen Verstöße gegen Vorgaben der Arbeitsverwaltung nicht wesentlich schärfere Sanktionen nach sich ziehen? Für welche Mitglieder der Familie sollen die Leistungen der Sozialversicherungen bereitstehen? Müssen Kinder tatsächlich mit ihren berufstätigen Eltern krankenversichert sein? Sofort erinnern wir uns an die Mechanismen der Diskreditierung oder Privilegierung von Personengruppen. Den würdigen Armen wird das Recht auf Hilfe zugesprochen, den unwürdigen Armen wird es abgesprochen. Verachtete Gruppen wie Ausländer, Sinti und Roma oder andere Minderheiten sollen gar keine Hilfe erhalten oder sie sollen zumindest streng kontrolliert werden. Heute lauten die Fragen aber auch: Sollen alte Menschen tatsächlich alle medizinischen Leistungen erhalten? Müssen Verstöße gegen Vorgaben der Arbeitsverwaltung nicht wesentlich schärfere Sanktionen nach sich ziehen? Für welche Mitglieder der Familie sollen die Leistungen der Sozialversicherungen bereitstehen? Müssen Kinder tatsächlich mit ihren berufstätigen Eltern krankenversichert sein?
  
 **Normative Grundlagen** **Normative Grundlagen**
 +
 Diese Fragen verweisen nicht nur auf den systematischen Begriff der Wohlfahrtsproduktion. Sie sind auch typisch für eine Zeit, in der die Legitimität des Sozialstaats schon länger in Frage gestellt wird. Auf jeden Fall zeigt sich bei einer solchen Bestimmung von Wohlfahrt und Wohlfahrtsproduktion die Bedeutung des Worts „Sozial-Politik“, denn mit sozial wird die Beziehung der Menschen zu ihrer Gesellschaft und zum Staat angesprochen – und umgekehrt. Ebenso verhält es sich bei dem Begriff „Sozial-Pädagogik“. Diese Fragen verweisen nicht nur auf den systematischen Begriff der Wohlfahrtsproduktion. Sie sind auch typisch für eine Zeit, in der die Legitimität des Sozialstaats schon länger in Frage gestellt wird. Auf jeden Fall zeigt sich bei einer solchen Bestimmung von Wohlfahrt und Wohlfahrtsproduktion die Bedeutung des Worts „Sozial-Politik“, denn mit sozial wird die Beziehung der Menschen zu ihrer Gesellschaft und zum Staat angesprochen – und umgekehrt. Ebenso verhält es sich bei dem Begriff „Sozial-Pädagogik“.
  
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 **Der Sozialstaat** **Der Sozialstaat**
 +
 Zunächst aber muss man daran erinnern, dass nach dem 2.Weltkrieg in Europa eine Phase des Wirtschaftswachstums erreicht wurde, die auch durch Wohlfahrtspolitik, also durch Verbesserung der Einkommen, Renten- und Arbeitsmarktpolitik, Mitbestimmung und Ausbau des Gesundheitssystems gefördert wurde. Burkart Lutz hat diese Phase analysiert und gezeigt, dass die auf Grund von Vollbeschäftigung mögliche Einkommensverbesserung der Masse der Bevölkerung der entscheidende Motor der Entwicklung gewesen ist. Zugleich aber zeigt er unter dem Titel „Der kurze Traum immerwährender Prosperität“, dass diese Zeit mit einer einmaligen Konstellation verbunden war. Zunächst aber muss man daran erinnern, dass nach dem 2.Weltkrieg in Europa eine Phase des Wirtschaftswachstums erreicht wurde, die auch durch Wohlfahrtspolitik, also durch Verbesserung der Einkommen, Renten- und Arbeitsmarktpolitik, Mitbestimmung und Ausbau des Gesundheitssystems gefördert wurde. Burkart Lutz hat diese Phase analysiert und gezeigt, dass die auf Grund von Vollbeschäftigung mögliche Einkommensverbesserung der Masse der Bevölkerung der entscheidende Motor der Entwicklung gewesen ist. Zugleich aber zeigt er unter dem Titel „Der kurze Traum immerwährender Prosperität“, dass diese Zeit mit einer einmaligen Konstellation verbunden war.
  
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 **Globalisierung** **Globalisierung**
-Es gibt zweifellos verschiedene Ursachen für die ab Mitte der 1970er Jahre diagnostizierte Krise des Sozialstaats. Am wichtigsten dürfte der Fall der Profitrate sein, der die Unternehmen in Japan, Westeuropa und Nordamerika veranlasste, ihren Markt weiter zu internationalisieren. Die Expansion der Märkte und der Produktionsorte schafft eine internationale Wertschöpfungskette, die die heimischen Standorte unter Druck setzt. Globalisierung wird also zum Bumerang, der die Beschäftigten in den Zentren trifft. Mit dem Argument, anderswo billiger produzieren zu können, wird der Abbau der Löhne und der sozialen Standards vorangetrieben. Der Wandel vom „keynesianischen Wohlfahrtsstaat“ zum Wettbewerbsstaat ist tiefgreifend. Die Mittelschicht, die vom Wohlfahrtsstaat besonders profitiert hat, gerät unter Druck. Die Aufstiegshoffnungen der 1950er und 1960er Jahre verwandeln sich in Abstiegsängste. Zur Sicherung des Standorts mobilisiert der Staat billige Arbeit durch fortschreitende Disziplinierung.+ 
 +Es gibt zweifellos verschiedene Ursachen für die ab Mitte der 1970er Jahre diagnostizierte Krise des Sozialstaats. Am wichtigsten dürfte der Fall der Profitrate sein, der die Unternehmen in Japan, Westeuropa und Nordamerika veranlasste, ihren Markt weiter zu internationalisieren. Die Expansion der Märkte und der Produktionsorte schafft eine internationale Wertschöpfungskette, die die heimischen Standorte unter Druck setzt. Globalisierung wird also zum Bumerang, der die Beschäftigten in den Zentren trifft. Mit dem Argument, anderswo billiger produzieren zu können, wird der Abbau der Löhne und der sozialen Standards vorangetrieben. Der Wandel vom „keynesianischen Wohlfahrtsstaat“ zum Wettbewerbsstaat ist tiefgreifend. Die Mittelschicht, die vom Wohlfahrtsstaat besonders profitiert hat, gerät unter Druck. Die Aufstiegshoffnungen der 1950er und 1960er Jahre verwandeln sich in Abstiegsängste. Zur Sicherung des Standorts mobilisiert der Staat billige Arbeit durch fortschreitende Disziplinierung.\\
 Was durch Globalisierung voranschreitet, ist durch die europäische Integration schon eingeführt worden. Die Staaten versuchen innerhalb des gemeinsamen Marktes durch Industrieförderung möglichst viele Investitionen in ihr Land zu holen. Ein Mittel ist dabei die Verbilligung der Arbeit. Deutschland hat diesen Weg schon länger beschritten und damit seine hegemoniale Position in Europa abgesichert. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass heute die Europäische Zentralbank die Gewerkschaften auffordert, kräftige Lohnerhöhungen zu verlangen. Die Verbilligung der Arbeit lässt die Armut  in allen europäischen Ländern gleichzeitig mit dem Reichtum wachsen, so dass die Besitzenden Europas  zusammen mit den Banken eine Machtelite bilden, die autokratisch den Staat besetzt hält („Oligarchen-Herrschaft“). Demokratie ist reduziert auf die Zustimmung zu einer Politik, die sich als alternativlos verkauft. Was durch Globalisierung voranschreitet, ist durch die europäische Integration schon eingeführt worden. Die Staaten versuchen innerhalb des gemeinsamen Marktes durch Industrieförderung möglichst viele Investitionen in ihr Land zu holen. Ein Mittel ist dabei die Verbilligung der Arbeit. Deutschland hat diesen Weg schon länger beschritten und damit seine hegemoniale Position in Europa abgesichert. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass heute die Europäische Zentralbank die Gewerkschaften auffordert, kräftige Lohnerhöhungen zu verlangen. Die Verbilligung der Arbeit lässt die Armut  in allen europäischen Ländern gleichzeitig mit dem Reichtum wachsen, so dass die Besitzenden Europas  zusammen mit den Banken eine Machtelite bilden, die autokratisch den Staat besetzt hält („Oligarchen-Herrschaft“). Demokratie ist reduziert auf die Zustimmung zu einer Politik, die sich als alternativlos verkauft.
  
 **Amerikanisierung?** **Amerikanisierung?**
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 Ein Merkmal dieser Politik ist eine beachtliche Annäherung der europäischen, insbesondere der deutschen Sozialpolitik an das amerikanische Modell (Seeleib-Kaiser 2014). Die Zugehörigkeit zum qualifizierten Arbeitsmarkt wird mehr denn je zur zentralen Bedingung für eine gesicherte Existenz. Die sozialen Leistungen für Arbeitslose und Rentner werden gekürzt und nähern sich dem amerikanischen Niveau an. Wer nur eine unterbrochene Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt aufweist und wer länger arbeitslos ist, wird von Armut bedroht und wird im Alter tatsächlich arm. Der Unterschied zwischen dem europäischen Sozialmodell und dem amerikanischen bleibt aber erhalten, denn in Europa gibt es eine Mindestsicherung auf dem Niveau der Sozialhilfe. Der Bürger wird nicht gänzlich seiner Sozialrechte beraubt, die De-kommodifizierung bleibt auf einfachem Niveau erhalten. Wenn aber, wie es in Deutschland der Fall ist, die Sanktionen der Arbeitsverwaltung auch die Leistungen auf dem Niveau des Existenzminimums reduzieren, dann ist auch diese basale Linie der Zugehörigkeit zur Gesellschaft zerstört. Auf jeden Fall ist der Graben zwischen der Armutsbevölkerung und der in den Arbeitsmarkt Integrierten tiefer geworden. Dies wirkt sich disziplinierend aus, so dass bis in die Schicht der Akademiker hinein auch unerwünschte und schlecht bezahlte Arbeiten angenommen werden. Flächendeckend sind inzwischen Befristungen der Arbeitsverträge. Ein Merkmal dieser Politik ist eine beachtliche Annäherung der europäischen, insbesondere der deutschen Sozialpolitik an das amerikanische Modell (Seeleib-Kaiser 2014). Die Zugehörigkeit zum qualifizierten Arbeitsmarkt wird mehr denn je zur zentralen Bedingung für eine gesicherte Existenz. Die sozialen Leistungen für Arbeitslose und Rentner werden gekürzt und nähern sich dem amerikanischen Niveau an. Wer nur eine unterbrochene Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt aufweist und wer länger arbeitslos ist, wird von Armut bedroht und wird im Alter tatsächlich arm. Der Unterschied zwischen dem europäischen Sozialmodell und dem amerikanischen bleibt aber erhalten, denn in Europa gibt es eine Mindestsicherung auf dem Niveau der Sozialhilfe. Der Bürger wird nicht gänzlich seiner Sozialrechte beraubt, die De-kommodifizierung bleibt auf einfachem Niveau erhalten. Wenn aber, wie es in Deutschland der Fall ist, die Sanktionen der Arbeitsverwaltung auch die Leistungen auf dem Niveau des Existenzminimums reduzieren, dann ist auch diese basale Linie der Zugehörigkeit zur Gesellschaft zerstört. Auf jeden Fall ist der Graben zwischen der Armutsbevölkerung und der in den Arbeitsmarkt Integrierten tiefer geworden. Dies wirkt sich disziplinierend aus, so dass bis in die Schicht der Akademiker hinein auch unerwünschte und schlecht bezahlte Arbeiten angenommen werden. Flächendeckend sind inzwischen Befristungen der Arbeitsverträge.
  
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 **Der aktivierende Sozialstaat** **Der aktivierende Sozialstaat**
-Die Überlegungen zum Arbeitsmarkt greifen jedoch zu kurz, sie sind auf das Ökonomische begrenzt. Der Umbau des vorsorgenden Sozialstaats in einen aktivierenden Sozialstaat ist mit einer grundsätzlichen Neuerfindung des Sozialen (Lessenich) verbunden. Die individuellen Wertpräferenzen sind jetzt auch die Steuerungsimperative des Staates. Die Individuen sind an Autonomie, Flexibilität, Mobilität und Selbstbestimmung interessiert. Und genau dies schreiben ihnen auch Staat und Gesellschaft vor. „Sei subjektiv und bestimme Dich selbst!“- so lautet der Slogan. „Doch wehe, Du wirst dabei Deiner Verantwortung für Dich und die Gesellschaft nicht gerecht!“ Das Soziale, also der gesellschaftliche Zusammenhalt, an dem das Individuum aus Gründen der Selbsterhaltung interessiert sein muss, wird neu erfunden in der paradoxen Form des subjektiven Wollens. Damit wird die frühere pädagogische Formel der „Aufforderung zur Selbsttätigkeit“, die in der Sozialpädagogik zu einem Arbeitsprinzip heranreifte, zum gesellschaftspolitischen Programm. Auch in dieser Hinsicht kann man vom Aufwind für die Sozialpädagogik sprechen. Aber die Formel wird nicht mehr in der pädagogischen Beziehung erprobt, sondern direkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchgesetzt. Es gibt dort keinen Spielraum für die Erprobung, was die pädagogische Provinz ausgezeichnet hat.  Die Regierung der Gesellschaft wird mit Moralisierungen angehäuft („Iss nicht zu viel“, „Werde nicht fett, bleibe fit“, „Rauche nicht, trinke mäßig“) und die Medien übernehmen die Durchsetzung dieses Programms. „Im neuen Sozialstaat konstituiert sich die Gesellschaft als Subjekt, das auf sozialkompatibles Handeln der Subjekte hinwirkt. Mit der Aktivierung sozial verantwortlicher Eigenaktivität der Individuen etabliert sich ein neues sozialstaatliches Relationierungsmuster, das die Subjekte gleichsam uno actu mit sich selbst (ihrem ‚Eigeninteresse‘) und mit der gesellschaftlichen Gemeinschaft (dem ‚Gemeinwohl‘) in Beziehung setzt.“ (Lessenich S. 85)+ 
 +Die Überlegungen zum Arbeitsmarkt greifen jedoch zu kurz, sie sind auf das Ökonomische begrenzt. Der Umbau des vorsorgenden Sozialstaats in einen aktivierenden Sozialstaat ist mit einer grundsätzlichen Neuerfindung des Sozialen (Lessenich) verbunden. Die individuellen Wertpräferenzen sind jetzt auch die Steuerungsimperative des Staates. Die Individuen sind an Autonomie, Flexibilität, Mobilität und Selbstbestimmung interessiert. Und genau dies schreiben ihnen auch Staat und Gesellschaft vor. „Sei subjektiv und bestimme Dich selbst!“- so lautet der Slogan. „Doch wehe, Du wirst dabei Deiner Verantwortung für Dich und die Gesellschaft nicht gerecht!“ Das Soziale, also der gesellschaftliche Zusammenhalt, an dem das Individuum aus Gründen der Selbsterhaltung interessiert sein muss, wird neu erfunden in der paradoxen Form des subjektiven Wollens. Damit wird die frühere pädagogische Formel der „Aufforderung zur Selbsttätigkeit“, die in der Sozialpädagogik zu einem Arbeitsprinzip heranreifte, zum gesellschaftspolitischen Programm. Auch in dieser Hinsicht kann man vom Aufwind für die Sozialpädagogik sprechen. Aber die Formel wird nicht mehr in der pädagogischen Beziehung erprobt, sondern direkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchgesetzt. Es gibt dort keinen Spielraum für die Erprobung, was die pädagogische Provinz ausgezeichnet hat.  Die Regierung der Gesellschaft wird mit Moralisierungen angehäuft („Iss nicht zu viel“, „Werde nicht fett, bleibe fit“, „Rauche nicht, trinke mäßig“) und die Medien übernehmen die Durchsetzung dieses Programms. „Im neuen Sozialstaat konstituiert sich die Gesellschaft als Subjekt, das auf sozialkompatibles Handeln der Subjekte hinwirkt. Mit der Aktivierung sozial verantwortlicher Eigenaktivität der Individuen etabliert sich ein neues sozialstaatliches Relationierungsmuster, das die Subjekte gleichsam uno actu mit sich selbst (ihrem ‚Eigeninteresse‘) und mit der gesellschaftlichen Gemeinschaft (dem ‚Gemeinwohl‘) in Beziehung setzt.“ (Lessenich S. 85)\\
 Das Programm von „Fördern und Fordern“ hat ebenso eine Formel aus dem Innenbereich der Sozialarbeit in die Politik transformiert. Beratung und Begleitung werden im „Fallmanagement“ verschmolzen mit permanenter Kontrolle und Sanktionsandrohungen. Das Programm von „Fördern und Fordern“ hat ebenso eine Formel aus dem Innenbereich der Sozialarbeit in die Politik transformiert. Beratung und Begleitung werden im „Fallmanagement“ verschmolzen mit permanenter Kontrolle und Sanktionsandrohungen.
  
-Der aktivierende Sozialstaat, der an die Stelle des Staates der Dekommodifizierung getreten ist, hat eine angenehme Seite. Wer zur Arbeit animiert werden soll, der braucht Bildung, Betreuung der Kinder und der alten Menschen, damit die Menschen im Erwerbsalter tatsächlich auch berufstätig werden können. Die Mobilisierung von Arbeitskräften, insbesondere der Frauen bzw. der Mütter, bringt Aufwind für die Soziale Arbeit und das Bildungssystem. Die finanziellen Transferleistungen sollen reduziert werden, die sozialen Dienstleistungen sollen dagegen soweit sie die Beschäftigungsfähigkeit fördern, ausgebaut werden. So wie die Staaten um den besten Standort konkurrieren, soll der Bürger durch die Inanspruchnahme von Weiterbildung und durch Selbstmanagement um die sicheren Plätze im Arbeitsmarkt kämpfen. Und diejenigen, die noch in Arbeit integriert sind, müssen sich selbst disziplinieren und Schwächen überwinden.+Der aktivierende Sozialstaat, der an die Stelle des Staates der Dekommodifizierung getreten ist, hat eine angenehme Seite. Wer zur Arbeit animiert werden soll, der braucht Bildung, Betreuung der Kinder und der alten Menschen, damit die Menschen im Erwerbsalter tatsächlich auch berufstätig werden können. Die Mobilisierung von Arbeitskräften, insbesondere der Frauen bzw. der Mütter, bringt Aufwind für die Soziale Arbeit und das Bildungssystem. Die finanziellen Transferleistungen sollen reduziert werden, die sozialen Dienstleistungen sollen dagegen soweit sie die Beschäftigungsfähigkeit fördern, ausgebaut werden. So wie die Staaten um den besten Standort konkurrieren, soll der Bürger durch die Inanspruchnahme von Weiterbildung und durch Selbstmanagement um die sicheren Plätze im Arbeitsmarkt kämpfen. Und diejenigen, die noch in Arbeit integriert sind, müssen sich selbst disziplinieren und Schwächen überwinden.\\
 Alle Berichte aus der Welt der Arbeit weisen deshalb auf permanenten Stress, auf Überforderung, auf Beschleunigung und Verdichtung, auf burning out und auf Erschöpfung hin. Auch in dieser Situation ist Soziale Arbeit gefragt, denn sie soll ihre unterstützende Kompetenz zielstrebig für die Rehabilitation der Erschöpften einsetzen. Alle Berichte aus der Welt der Arbeit weisen deshalb auf permanenten Stress, auf Überforderung, auf Beschleunigung und Verdichtung, auf burning out und auf Erschöpfung hin. Auch in dieser Situation ist Soziale Arbeit gefragt, denn sie soll ihre unterstützende Kompetenz zielstrebig für die Rehabilitation der Erschöpften einsetzen.
  
 **Aufwind und Druck** **Aufwind und Druck**
-Das Doppelgesicht der Pädagogisierung der Gesellschaft kommt an vielen Stellen der gegenwärtigen Entwicklung zum Vorschein. So wächst der Bereich der Jugendhilfe in Deutschland seit Jahren kontinuierlich. Von Abbau des Sozialstaats kann an dieser Stelle keine Rede sein. Die vorschulische Erziehung wird mit großer Geschwindigkeit ausgebaut, die Kosten für die Jugendhilfe steigen jährlich. Die Zahl der in der Jugendhilfe Tätigen ist von ca. 510 000 im Jahr 2000 auf ca. 700 000 im Jahr 2013 gestiegen. Zwischen 2006 und 2012 sind die Ausgaben für von 20,9 auf 32,2 Milliarden gestiegen. Zwischen 1998 und 2012 haben sich die Ausgaben fast verdoppelt. (Komdat 1&2/2014) Betrachtet man die gesamte Gruppe der Sozialen Berufe, so ergibt sich folgendes Bild: Im Jahr 2010 werden die Berufstätigen in diesem Bereich auf 2,2 bis 2,5 Millionen geschätzt; das sind 8% aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Im Jahr 1980 haben knapp 300 000 Menschen „sozial“ gearbeitet; seitdem lag die jährliche Steigerungsrate bei 5,6%. Allerdings muss man ergänzen, dass fast die Hälfte dabei nur halbtags beschäftigt ist (Nodes/Wohlfahrt 2012) + 
- In Deutschland wurde besonders die Tätigkeit in den Kindertagesstätten in der Weise pädagogisiert, dass eine kontinuierliche Beobachtung der Kinder durchgeführt und dokumentiert wird. Förderung, Prävention und Kontrolle gehen Hand in Hand.  +Das Doppelgesicht der Pädagogisierung der Gesellschaft kommt an vielen Stellen der gegenwärtigen Entwicklung zum Vorschein. So wächst der Bereich der Jugendhilfe in Deutschland seit Jahren kontinuierlich. Von Abbau des Sozialstaats kann an dieser Stelle keine Rede sein. Die vorschulische Erziehung wird mit großer Geschwindigkeit ausgebaut, die Kosten für die Jugendhilfe steigen jährlich. Die Zahl der in der Jugendhilfe Tätigen ist von ca. 510 000 im Jahr 2000 auf ca. 700 000 im Jahr 2013 gestiegen. Zwischen 2006 und 2012 sind die Ausgaben für von 20,9 auf 32,2 Milliarden gestiegen. Zwischen 1998 und 2012 haben sich die Ausgaben fast verdoppelt. (Komdat 1&2/2014) Betrachtet man die gesamte Gruppe der Sozialen Berufe, so ergibt sich folgendes Bild: Im Jahr 2010 werden die Berufstätigen in diesem Bereich auf 2,2 bis 2,5 Millionen geschätzt; das sind 8% aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Im Jahr 1980 haben knapp 300 000 Menschen „sozial“ gearbeitet; seitdem lag die jährliche Steigerungsrate bei 5,6%. Allerdings muss man ergänzen, dass fast die Hälfte dabei nur halbtags beschäftigt ist (Nodes/Wohlfahrt 2012)\\ 
-Die widersprüchliche Expansion der Sozialpädagogik wird auch an den Programmen für den Kinderschutz und für den Umgang mit Jugendkriminalität sichtbar. Eine der strukturellen Veränderungen in der Steuerung der Jugendhilfe ist der Wechsel von „Wohlfahrt“ zu „Sicherheit“ als Zielformeln (vgl. Dollinger 2014). Dieser Wandel ist grundlegend und berührt alle Politikbereiche. „Sicherheit“ ist gleichzeitig weiter gefasst als die „soziale Sicherheit“, die im ersten Modernisierungsprozess im Vordergrund stand. Damals musste „das Soziale“ nach der Herauslösung aus feudalen Sicherheits- und Abhängigkeitsstrukturen durch Arbeitsvertragssicherheit im Kapitalismus neu gefunden werden. In der Zweiten Moderne werden die Menschen aktiviert und mobilisiert, um Beschäftigung an beliebigen Orten ihres Landes oder des ganzen Europas zu finden. Die Mobilisierung bezieht sich gesellschaftsintern besonders auf Frauen, die in der Vergangenheit für Familienarbeit, Erziehung der Kinder und Pflege der Alten –oft bei gleichzeitiger Teilzeitbeschäftigung – zuständig waren – und vielfach heute noch sind. Soziale Sicherheit ist jetzt die Sicherheit und Freiheit des Individuums, das umso abhängiger von den Sozialversicherungen wird, je stärker es aktiviert wurde. Denn Mobilisierung bedeutet Herauslösung aus Gemeinschaften; damit werden auch die vielfältigen „sozialen Polster“ zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft dünner.+In Deutschland wurde besonders die Tätigkeit in den Kindertagesstätten in der Weise pädagogisiert, dass eine kontinuierliche Beobachtung der Kinder durchgeführt und dokumentiert wird. Förderung, Prävention und Kontrolle gehen Hand in Hand. \\ 
 +Die widersprüchliche Expansion der Sozialpädagogik wird auch an den Programmen für den Kinderschutz und für den Umgang mit Jugendkriminalität sichtbar. Eine der strukturellen Veränderungen in der Steuerung der Jugendhilfe ist der Wechsel von „Wohlfahrt“ zu „Sicherheit“ als Zielformeln (vgl. Dollinger 2014). Dieser Wandel ist grundlegend und berührt alle Politikbereiche. „Sicherheit“ ist gleichzeitig weiter gefasst als die „soziale Sicherheit“, die im ersten Modernisierungsprozess im Vordergrund stand. Damals musste „das Soziale“ nach der Herauslösung aus feudalen Sicherheits- und Abhängigkeitsstrukturen durch Arbeitsvertragssicherheit im Kapitalismus neu gefunden werden. In der Zweiten Moderne werden die Menschen aktiviert und mobilisiert, um Beschäftigung an beliebigen Orten ihres Landes oder des ganzen Europas zu finden. Die Mobilisierung bezieht sich gesellschaftsintern besonders auf Frauen, die in der Vergangenheit für Familienarbeit, Erziehung der Kinder und Pflege der Alten –oft bei gleichzeitiger Teilzeitbeschäftigung – zuständig waren – und vielfach heute noch sind. Soziale Sicherheit ist jetzt die Sicherheit und Freiheit des Individuums, das umso abhängiger von den Sozialversicherungen wird, je stärker es aktiviert wurde. Denn Mobilisierung bedeutet Herauslösung aus Gemeinschaften; damit werden auch die vielfältigen „sozialen Polster“ zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft dünner.\\
 Die Leistung der Gemeinschaften ist immer auch soziale Kontrolle gewesen. Sie hat auch Orientierung vermittelt und ohne sie wird Verunsicherung zur allumfassenden Erfahrung im Alltag. Orientierungssicherheit wird dann vor allem durch die Medien hergestellt – von den Massenmedien bis hin zu den „sozialen Netzwerken“. Gerade die Massenmedien erzeugen aber nicht nur Sicherheit, sondern machen Angst durch ihre Fixierung auf crime und die Dramatisierung des Ungewöhnlichen. Sie bedienen die Lust an Sensationen und steigern dieses Bedürfnis im Kampf um Markanteile. Besonders lukrativ sind in dieser Hinsicht Berichte über Katastrophen mit unschuldigen Opfern, verwerflichen Tätern und starken Schädigungen, am besten noch mit Grausamkeiten. Solche Berichte entgrenzen Sicherheitsbedürfnisse und legitimieren jede Form einer sich präventiv und beschützend etikettierenden Sicherheitspolitik. Insbesondere im Bereich des Kinderschutzes und der Kriminalität reichen einzelne Berichte in den Medien aus, um die Gesetzgebungsmaschinerie in Gang zu bringen und eine Politik des Verwahrens und Einsperrens der Täter auszubauen. Soziale Probleme werden „in Fragen der Sicherheit und ihrer Gewährleistung“ (Dollinger, S. 299) übersetzt. Bei ihrer Bearbeitung verschwindet die Komplexität der Ursachen, es dominiert die Rigidität der einfachen Lösung. Die Leistung der Gemeinschaften ist immer auch soziale Kontrolle gewesen. Sie hat auch Orientierung vermittelt und ohne sie wird Verunsicherung zur allumfassenden Erfahrung im Alltag. Orientierungssicherheit wird dann vor allem durch die Medien hergestellt – von den Massenmedien bis hin zu den „sozialen Netzwerken“. Gerade die Massenmedien erzeugen aber nicht nur Sicherheit, sondern machen Angst durch ihre Fixierung auf crime und die Dramatisierung des Ungewöhnlichen. Sie bedienen die Lust an Sensationen und steigern dieses Bedürfnis im Kampf um Markanteile. Besonders lukrativ sind in dieser Hinsicht Berichte über Katastrophen mit unschuldigen Opfern, verwerflichen Tätern und starken Schädigungen, am besten noch mit Grausamkeiten. Solche Berichte entgrenzen Sicherheitsbedürfnisse und legitimieren jede Form einer sich präventiv und beschützend etikettierenden Sicherheitspolitik. Insbesondere im Bereich des Kinderschutzes und der Kriminalität reichen einzelne Berichte in den Medien aus, um die Gesetzgebungsmaschinerie in Gang zu bringen und eine Politik des Verwahrens und Einsperrens der Täter auszubauen. Soziale Probleme werden „in Fragen der Sicherheit und ihrer Gewährleistung“ (Dollinger, S. 299) übersetzt. Bei ihrer Bearbeitung verschwindet die Komplexität der Ursachen, es dominiert die Rigidität der einfachen Lösung.
-Allerdings lässt sich eine solche Spirale der staatlichen Repression (und der sozialen Kontrolle der Nachbarschaft im Falle des Kinderschutzes) nicht beliebig fortsetzen. Denn die Politik der Sicherheit produziert weitere Bedürfnisse nach mehr Sicherheit. Und Strafe statt Therapie erzeugt Rückfälligkeit. Deshalb gibt es immer wieder eine Auseinandersetzung um differenzierte Interventionen, die professionell gesteuert werden. Weil diese teuer sind, werden sie vermieden und die Gesellschaft soll sich selbst schützen. Die Militanz kehrt zurück in die Selbsthilfe der „präventiven“ Organisationen. +Allerdings lässt sich eine solche Spirale der staatlichen Repression (und der sozialen Kontrolle der Nachbarschaft im Falle des Kinderschutzes) nicht beliebig fortsetzen. Denn die Politik der Sicherheit produziert weitere Bedürfnisse nach mehr Sicherheit. Und Strafe statt Therapie erzeugt Rückfälligkeit. Deshalb gibt es immer wieder eine Auseinandersetzung um differenzierte Interventionen, die professionell gesteuert werden. Weil diese teuer sind, werden sie vermieden und die Gesellschaft soll sich selbst schützen. Die Militanz kehrt zurück in die Selbsthilfe der „präventiven“ Organisationen.\\ 
-Sozialpolitik nimmt die Form einer intensiven Politik der Risikovermeidung an. Umfangreiche Diagnosen und Verfahren der Überwachung sollen Katastrophen vermeiden – doch sie decken auch immer neue unsichere Lebenslagen auf und rufen nach weiteren Interventionen.  Weil diese nicht bezahlbar sind, gibt es nur einen Ausweg: die „Schuldigen“ sind der Hilfe und Unterstützung nicht wert. Soweit die Sozialarbeit sich mit ihnen beschäftigt, soll sie es mit harter Hand tun.+Sozialpolitik nimmt die Form einer intensiven Politik der Risikovermeidung an. Umfangreiche Diagnosen und Verfahren der Überwachung sollen Katastrophen vermeiden – doch sie decken auch immer neue unsichere Lebenslagen auf und rufen nach weiteren Interventionen.  Weil diese nicht bezahlbar sind, gibt es nur einen Ausweg: die „Schuldigen“ sind der Hilfe und Unterstützung nicht wert. Soweit die Sozialarbeit sich mit ihnen beschäftigt, soll sie es mit harter Hand tun.\\
 In diesen Prozessen ist die Soziale Arbeit also massiv involviert. Ihre quantitative Ausweitung ist jedoch mit einer qualitativen Formung verbunden. Gesellschaftlich erwünscht sind Konzepte, die nicht mehr zwischen subjektiven Ansprüchen und gesellschaftlichen Anforderungen vermitteln, sondern Verfahren, die unter dem Mantel der Individualisierung die gesellschaftlichen Anforderungen durchsetzen. Der friendly visitor mit seinem puritanischen Habitus ist zurückgekehrt. In diesen Prozessen ist die Soziale Arbeit also massiv involviert. Ihre quantitative Ausweitung ist jedoch mit einer qualitativen Formung verbunden. Gesellschaftlich erwünscht sind Konzepte, die nicht mehr zwischen subjektiven Ansprüchen und gesellschaftlichen Anforderungen vermitteln, sondern Verfahren, die unter dem Mantel der Individualisierung die gesellschaftlichen Anforderungen durchsetzen. Der friendly visitor mit seinem puritanischen Habitus ist zurückgekehrt.
  
  
 **Literatur** **Literatur**
-Dollinger, Bernd: Soziale Arbeit als Realisierung protektiver Sicherheitspolitiken. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik 12 (2014), S. 296 – 314. + 
-Esser, Josef: Der kooperative Nationalstaat im Zeitalter der „Globalisierung“. In: Döring, Dieter (Hrsg.): Sozialstaat in der Globalisierung. Frankfurt am Mainz: Suhrkamp 1999, S. 117 – 144.  +Dollinger, Bernd: Soziale Arbeit als Realisierung protektiver Sicherheitspolitiken. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik 12 (2014), S. 296 – 314.\\ 
-Kaufmann, Franz Xaver: Varianten des Wohlfahrtsstaates. Der deutsche Sozialstaat im internationalen Vergleich. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003. +Esser, Josef: Der kooperative Nationalstaat im Zeitalter der „Globalisierung“. In: Döring, Dieter (Hrsg.): Sozialstaat in der Globalisierung. Frankfurt am Mainz: Suhrkamp 1999, S. 117 – 144.\\  
-Komdat (Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe). 17 (2014) Heft 1&2 +Kaufmann, Franz Xaver: Varianten des Wohlfahrtsstaates. Der deutsche Sozialstaat im internationalen Vergleich. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003.\\ 
-Lessenich, Stephan: Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialkstaat im flexiblen Kapitalismus. Bielefeld: transcript 2008 +Komdat (Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe). 17 (2014) Heft 1&2\\ 
-Lutz, Burkart: Der kurze Traum immerwährender Prosperität. Eine Neuinterpretation der industriell-kapitalistischen Entwicklung im Europa des 20. Jahrhunderts. Frankfurt am Main/New York: Campus 1989. +Lessenich, Stephan: Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialkstaat im flexiblen Kapitalismus. Bielefeld: transcript 2008\\ 
-Marshall, Thomas Humphrey: Bürgerrechte und soziale Klassen. Zur Soziologie des Wohlfahrtsstaates. Frankfurt am Main: Campus 1992. +Lutz, Burkart: Der kurze Traum immerwährender Prosperität. Eine Neuinterpretation der industriell-kapitalistischen Entwicklung im Europa des 20. Jahrhunderts. Frankfurt am Main/New York: Campus 1989.\\ 
-Nodes, Wilfried/Wohlfahrt, Norbert: Aktuelle Entwicklungen der Produktion Sozialer Arbeit in Deutschland. In: Dahme, Heinz-Jürgen/Wohlfahrt, Norbert (Hrsg.): Produktionsbedingungen Sozialer Arbeit in Europa. Baltmannsweiler: Hohengehren Verlag 2012, S. 113 – 132.  +Marshall, Thomas Humphrey: Bürgerrechte und soziale Klassen. Zur Soziologie des Wohlfahrtsstaates. Frankfurt am Main: Campus 1992.\\ 
-Seeleib-Kaiser, Martin: Wohlfahrtssysteme in Europa und den USA: Annäherung des konservativen deutschen Modells an das amerikanische? In: WSI-Mitteilungen, 67 (2014), Heft 4, S. 267 – 276.+Nodes, Wilfried/Wohlfahrt, Norbert: Aktuelle Entwicklungen der Produktion Sozialer Arbeit in Deutschland. In: Dahme, Heinz-Jürgen/Wohlfahrt, Norbert (Hrsg.): Produktionsbedingungen Sozialer Arbeit in Europa. Baltmannsweiler: Hohengehren Verlag 2012, S. 113 – 132.\\  
 +Seeleib-Kaiser, Martin: Wohlfahrtssysteme in Europa und den USA: Annäherung des konservativen deutschen Modells an das amerikanische? In: WSI-Mitteilungen, 67 (2014), Heft 4, S. 267 – 276.\\
  
  
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 **Institut zur Förderung von Bildung und Integration – INBI. Beitrag zur Feier zum 15-jährigen Bestehen am 24.11.2015 in Mainz** **Institut zur Förderung von Bildung und Integration – INBI. Beitrag zur Feier zum 15-jährigen Bestehen am 24.11.2015 in Mainz**
  
-Wenn ich diese Rede vor vier Wochen gehalten hätte, dann wäre ich wahrscheinlich in der Einleitung auf die deutschen Skandale des Jahres eingegangen: Auf den Deutschen Fußballbund und die FIFA, auf die Deutsche Bank, auf den Volkswagenkonzern, auf die Desaster mancher Landesbanken. Ich hätte vielleicht den ADAC in Erinnerung gebracht oder den Missbrauch von Kindern durch Priester oder den Berliner Flughafen oder den einmaligen Sturz eines Bundespräsidenten. Und vieles andere wäre zu erwähnen gewesen. Das Gemeinsame dieser Ereignisse, die der Kapitalismuskritiker problemlos unter der Überschrift „gieriges Geld und Doppelmoral“ abhandeln kann, wirkt bis heute nach: Das Vertrauen auf wichtige Institutionen der Gesellschaft ist erschüttert – nicht das erste Mal, aber in dieser Häufung nachhaltig. Die Orientierung an Solidität und Verlässlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Prinzipientreue zentraler Institutionen verliert an Stabilität. Eine Reaktion auf diese Entwicklung ist die feierliche Beschwörung von Werten. Je mehr sie uns fehlen umso mehr reden wir darüber. An Stelle der Verfassung, die die Gesellschaft zusammenhält, reklamieren wir Werte. Aber Werte bestehen nicht in den Deklamationen, sondern in der Praxis einer Gesellschaft oder sie bestehen nicht. Wenn an die Werte appelliert wird, dann rufen wir in Erinnerung, wie wir sein möchten, wie wir aber nicht sind. +Wenn ich diese Rede vor vier Wochen gehalten hätte, dann wäre ich wahrscheinlich in der Einleitung auf die deutschen Skandale des Jahres eingegangen: Auf den Deutschen Fußballbund und die FIFA, auf die Deutsche Bank, auf den Volkswagenkonzern, auf die Desaster mancher Landesbanken. Ich hätte vielleicht den ADAC in Erinnerung gebracht oder den Missbrauch von Kindern durch Priester oder den Berliner Flughafen oder den einmaligen Sturz eines Bundespräsidenten. Und vieles andere wäre zu erwähnen gewesen. Das Gemeinsame dieser Ereignisse, die der Kapitalismuskritiker problemlos unter der Überschrift „gieriges Geld und Doppelmoral“ abhandeln kann, wirkt bis heute nach: Das Vertrauen auf wichtige Institutionen der Gesellschaft ist erschüttert – nicht das erste Mal, aber in dieser Häufung nachhaltig. Die Orientierung an Solidität und Verlässlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Prinzipientreue zentraler Institutionen verliert an Stabilität. Eine Reaktion auf diese Entwicklung ist die feierliche Beschwörung von Werten. Je mehr sie uns fehlen umso mehr reden wir darüber. An Stelle der Verfassung, die die Gesellschaft zusammenhält, reklamieren wir Werte. Aber Werte bestehen nicht in den Deklamationen, sondern in der Praxis einer Gesellschaft oder sie bestehen nicht. Wenn an die Werte appelliert wird, dann rufen wir in Erinnerung, wie wir sein möchten, wie wir aber nicht sind.\\ 
-Wenn aber in einer Gesellschaft die „inneren Werte“ abhandengekommen sind, dann braucht sie vor allem einen äußeren Feind oder Gegner, der vielleicht noch liederlicher ist als sie selbst. Dieser Mechanismus ist der älteste in der Geschichte der Menschheit, in der Abraham-erzählung, die ja allen drei monotheistischen Religionen gehört, zum Ausdruck gebracht. Der Sündenbock in der Wüste nimmt alle Schuld auf sich. Das Bedürfnis nach Abspaltung und Verdrängung, Projektion und Aggressionslenkung ist nicht nur ein individuelles Phänomen, sondern auch ein gesellschaftlicher Mechanismus. Wir erleben ihn sowohl in unseren Alltagsbeziehungen wie auch in der medialen Herstellung von gesellschaftlicher Wirklichkeit. Samuel Huntington hat das auf den Begriff gebracht: Wenn wir wissen, wer unsere Feinde sind, dann wissen wir, wer wir sind. Wir trauern zu Recht um die Toten von Paris. Wie trauern wir aber um die Toten von Kundus? Trauern wir um die Toten von Beirut und um die Millionen Toten im Afghanistankrieg und im Irakkrieg? Und wie verhält es sich mit den Toten in den Nachkriegswirren bis heute im Nahen Osten? Nehmen wir die Schmerzen der Angehörigen von fünf Hochzeitsgesellschaften im Jemen überhaupt wahr, die von saudischen Bomben getötet wurden? Allgemeiner gefragt: Wie verteilt sich unser Gefühlshaushalt auf die Welt und ihre Brennpunkte? Natürlich ist die „Fernstenliebe“ ein hohes, religiös getöntes Ideal; aber sie gehört nicht zu den Erfahrungen unserer Geschichte. Aber warum folgen wir so absolut sicher einer unausgesprochenen Ordnung der konzentrischen Kreise um uns herum? Wir lieben die Mitglieder unserer Familie und von diesem Zentrum aus verlieren die Beziehungen nach außen, je weiter wir uns von uns selbst entfernen, an Stärke. Die Egozentrik weitet sich lediglich zum Ethnozentrismus, dann sind der Nationalismus und der Rassismus nicht fern. Auch wenn diese Steigerungen die Liebe und Bindung in Hass und Aggression verwandeln, so folgen sie doch derselben Logik. Den Nationalstaat haben wir lieben gelernt, mit Europa ist das schon schwieriger geworden. Gerade jetzt, da es sich gleich mehrfach in der Krise befindet, fallen unsere inneren Bindungen von ihm ab und konzentrieren sich auf den Nationalstaat, die Region („200 Jahre Rheinhessen“) oder auf die Kommune. Das Schema ist einfach: Mainz gegen Wiesbaden. Gonsenheim gegen Finthen.  +Wenn aber in einer Gesellschaft die „inneren Werte“ abhandengekommen sind, dann braucht sie vor allem einen äußeren Feind oder Gegner, der vielleicht noch liederlicher ist als sie selbst. Dieser Mechanismus ist der älteste in der Geschichte der Menschheit, in der Abraham-erzählung, die ja allen drei monotheistischen Religionen gehört, zum Ausdruck gebracht. Der Sündenbock in der Wüste nimmt alle Schuld auf sich. Das Bedürfnis nach Abspaltung und Verdrängung, Projektion und Aggressionslenkung ist nicht nur ein individuelles Phänomen, sondern auch ein gesellschaftlicher Mechanismus. Wir erleben ihn sowohl in unseren Alltagsbeziehungen wie auch in der medialen Herstellung von gesellschaftlicher Wirklichkeit. Samuel Huntington hat das auf den Begriff gebracht: Wenn wir wissen, wer unsere Feinde sind, dann wissen wir, wer wir sind. Wir trauern zu Recht um die Toten von Paris. Wie trauern wir aber um die Toten von Kundus? Trauern wir um die Toten von Beirut und um die Millionen Toten im Afghanistankrieg und im Irakkrieg? Und wie verhält es sich mit den Toten in den Nachkriegswirren bis heute im Nahen Osten? Nehmen wir die Schmerzen der Angehörigen von fünf Hochzeitsgesellschaften im Jemen überhaupt wahr, die von saudischen Bomben getötet wurden? Allgemeiner gefragt: Wie verteilt sich unser Gefühlshaushalt auf die Welt und ihre Brennpunkte? Natürlich ist die „Fernstenliebe“ ein hohes, religiös getöntes Ideal; aber sie gehört nicht zu den Erfahrungen unserer Geschichte. Aber warum folgen wir so absolut sicher einer unausgesprochenen Ordnung der konzentrischen Kreise um uns herum? Wir lieben die Mitglieder unserer Familie und von diesem Zentrum aus verlieren die Beziehungen nach außen, je weiter wir uns von uns selbst entfernen, an Stärke. Die Egozentrik weitet sich lediglich zum Ethnozentrismus, dann sind der Nationalismus und der Rassismus nicht fern. Auch wenn diese Steigerungen die Liebe und Bindung in Hass und Aggression verwandeln, so folgen sie doch derselben Logik. Den Nationalstaat haben wir lieben gelernt, mit Europa ist das schon schwieriger geworden. Gerade jetzt, da es sich gleich mehrfach in der Krise befindet, fallen unsere inneren Bindungen von ihm ab und konzentrieren sich auf den Nationalstaat, die Region („200 Jahre Rheinhessen“) oder auf die Kommune. Das Schema ist einfach: Mainz gegen Wiesbaden. Gonsenheim gegen Finthen. \\ 
-Diese Ordnung unserer Lebenswelt hat ja auch etwas ausgesprochen Lebensdienliches; sie ist funktional notwendig. Welche Orientierung in der Welt könnten wir denn erwerben, wenn wir nicht in einem ruhigen Pol, in einem „sicheren Hafen“ beginnen können. Wir wären dem dynamischen Wandel der Verhältnisse ausgesetzt. Und diese Verhältnisse sind heute durch eine rasende Globalisierung, durch uns selbst in Gang gesetzt, charakterisiert. Doch was ist, wenn wir dabei stehen bleiben? Sind wir dann mit unserer Provinzialität des lokalen Denkens nicht auch in unserer kleinen Welt gefangen und der großen Welt nur ausgesetzt? Gibt es denn nichts, was es uns ermöglicht, in dieser eigenen Welt zu bleiben und doch auch in der großen Welt zu Hause zu sein? +Diese Ordnung unserer Lebenswelt hat ja auch etwas ausgesprochen Lebensdienliches; sie ist funktional notwendig. Welche Orientierung in der Welt könnten wir denn erwerben, wenn wir nicht in einem ruhigen Pol, in einem „sicheren Hafen“ beginnen können. Wir wären dem dynamischen Wandel der Verhältnisse ausgesetzt. Und diese Verhältnisse sind heute durch eine rasende Globalisierung, durch uns selbst in Gang gesetzt, charakterisiert. Doch was ist, wenn wir dabei stehen bleiben? Sind wir dann mit unserer Provinzialität des lokalen Denkens nicht auch in unserer kleinen Welt gefangen und der großen Welt nur ausgesetzt? Gibt es denn nichts, was es uns ermöglicht, in dieser eigenen Welt zu bleiben und doch auch in der großen Welt zu Hause zu sein? \\
 Mit dieser Frage bin ich nun endlich, nach dem etwas ausgedehnten Anlauf im Allgemeinen, beim Institut zur Förderung von Bildung und Integration. Natürlich nicht beim ganzen Institut, dessen Tätigkeit ich nur von einem Zipfel der Tischdecke her übersehe. Aber ich bin beim Begriff der Bildung – das Zauberwort ist zentral für die Arbeit in den 15 Jahren des Bestehens von INBI. Und es ist der eigentliche Anspruch der Arbeit, nicht nur Lernen anzubieten, nicht nur Integration als einen selbstverständlichen Prozess zu fördern, nicht nur Projekte zu akquirieren und abzurechnen, nicht nur Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für die Integrationspolitik zu organisieren – sondern Bildung zu fördern. Bildung ist mehr als Lernen und Üben, mehr als Trainieren und Auswendiglernen, mehr als Informationen aufzunehmen und mehr als Daten und Fakten zu wissen und zu reproduzieren. Dies alles ist notwendig, um in der Welt, zumal wenn es eine fremde Welt ist, zurechtzukommen und Erfolg zu haben. Bildung ist eine Tätigkeit des Subjekts. Gebildet werde ich nicht von anderen, bilden kann ich nur mich selbst. Andere können mich unterstützen, können mir das Lernen erleichtern, aber bilden kann ich nur mich selbst. Denn Bildung ist nicht der Weg von außen nach innen, auch nicht einfach von innen nach außen – das ist die Expression, die bloße Selbstverwirklichung. Bildung ist vielmehr das Verhältnis von innen und außen. Indem ich mich bilde, nehme ich Stellung zur Welt, ich eigne mir etwas an, ohne es zu kopieren, ich verwandle es in das, was mir zuträglich ist und wie es meinem kritischen Nachdenken gerecht wird. Bildung setzt also das Subjekt schon voraus, das in der Bildung erst entsteht.  Mit dieser Frage bin ich nun endlich, nach dem etwas ausgedehnten Anlauf im Allgemeinen, beim Institut zur Förderung von Bildung und Integration. Natürlich nicht beim ganzen Institut, dessen Tätigkeit ich nur von einem Zipfel der Tischdecke her übersehe. Aber ich bin beim Begriff der Bildung – das Zauberwort ist zentral für die Arbeit in den 15 Jahren des Bestehens von INBI. Und es ist der eigentliche Anspruch der Arbeit, nicht nur Lernen anzubieten, nicht nur Integration als einen selbstverständlichen Prozess zu fördern, nicht nur Projekte zu akquirieren und abzurechnen, nicht nur Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für die Integrationspolitik zu organisieren – sondern Bildung zu fördern. Bildung ist mehr als Lernen und Üben, mehr als Trainieren und Auswendiglernen, mehr als Informationen aufzunehmen und mehr als Daten und Fakten zu wissen und zu reproduzieren. Dies alles ist notwendig, um in der Welt, zumal wenn es eine fremde Welt ist, zurechtzukommen und Erfolg zu haben. Bildung ist eine Tätigkeit des Subjekts. Gebildet werde ich nicht von anderen, bilden kann ich nur mich selbst. Andere können mich unterstützen, können mir das Lernen erleichtern, aber bilden kann ich nur mich selbst. Denn Bildung ist nicht der Weg von außen nach innen, auch nicht einfach von innen nach außen – das ist die Expression, die bloße Selbstverwirklichung. Bildung ist vielmehr das Verhältnis von innen und außen. Indem ich mich bilde, nehme ich Stellung zur Welt, ich eigne mir etwas an, ohne es zu kopieren, ich verwandle es in das, was mir zuträglich ist und wie es meinem kritischen Nachdenken gerecht wird. Bildung setzt also das Subjekt schon voraus, das in der Bildung erst entsteht. 
-Wir befinden uns mit diesem Gedankengang mitten in der Frage, wie wir, jeder und jede von uns, Mensch geworden sind und ständig Mensch werden. Weder der Bildungsprozess noch unsere Menschwerdung wird je abgeschlossen. Und manche Theologien und andere religiöse Vorstellungen ziehen daraus den Schluss, dass der Mensch im Tod seine Menschwerdung vollendet. Das will ich an dieser Stelle nicht fortsetzen. Es geht hier ja um eine 15-Jahr-Feier.  +Wir befinden uns mit diesem Gedankengang mitten in der Frage, wie wir, jeder und jede von uns, Mensch geworden sind und ständig Mensch werden. Weder der Bildungsprozess noch unsere Menschwerdung wird je abgeschlossen. Und manche Theologien und andere religiöse Vorstellungen ziehen daraus den Schluss, dass der Mensch im Tod seine Menschwerdung vollendet. Das will ich an dieser Stelle nicht fortsetzen. Es geht hier ja um eine 15-Jahr-Feier. \\ 
-Aber ich will mich auf das Thema der Bildung konzentrieren. Das Subjekt ist der Mensch, der weiß, dass er unterworfen ist. Diese ursprüngliche Wortbedeutung ist entscheidend. Das Subjekt ist nicht der Herrscher oder die Herrscherin der Welt, es ist den Gesetzen der Natur und der Geschichte der Gesellschaft unterworfen. Aus diesen kann es nicht herausspringen. Es kann sich nur, oder sagen wir an dieser Stelle, es kann sich aber diese Gesetze aneignen, sie verstehen und mit ihnen selbstbestimmt umgehen. Bildung ist Widerspruch. Bildung ist der Weg, wie wir die für uns als Individuen und für uns zusammen als Menschheit entscheidenden Vorgaben aneignen können. Dabei geht es heute um die Menschenwürde und die Menschenrechte. Denn ohne sie kann das Individuum nicht Würde für sich reklamieren, ohne Menschenrechte können wir nicht zu einem Zusammenleben in Menschlichkeit und Gerechtigkeit kommen. Im Bildungsprozess bleiben wir bei uns, wie wir geworden sind, und wir erwerben eine Orientierung an dem, was für alle Menschen tatsächlich wichtig ist. Wir können uns der Geschichte unserer Gesellschaft, in der wir Mitglied mit einem ethnozentrischen Weltbild geworden sind, bewusst werden und finden dadurch einen Platz in dieser Gesellschaft, den wir im Wissen um unsere Bedeutungslosigkeit selbstbewusst einnehmen. Wir werden geformt durch die Gesellschaft, die uns umgibt, und niemand spürt dies besser als der Mensch, der von einer Gesellschaft in die andere wechselt. Er merkt das insbesondere dann, wenn er in seine frühere Gesellschaft zurückkehrt, sei es für kurze, sei es für längere Zeit. Nicht nur die Gesellschaft hat sich verändert, sondern auch er selbst. Bildung ist nun der kleine, und gleichzeitig so große Schritt, sich diesen Veränderungsprozess anzueignen, aktiv mit ihm umzugehen. Nicht im Sinne seiner Beherrschung, sondern im Bewusstsein, dem Veränderungsprozess nicht verständnislos ausgesetzt zu sein. Durch Bildung bleiben wir in unserer Lebenswelt und sind gleichzeitig nicht ihre Gefangenen. +Aber ich will mich auf das Thema der Bildung konzentrieren. Das Subjekt ist der Mensch, der weiß, dass er unterworfen ist. Diese ursprüngliche Wortbedeutung ist entscheidend. Das Subjekt ist nicht der Herrscher oder die Herrscherin der Welt, es ist den Gesetzen der Natur und der Geschichte der Gesellschaft unterworfen. Aus diesen kann es nicht herausspringen. Es kann sich nur, oder sagen wir an dieser Stelle, es kann sich aber diese Gesetze aneignen, sie verstehen und mit ihnen selbstbestimmt umgehen. Bildung ist Widerspruch. Bildung ist der Weg, wie wir die für uns als Individuen und für uns zusammen als Menschheit entscheidenden Vorgaben aneignen können. Dabei geht es heute um die Menschenwürde und die Menschenrechte. Denn ohne sie kann das Individuum nicht Würde für sich reklamieren, ohne Menschenrechte können wir nicht zu einem Zusammenleben in Menschlichkeit und Gerechtigkeit kommen. Im Bildungsprozess bleiben wir bei uns, wie wir geworden sind, und wir erwerben eine Orientierung an dem, was für alle Menschen tatsächlich wichtig ist. Wir können uns der Geschichte unserer Gesellschaft, in der wir Mitglied mit einem ethnozentrischen Weltbild geworden sind, bewusst werden und finden dadurch einen Platz in dieser Gesellschaft, den wir im Wissen um unsere Bedeutungslosigkeit selbstbewusst einnehmen. Wir werden geformt durch die Gesellschaft, die uns umgibt, und niemand spürt dies besser als der Mensch, der von einer Gesellschaft in die andere wechselt. Er merkt das insbesondere dann, wenn er in seine frühere Gesellschaft zurückkehrt, sei es für kurze, sei es für längere Zeit. Nicht nur die Gesellschaft hat sich verändert, sondern auch er selbst. Bildung ist nun der kleine, und gleichzeitig so große Schritt, sich diesen Veränderungsprozess anzueignen, aktiv mit ihm umzugehen. Nicht im Sinne seiner Beherrschung, sondern im Bewusstsein, dem Veränderungsprozess nicht verständnislos ausgesetzt zu sein. Durch Bildung bleiben wir in unserer Lebenswelt und sind gleichzeitig nicht ihre Gefangenen.\\ 
-Viele Menschen denken leicht melancholisch über ihre Kindheit nach – ist sie doch Symbol der verlorenen Einheit des Individuums mit seiner Welt. Und wenn Kinder konzentriert spielen, können wir zusehen, wie sie in dieser Einheit der Konzentration und des Bei-sich-Seins Mensch werden. Als Subjekt wissen wir, dass wir diese Einheit nicht wieder herstellen können. Bildung aber vermittelt uns die Fähigkeit, bei uns zu sein und gleichzeitig die Welt von dem her zu verstehen, was sie „im Innersten zusammenhält“.  +Viele Menschen denken leicht melancholisch über ihre Kindheit nach – ist sie doch Symbol der verlorenen Einheit des Individuums mit seiner Welt. Und wenn Kinder konzentriert spielen, können wir zusehen, wie sie in dieser Einheit der Konzentration und des Bei-sich-Seins Mensch werden. Als Subjekt wissen wir, dass wir diese Einheit nicht wieder herstellen können. Bildung aber vermittelt uns die Fähigkeit, bei uns zu sein und gleichzeitig die Welt von dem her zu verstehen, was sie „im Innersten zusammenhält“. \\ 
-Bildung führt nicht automatisch zur Trauer über die Menschen, die irgendwo in der Welt sterben. Sie ermöglicht uns aber ein Überschreiten unserer Fixierung auf uns selbst, sie ermöglicht uns eine Reflexion auf die Umstände, wie wir in unserer kleinen Welt mit den Welten anderer Menschen verbunden sind, sie ermöglicht uns Einsichten in Zusammenhänge. Und sie ermuntert uns zur Übernahme von Verantwortung für diese Welt. +Bildung führt nicht automatisch zur Trauer über die Menschen, die irgendwo in der Welt sterben. Sie ermöglicht uns aber ein Überschreiten unserer Fixierung auf uns selbst, sie ermöglicht uns eine Reflexion auf die Umstände, wie wir in unserer kleinen Welt mit den Welten anderer Menschen verbunden sind, sie ermöglicht uns Einsichten in Zusammenhänge. Und sie ermuntert uns zur Übernahme von Verantwortung für diese Welt. \\
 Also: Nichts weniger als Bildung will INBI fördern. Das ist ein hoher Anspruch. Aber für seine Realisierung sich einzusetzen – das lohnt sich. Also weiterhin viel Kraft, klaren Verstand und Liebe zur Bildung für die nächsten 15 Jahre…… Also: Nichts weniger als Bildung will INBI fördern. Das ist ein hoher Anspruch. Aber für seine Realisierung sich einzusetzen – das lohnt sich. Also weiterhin viel Kraft, klaren Verstand und Liebe zur Bildung für die nächsten 15 Jahre……
  
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 Meine Damen und Herren, Meine Damen und Herren,
-im Sommer dieses Jahres wurde General Joseph Dunford zum Chef des Amerikanischen Generalstabs ernannt. Er wies dabei darauf hin, dass Russland als Gegner der USA ernster zu nehmen sei als der Islamische Staat. Auf Anfrage aus Deutschland schrieb der liberale, des Nationalismus unverdächtige Intellektuelle Norman Bierbaum in einem Kommentar, dass dies kein besorgniserregendes Statement, sondern lediglich die typische Auffassung der amerikanischen Militärelite sei. Ob das nun beruhigend ist oder nicht, wäre in Rheinland-Pfalz ernsthaft zu diskutieren, doch geht es um einen anderen Satz in diesem Kommentar. Bierbaum schreibt: „General Dunford steht beispielhaft für die sozialen Aufstiegsmöglichkeiten, die die Streitkräfte Personen bieten, die Karriere machen ohne auf die Vorteile familiärer Beziehungen oder großes Vermögen zurückgreifen können. Er stammt aus der Gruppe irisch-katholischer Einwanderer, welche uns auch die Kennedys und viele kritische und progressive Leute beschert hat…Die katholische Gemeinschaft Amerikas erlebt darüber hinaus gewisse Turbulenzen angesichts der Radikalität von Papst Franziskus. Es ist unmöglich, vorherzusagen, wie sehr das den zukünftigen Vorsitzenden beeinflussen wird, aber die Möglichkeit sollte nicht unterschätzt werden.“ Interessant ist an diesem Kommentar der Umstand, dass in einem gestandenen Einwanderungsland über Jahrhunderte hinweg der Migrationshintergrund zur Charakterisierung einer Person herangezogen wird. Bei den Ur-Ur-Enkeln von Peimaneh Nemazi-Lofink, von denen einer sicherlich Bundeskanzler geworden ist, wird man sich also fragen, ob die je aktuellen Vorgänge im Iran sein politisches Handeln beeinflussen werden.  Wie dem auch sei – das Beispiel ist ein Hinweis darauf, dass Migrationsprozesse sich im kollektiven Bewusstsein einer Gesellschaft nachhaltig niederschlagen – ob wir das wollen oder nicht. Und wer es mit etwas mehr Humor mag, möge sich den Film „Gran Torino“ von Clint Eastwood gleich mehrfach ansehen, um all jene ethnischen Anspielungen verstehen zu können.+im Sommer dieses Jahres wurde General Joseph Dunford zum Chef des Amerikanischen Generalstabs ernannt. Er wies dabei darauf hin, dass Russland als Gegner der USA ernster zu nehmen sei als der Islamische Staat. Auf Anfrage aus Deutschland schrieb der liberale, des Nationalismus unverdächtige Intellektuelle Norman Bierbaum in einem Kommentar, dass dies kein besorgniserregendes Statement, sondern lediglich die typische Auffassung der amerikanischen Militärelite sei. Ob das nun beruhigend ist oder nicht, wäre in Rheinland-Pfalz ernsthaft zu diskutieren, doch geht es um einen anderen Satz in diesem Kommentar. Bierbaum schreibt: „General Dunford steht beispielhaft für die sozialen Aufstiegsmöglichkeiten, die die Streitkräfte Personen bieten, die Karriere machen ohne auf die Vorteile familiärer Beziehungen oder großes Vermögen zurückgreifen können. Er stammt aus der Gruppe irisch-katholischer Einwanderer, welche uns auch die Kennedys und viele kritische und progressive Leute beschert hat…Die katholische Gemeinschaft Amerikas erlebt darüber hinaus gewisse Turbulenzen angesichts der Radikalität von Papst Franziskus. Es ist unmöglich, vorherzusagen, wie sehr das den zukünftigen Vorsitzenden beeinflussen wird, aber die Möglichkeit sollte nicht unterschätzt werden.“ Interessant ist an diesem Kommentar der Umstand, dass in einem gestandenen Einwanderungsland über Jahrhunderte hinweg der Migrationshintergrund zur Charakterisierung einer Person herangezogen wird. Bei den Ur-Ur-Enkeln von Peimaneh Nemazi-Lofink, von denen einer sicherlich Bundeskanzler geworden ist, wird man sich also fragen, ob die je aktuellen Vorgänge im Iran sein politisches Handeln beeinflussen werden.  Wie dem auch sei – das Beispiel ist ein Hinweis darauf, dass Migrationsprozesse sich im kollektiven Bewusstsein einer Gesellschaft nachhaltig niederschlagen – ob wir das wollen oder nicht. Und wer es mit etwas mehr Humor mag, möge sich den Film „Gran Torino“ von Clint Eastwood gleich mehrfach ansehen, um all jene ethnischen Anspielungen verstehen zu können.\\
 Damit ist eine Frage dieser Diskussion, die nach der Zukunft, vorläufig schon beantwortet, ich möchte auf einige Umstände eingehen, die uns heute bewegen und die für die gründlichere Beantwortung der Frage relevant sind. Damit ist eine Frage dieser Diskussion, die nach der Zukunft, vorläufig schon beantwortet, ich möchte auf einige Umstände eingehen, die uns heute bewegen und die für die gründlichere Beantwortung der Frage relevant sind.
 Die Frage der Podiumsdiskussion ist jenseits der aktuellen Ereignisse, nämlich der Zuwanderung von Flüchtlingen nach Mitteleuropa gestellt. Aber sie kann nicht unabhängig von dieser Zuwanderung, mehr noch aber von der politischen Reaktion auf diese Zuwanderung diskutiert werden. Dennoch ist es sinnvoll, eine gewisse Distanz einzunehmen, um einen Überblick zu gewinnen. Wir sollten über den Tellerrand hinausblicken, weil nämlich wieder einmal Lösungen versprochen werden, die keine sind, sondern Verschlimmerungen der Lage. Die militante Abwehr von Flüchtlingen wird nur deren Verzweiflung stärken, die sie noch mehr antreibt, einer hoffnungslosen Lage zu entkommen. Auch macht sich bei ihnen die Erkenntnis breit, dass es sich bei Angelas Sprüchen um die letzten gehandelt hat, die ein Tor nach Mitteleuropa öffnen. Der Druck auf schnellen Wanderungserfolg steigt. Außerdem erhöhen sich schnell die Kosten für die Flucht, die Mafia wird in kurzer Zeit noch reicher und die Herkunftsländer verarmen rapide. Die öffentliche Aufmerksamkeit hier befasst sich mit den täglich wechselnden Problemlagen und verliert die strukturellen Bedingungen aus den Augen. Gleichzeitig macht sich Resignation breit, weil kurzfristig an den Ursachen nichts zu ändern sei. Dies ist vor allem für die vielen engagierten Bürger und Bürgerinnen ein schleichendes Gift der vermuteten Vergeblichkeit. Die Stimmungsentwicklung in der Bevölkerung wird aufgeheizt („Flüchtlinge überrennen Kroatien“, AZ 18.9., „Die Flüchtlingsfrage spitzt sich zu“ u.s.w.) Ansonsten dominiert aber eine ausgedehnte, aber emotionale Hilfsbereitschaft. Deshalb ist sie in ihrem Bestand gefährdet. Die Frage der Podiumsdiskussion ist jenseits der aktuellen Ereignisse, nämlich der Zuwanderung von Flüchtlingen nach Mitteleuropa gestellt. Aber sie kann nicht unabhängig von dieser Zuwanderung, mehr noch aber von der politischen Reaktion auf diese Zuwanderung diskutiert werden. Dennoch ist es sinnvoll, eine gewisse Distanz einzunehmen, um einen Überblick zu gewinnen. Wir sollten über den Tellerrand hinausblicken, weil nämlich wieder einmal Lösungen versprochen werden, die keine sind, sondern Verschlimmerungen der Lage. Die militante Abwehr von Flüchtlingen wird nur deren Verzweiflung stärken, die sie noch mehr antreibt, einer hoffnungslosen Lage zu entkommen. Auch macht sich bei ihnen die Erkenntnis breit, dass es sich bei Angelas Sprüchen um die letzten gehandelt hat, die ein Tor nach Mitteleuropa öffnen. Der Druck auf schnellen Wanderungserfolg steigt. Außerdem erhöhen sich schnell die Kosten für die Flucht, die Mafia wird in kurzer Zeit noch reicher und die Herkunftsländer verarmen rapide. Die öffentliche Aufmerksamkeit hier befasst sich mit den täglich wechselnden Problemlagen und verliert die strukturellen Bedingungen aus den Augen. Gleichzeitig macht sich Resignation breit, weil kurzfristig an den Ursachen nichts zu ändern sei. Dies ist vor allem für die vielen engagierten Bürger und Bürgerinnen ein schleichendes Gift der vermuteten Vergeblichkeit. Die Stimmungsentwicklung in der Bevölkerung wird aufgeheizt („Flüchtlinge überrennen Kroatien“, AZ 18.9., „Die Flüchtlingsfrage spitzt sich zu“ u.s.w.) Ansonsten dominiert aber eine ausgedehnte, aber emotionale Hilfsbereitschaft. Deshalb ist sie in ihrem Bestand gefährdet.
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 Ich halte die unbedingte Neutralität der Staatsorgane im Umgang mit Flüchtlingen und allen Eingewanderten für das gegenwärtig höchste Gut. Wir lesen von Hunderten von Attentaten auf Flüchtlingsunterkünfte. Nach Angaben der Bundesregierung sind im Monat Mai 968 politisch rechts motivierte Straftaten erfasst worden, darunter 81 Gewalttaten mit 68 Verletzten. Gegen keinen der Tatverdächtigen wurde Haftbefahl erlassen. Bei den Hunderten von Terrorakten gegen Flüchtlingsunterkünfte seit Beginn des Jahres habe ich nur zwei Mal von einer Verhaftung gelesen, nämlich als die Mordabsicht nicht mehr bezweifelt werden konnte. Vielfach werden diese Taten als Krawall verharmlost, sie sind aber Terror. Bei anderen Zielgruppen der Polizei und des Verfassungsschutzes geht es anders. Wenn jemand Geld sammelt für eine Gruppe im Ausland, die der Gewalt verdächtigt wird, wird er nicht nur schnell verhaftet, sondern auch mit hohen Strafen belegt.  Ich halte die unbedingte Neutralität der Staatsorgane im Umgang mit Flüchtlingen und allen Eingewanderten für das gegenwärtig höchste Gut. Wir lesen von Hunderten von Attentaten auf Flüchtlingsunterkünfte. Nach Angaben der Bundesregierung sind im Monat Mai 968 politisch rechts motivierte Straftaten erfasst worden, darunter 81 Gewalttaten mit 68 Verletzten. Gegen keinen der Tatverdächtigen wurde Haftbefahl erlassen. Bei den Hunderten von Terrorakten gegen Flüchtlingsunterkünfte seit Beginn des Jahres habe ich nur zwei Mal von einer Verhaftung gelesen, nämlich als die Mordabsicht nicht mehr bezweifelt werden konnte. Vielfach werden diese Taten als Krawall verharmlost, sie sind aber Terror. Bei anderen Zielgruppen der Polizei und des Verfassungsschutzes geht es anders. Wenn jemand Geld sammelt für eine Gruppe im Ausland, die der Gewalt verdächtigt wird, wird er nicht nur schnell verhaftet, sondern auch mit hohen Strafen belegt. 
  
-Und was treibt eigentlich der Verfassungsschutz? Beim ersten Versuch, die NPD zu verbieten, saß er so sehr in deren Strukturen, dass das Verbot scheiterte. Der Präsident des Verfassungsschutzes warnt heute vor allem vor der Einwanderung des Terrors – aber er ist doch schon längst hier und wird verharmlost. Ich bin der Überzeugung, dass diese Verfassung erst dann geschützt ist, wenn es diesen Verfassungsschutz nicht mehr gibt. +Und was treibt eigentlich der Verfassungsschutz? Beim ersten Versuch, die NPD zu verbieten, saß er so sehr in deren Strukturen, dass das Verbot scheiterte. Der Präsident des Verfassungsschutzes warnt heute vor allem vor der Einwanderung des Terrors – aber er ist doch schon längst hier und wird verharmlost. Ich bin der Überzeugung, dass diese Verfassung erst dann geschützt ist, wenn es diesen Verfassungsschutz nicht mehr gibt. \\
 Wir sollten unbedingt auf den amerikanischen Bürgerkrieg zwischen Polizei und schwarzer Armutsbevölkerung blicken: Wenn die rechtsstaatliche Gleichbehandlung durch die Staatsorgane Rassismus bedingt verloren geht, tut sich ein Abgrund für die Demokratie und den Rechtsstaat auf. Und es werden in den USA nicht nur Schwarze von weißen Polizisten erschossen, sondern auch Polizisten von schwarzen Tätern. An sich sind Polizei und Justiz in Deutschland die Institutionen, die das höchste Vertrauen der Eingewanderten genießen. Das haben verschiedene Studien gezeigt. Die Einwanderer können die Situation hier mit der in ihren Heimatländern vergleichen und sie fühlen sich glücklich, in einem freien Rechtsstaat zu leben. Und von den Flüchtlingen haben gerade diejenigen, die die langen Wege durch Nordafrika gegangen sind, unendlich viel Leid gerade von der Polizei erfahren, sie wurden gefoltert und gequält, sie wurden erpresst und drangsaliert. Man lese einmal das Buch des italienischen Journalisten Fabrizio Gatti mit dem Titel „Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa“. Und nicht wenige wurden getötet, bevor ihre Kameraden im Mittelmeer ertranken. Wir brauchen also noch viele Projekte wie das Projekt, das INBI gemeinsam mit der Polizei durchgeführt hat. Die rechtsstaatliche Bindung und Praxis der Staatsorgane ist ein hohes Gut. Wir sollten unbedingt auf den amerikanischen Bürgerkrieg zwischen Polizei und schwarzer Armutsbevölkerung blicken: Wenn die rechtsstaatliche Gleichbehandlung durch die Staatsorgane Rassismus bedingt verloren geht, tut sich ein Abgrund für die Demokratie und den Rechtsstaat auf. Und es werden in den USA nicht nur Schwarze von weißen Polizisten erschossen, sondern auch Polizisten von schwarzen Tätern. An sich sind Polizei und Justiz in Deutschland die Institutionen, die das höchste Vertrauen der Eingewanderten genießen. Das haben verschiedene Studien gezeigt. Die Einwanderer können die Situation hier mit der in ihren Heimatländern vergleichen und sie fühlen sich glücklich, in einem freien Rechtsstaat zu leben. Und von den Flüchtlingen haben gerade diejenigen, die die langen Wege durch Nordafrika gegangen sind, unendlich viel Leid gerade von der Polizei erfahren, sie wurden gefoltert und gequält, sie wurden erpresst und drangsaliert. Man lese einmal das Buch des italienischen Journalisten Fabrizio Gatti mit dem Titel „Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa“. Und nicht wenige wurden getötet, bevor ihre Kameraden im Mittelmeer ertranken. Wir brauchen also noch viele Projekte wie das Projekt, das INBI gemeinsam mit der Polizei durchgeführt hat. Die rechtsstaatliche Bindung und Praxis der Staatsorgane ist ein hohes Gut.
  
-Es kommt also gerade in dieser möglicherweise kritischen Situation darauf an, unsere rechtsstaatlichen Grundlagen zu festigen. Denn wenn sie noch nicht einmal Stabilität in leicht bewegten Zeiten aufweisen, wie soll es dann in belasteten Situationen der Zukunft aussehen? Leider haben wir von Europa nichts Positives zu erwarten, obwohl der Prozess, in dem das heutige Europa entstanden ist, untrennbar mit der Mobilisierung von Menschen verbunden ist. Die ersten Anwerbungen geschahen zeitgleich mit der Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Davon hat Deutschland in besonderer Weise profitiert. Und die Europäische Union hat die Lösung von Arbeitsmarktproblemen in besonders flexibler Weise ermöglicht. Das treibende Element waren immer die Ausdehnungsbedürfnisse der Märkte. Die Kontinuität der Ausweitung der europäischen Union ist ökonomisch, nicht politisch begründet. Vielfach sind Menschenrechtsansprüche und Rechts- und Sozialstaatsnormen eine oberflächliche Tünche geblieben. Der Umgang mit Flüchtlingen zeigt das endgültig. Und Deutschland hat zehn Jahre lang davon profitiert, dass Flüchtlinge in Griechenland und Italien bleiben mussten, weil sie dort den heiligen Boden der EU betreten haben. So hat jedes Land seine eigenen Interessen durchgesetzt.  +Es kommt also gerade in dieser möglicherweise kritischen Situation darauf an, unsere rechtsstaatlichen Grundlagen zu festigen. Denn wenn sie noch nicht einmal Stabilität in leicht bewegten Zeiten aufweisen, wie soll es dann in belasteten Situationen der Zukunft aussehen? Leider haben wir von Europa nichts Positives zu erwarten, obwohl der Prozess, in dem das heutige Europa entstanden ist, untrennbar mit der Mobilisierung von Menschen verbunden ist. Die ersten Anwerbungen geschahen zeitgleich mit der Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Davon hat Deutschland in besonderer Weise profitiert. Und die Europäische Union hat die Lösung von Arbeitsmarktproblemen in besonders flexibler Weise ermöglicht. Das treibende Element waren immer die Ausdehnungsbedürfnisse der Märkte. Die Kontinuität der Ausweitung der europäischen Union ist ökonomisch, nicht politisch begründet. Vielfach sind Menschenrechtsansprüche und Rechts- und Sozialstaatsnormen eine oberflächliche Tünche geblieben. Der Umgang mit Flüchtlingen zeigt das endgültig. Und Deutschland hat zehn Jahre lang davon profitiert, dass Flüchtlinge in Griechenland und Italien bleiben mussten, weil sie dort den heiligen Boden der EU betreten haben. So hat jedes Land seine eigenen Interessen durchgesetzt. \\ 
-Europa ist aber besonders in die Entstehung von Fluchtursachen eingebunden. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, vor allem aber die Herstellung von Medikamenten sind schon lange vollständig zum Erliegen gekommen. Medikamente sind nur auf dem Schwarzmarkt zu bekommen und extrem teuer. Die armen Kinder sterben, weil sie nicht versorgt werden. Nebenbei bemerkt: Ernährungssicherheit ist heute nur noch für 15 % der Flüchtlinge in und um Syrien herum gegeben (Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen). Die EU und die Bundesregierung können das Embargo heute beenden. Sie tun es nicht. Ein entsprechender Appell an die Regierung wurde noch nicht einmal beantwortet. +Europa ist aber besonders in die Entstehung von Fluchtursachen eingebunden. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, vor allem aber die Herstellung von Medikamenten sind schon lange vollständig zum Erliegen gekommen. Medikamente sind nur auf dem Schwarzmarkt zu bekommen und extrem teuer. Die armen Kinder sterben, weil sie nicht versorgt werden. Nebenbei bemerkt: Ernährungssicherheit ist heute nur noch für 15 % der Flüchtlinge in und um Syrien herum gegeben (Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen). Die EU und die Bundesregierung können das Embargo heute beenden. Sie tun es nicht. Ein entsprechender Appell an die Regierung wurde noch nicht einmal beantwortet. \\
 Aber es wird von Bekämpfung der Fluchtursachen schwadroniert. Ich kann solche Äußerungen von Politiken und Politikerinnen nur noch hören, wenn sie in der Heuteshow kommentiert werden. Vielleicht hat das Gespräch zwischen Putin und Obama heute geholfen, Verhandlungen mit allen Beteiligten aufzunehmen. Putin hat das schon 2012 vorgeschlagen, aber der ist ja nur noch ein Feindbild.  Aber es wird von Bekämpfung der Fluchtursachen schwadroniert. Ich kann solche Äußerungen von Politiken und Politikerinnen nur noch hören, wenn sie in der Heuteshow kommentiert werden. Vielleicht hat das Gespräch zwischen Putin und Obama heute geholfen, Verhandlungen mit allen Beteiligten aufzunehmen. Putin hat das schon 2012 vorgeschlagen, aber der ist ja nur noch ein Feindbild. 
  
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 Fluchtursachen werden in einem langen Prozess aufgebaut; deshalb ist die aktuelle Vertröstung auf ihren Abbau, da weder in der Waffenexportpolitik noch in der internationalen Handelspolitik der Europäischen Union Änderungen vorgenommen werden, reine politische Propaganda. Tatsächlich werden gegenwärtig kurzfristig nur repressive Maßnahmen zur Abwehr von Flüchtlingen getroffen. Genau dies ist aber die Vertiefung der Sackgasse, in der Europa schon lange steckt. Es ist makaber, dass der folgende Stammtischwitz stimmt: Was kosten die Flüchtlinge nach Deutschland? 10 Milliarden! Und was kosten die Flüchtlinge aus Deutschland? 100 Milliarden! Welche Flüchtlinge? Die Steuerflüchtlinge! Und an der Spitze der Europäischen Kommission steht ein Politiker, der lange Zeit nichts anderes zu tun hatte, als dieses System für Steuerflüchtlinge aufzubauen. Was soll man da schon erwarten. Fluchtursachen werden in einem langen Prozess aufgebaut; deshalb ist die aktuelle Vertröstung auf ihren Abbau, da weder in der Waffenexportpolitik noch in der internationalen Handelspolitik der Europäischen Union Änderungen vorgenommen werden, reine politische Propaganda. Tatsächlich werden gegenwärtig kurzfristig nur repressive Maßnahmen zur Abwehr von Flüchtlingen getroffen. Genau dies ist aber die Vertiefung der Sackgasse, in der Europa schon lange steckt. Es ist makaber, dass der folgende Stammtischwitz stimmt: Was kosten die Flüchtlinge nach Deutschland? 10 Milliarden! Und was kosten die Flüchtlinge aus Deutschland? 100 Milliarden! Welche Flüchtlinge? Die Steuerflüchtlinge! Und an der Spitze der Europäischen Kommission steht ein Politiker, der lange Zeit nichts anderes zu tun hatte, als dieses System für Steuerflüchtlinge aufzubauen. Was soll man da schon erwarten.
-Dennoch gibt es heute viele konkrete Handlungsmöglichkeiten:+Dennoch gibt es heute viele konkrete Handlungsmöglichkeiten:\\
 Wir können uns alle um eine umfassende Information bemühen. Selbst in den Medien gibt es nicht nur den Mainstream. Die Politik setzt auf unsere Unkenntnis und auf das Vergessen. Zum Beispiel können wir uns daran erinnern, dass der korrupte und total verarmte Staat Kosovo herbeigebombt wurde auf der Grundlage von Lügen und arglistigen Täuschungen. Kein Wunder, dass die Menschen fliehen. Und ich kann es ihnen nicht verdenken, dass sie wenigstens etwas Geld mitnehmen wollen, wenn sie ausgewiesen werden, denn ihre Familien leben und sterben im Elend. Wir können uns alle um eine umfassende Information bemühen. Selbst in den Medien gibt es nicht nur den Mainstream. Die Politik setzt auf unsere Unkenntnis und auf das Vergessen. Zum Beispiel können wir uns daran erinnern, dass der korrupte und total verarmte Staat Kosovo herbeigebombt wurde auf der Grundlage von Lügen und arglistigen Täuschungen. Kein Wunder, dass die Menschen fliehen. Und ich kann es ihnen nicht verdenken, dass sie wenigstens etwas Geld mitnehmen wollen, wenn sie ausgewiesen werden, denn ihre Familien leben und sterben im Elend.
 Die EU kann heute das Embargo gegen Syrien aufheben, damit die Kinder wieder Medikamente bekommen. Die EU kann heute das Embargo gegen Syrien aufheben, damit die Kinder wieder Medikamente bekommen.
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 Ein Einwanderungskorridor für Afrika kann jetzt durch ein Einwanderungsgesetz geschaffen werden. Ein Einwanderungskorridor für Afrika kann jetzt durch ein Einwanderungsgesetz geschaffen werden.
 Die Finanzierung des UNHCR steht auf wackligen Beinen; hier gibt es seit Mittwoch Verbesserungen durch den Europäischen Rat – aber in lächerlichem Umfang im Vergleich zu dem, was die EU durch Handelsverträge profitiert. Die Finanzierung des UNHCR steht auf wackligen Beinen; hier gibt es seit Mittwoch Verbesserungen durch den Europäischen Rat – aber in lächerlichem Umfang im Vergleich zu dem, was die EU durch Handelsverträge profitiert.
-Das Einwanderungsgesetz zur Lösung von Arbeitsmarktproblemen könnte schon seit Jahren beschlossen sein – nicht als grundlegende Problemlösung, aber als Weg, um die fürchterlichen Schicksale auf der Sinaihalbinsel, in der Sahara oder im Mittelmeer zu verringern. +Das Einwanderungsgesetz zur Lösung von Arbeitsmarktproblemen könnte schon seit Jahren beschlossen sein – nicht als grundlegende Problemlösung, aber als Weg, um die fürchterlichen Schicksale auf der Sinaihalbinsel, in der Sahara oder im Mittelmeer zu verringern.\\ 
-Deutschland und die EU müssen sich aus der Verklammerung mit der amerikanischen Kriegstreiberei lösen, denn die Kriege im Nahen Osten sind der Hintergrund, vor dem heute die Flüchtlingsfrage, und damit das Migrationsschicksal Europas zu betrachten ist. Unsere Aufmerksamkeit wird nur kurzfristig geweckt – zum Beispiel seit diesem Wochenende, an dem die Flucht aus Afghanistan wieder einmal bemerkt wurde.+Deutschland und die EU müssen sich aus der Verklammerung mit der amerikanischen Kriegstreiberei lösen, denn die Kriege im Nahen Osten sind der Hintergrund, vor dem heute die Flüchtlingsfrage, und damit das Migrationsschicksal Europas zu betrachten ist. Unsere Aufmerksamkeit wird nur kurzfristig geweckt – zum Beispiel seit diesem Wochenende, an dem die Flucht aus Afghanistan wieder einmal bemerkt wurde.\\
 Die Forderung nach Gleichberechtigung kann nicht aufgeteilt werden für einzelne Migrantengruppen. Wer auf der Grundlage eines rechtsstaatlichen Asylverfahrens, das diese Bezeichnung verdient, hier lebt, ist genauso ein Bürger dieser Republik wie diejenigen, die früher eingewandert sind und diejenigen, die als Arbeitskräfte ins Land geholt wurden oder diejenigen, die schon immer hier leben. Einbürgerung ist der einzige konsequente Weg. Das zeigen die Einwanderungsländer. Es gibt dann in der Folge noch genügend zu tun, damit der Unterschied der Herkunft nicht zur Diskriminierung verwendet wird. Die Forderung nach Gleichberechtigung kann nicht aufgeteilt werden für einzelne Migrantengruppen. Wer auf der Grundlage eines rechtsstaatlichen Asylverfahrens, das diese Bezeichnung verdient, hier lebt, ist genauso ein Bürger dieser Republik wie diejenigen, die früher eingewandert sind und diejenigen, die als Arbeitskräfte ins Land geholt wurden oder diejenigen, die schon immer hier leben. Einbürgerung ist der einzige konsequente Weg. Das zeigen die Einwanderungsländer. Es gibt dann in der Folge noch genügend zu tun, damit der Unterschied der Herkunft nicht zur Diskriminierung verwendet wird.
  
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 Meine Damen und Herren, Meine Damen und Herren,
 Eigentlich müsste man gegen die AfD nicht unbedingt demonstrieren und schon gar nicht nachdenken. Denn diese Partei hat nicht die Qualität eines ernsthaften politischen Anliegens. Es handelt sich um ein Sammelbecken von unzufrieden bis rassistisch, von frustriert bis aggressiv, von ängstlich bis militant. Dieses Sammelbecken hat kein politisches Gestaltungsprogramm, es will zurück in eine Vergangenheit, die niemals so gewesen ist, wie es sich die Nationalisten in dieser Partei vorstellen. Und wenn, dann müssen sie schon mehr als 70 Jahre zurückgehen. Auch wenn Europa heute ein jämmerliches Bild abgibt, dann ist es doch noch besser als die Rückkehr zu einem dumpfen Nationalbewusstsein. Diese Partei wird zusammen gehalten von Ressentiments und Affekten, von Demagogen und politischen Konjunkturrittern. Eigentlich müsste man gegen die AfD nicht unbedingt demonstrieren und schon gar nicht nachdenken. Denn diese Partei hat nicht die Qualität eines ernsthaften politischen Anliegens. Es handelt sich um ein Sammelbecken von unzufrieden bis rassistisch, von frustriert bis aggressiv, von ängstlich bis militant. Dieses Sammelbecken hat kein politisches Gestaltungsprogramm, es will zurück in eine Vergangenheit, die niemals so gewesen ist, wie es sich die Nationalisten in dieser Partei vorstellen. Und wenn, dann müssen sie schon mehr als 70 Jahre zurückgehen. Auch wenn Europa heute ein jämmerliches Bild abgibt, dann ist es doch noch besser als die Rückkehr zu einem dumpfen Nationalbewusstsein. Diese Partei wird zusammen gehalten von Ressentiments und Affekten, von Demagogen und politischen Konjunkturrittern.
-Aber es gibt auch Themen, die diese Partei aufgreift, die besser bearbeitet werden müssen. Dass Europa ein Verein von Wettbewerbsstaaten ist – das ist schon lange bekannt. Wir wissen ja heute, dass Deutschland dies in den Dublin-vereinbarungen besonders ausgiebig genutzt hat. Von Anfang an haben die Staaten, mit der Zustimmung ihrer Bevölkerung, die europäische Bühne genutzt zur Durchsetzung ihrer Interessen. In vielen sogenannten Paketlösungen wurden Interessen gebündelt und zu mehr oder weniger faulen Kompromissen zusammengefügt, so dass am Ende viele europäische Strukturen und Programme vor allem komplex sind. Da ist vieles schon lange nicht mehr verständlich. Die AfD nutzt den europakritischen Affekt – ohne jegliche alternative Lösungen. +Aber es gibt auch Themen, die diese Partei aufgreift, die besser bearbeitet werden müssen. Dass Europa ein Verein von Wettbewerbsstaaten ist – das ist schon lange bekannt. Wir wissen ja heute, dass Deutschland dies in den Dublin-vereinbarungen besonders ausgiebig genutzt hat. Von Anfang an haben die Staaten, mit der Zustimmung ihrer Bevölkerung, die europäische Bühne genutzt zur Durchsetzung ihrer Interessen. In vielen sogenannten Paketlösungen wurden Interessen gebündelt und zu mehr oder weniger faulen Kompromissen zusammengefügt, so dass am Ende viele europäische Strukturen und Programme vor allem komplex sind. Da ist vieles schon lange nicht mehr verständlich. Die AfD nutzt den europakritischen Affekt – ohne jegliche alternative Lösungen.\\ 
-In diesen Wochen und Monaten aber greift die AfD vor allem das Thema Migration und die Zuwanderung von Flüchtlingen auf. Die psychische Struktur dieser Partei ist geradezu disponiert für dieses Thema und sie hätte deshalb eher einen Therapeuten nötig als eine ernsthafte politische Auseinandersetzung. Denn sie greift fremdenfeindliche und rassistische Emotionen und Aggressionen auf und gibt ihnen ungehemmt ein Sprachrohr. Und diese Partei strahlt aus. Sie setzt Themen auf die Tagesordnung, die an den Stammtischen schon lange diskutiert werden und verleiht ihnen öffentliche Anerkennung. Sie aktiviert die ohnehin schon aktiven, aber vor allem auch die latenten Hassgefühle und nationalistischen Abgrenzungsbedürfnisse.  +In diesen Wochen und Monaten aber greift die AfD vor allem das Thema Migration und die Zuwanderung von Flüchtlingen auf. Die psychische Struktur dieser Partei ist geradezu disponiert für dieses Thema und sie hätte deshalb eher einen Therapeuten nötig als eine ernsthafte politische Auseinandersetzung. Denn sie greift fremdenfeindliche und rassistische Emotionen und Aggressionen auf und gibt ihnen ungehemmt ein Sprachrohr. Und diese Partei strahlt aus. Sie setzt Themen auf die Tagesordnung, die an den Stammtischen schon lange diskutiert werden und verleiht ihnen öffentliche Anerkennung. Sie aktiviert die ohnehin schon aktiven, aber vor allem auch die latenten Hassgefühle und nationalistischen Abgrenzungsbedürfnisse. \\ 
-Ich spreche in diesem Zusammenhang nicht so sehr von Ängsten und Sorgen. Denn Angst, Furcht und Sorge um die Sicherheit sind auch menschendienliche Gefühle. Wir brauchen sie zum Leben in einer unüberschaubaren Welt. Was die AfD aber bedient, sind zumindest ethnozentrische und egozentrische Muster, mit denen man sich gegen andere durchsetzen will. Die viel beschworene Absicht, dass man Ängste und Sorgen ernstnehmen müsse, ist richtig, aber trivial. Man spricht mit den Menschen, die sich sorgen, und nicht über sie. Man bringt nicht ihre Ängste mit politischer Absicht in die Öffentlichkeit, in der sie dann dramatisiert werden. Das gilt ja nicht nur für die AfD, sondern auch für andere Parteien. +Ich spreche in diesem Zusammenhang nicht so sehr von Ängsten und Sorgen. Denn Angst, Furcht und Sorge um die Sicherheit sind auch menschendienliche Gefühle. Wir brauchen sie zum Leben in einer unüberschaubaren Welt. Was die AfD aber bedient, sind zumindest ethnozentrische und egozentrische Muster, mit denen man sich gegen andere durchsetzen will. Die viel beschworene Absicht, dass man Ängste und Sorgen ernstnehmen müsse, ist richtig, aber trivial. Man spricht mit den Menschen, die sich sorgen, und nicht über sie. Man bringt nicht ihre Ängste mit politischer Absicht in die Öffentlichkeit, in der sie dann dramatisiert werden. Das gilt ja nicht nur für die AfD, sondern auch für andere Parteien.\\ 
-Die AfD bewirkt mit ihrer bloßen Existenz eine ganz praktische Konfrontation der anderen politischen Parteien, die sich zu den Auffassungen der AfD zumindest positionieren müssen. Und weil diese Auffassungen öffentliche Resonanz finden und weil es in allen Parteien ebenso wie in allen Gesellschaftsschichten nationale Orientierungen gibt, sind die Wirkungen der AfD erheblich. Man kann das gegenwärtig in Frankreich sehen, wo ein Präsident, der im Frühjahr noch nicht einmal von einem Fünftel der Bevölkerung Zustimmung erhielt, jetzt als Kriegsherr auftritt. Er übertrumpft die Konservativen und die Nationalisten der Front nationale. Aber wir wissen, was aus politisierten Emotionen entstanden ist seit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak. Bomben bekämpfen vielleicht den Terror, aber sicherlich bringen sie neuen Terror hervor. Durch den Irakkrieg hat sich die Landschaft des Terrors entscheidend verändert.  +Die AfD bewirkt mit ihrer bloßen Existenz eine ganz praktische Konfrontation der anderen politischen Parteien, die sich zu den Auffassungen der AfD zumindest positionieren müssen. Und weil diese Auffassungen öffentliche Resonanz finden und weil es in allen Parteien ebenso wie in allen Gesellschaftsschichten nationale Orientierungen gibt, sind die Wirkungen der AfD erheblich. Man kann das gegenwärtig in Frankreich sehen, wo ein Präsident, der im Frühjahr noch nicht einmal von einem Fünftel der Bevölkerung Zustimmung erhielt, jetzt als Kriegsherr auftritt. Er übertrumpft die Konservativen und die Nationalisten der Front nationale. Aber wir wissen, was aus politisierten Emotionen entstanden ist seit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak. Bomben bekämpfen vielleicht den Terror, aber sicherlich bringen sie neuen Terror hervor. Durch den Irakkrieg hat sich die Landschaft des Terrors entscheidend verändert. \\ 
-Wer übrigens den blutrünstigen Text der Marseillaise nicht mitsingen will, findet im Internet das „Lied der freyen Wöllsteiner“ von 1793 auf die gleiche Melodie. Da geht es wirklich um die Freiheit – um welche Freiheiten es insgesamt heute geht – das ist die Frage. Ist es die demokratische Freiheit der Verfassung? Ist es mehr als Konsumismus und Hedonismus? Über die Nachricht “Ein Luxushotel in einem der ärmsten Staaten der Welt wurde überfallen“ sollten wir noch länger nachdenken.+Wer übrigens den blutrünstigen Text der Marseillaise nicht mitsingen will, findet im Internet das „Lied der freyen Wöllsteiner“ von 1793 auf die gleiche Melodie. Da geht es wirklich um die Freiheit – um welche Freiheiten es insgesamt heute geht – das ist die Frage. Ist es die demokratische Freiheit der Verfassung? Ist es mehr als Konsumismus und Hedonismus? Über die Nachricht “Ein Luxushotel in einem der ärmsten Staaten der Welt wurde überfallen“ sollten wir noch länger nachdenken.\\
 Die AfD wird aber auch bedient und bestärkt in ihren gehässigen Thesen. Sie findet dadurch mehr Anhänger, dass andere politische Akteure nichts tun oder zu viel tun, um ihr das Wasser abzugraben. Die AfD wird aber auch bedient und bestärkt in ihren gehässigen Thesen. Sie findet dadurch mehr Anhänger, dass andere politische Akteure nichts tun oder zu viel tun, um ihr das Wasser abzugraben.
-Sie wird bedient durch eine Wirtschaft, von der heute kein klares Wort zu hören ist, dass die Verstümmelung des Asylrechts, nämlich die Verkürzung eines ersten Aufenthaltstitels auf ein Jahr, überhaupt keine Perspektive ist für Integration und für die Sicherung des Arbeitskräftepotentials. Seit mehr als einem Jahrzehnt hören wir täglich, dass 6,3 Millionen Arbeitskräfte aus der Zuwanderung gebraucht werden, um die demografische Lücke zu schließen. In diesen Tagen ist es ruhig geworden von den Unternehmern; jetzt ist aber ihre Stimme nötig, um wenigstens mit ökonomisch-rationalen Argumenten die Regierung von ihrem integrationspolitischen Unsinn abzubringen. +Sie wird bedient durch eine Wirtschaft, von der heute kein klares Wort zu hören ist, dass die Verstümmelung des Asylrechts, nämlich die Verkürzung eines ersten Aufenthaltstitels auf ein Jahr, überhaupt keine Perspektive ist für Integration und für die Sicherung des Arbeitskräftepotentials. Seit mehr als einem Jahrzehnt hören wir täglich, dass 6,3 Millionen Arbeitskräfte aus der Zuwanderung gebraucht werden, um die demografische Lücke zu schließen. In diesen Tagen ist es ruhig geworden von den Unternehmern; jetzt ist aber ihre Stimme nötig, um wenigstens mit ökonomisch-rationalen Argumenten die Regierung von ihrem integrationspolitischen Unsinn abzubringen.\\ 
-Und die AfD wird bedient von den bayrischen Dumpfbacken, die nicht müde werden, die ungarische Regierung in ihrer Menschenfeindlichkeit übertreffen zu wollen. Da gibt es Leute, die zündeln gerne, die produzieren nicht nur heiße Luft, sondern einen Sturm, der kalt die Menschlichkeit und Menschenrechte wegbläst. Auch „Transitzonen“ sind Lager, nichts anderes; heimtückisch verschleierte Begriffsbildung ist das. Wer Obergrenzen fordert, ist entweder ein hemmungsloser Populist, oder aber er will sie wirklich. Dann muss er in der Tat die Bundeswehr aufmarschieren lassen und die Flüchtlinge ertrinken nicht mehr im Mittelmeer, sondern werden an der Grenze erschossen. Überraschend ist nur, dass aus Bayern das alte DDR-Denken mit Mauer und Stacheldraht daherkommt. Wenn wir wirklich eine Verantwortung aus der Geschichte haben, dann die, an dieser Stelle eine Grenze der Demokraten zu ziehen.  +Und die AfD wird bedient von den bayrischen Dumpfbacken, die nicht müde werden, die ungarische Regierung in ihrer Menschenfeindlichkeit übertreffen zu wollen. Da gibt es Leute, die zündeln gerne, die produzieren nicht nur heiße Luft, sondern einen Sturm, der kalt die Menschlichkeit und Menschenrechte wegbläst. Auch „Transitzonen“ sind Lager, nichts anderes; heimtückisch verschleierte Begriffsbildung ist das. Wer Obergrenzen fordert, ist entweder ein hemmungsloser Populist, oder aber er will sie wirklich. Dann muss er in der Tat die Bundeswehr aufmarschieren lassen und die Flüchtlinge ertrinken nicht mehr im Mittelmeer, sondern werden an der Grenze erschossen. Überraschend ist nur, dass aus Bayern das alte DDR-Denken mit Mauer und Stacheldraht daherkommt. Wenn wir wirklich eine Verantwortung aus der Geschichte haben, dann die, an dieser Stelle eine Grenze der Demokraten zu ziehen. \\ 
-Die AfD wird bedient von der CDU/CSU bzw. Teilen davon, die in der Regierung eine militante Opposition inszenieren, statt die Handlungsfähigkeit und auch die Handlungswirksamkeit einer Regierung zu besorgen. (Dass es so geht, zeigt die Regierung in diesem Bundesland.) Sich in verantwortlicher Position der Bundesregierung hinzustellen und so zu tun, als könnten nur die verschärften Gesetze etwas bewirken, aber gleichzeitig die bestehenden Möglichkeiten einer effektiven und konsequenten Politik mit Augenmaß und Menschenwürde nicht oder nur sehr langsam zu nutzen, das ist zerstörerische Politik. Sie schädigt das Vertrauen in den demokratischen Staat und treibt Menschen in die Arme der Rattenfänger von der AfD oder auf die PEGIDA-Demonstrationen. Was bisher an Verschärfungen durchgesetzt wurde und weiterhin droht, das hat keine Probleme gelöst, sondern teilweise nur verschärft. Das gilt auch für die sogenannte Bekämpfung von Fluchtursachen. Wer den autoritären Regimen Geld gibt, stärkt deren Herrscher und macht sie unabhängig von ihrer eigenen Bevölkerung. Die können sie dann umso willkürlicher beherrschen.  +Die AfD wird bedient von der CDU/CSU bzw. Teilen davon, die in der Regierung eine militante Opposition inszenieren, statt die Handlungsfähigkeit und auch die Handlungswirksamkeit einer Regierung zu besorgen. (Dass es so geht, zeigt die Regierung in diesem Bundesland.) Sich in verantwortlicher Position der Bundesregierung hinzustellen und so zu tun, als könnten nur die verschärften Gesetze etwas bewirken, aber gleichzeitig die bestehenden Möglichkeiten einer effektiven und konsequenten Politik mit Augenmaß und Menschenwürde nicht oder nur sehr langsam zu nutzen, das ist zerstörerische Politik. Sie schädigt das Vertrauen in den demokratischen Staat und treibt Menschen in die Arme der Rattenfänger von der AfD oder auf die PEGIDA-Demonstrationen. Was bisher an Verschärfungen durchgesetzt wurde und weiterhin droht, das hat keine Probleme gelöst, sondern teilweise nur verschärft. Das gilt auch für die sogenannte Bekämpfung von Fluchtursachen. Wer den autoritären Regimen Geld gibt, stärkt deren Herrscher und macht sie unabhängig von ihrer eigenen Bevölkerung. Die können sie dann umso willkürlicher beherrschen. \\ 
-Die AfD wird auch bedient von vielen Medien. Seit einer Woche sieht man von morgens bis abends in allen Fernsehprogrammen die immer gleichen Bilder des Schreckens. Aus den Archiven werden die Schreckensbilder von früheren terroristischen Attentaten hervorgeholt und wieder verbreitet – Hauptsache Gewalt, Hauptsache Emotionen, Hauptsache Kanalisierung von Hass und Aggressivität.  +Die AfD wird auch bedient von vielen Medien. Seit einer Woche sieht man von morgens bis abends in allen Fernsehprogrammen die immer gleichen Bilder des Schreckens. Aus den Archiven werden die Schreckensbilder von früheren terroristischen Attentaten hervorgeholt und wieder verbreitet – Hauptsache Gewalt, Hauptsache Emotionen, Hauptsache Kanalisierung von Hass und Aggressivität. \\ 
-Die Dramatisierung durch die Bilder hinterlässt mehr Schrecken als wir im Moment ahnen. Es bildet sich ein stabiles kollektives Unbewusstes heraus, das jederzeit mobilisiert werden kann. Vor allem, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv, kommt alles Unheil „von draußen“, aus dem Ausland. Dabei ist gerade der Terror schon lange da, von uns selbst erzeugt: sowohl in den banlieus als auch in den nationalistischen Milieus – nicht nur in Ostdeutschland. In der ungehemmten Konkurrenz um Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen wird die Berichterstattung der Medien immer hektischer und aufgeregter und produziert so eine Steigerung von Ängsten. Und selbst wenn immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass „die meisten Muslime in Deutschland friedfertig“ seien – die Bilder sprechen eine andere Sprache. Und was heißt: „die meisten“? Auch die Sprache ist verräterisch.+Die Dramatisierung durch die Bilder hinterlässt mehr Schrecken als wir im Moment ahnen. Es bildet sich ein stabiles kollektives Unbewusstes heraus, das jederzeit mobilisiert werden kann. Vor allem, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv, kommt alles Unheil „von draußen“, aus dem Ausland. Dabei ist gerade der Terror schon lange da, von uns selbst erzeugt: sowohl in den banlieus als auch in den nationalistischen Milieus – nicht nur in Ostdeutschland. In der ungehemmten Konkurrenz um Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen wird die Berichterstattung der Medien immer hektischer und aufgeregter und produziert so eine Steigerung von Ängsten. Und selbst wenn immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass „die meisten Muslime in Deutschland friedfertig“ seien – die Bilder sprechen eine andere Sprache. Und was heißt: „die meisten“? Auch die Sprache ist verräterisch.\\
 Und schließlich wird das Geschäft der AfD auch besorgt von wildgewordenen Demonstranten, wenn sie im Protest gewalttätig werden, statt die Wege eines zivilen und demokratischen Ungehorsams konsequent zu Ende zu gehen. Und es ist doch geradezu lächerlich, wenn heute neun verschiedene Gegendemonstrationen angemeldet wurden. Was für ein Hickhack schon vor dem Auftreten der AfD! Die alte Krankheit der Linken, ganz bestimmt zu wissen, was richtig ist, breitet sich aus und führt zur Unwirksamkeit.  Aber bei aller Wut, Franz-Josef Degenhardt hat das gesungen, bei aller Wut: vergesst das nicht: wir wissen wer unser Gegner ist. Und schließlich wird das Geschäft der AfD auch besorgt von wildgewordenen Demonstranten, wenn sie im Protest gewalttätig werden, statt die Wege eines zivilen und demokratischen Ungehorsams konsequent zu Ende zu gehen. Und es ist doch geradezu lächerlich, wenn heute neun verschiedene Gegendemonstrationen angemeldet wurden. Was für ein Hickhack schon vor dem Auftreten der AfD! Die alte Krankheit der Linken, ganz bestimmt zu wissen, was richtig ist, breitet sich aus und führt zur Unwirksamkeit.  Aber bei aller Wut, Franz-Josef Degenhardt hat das gesungen, bei aller Wut: vergesst das nicht: wir wissen wer unser Gegner ist.
  
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 **Symposium zum 80. Geburtstag von Hans Thiersch an der Universität Lüneburg, 6.6.2015** **Symposium zum 80. Geburtstag von Hans Thiersch an der Universität Lüneburg, 6.6.2015**
  
-Die Fragestellung mag überraschen angesichts der Beobachtung, dass insbesondere in der Pädagogik und in der Sozialpädagogik in den zurückliegenden 30 bis 40 Jahren Anstrengungen unternommen worden sind, helfend und unterstützend auf die besonderen Notstände im Zusammenhang mit Einwanderung einzugehen. Diese Anstrengungen wurden zunächst in der Praxis der außerschulischen Unterstützung und schulischer Verbesserungsversuche unternommen. Die wissenschaftliche Klärung der mit Migration zusammenhängenden pädagogischen Fragen war dann Nacharbeit, teilweise affirmativ, teilweise kritisch zur entwickelten Praxis. Dabei konkurrierten konzeptionelle Vorstellungen um die beste und die am besten begründete Programmatik für den Umgang mit Migrationsfolgen. Die kritische Auseinandersetzung mit den Mustern, die in die Konzepte Eingang gefunden haben, wurde punktuell geführt, hat aber vor allem die beruflichen Praktiken kaum erreicht. Insofern ist die Frage, welche problematischen Muster in die sozialpädagogischen Schriften eingegangen sind, immer noch und immer wieder aktuell. +Die Fragestellung mag überraschen angesichts der Beobachtung, dass insbesondere in der Pädagogik und in der Sozialpädagogik in den zurückliegenden 30 bis 40 Jahren Anstrengungen unternommen worden sind, helfend und unterstützend auf die besonderen Notstände im Zusammenhang mit Einwanderung einzugehen. Diese Anstrengungen wurden zunächst in der Praxis der außerschulischen Unterstützung und schulischer Verbesserungsversuche unternommen. Die wissenschaftliche Klärung der mit Migration zusammenhängenden pädagogischen Fragen war dann Nacharbeit, teilweise affirmativ, teilweise kritisch zur entwickelten Praxis. Dabei konkurrierten konzeptionelle Vorstellungen um die beste und die am besten begründete Programmatik für den Umgang mit Migrationsfolgen. Die kritische Auseinandersetzung mit den Mustern, die in die Konzepte Eingang gefunden haben, wurde punktuell geführt, hat aber vor allem die beruflichen Praktiken kaum erreicht. Insofern ist die Frage, welche problematischen Muster in die sozialpädagogischen Schriften eingegangen sind, immer noch und immer wieder aktuell.\\ 
-Als „ethnozentrisch“ werden in diesem Zusammenhang nicht nur diejenigen Muster der Wahrnehmung bezeichnet, die sich explizit auf Nation oder Volk, also verallgemeinerte Kollektive beziehen, sondern auch Bewertungen, die die Normativität der je eigenen Lebenswelt als unbefragt gültigen Bewertungsrahmen zu Grunde legen.+Als „ethnozentrisch“ werden in diesem Zusammenhang nicht nur diejenigen Muster der Wahrnehmung bezeichnet, die sich explizit auf Nation oder Volk, also verallgemeinerte Kollektive beziehen, sondern auch Bewertungen, die die Normativität der je eigenen Lebenswelt als unbefragt gültigen Bewertungsrahmen zu Grunde legen.\\
 Ich betrachte meinen Beitrag als einen Mosaikstein in der laufenden und weiterhin notwendigen Diskussion. Ich gehe aus von drei Beobachtungen, mache eine methodische Bemerkung, die eine Anleihe bei der Lebensweltorientierten Sozialpädagogik darstellt und gehe dann auf vier empirische Beispiele zur Prüfung meiner Fragestellung ein. Am Ende versuche ich, eine abschließende These zu formulieren. Ich betrachte meinen Beitrag als einen Mosaikstein in der laufenden und weiterhin notwendigen Diskussion. Ich gehe aus von drei Beobachtungen, mache eine methodische Bemerkung, die eine Anleihe bei der Lebensweltorientierten Sozialpädagogik darstellt und gehe dann auf vier empirische Beispiele zur Prüfung meiner Fragestellung ein. Am Ende versuche ich, eine abschließende These zu formulieren.
  
 **Drei Beobachtungen** **Drei Beobachtungen**
-Beim letzten Bundeskongress Soziale Arbeit in Hamburg habe ich beim Blick über die Köpfe der Anwesenden bei den Plenumsveranstaltungen die Kopftücher vermisst. Natürlich ist diese Wahrnehmung zunächst meiner eigenen Erwartung geschuldet, eine selbstverständliche Präsenz von Musliminnen, die sich als solche zu erkennen geben, vorzufinden. Und das Fehlen von Kopftüchern, soweit diese Beobachtung überhaupt zutreffend ist, sagt nichts darüber aus, wie viele Musliminnen bzw. Menschen mit Migrationshintergrund anwesend gewesen sind. Begründet und erklärbar wird diese Erwartung nicht nur mit meinen beruflichen Arbeitsschwerpunkten, sondern auch mit meinen Alltagserfahrungen, in denen in den Feldern der Sozialen Arbeit zunehmend Musliminnen aktiv tätig sind, ebenso im Studium der Sozialpädagogik. Besonders aber sind Musliminnen mit oder ohne Kopftuch Teil der Klientel der Sozialpädagogik in allen Praxisfeldern. Bei den Berufstätigen sind sie zweifellos nicht entsprechend repräsentiert, möglicherweise ist aber auch das öffentliche Milieu der Sozialpädagogik eines, in dem spätfeministische Frauenbilder es erschweren, sich in anerkannter Weise bewegen zu können. Dies könnte die Beobachtung erklären, falls sie richtig ist, und sie wäre nur mit einem erheblichen Schuss Spekulation richtig. + 
-Eine zweite Beobachtung bezieht sich auf die gegenwärtige Aufnahme von Flüchtlingen. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, fokussieren nur auf dramatische Situationen, deren Bewältigung dem Beobachter als schier unmöglich erscheint, zumindest ohne besonderen Schaden zu nehmen. Die Formulierungen „viele sind traumatisiert“ oder „oft ist mit Flucht ein Trauma verbunden“ setzen die mediale Anamnese in eine scheinbar plausible Diagnose um. Für diejenigen, die in die Soziale Arbeit mit jungen Flüchtlingen einsteigen, und es sind auf Grund der Besonderheit des Arbeitsfeldes häufig Berufsanfängerinnen, bedeutet das öffentlich markierte Vorausurteil eine Belastung, wissen sie doch, dass pädagogische Konzepte nur sehr begrenzt oder gar nicht tatsächliche therapeutische Bedarfe abdecken können. Betrachtet man nun näher die herrschende Wahrnehmung, dann kann man ihre Besonderheit vor allem auf die lebensweltliche Fundierung der Wahrnehmungsmuster zurückführen. Im eigenen Erfahrungshorizont erscheinen die Bilder der Flucht als schrecklich und sie aktivieren Bewältigungsängste und starke Gefühle des hilflosen Ausgesetztseins. Weil in der Struktur der eigenen Lebenswelt die Ressourcen für die Bewältigung großer Belastungen noch nicht erlebt wurden, wird als einziges Bewältigungsmuster das des Traumas projiziert. +Beim letzten Bundeskongress Soziale Arbeit in Hamburg habe ich beim Blick über die Köpfe der Anwesenden bei den Plenumsveranstaltungen die Kopftücher vermisst. Natürlich ist diese Wahrnehmung zunächst meiner eigenen Erwartung geschuldet, eine selbstverständliche Präsenz von Musliminnen, die sich als solche zu erkennen geben, vorzufinden. Und das Fehlen von Kopftüchern, soweit diese Beobachtung überhaupt zutreffend ist, sagt nichts darüber aus, wie viele Musliminnen bzw. Menschen mit Migrationshintergrund anwesend gewesen sind. Begründet und erklärbar wird diese Erwartung nicht nur mit meinen beruflichen Arbeitsschwerpunkten, sondern auch mit meinen Alltagserfahrungen, in denen in den Feldern der Sozialen Arbeit zunehmend Musliminnen aktiv tätig sind, ebenso im Studium der Sozialpädagogik. Besonders aber sind Musliminnen mit oder ohne Kopftuch Teil der Klientel der Sozialpädagogik in allen Praxisfeldern. Bei den Berufstätigen sind sie zweifellos nicht entsprechend repräsentiert, möglicherweise ist aber auch das öffentliche Milieu der Sozialpädagogik eines, in dem spätfeministische Frauenbilder es erschweren, sich in anerkannter Weise bewegen zu können. Dies könnte die Beobachtung erklären, falls sie richtig ist, und sie wäre nur mit einem erheblichen Schuss Spekulation richtig.\\ 
 +Eine zweite Beobachtung bezieht sich auf die gegenwärtige Aufnahme von Flüchtlingen. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, fokussieren nur auf dramatische Situationen, deren Bewältigung dem Beobachter als schier unmöglich erscheint, zumindest ohne besonderen Schaden zu nehmen. Die Formulierungen „viele sind traumatisiert“ oder „oft ist mit Flucht ein Trauma verbunden“ setzen die mediale Anamnese in eine scheinbar plausible Diagnose um. Für diejenigen, die in die Soziale Arbeit mit jungen Flüchtlingen einsteigen, und es sind auf Grund der Besonderheit des Arbeitsfeldes häufig Berufsanfängerinnen, bedeutet das öffentlich markierte Vorausurteil eine Belastung, wissen sie doch, dass pädagogische Konzepte nur sehr begrenzt oder gar nicht tatsächliche therapeutische Bedarfe abdecken können. Betrachtet man nun näher die herrschende Wahrnehmung, dann kann man ihre Besonderheit vor allem auf die lebensweltliche Fundierung der Wahrnehmungsmuster zurückführen. Im eigenen Erfahrungshorizont erscheinen die Bilder der Flucht als schrecklich und sie aktivieren Bewältigungsängste und starke Gefühle des hilflosen Ausgesetztseins. Weil in der Struktur der eigenen Lebenswelt die Ressourcen für die Bewältigung großer Belastungen noch nicht erlebt wurden, wird als einziges Bewältigungsmuster das des Traumas projiziert. \\
 Auch eine dritte Beobachtung beruht nicht darauf, dass den Milieus der Sozialen Arbeit schlicht Rassismus vorgeworfen wird, sondern wohl darauf, dass die Kultur der Empathie und des Gutmachenwollens die Befangenheit in den Mustern der eigenen Lebenswelt verdeckt. So wird generell – von der Polizei bis zur Gefängnisseelsorge, vom Kindergarten bis zur Schule – der Bedarf an Pädagogen und Pädagoginnen „mit Migrationshintergrund“ artikuliert. Der Zweck dieses speziellen Personals wird durchgehend auf die Funktion eines guten Umgangs mit „Klientel mit Migrationshintergrund“ reduziert. Auch wenn die Sorge um gute Dienstleistungen für bestimmte Personengruppen dabei im Vordergrund stehen kann, ist die Delegation der Integrationsaufgabe an die Repräsentanten der zu Integrierenden faktisch eine Segregation. Die Repräsentanten der einheimischen Pädagogik entledigen sich der Aufgabe der notwendigen Reflexion des Eigenen in der Interaktion mit als fremd definierten Personen und stürzen die Fachkräfte mit Migrationshintergrund in die paradoxe Situation, dass sie etwas repräsentieren sollen was andere sind. Denn ihre Besonderung als Fachkräfte mit Migrationshintergrund kann nur als halbierte Integration verstanden werden. Sie sind nicht der übliche Lehrer, sondern eben der besondere. Auch eine dritte Beobachtung beruht nicht darauf, dass den Milieus der Sozialen Arbeit schlicht Rassismus vorgeworfen wird, sondern wohl darauf, dass die Kultur der Empathie und des Gutmachenwollens die Befangenheit in den Mustern der eigenen Lebenswelt verdeckt. So wird generell – von der Polizei bis zur Gefängnisseelsorge, vom Kindergarten bis zur Schule – der Bedarf an Pädagogen und Pädagoginnen „mit Migrationshintergrund“ artikuliert. Der Zweck dieses speziellen Personals wird durchgehend auf die Funktion eines guten Umgangs mit „Klientel mit Migrationshintergrund“ reduziert. Auch wenn die Sorge um gute Dienstleistungen für bestimmte Personengruppen dabei im Vordergrund stehen kann, ist die Delegation der Integrationsaufgabe an die Repräsentanten der zu Integrierenden faktisch eine Segregation. Die Repräsentanten der einheimischen Pädagogik entledigen sich der Aufgabe der notwendigen Reflexion des Eigenen in der Interaktion mit als fremd definierten Personen und stürzen die Fachkräfte mit Migrationshintergrund in die paradoxe Situation, dass sie etwas repräsentieren sollen was andere sind. Denn ihre Besonderung als Fachkräfte mit Migrationshintergrund kann nur als halbierte Integration verstanden werden. Sie sind nicht der übliche Lehrer, sondern eben der besondere.
  
  
 **Eine methodische Zwischenbemerkung** **Eine methodische Zwischenbemerkung**
-Die Beobachtungen sind selbstverständlich widersprüchlich. Denn sie thematisieren sowohl eine unzureichende als auch eine übertriebene Wahrnehmung von Differenz. Was aber als übertrieben oder als unzureichend verstanden werden kann, erscheint willkürlich. Erst in einer kritischen und empirischen Auseinandersetzung können solche Behauptungen, was als unzureichend gelten soll, konkretisiert werden. Eine ähnliche Aufgabe sieht die Soziale Arbeit vor sich, wenn sie mit dem Anspruch der Lebensweltorientierung antritt.  + 
-Versteht man Lebensweltorientierung als ein „pragmatisches Konzept“ (Grunwald/Thiersch 2015, S. 936), dann bezieht es sich auf das sozialpädagogische Handeln, das sich dem Anspruch unterwirft, sich explizit und reflektiert, anerkennend und zugleich kritisch auf die Adressaten der Sozialen Arbeit und ihre Lebenswelt zu beziehen. Dabei ist die lebensweltliche Eingebundenheit des pädagogisch Handelnden Voraussetzung seiner Handlungsentwürfe und deren Realisierung. Diese lebensweltliche Bindung des Handelnden selbst kann Ermöglichung eines gelingenden Bezugs zur Lebenswelt der Adressaten ebenso sein wie eines misslingenden Bezugs, weil der pädagogisch Handelnde in den Befangenheiten seiner Lebenswelt verstrickt bleibt. Diese Verstricktheit in die eigene Lebenswelt und die besondere Formierung des eigenen Lebenslaufs kann inzwischen, das heißt nach einigen biografischen Studien zu den Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen, als ein besonderes Hindernis gelingenderer Arbeitsbeziehungen gelten (vgl. beispielsweise Melter 2006).  +Die Beobachtungen sind selbstverständlich widersprüchlich. Denn sie thematisieren sowohl eine unzureichende als auch eine übertriebene Wahrnehmung von Differenz. Was aber als übertrieben oder als unzureichend verstanden werden kann, erscheint willkürlich. Erst in einer kritischen und empirischen Auseinandersetzung können solche Behauptungen, was als unzureichend gelten soll, konkretisiert werden. Eine ähnliche Aufgabe sieht die Soziale Arbeit vor sich, wenn sie mit dem Anspruch der Lebensweltorientierung antritt. \\ 
-Versteht man aber die „Lebensweltorientierte Soziale Arbeit“ als die Theorie des pragmatischen Konzepts, dann kann man ihre analytischen Möglichkeiten nutzen und nicht nur die Verstricktheiten des performativen Handelns untersuchen, sondern auch die wissenschaftlichen Äußerungen im akademischen Sprachhandeln. Für beide Dimensionen stellt sich die Frage, wie Differenzen wahrgenommen werden und wie die Strukturen der je eigenen Lebenswelt diese Wahrnehmung beeinflussen. Diese Art der Betrachtung, die die Reproduktion von gesellschaftlichem Bewusstsein und nicht innerwissenschaftliche Gedankenströme untersucht, thematisiert also einen Diskurs.+Versteht man Lebensweltorientierung als ein „pragmatisches Konzept“ (Grunwald/Thiersch 2015, S. 936), dann bezieht es sich auf das sozialpädagogische Handeln, das sich dem Anspruch unterwirft, sich explizit und reflektiert, anerkennend und zugleich kritisch auf die Adressaten der Sozialen Arbeit und ihre Lebenswelt zu beziehen. Dabei ist die lebensweltliche Eingebundenheit des pädagogisch Handelnden Voraussetzung seiner Handlungsentwürfe und deren Realisierung. Diese lebensweltliche Bindung des Handelnden selbst kann Ermöglichung eines gelingenden Bezugs zur Lebenswelt der Adressaten ebenso sein wie eines misslingenden Bezugs, weil der pädagogisch Handelnde in den Befangenheiten seiner Lebenswelt verstrickt bleibt. Diese Verstricktheit in die eigene Lebenswelt und die besondere Formierung des eigenen Lebenslaufs kann inzwischen, das heißt nach einigen biografischen Studien zu den Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen, als ein besonderes Hindernis gelingenderer Arbeitsbeziehungen gelten (vgl. beispielsweise Melter 2006). \\ 
 +Versteht man aber die „Lebensweltorientierte Soziale Arbeit“ als die Theorie des pragmatischen Konzepts, dann kann man ihre analytischen Möglichkeiten nutzen und nicht nur die Verstricktheiten des performativen Handelns untersuchen, sondern auch die wissenschaftlichen Äußerungen im akademischen Sprachhandeln. Für beide Dimensionen stellt sich die Frage, wie Differenzen wahrgenommen werden und wie die Strukturen der je eigenen Lebenswelt diese Wahrnehmung beeinflussen. Diese Art der Betrachtung, die die Reproduktion von gesellschaftlichem Bewusstsein und nicht innerwissenschaftliche Gedankenströme untersucht, thematisiert also einen Diskurs.\\
 Die Texte zur Sozialen Arbeit stellen dabei eine bestimmte Diskursebene dar. Sie vermitteln thematisch und inhaltlich zwischen teils wissenschaftlichen, teils praktischen Akteuren und der nachwachsenden Generation von Sozialpädagogen und Sozialarbeiterinnen in der Phase des Studiums und begrenzt auf den Ort der Hochschule. Eine zentrale Interpretationsleistung in der Vermittlung erbringen die Dozenten und Dozentinnen, die die Texte einsetzen, kritisieren oder bestärken in Bezug auf ihren Inhalt und ihre Intentionen. Auch die Studierenden können die Texte affirmativ oder ablehnend aufnehmen. Insoweit sind die Inhalte der Texte in der sozialpädagogischen Literatur von begrenzter Relevanz. Gleichzeitig aber sind sie Repräsentanten einer Bildungskultur, die den Gesetzen des Buchmarktes unterworfen ist. Insofern in den Texten eine für die Herausbildung von gesellschaftlichem Bewusstsein und politischer Handlungsbereitschaft relevante Ebene eines bedeutsamen Akteursnetzwerks (pädagogische Profession und nachwachsende Generation, Wissenschaft und öffentliche Meinung) untersucht werden kann, ist es für eine Diskursanalyse besonders geeignet. Die Texte zur Sozialen Arbeit stellen dabei eine bestimmte Diskursebene dar. Sie vermitteln thematisch und inhaltlich zwischen teils wissenschaftlichen, teils praktischen Akteuren und der nachwachsenden Generation von Sozialpädagogen und Sozialarbeiterinnen in der Phase des Studiums und begrenzt auf den Ort der Hochschule. Eine zentrale Interpretationsleistung in der Vermittlung erbringen die Dozenten und Dozentinnen, die die Texte einsetzen, kritisieren oder bestärken in Bezug auf ihren Inhalt und ihre Intentionen. Auch die Studierenden können die Texte affirmativ oder ablehnend aufnehmen. Insoweit sind die Inhalte der Texte in der sozialpädagogischen Literatur von begrenzter Relevanz. Gleichzeitig aber sind sie Repräsentanten einer Bildungskultur, die den Gesetzen des Buchmarktes unterworfen ist. Insofern in den Texten eine für die Herausbildung von gesellschaftlichem Bewusstsein und politischer Handlungsbereitschaft relevante Ebene eines bedeutsamen Akteursnetzwerks (pädagogische Profession und nachwachsende Generation, Wissenschaft und öffentliche Meinung) untersucht werden kann, ist es für eine Diskursanalyse besonders geeignet.
  
 **Vier empirische Beispiele** **Vier empirische Beispiele**
 +
 Ein Beispiel für die starke Wirkung der eigenen Lebenswelt finden wir bei Klaus Mollenhauer (1996). So wird von ihm mit großer Selbstverständlichkeit "Interkulturalität" als eine von vier zentralen theoretischen Problemlagen bestimmt, wobei das Problem lediglich als "Verschiedenheit kultureller Herkünfte" (Mollenhauer 1996, S. 880) bestimmt wird und als sichere Grundlage für die Unterscheidung typischer sozialpädagogischer Aufgaben erscheint. Als Beleg, um die Zentralität des Themas als theoretische Aufgabe zu begründen, wird auf den Jahresbericht der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1995 hingewiesen, in dem fünf zurechenbare Projekte aufgeführt sind. Der Beleg ist für eine Satire gut - angesichts der Reichweite des programmatischen Anspruchs. Ein Beispiel für die starke Wirkung der eigenen Lebenswelt finden wir bei Klaus Mollenhauer (1996). So wird von ihm mit großer Selbstverständlichkeit "Interkulturalität" als eine von vier zentralen theoretischen Problemlagen bestimmt, wobei das Problem lediglich als "Verschiedenheit kultureller Herkünfte" (Mollenhauer 1996, S. 880) bestimmt wird und als sichere Grundlage für die Unterscheidung typischer sozialpädagogischer Aufgaben erscheint. Als Beleg, um die Zentralität des Themas als theoretische Aufgabe zu begründen, wird auf den Jahresbericht der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1995 hingewiesen, in dem fünf zurechenbare Projekte aufgeführt sind. Der Beleg ist für eine Satire gut - angesichts der Reichweite des programmatischen Anspruchs.
  
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 „In Deutschland wächst eine erhebliche Zahl an Kindern und Jugendlichen auf, für die es zum Alltag gehört, dass ihre Eltern nicht hierzulande geboren sind und dass ihre Großeltern zumindest zum Teil nicht hier in Deutschland leben. Sie erleben Heterogenität in vielen alltäglichen Dingen von Kindesbeinen an. Sie entwickeln daraus Stärken und Kompetenzen, sie müssen aber oft auch mit den Widersprüchlichkeiten und Ungleichzeitigkeiten, mit den widerstreitenden Mustern der Lebensführung ganz unterschiedlicher Kulturen, Lebensstile und Wertsysteme zurechtkommen, sie erleben die Ambivalenzen kultureller Heterogenität vielfach am eigenen Leib. Die traditionell enge Verwobenheit von Lebensort, Lebensalltag und Lebensstilen ist ihnen fremd. Vermeintliche Selbstverständlichkeiten verlieren ihre Eindeutigkeit und werden eher zu einer allgegenwärtigen Differenzerfahrung.“ (S. 56) „In Deutschland wächst eine erhebliche Zahl an Kindern und Jugendlichen auf, für die es zum Alltag gehört, dass ihre Eltern nicht hierzulande geboren sind und dass ihre Großeltern zumindest zum Teil nicht hier in Deutschland leben. Sie erleben Heterogenität in vielen alltäglichen Dingen von Kindesbeinen an. Sie entwickeln daraus Stärken und Kompetenzen, sie müssen aber oft auch mit den Widersprüchlichkeiten und Ungleichzeitigkeiten, mit den widerstreitenden Mustern der Lebensführung ganz unterschiedlicher Kulturen, Lebensstile und Wertsysteme zurechtkommen, sie erleben die Ambivalenzen kultureller Heterogenität vielfach am eigenen Leib. Die traditionell enge Verwobenheit von Lebensort, Lebensalltag und Lebensstilen ist ihnen fremd. Vermeintliche Selbstverständlichkeiten verlieren ihre Eindeutigkeit und werden eher zu einer allgegenwärtigen Differenzerfahrung.“ (S. 56)
  
-Gerade an diesem Text kann gezeigt werden, dass es nicht um richtig oder falsch einer Situationsbeschreibung geht, auch dass es nicht um mangelndes Verständnis für die Lage bestimmter Gruppen von Kindern und Jugendlichen geht. Warum aber werden bestimmte Merkmale einer Gruppe zugeschrieben oder nur einer Gruppe? Der Jugendbericht analysiert das Aufwachsen in modernen Gesellschaften so, dass die genannten Erfahrungsmerkmale für alle Kinder zutreffen, dass die kulturelle und soziale Differenziertheit der Gesellschaft als universell verbreitet angenommen werden kann. In diesen strukturellen Beschreibungen werden diese personenunabhängig, also nicht aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen beschrieben. Hier aber wird scheinbar die Perspektive der Kinder eingenommen, auch wenn man diese rein hypothetisch formulieren muss. Die Erfahrung von Fremdheit wird ihnen zugeschrieben, die sie doch in Deutschland schon aufgewachsen sind. Eine einfache Umkehr der Wahrnehmungsperspektive, subjektiv möglicherweise aus dem Bestreben verstehen zu wollen motiviert, verschiebt die Fremdheitswahrnehmung aus der Beobachterperspektive in die Beobachtetenperspektive. Heterogenität, Widersprüchlichkeiten, Ungleichzeitigkeiten, widerstreitende Muster – alle diese Strukturmerkmale der einheimischen Gesellschaft werden als verdichteter Erfahrungshorizont einer ausgewählten und wohldefinierten Gruppe zugeschrieben. Vor allem die behauptete „enge Verwobenheit von Lebensort, Lebensalltag und Lebensstilen“ ist bemerkenswert. Üblicherweise wird mit dieser Trias von Elementen der Lebenswelt „Heimat“ beschrieben und vielleicht handelt es sich hier um eine Projektion von Harmonievorstellungen oder –wünschen auf eine Gruppe, die als Migrantengruppe „offensichtlich“, nämlich ganz von außen betrachtet, diese Harmonie nicht erleben kann.  +Gerade an diesem Text kann gezeigt werden, dass es nicht um richtig oder falsch einer Situationsbeschreibung geht, auch dass es nicht um mangelndes Verständnis für die Lage bestimmter Gruppen von Kindern und Jugendlichen geht. Warum aber werden bestimmte Merkmale einer Gruppe zugeschrieben oder nur einer Gruppe? Der Jugendbericht analysiert das Aufwachsen in modernen Gesellschaften so, dass die genannten Erfahrungsmerkmale für alle Kinder zutreffen, dass die kulturelle und soziale Differenziertheit der Gesellschaft als universell verbreitet angenommen werden kann. In diesen strukturellen Beschreibungen werden diese personenunabhängig, also nicht aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen beschrieben. Hier aber wird scheinbar die Perspektive der Kinder eingenommen, auch wenn man diese rein hypothetisch formulieren muss. Die Erfahrung von Fremdheit wird ihnen zugeschrieben, die sie doch in Deutschland schon aufgewachsen sind. Eine einfache Umkehr der Wahrnehmungsperspektive, subjektiv möglicherweise aus dem Bestreben verstehen zu wollen motiviert, verschiebt die Fremdheitswahrnehmung aus der Beobachterperspektive in die Beobachtetenperspektive. Heterogenität, Widersprüchlichkeiten, Ungleichzeitigkeiten, widerstreitende Muster – alle diese Strukturmerkmale der einheimischen Gesellschaft werden als verdichteter Erfahrungshorizont einer ausgewählten und wohldefinierten Gruppe zugeschrieben. Vor allem die behauptete „enge Verwobenheit von Lebensort, Lebensalltag und Lebensstilen“ ist bemerkenswert. Üblicherweise wird mit dieser Trias von Elementen der Lebenswelt „Heimat“ beschrieben und vielleicht handelt es sich hier um eine Projektion von Harmonievorstellungen oder –wünschen auf eine Gruppe, die als Migrantengruppe „offensichtlich“, nämlich ganz von außen betrachtet, diese Harmonie nicht erleben kann. \\ 
-Insbesondere zu dieser Vorstellung von der Harmonie lebensweltlicher Strukturen gibt es nicht nur eine lange Kritik sozialwissenschaftlicher Studien. Gerade im Hinblick auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, deren Vorfahren eingewandert sind, zeigen empirische Untersuchungen, wie sie sich ihre lokale Lebenswelt aneignen, wenn ihre Zugehörigkeit zu diesem Lebensort nicht bestritten wird. Eine zentrale Bedingung für die Möglichkeit der beschriebenen Besonderheiten wird ausgeblendet, nämlich die Vorenthaltung von Selbstverständlichkeit.+Insbesondere zu dieser Vorstellung von der Harmonie lebensweltlicher Strukturen gibt es nicht nur eine lange Kritik sozialwissenschaftlicher Studien. Gerade im Hinblick auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, deren Vorfahren eingewandert sind, zeigen empirische Untersuchungen, wie sie sich ihre lokale Lebenswelt aneignen, wenn ihre Zugehörigkeit zu diesem Lebensort nicht bestritten wird. Eine zentrale Bedingung für die Möglichkeit der beschriebenen Besonderheiten wird ausgeblendet, nämlich die Vorenthaltung von Selbstverständlichkeit.\\
 „Hierzulande“ ist der Ort, von dem aus die Erkenntnis über Migrantenkinder formuliert wird, und wer hierher kommt, muss wohl Fremdheitserfahrungen machen. Auch dass Selbstverständlichkeiten keine sind, sondern ihre Eindeutigkeit verlieren, ist eine Beobachtung, die unschwer den zutreffenden allgemeinen Gesellschaftsanalysen des Kinder- und Jugendberichts zugeordnet werden kann. Sie wird hier aber gedreht und auf eine Personengruppe fokussiert. Das Analysieren in Gegensätzen, das sich häufig im Jugendbericht findet, wird in diesem Abschnitt auf eine zentralisierende Problemperspektive verengt.  „Hierzulande“ ist der Ort, von dem aus die Erkenntnis über Migrantenkinder formuliert wird, und wer hierher kommt, muss wohl Fremdheitserfahrungen machen. Auch dass Selbstverständlichkeiten keine sind, sondern ihre Eindeutigkeit verlieren, ist eine Beobachtung, die unschwer den zutreffenden allgemeinen Gesellschaftsanalysen des Kinder- und Jugendberichts zugeordnet werden kann. Sie wird hier aber gedreht und auf eine Personengruppe fokussiert. Das Analysieren in Gegensätzen, das sich häufig im Jugendbericht findet, wird in diesem Abschnitt auf eine zentralisierende Problemperspektive verengt. 
  
 Auch in einer neueren, an sich verdienstvollen Dissertation in der Tradition der Mädchenhausbewegung findet sich die Dominanz eigenkultureller Wertsetzungen bei der Wahrnehmung des Fremden. Der „Rollenzerfall migrierter Personen“ (Kirchhart 2008, S. 220) rückt in den Mittelpunkt der Betrachtung und bildet eine Interpretationsfolie für heterogene Beobachtungen. Zwar werden ähnliche Problemlagen, die zur Inobhutnahme führen, bei allen betroffenen Mädchen festgestellt und laufen die empirisch feststellbaren Differenzierungen entlang anderer Kriterien, doch wird für die Mädchen mit Migrationshintergrund ein akzentuiertes Bild gezeichnet: „Autoritär-restriktives Erziehungsverhalten der Eltern greift in einem traditionellen und partikular organisierten engmaschigen sozialen Netz, das der modern und universalistisch strukturierten Lebenswelt deutscher Städte widerspricht.“ (Kirchhart 2008, S. 60) Die als Gegenwelt zur Welt der Migranten konstruierte Eigenwelt der Moderne müsste ja spätestens dann problematisiert werden, wenn die gesellschaftlichen Bedingungen für die Notwendigkeit von Inobhutnahme gerade von Mädchen analysiert werden. So aber kann autoritäres und patriarchalisches Erziehungsverhalten der Welt der Anderen zugerechnet werden.  Auch in einer neueren, an sich verdienstvollen Dissertation in der Tradition der Mädchenhausbewegung findet sich die Dominanz eigenkultureller Wertsetzungen bei der Wahrnehmung des Fremden. Der „Rollenzerfall migrierter Personen“ (Kirchhart 2008, S. 220) rückt in den Mittelpunkt der Betrachtung und bildet eine Interpretationsfolie für heterogene Beobachtungen. Zwar werden ähnliche Problemlagen, die zur Inobhutnahme führen, bei allen betroffenen Mädchen festgestellt und laufen die empirisch feststellbaren Differenzierungen entlang anderer Kriterien, doch wird für die Mädchen mit Migrationshintergrund ein akzentuiertes Bild gezeichnet: „Autoritär-restriktives Erziehungsverhalten der Eltern greift in einem traditionellen und partikular organisierten engmaschigen sozialen Netz, das der modern und universalistisch strukturierten Lebenswelt deutscher Städte widerspricht.“ (Kirchhart 2008, S. 60) Die als Gegenwelt zur Welt der Migranten konstruierte Eigenwelt der Moderne müsste ja spätestens dann problematisiert werden, wenn die gesellschaftlichen Bedingungen für die Notwendigkeit von Inobhutnahme gerade von Mädchen analysiert werden. So aber kann autoritäres und patriarchalisches Erziehungsverhalten der Welt der Anderen zugerechnet werden. 
  
-Ein letztes Beispiel kommt zwar nicht direkt aus der Sozialpädagogik, aber die Soziologie des Klaus Hurrelmanns wurde vielfach rezipiert. In seinem jüngsten Buch hat der zusammen mit dem Journalisten Erik Albrecht eine reißerische Abhandlung über die Jugend von heute geschrieben mit dem Titel: „Die heimlichen Revolutionäre. Wie die Generation Y unsere Welt verändert“ (2014). Oberflächliche Verallgemeinerungen, Charakterisierungen wie in der Bildzeitung, aufgeblasene Trivialitäten und Lobpreisungen der schönen neuen Welt kennzeichnen dieses Elaborat. In dieser Form ist Jugendsoziologie verkommen zu einer Apologetik der Phänomene. Natürlich kommen auch die „Berufskritiker“ zu Wort, wobei an erster Stelle die Pädagogen genannt werden. Und typischerweise kommt der Wandel durch Einwanderung nur an einer einzigen Stelle (später, nämlich S. 61, ist von speziellen Programmen für Jugendliche mit Migrationshintergrund die Rede, die aufgesucht werden müssen, weil sie zu Bildungsangeboten nicht kommen) auf den 250 Seiten zu Wort: +Ein letztes Beispiel kommt zwar nicht direkt aus der Sozialpädagogik, aber die Soziologie des Klaus Hurrelmanns wurde vielfach rezipiert. In seinem jüngsten Buch hat der zusammen mit dem Journalisten Erik Albrecht eine reißerische Abhandlung über die Jugend von heute geschrieben mit dem Titel: „Die heimlichen Revolutionäre. Wie die Generation Y unsere Welt verändert“ (2014). Oberflächliche Verallgemeinerungen, Charakterisierungen wie in der Bildzeitung, aufgeblasene Trivialitäten und Lobpreisungen der schönen neuen Welt kennzeichnen dieses Elaborat. In dieser Form ist Jugendsoziologie verkommen zu einer Apologetik der Phänomene. Natürlich kommen auch die „Berufskritiker“ zu Wort, wobei an erster Stelle die Pädagogen genannt werden. Und typischerweise kommt der Wandel durch Einwanderung nur an einer einzigen Stelle (später, nämlich S. 61, ist von speziellen Programmen für Jugendliche mit Migrationshintergrund die Rede, die aufgesucht werden müssen, weil sie zu Bildungsangeboten nicht kommen) auf den 250 Seiten zu Wort: \\
 „Die besonders schwachen Schüler stammen ganz überwiegend aus Familien, in denen Vater und Mutter selbst nur wenig gebildet sind. Viele von ihnen sind nach Deutschland eingewandert. Sie sind meist schon längere Zeit arbeitslos, verhältnismäßig arm und oft auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im Laufe der Jahre geraten sie in eine verfestigte randständige Lage und sehen keine Chance mehr, sich durch eigene Anstrengungen daraus zu befreien.“ (S. 51) Diese Gruppen verursachen dann „riesige Summen von Wohlfahrtsaufwendungen und darüber hinaus große Produktionsausfälle“ (S. 225). Das „Heer von Enttäuschten und Ausgestoßenen“ (S. 226) bildet eine „soziale Unterklasse von unmotivierten Jugendlichen“, das nicht mehr auf „die eigene Wettbewerbsfähigkeit“ (S. 225) setzt.  „Die besonders schwachen Schüler stammen ganz überwiegend aus Familien, in denen Vater und Mutter selbst nur wenig gebildet sind. Viele von ihnen sind nach Deutschland eingewandert. Sie sind meist schon längere Zeit arbeitslos, verhältnismäßig arm und oft auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im Laufe der Jahre geraten sie in eine verfestigte randständige Lage und sehen keine Chance mehr, sich durch eigene Anstrengungen daraus zu befreien.“ (S. 51) Diese Gruppen verursachen dann „riesige Summen von Wohlfahrtsaufwendungen und darüber hinaus große Produktionsausfälle“ (S. 225). Das „Heer von Enttäuschten und Ausgestoßenen“ (S. 226) bildet eine „soziale Unterklasse von unmotivierten Jugendlichen“, das nicht mehr auf „die eigene Wettbewerbsfähigkeit“ (S. 225) setzt. 
 Auch hier wird das Glück der modernen Seligkeit getrübt durch die Invasion der Rückständigkeit, die eigene Welt des supertechnologischen Fortschritts und der revolutionären Anpassung der Jugend an diesen Fortschritt der schönen Medienwelt wird belastet durch die Einwanderung der Dummheit. Auch hier wird das Glück der modernen Seligkeit getrübt durch die Invasion der Rückständigkeit, die eigene Welt des supertechnologischen Fortschritts und der revolutionären Anpassung der Jugend an diesen Fortschritt der schönen Medienwelt wird belastet durch die Einwanderung der Dummheit.
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 **Abschließende These** **Abschließende These**
-Natürlich rechtfertigen die willkürliche Auswahl der Beispiele und die unsystematischen Beobachtungen nur eine spekulative These. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Gedankengang in Bezug auf die allgemeine Diskussion und den öffentlichen Diskurs im pädagogischen Feld schon mehrfach thematisiert wurde. (vgl. die beiden Bände von Direm/Mecheril 2009 und Direm u.a. 2010; neuerdings: Buchenhorst 2015). Aber der Transformationsprozess der Gesellschaft durch Einwanderung und die Veränderung der pädagogischen Praxis schreiten voran und lassen die in den verschiedenen Phasen der Bewusstwerdung in den letzten vier Jahrzehnten entwickelten Deutungsmuster schnell veralten. Die in den Lebenswelten erworbenen Deutungsschemata veralten schneller als sie kulturell reflektiert und verändert werden können. Das wirft für die Pädagogik und die Erziehungswissenschaft Dauerprobleme und –aufgaben auf. Während die These vom cultural lag ursprünglich bezogen war auf das Verhältnis von sich schnell wandelnder Technologie und kultureller Aneignung dieses Wandels, kann sie heute auch auf das Verhältnis von Gesellschaft und Lebenswelt bezogen werden. Die Dynamik eines digitalisierten globalen Kapitalismus und seine mediale Materialität durchdringen traditionelle Grenzen und Begrenzungen, soziale Definitionsräume und kulturelle Interpretationsrahmen und machen permanente Re-Interpretationen notwendig. Der lebhafte Handel regressiver Deutungsangebote verdeutlicht drastisch die Unmöglichkeit einfacher Anpassungs- und Nachvollzugsstrategien.  Dabei können die Interaktionsräume der beruflichen Praxis als Aushandlungsarenen rekonstruiert werden, in denen scheinbar keine Ordnungen mehr zum Zuge kommen. Tatsächlich setzen sich lebensweltliche Traditionen des eigenen biografischen Zusammenhangs ebenso durch wie technologische Scheinlösungen. Von der technischen Ausstattung des Kinderzimmers angefangen mit seinen digitalisierten Animations- und Überwachungsspielgeräten bis hin zum Wohnraum für die ganz Alten, die elektronisch rund um die Uhr kontrolliert werden, dominieren die, man kann das nur ironisch zitieren, „versachlichten“ Muster der Sozialität. Umstandslos setzt sich in dieser Welt der uneingeschränkten Kontrolle das Selbstdeutungsmuster einer modernen, technisch und elektronisch perfekten Welt durch, mit dem die Lebenswelt der modernen Menschen strukturiert wird. Die Entfremdungsgefühle der kolonialisierten Lebenswelt können dann unreflektiert auf das personalisierte Fremde projiziert werden. Frauen mit Kopftuch werden so zum Inbegriff des Rückständigen und Gefährlichen. Für die Fälle der Beratung und der Erziehung wird mehr denn je die Reflexion auf die eigenen lebensweltlichen Erfahrungen bedeutsam, die in einem verwissenschaftlichen Nachdenken über das gute Leben Stützung benötigt. Denn wenn dieser Horizont unbefragt Geltung hat, dann wird das Eigensinnige des Fremden zusammen mit seiner Vorstellung vom guten Leben einer kolonialistischen Moderne unterworfen oder externalisiert. + 
 +Natürlich rechtfertigen die willkürliche Auswahl der Beispiele und die unsystematischen Beobachtungen nur eine spekulative These. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Gedankengang in Bezug auf die allgemeine Diskussion und den öffentlichen Diskurs im pädagogischen Feld schon mehrfach thematisiert wurde. (vgl. die beiden Bände von Direm/Mecheril 2009 und Direm u.a. 2010; neuerdings: Buchenhorst 2015). Aber der Transformationsprozess der Gesellschaft durch Einwanderung und die Veränderung der pädagogischen Praxis schreiten voran und lassen die in den verschiedenen Phasen der Bewusstwerdung in den letzten vier Jahrzehnten entwickelten Deutungsmuster schnell veralten. Die in den Lebenswelten erworbenen Deutungsschemata veralten schneller als sie kulturell reflektiert und verändert werden können. Das wirft für die Pädagogik und die Erziehungswissenschaft Dauerprobleme und –aufgaben auf. Während die These vom cultural lag ursprünglich bezogen war auf das Verhältnis von sich schnell wandelnder Technologie und kultureller Aneignung dieses Wandels, kann sie heute auch auf das Verhältnis von Gesellschaft und Lebenswelt bezogen werden. Die Dynamik eines digitalisierten globalen Kapitalismus und seine mediale Materialität durchdringen traditionelle Grenzen und Begrenzungen, soziale Definitionsräume und kulturelle Interpretationsrahmen und machen permanente Re-Interpretationen notwendig. Der lebhafte Handel regressiver Deutungsangebote verdeutlicht drastisch die Unmöglichkeit einfacher Anpassungs- und Nachvollzugsstrategien.  Dabei können die Interaktionsräume der beruflichen Praxis als Aushandlungsarenen rekonstruiert werden, in denen scheinbar keine Ordnungen mehr zum Zuge kommen. Tatsächlich setzen sich lebensweltliche Traditionen des eigenen biografischen Zusammenhangs ebenso durch wie technologische Scheinlösungen. Von der technischen Ausstattung des Kinderzimmers angefangen mit seinen digitalisierten Animations- und Überwachungsspielgeräten bis hin zum Wohnraum für die ganz Alten, die elektronisch rund um die Uhr kontrolliert werden, dominieren die, man kann das nur ironisch zitieren, „versachlichten“ Muster der Sozialität. Umstandslos setzt sich in dieser Welt der uneingeschränkten Kontrolle das Selbstdeutungsmuster einer modernen, technisch und elektronisch perfekten Welt durch, mit dem die Lebenswelt der modernen Menschen strukturiert wird. Die Entfremdungsgefühle der kolonialisierten Lebenswelt können dann unreflektiert auf das personalisierte Fremde projiziert werden. Frauen mit Kopftuch werden so zum Inbegriff des Rückständigen und Gefährlichen. Für die Fälle der Beratung und der Erziehung wird mehr denn je die Reflexion auf die eigenen lebensweltlichen Erfahrungen bedeutsam, die in einem verwissenschaftlichen Nachdenken über das gute Leben Stützung benötigt. Denn wenn dieser Horizont unbefragt Geltung hat, dann wird das Eigensinnige des Fremden zusammen mit seiner Vorstellung vom guten Leben einer kolonialistischen Moderne unterworfen oder externalisiert.\\ 
 Mehr denn je gehören diese Fragen in die Ausbildung der Sozialen Berufe. Denn die wenigen empirischen Studien zum tatsächlichen pädagogischen Handeln in sozialpädagogischen Einrichtungen stellen „kulturalistische Argumentationsweisen“ (Nortman 2010) oder rassistische Vernachlässigungen der Subjektperspektive (Melter 2006) fest. Dabei zeigt sich, dass auch der Interkulturalismus als generalisierte Handlungsstrategie die eigenen Befangenheiten ausblendet und sich anheischig macht, den anderen besser zu verstehen als er es selbst vermag. Diese Überheblichkeit aber ist eine spezifische Tradition der Sozialen Berufe, die schon immer mit Differenz umgehen müssen. Sie können sie weder wegdefinieren noch pathologisieren noch kulturalisieren. Diese Einsicht in der Tradition von „Etwas fehlt“ (Brumlik/Keckeisen 1976) ist immer wieder zu erneuern. Die Lebensweltorientierung, die ja gerade weder affirmative noch abweisende professionelle Handlungen  begründen will (neuerdings pointiert formuliert von Otto/Ziegler 2015), kann dabei hilfreich sein. Wie eine in diesem Sinne analytisch differenzierte Reflexion von Erfahrungen geht, hat Astrid Woog in ihrer Dissertation (1998) gezeigt. Allgemeines (die Prinzipien guter Sozialer Arbeit) und Besonderes (die spezifische soziokulturelle „Einbettung“ einer Familie) bleiben in einer Balance, die weder zu Gunsten einer Kulturalisierung noch im Sinne eines „farbenblinden Liberalismus“ aufgelöst wird. Mehr denn je gehören diese Fragen in die Ausbildung der Sozialen Berufe. Denn die wenigen empirischen Studien zum tatsächlichen pädagogischen Handeln in sozialpädagogischen Einrichtungen stellen „kulturalistische Argumentationsweisen“ (Nortman 2010) oder rassistische Vernachlässigungen der Subjektperspektive (Melter 2006) fest. Dabei zeigt sich, dass auch der Interkulturalismus als generalisierte Handlungsstrategie die eigenen Befangenheiten ausblendet und sich anheischig macht, den anderen besser zu verstehen als er es selbst vermag. Diese Überheblichkeit aber ist eine spezifische Tradition der Sozialen Berufe, die schon immer mit Differenz umgehen müssen. Sie können sie weder wegdefinieren noch pathologisieren noch kulturalisieren. Diese Einsicht in der Tradition von „Etwas fehlt“ (Brumlik/Keckeisen 1976) ist immer wieder zu erneuern. Die Lebensweltorientierung, die ja gerade weder affirmative noch abweisende professionelle Handlungen  begründen will (neuerdings pointiert formuliert von Otto/Ziegler 2015), kann dabei hilfreich sein. Wie eine in diesem Sinne analytisch differenzierte Reflexion von Erfahrungen geht, hat Astrid Woog in ihrer Dissertation (1998) gezeigt. Allgemeines (die Prinzipien guter Sozialer Arbeit) und Besonderes (die spezifische soziokulturelle „Einbettung“ einer Familie) bleiben in einer Balance, die weder zu Gunsten einer Kulturalisierung noch im Sinne eines „farbenblinden Liberalismus“ aufgelöst wird.
  
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 Dirim,I./Gomolla,M./Hornberg,S./Mecheril,P./Stojanov,K.(Hrsg.) (2010): Spannungsverhältnisse. Assimilationsdiskurse und interkulturell-pädagogische Forschung, Münster u.a. Dirim,I./Gomolla,M./Hornberg,S./Mecheril,P./Stojanov,K.(Hrsg.) (2010): Spannungsverhältnisse. Assimilationsdiskurse und interkulturell-pädagogische Forschung, Münster u.a.
  
-Grundwald, K./Thiersch, H. (2015): Lebensweltorientierung. In: Otto, H.-U. /Thiersch, H. (Hrsg.) (2015): Handbuch Soziale Arbeit. 5. Erweiterte Auflage, München/Basel, S. 934-943.+Grunwald, K./Thiersch, H. (2015): Lebensweltorientierung. In: Otto, H.-U. /Thiersch, H. (Hrsg.) (2015): Handbuch Soziale Arbeit. 5. Erweiterte Auflage, München/Basel, S. 934-943. 
 Hurrelmann, K./Albrecht, E. (2014): Die heimlichen Revolutionäre. Wie die Generation Y unsere Welt verändert. Weinheim und Basel. Hurrelmann, K./Albrecht, E. (2014): Die heimlichen Revolutionäre. Wie die Generation Y unsere Welt verändert. Weinheim und Basel.
 +
 Kirchhart, St. (2008): Inobhutnahme in Theorie und Praxis. Grundlagen der stationären Krisenintervention in der Jugendhilfe und empirische Untersuchung in einer Inobhutnahmeeinrichtung für Mädchen, Bad Heilbrunn Kirchhart, St. (2008): Inobhutnahme in Theorie und Praxis. Grundlagen der stationären Krisenintervention in der Jugendhilfe und empirische Untersuchung in einer Inobhutnahmeeinrichtung für Mädchen, Bad Heilbrunn
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 Melter,C.(2006): Rassismuserfahrungen in der Jugendhilfe. Eine empirische Studie zu Kommunikationspraxen in der Sozialen Arbeit. Münster u.a. Melter,C.(2006): Rassismuserfahrungen in der Jugendhilfe. Eine empirische Studie zu Kommunikationspraxen in der Sozialen Arbeit. Münster u.a.
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 Mollenhauer, K. (1996): Kinder- und Jugendhilfe. Theorie der Sozialpädagogik - ein thematisch-kritischer Grundriß. In: Zeitschrift für Pädagogik, 42. Jg., S. 870 - 886. Mollenhauer, K. (1996): Kinder- und Jugendhilfe. Theorie der Sozialpädagogik - ein thematisch-kritischer Grundriß. In: Zeitschrift für Pädagogik, 42. Jg., S. 870 - 886.
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 Norman, A.(2010): „Migrationshintergrund ist halt auch irgendwie Thema“. Eltern mit Migrationshintergrund im Kontext der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Freiburg im Breisgau. Norman, A.(2010): „Migrationshintergrund ist halt auch irgendwie Thema“. Eltern mit Migrationshintergrund im Kontext der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Freiburg im Breisgau.
  
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 Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren!
-Das Wichtigste zuerst: Blicken wir auf die Brille, die wir aufhaben. Das Bild von Kindern auf der Flucht ist eindeutig. Kinder sind in jedem Fall die Opfer der Verhältnisse. Die Opfer in Krieg und Zerstörung, die Opfer von Gewalt und Vertreibung. Seit vielen Monaten sehen wir in den Medien nur die Bilder des Grauens, in dem die Kinder mittendrin und häufig die ersten Opfer sind. Keinem einigermaßen empfindsamen Menschen wird das Bild des ertrunkenen Kindes an einem Strand in Griechenland aus dem Gedächtnis verschwinden. Und wenn wir den Bericht eines Arztes lesen, den eine Frau aufsucht, weil in ihrem Bauch das Kind sich nicht mehr bewegt – und wir erfahren, dass diese Frau auf der Überfahrt nach Griechenland zwei Kinder verloren hat, dann steigert das Bild in uns die Betroffenheit zur Wut und zum Zorn über diese Umstände des Lebens und Sterbens.+Das Wichtigste zuerst: Blicken wir auf die Brille, die wir aufhaben. Das Bild von Kindern auf der Flucht ist eindeutig. Kinder sind in jedem Fall die Opfer der Verhältnisse. Die Opfer in Krieg und Zerstörung, die Opfer von Gewalt und Vertreibung. Seit vielen Monaten sehen wir in den Medien nur die Bilder des Grauens, in dem die Kinder mittendrin und häufig die ersten Opfer sind. Keinem einigermaßen empfindsamen Menschen wird das Bild des ertrunkenen Kindes an einem Strand in Griechenland aus dem Gedächtnis verschwinden. Und wenn wir den Bericht eines Arztes lesen, den eine Frau aufsucht, weil in ihrem Bauch das Kind sich nicht mehr bewegt – und wir erfahren, dass diese Frau auf der Überfahrt nach Griechenland zwei Kinder verloren hat, dann steigert das Bild in uns die Betroffenheit zur Wut und zum Zorn über diese Umstände des Lebens und Sterbens.\\
 Aber wir, also diese ganze Gesellschaft, machen so weiter wie bisher. Die Fluchtwege werden versperrt, die Fahrten über das Mittelmeer werden länger und gefährlicher. 400 Menschen sind in dieser Woche ertrunken. Die Versperrung der Fluchtwege treibt die Konjunktur der Schlepper an; sie verdienen immer mehr. Der angebliche Kampf gegen Schleuser ist eine Farce. Die Wege, um zu einem vermeintlich sicheren Punkt der Abfahrt über das Mittelmeer zu kommen, werden länger, teurer und auch gefährlicher. Das juckt in Wirklichkeit nicht sehr viele Menschen in Europa. Das Hemd ist uns näher als die Not in den Kriegsgebieten. Und vor allem unsere billigen Lebensmittel, die tollen Kreuzfahrten im Mittelmeer und die bequemen Reisen an alle exotischen Orte der Welt – auf die möchten wir nicht verzichten. Aber wir, also diese ganze Gesellschaft, machen so weiter wie bisher. Die Fluchtwege werden versperrt, die Fahrten über das Mittelmeer werden länger und gefährlicher. 400 Menschen sind in dieser Woche ertrunken. Die Versperrung der Fluchtwege treibt die Konjunktur der Schlepper an; sie verdienen immer mehr. Der angebliche Kampf gegen Schleuser ist eine Farce. Die Wege, um zu einem vermeintlich sicheren Punkt der Abfahrt über das Mittelmeer zu kommen, werden länger, teurer und auch gefährlicher. Das juckt in Wirklichkeit nicht sehr viele Menschen in Europa. Das Hemd ist uns näher als die Not in den Kriegsgebieten. Und vor allem unsere billigen Lebensmittel, die tollen Kreuzfahrten im Mittelmeer und die bequemen Reisen an alle exotischen Orte der Welt – auf die möchten wir nicht verzichten.
 Und der Blick auf die Opferkinder wird gelegentlich irritiert. Wir sehen, dass die Kinder in Idomeni miteinander spielen, dass sie in der Matschepampe fröhlich spielen, wie es die hiesigen Kinder verboten bekommen. Wir sehen die wenigen Kinder in Kobane bei ihren Streifzügen in den Ruinen und Trümmern. Die Flucht erscheint gelegentlich wie ein großes Abenteuer, mit vielen anderen Kindern gemeinsam, im Schutz der Familie und der Verwandtschaft. Trotz der Entbehrungen und Belastungen zeigen sich die Kinder stolz und selbstbewusst über das, was sie können. Wenn die modische Rede von der agency, der Handlungsmächtigkeit, einen Sinn hat, dann trifft dies für die Kinder der Flucht zu.  Und der Blick auf die Opferkinder wird gelegentlich irritiert. Wir sehen, dass die Kinder in Idomeni miteinander spielen, dass sie in der Matschepampe fröhlich spielen, wie es die hiesigen Kinder verboten bekommen. Wir sehen die wenigen Kinder in Kobane bei ihren Streifzügen in den Ruinen und Trümmern. Die Flucht erscheint gelegentlich wie ein großes Abenteuer, mit vielen anderen Kindern gemeinsam, im Schutz der Familie und der Verwandtschaft. Trotz der Entbehrungen und Belastungen zeigen sich die Kinder stolz und selbstbewusst über das, was sie können. Wenn die modische Rede von der agency, der Handlungsmächtigkeit, einen Sinn hat, dann trifft dies für die Kinder der Flucht zu. 
 Und noch einmal werden die Bilder von den Kindern irritiert. Kinder werden zu einem Mittel im Kampf um Asyl. Die Eltern in Idomeni und anderswo haben ihre Kinder mit Plakaten ausgestattet mit Aufschriften in Deutsch. Sobald irgendwo eine Fernsehkamera erscheint, werden die Kinder ihr zugewandt und zum Rufen aufgefordert. Die Kinder werden für den Willen, aber auch für die Verzweiflung der Eltern instrumentalisiert. Und manche Spendenaktion verwendet die Kinderbilder zur Aquisition von Geld. Pro Asyl dagegen informiert zwar politisch, aber verwendet auch dazu das Bild von den Kindern als Opfer. So heißt es in einem Aufruf Mitte März: „In Griechenland sitzen mittlerweile schätzungsweise 42.000 Menschen fest, mehr als 13.000 davon harren momentan direkt an der Grenze in Idomeni aus – darunter Menschen mit Behinderungen, Alte, Schwangere und sogar Neugeborene. Insgesamt wird geschätzt, dass die Hälfte der Flüchtlinge, die sich momentan in Idomeni befinden, Kinder sind. Für sie ist es im nasskalten Dreck des provisorischen Zeltcamps besonders schlimm: Einige wurden bereits mit Atemproblemen, schweren Erkältungen oder einem Magen-Darm-Virus ins Bezirkskrankenhaus gebracht.“ (Pro Asyl, 18.3.2016) Und noch einmal werden die Bilder von den Kindern irritiert. Kinder werden zu einem Mittel im Kampf um Asyl. Die Eltern in Idomeni und anderswo haben ihre Kinder mit Plakaten ausgestattet mit Aufschriften in Deutsch. Sobald irgendwo eine Fernsehkamera erscheint, werden die Kinder ihr zugewandt und zum Rufen aufgefordert. Die Kinder werden für den Willen, aber auch für die Verzweiflung der Eltern instrumentalisiert. Und manche Spendenaktion verwendet die Kinderbilder zur Aquisition von Geld. Pro Asyl dagegen informiert zwar politisch, aber verwendet auch dazu das Bild von den Kindern als Opfer. So heißt es in einem Aufruf Mitte März: „In Griechenland sitzen mittlerweile schätzungsweise 42.000 Menschen fest, mehr als 13.000 davon harren momentan direkt an der Grenze in Idomeni aus – darunter Menschen mit Behinderungen, Alte, Schwangere und sogar Neugeborene. Insgesamt wird geschätzt, dass die Hälfte der Flüchtlinge, die sich momentan in Idomeni befinden, Kinder sind. Für sie ist es im nasskalten Dreck des provisorischen Zeltcamps besonders schlimm: Einige wurden bereits mit Atemproblemen, schweren Erkältungen oder einem Magen-Darm-Virus ins Bezirkskrankenhaus gebracht.“ (Pro Asyl, 18.3.2016)
  
-Ich nenne die Reflexion auf unsere Bilder im Kopf die erste Aufgabe, weil die mediengemachten Bilder unsere Motivationen anstacheln, helfen zu wollen, wo Not herrscht. Aber der typische Blick der Willkommenskultur erfasst nur eine Seite der Medaille und macht die Helfer und Helferinnen nicht nur verletzlich, sondern auch anfällig für eine Haltung der mildtätigen Zuwendung. Diese macht die Kinder nach der Flucht zu Objekten unserer Fürsorge, wird aber in vielen Fällen einer ernsthaften Belastungsprobe unterzogen, wenn wir erleben, wie widerständig Kinder und Erwachsene gegenüber manchem sind, was wir ihnen zukommen lassen wollen. +Ich nenne die Reflexion auf unsere Bilder im Kopf die erste Aufgabe, weil die mediengemachten Bilder unsere Motivationen anstacheln, helfen zu wollen, wo Not herrscht. Aber der typische Blick der Willkommenskultur erfasst nur eine Seite der Medaille und macht die Helfer und Helferinnen nicht nur verletzlich, sondern auch anfällig für eine Haltung der mildtätigen Zuwendung. Diese macht die Kinder nach der Flucht zu Objekten unserer Fürsorge, wird aber in vielen Fällen einer ernsthaften Belastungsprobe unterzogen, wenn wir erleben, wie widerständig Kinder und Erwachsene gegenüber manchem sind, was wir ihnen zukommen lassen wollen.\\ 
-Es gibt übrigens auch realistische Bilder: Ein Bild (Zeitonline 3.4.2016) kann aufklärerisch sein, mehr als alle Worte. An einem Strand auf Fuerteventura sonnen sich drei Urlauber im Hintergrund des Bildes, im Vordergrund kriecht ein Flüchtling aus Afrika, offensichtlich total erschöpft, über den heißen Sand. Also erst wenn wir „uns“ miteinbeziehen und abbilden lassen, entsteht ein Zusammenhang.+Es gibt übrigens auch realistische Bilder: Ein Bild (Zeitonline 3.4.2016) kann aufklärerisch sein, mehr als alle Worte. An einem Strand auf Fuerteventura sonnen sich drei Urlauber im Hintergrund des Bildes, im Vordergrund kriecht ein Flüchtling aus Afrika, offensichtlich total erschöpft, über den heißen Sand. Also erst wenn wir „uns“ miteinbeziehen und abbilden lassen, entsteht ein Zusammenhang.\\
 Es geht dabei nicht um einen „realistischen“ Blick auf Kinder und Jugendliche. Es geht um die selbstkritische Erweiterung unserer Wahrnehmung, um ihre selbstkritische Reflexion. Denn was die Realität und was wessen Realität ist, das wissen wir nicht. Aber wir können uns dem einzelnen Kind zuwenden, es in seinem widersprüchlichen Kontext wahrnehmen und ihm die pädagogische Förderung zukommen lassen, die es um seiner selbst willen braucht. Nicht wir entwickeln das Kind, sondern es entwickelt sich selbst, und wir können gar nicht genug Respekt haben vor dem, was es auf sich genommen hat. Dass dieses differenzierte Bild und diese pädagogische Haltung an Grenzen kommen, davon wird aber im Verlauf des Vortrags und vor allem im Verlauf der Tagung noch die Rede sein. Es geht dabei nicht um einen „realistischen“ Blick auf Kinder und Jugendliche. Es geht um die selbstkritische Erweiterung unserer Wahrnehmung, um ihre selbstkritische Reflexion. Denn was die Realität und was wessen Realität ist, das wissen wir nicht. Aber wir können uns dem einzelnen Kind zuwenden, es in seinem widersprüchlichen Kontext wahrnehmen und ihm die pädagogische Förderung zukommen lassen, die es um seiner selbst willen braucht. Nicht wir entwickeln das Kind, sondern es entwickelt sich selbst, und wir können gar nicht genug Respekt haben vor dem, was es auf sich genommen hat. Dass dieses differenzierte Bild und diese pädagogische Haltung an Grenzen kommen, davon wird aber im Verlauf des Vortrags und vor allem im Verlauf der Tagung noch die Rede sein.
  
 **Kinder** **Kinder**
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 Wir haben einen hervorragenden rechtlichen Rahmen, um das zu geben, was Kinder nach der Flucht brauchen. Deutschland ist eines von 195 Ländern, die die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet haben. Es war schon sehr schäbig gewesen, dass eines der reichsten Länder bis 2010 Vorbehalte formuliert hatte, die gerade die Verpflichtung für Kinder auf und nach der Flucht betrafen. Bei der Realisierung des Rechts auf Bildung gelten jetzt überhaupt keine Einschränkungen mehr. Das Recht des Kindes auf Bildung steht jedem Kind ohne Diskriminierung zu (Art. 2). Das Wohl des Kindes muss mit Vorrang berücksichtigt werden (Art. 3), die Entwicklung des Kindes muss in größtmöglichem Umfang gewährleistet werden (Art. 6) und die Meinung des Kindes muss in Entscheidungen über die Umsetzung des Rechts auf Bildung mit Gewicht einbezogen werden (Art. 12). Auch zugewanderte Kinder mit Behinderungen genießen sämtliche Rechte. Das Besondere ist darüber hinaus, dass diese Rechte in allen Phasen des Migrations- und Fluchtprozesses gelten müssen, also nicht erst, wenn ein bestimmter Rechtsstatus erreicht ist.   Wir haben einen hervorragenden rechtlichen Rahmen, um das zu geben, was Kinder nach der Flucht brauchen. Deutschland ist eines von 195 Ländern, die die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet haben. Es war schon sehr schäbig gewesen, dass eines der reichsten Länder bis 2010 Vorbehalte formuliert hatte, die gerade die Verpflichtung für Kinder auf und nach der Flucht betrafen. Bei der Realisierung des Rechts auf Bildung gelten jetzt überhaupt keine Einschränkungen mehr. Das Recht des Kindes auf Bildung steht jedem Kind ohne Diskriminierung zu (Art. 2). Das Wohl des Kindes muss mit Vorrang berücksichtigt werden (Art. 3), die Entwicklung des Kindes muss in größtmöglichem Umfang gewährleistet werden (Art. 6) und die Meinung des Kindes muss in Entscheidungen über die Umsetzung des Rechts auf Bildung mit Gewicht einbezogen werden (Art. 12). Auch zugewanderte Kinder mit Behinderungen genießen sämtliche Rechte. Das Besondere ist darüber hinaus, dass diese Rechte in allen Phasen des Migrations- und Fluchtprozesses gelten müssen, also nicht erst, wenn ein bestimmter Rechtsstatus erreicht ist.  
-Wie so oft hat auch die Europäische Union keine schlechten Rahmenbedingungen als verbindlich für die Mitgliedsländer formuliert: Auch die reformierte EU-Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU), die bis zum 20. Juli 2015 umgesetzt werden sollte, gibt u. a. höhere Standards für besonders schutzbedürftige Asylsuchende vor als bislang. „Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Schwangere haben besondere Bedürfnisse im Hinblick auf Unterbringung, Gesundheitsversorgung“. (SVR-Kurzinformation 2015, S.5)+Wie so oft hat auch die Europäische Union keine schlechten Rahmenbedingungen als verbindlich für die Mitgliedsländer formuliert: Auch die reformierte EU-Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU), die bis zum 20. Juli 2015 umgesetzt werden sollte, gibt u. a. höhere Standards für besonders schutzbedürftige Asylsuchende vor als bislang. „Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Schwangere haben besondere Bedürfnisse im Hinblick auf Unterbringung, Gesundheitsversorgung“. (SVR-Kurzinformation 2015, S.5)\\
 Die Kinderrechtskonvention hat ebenfalls einen eigenen Artikel, nämlich Artikel 22, zu Flüchtlingskindern. Die Kinderrechtskonvention hat ebenfalls einen eigenen Artikel, nämlich Artikel 22, zu Flüchtlingskindern.
 „(1) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Kind, das die Rechtsstellung eines Flüchtlings begehrt oder nach Maßgabe der anzuwendenden Regeln und Verfahren des Völkerrechts oder des innerstaatlichen Rechts als Flüchtling angesehen wird, angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung der Rechte erhält, die in diesem Übereinkommen (….oder in anderen internationalen Übereinkünften über Menschenrechte oder über humanitäre Fragen, denen die genannten Staaten als Vertragsparteien angehören,….) festgelegt sind, und zwar unabhängig davon, ob es sich in Begleitung seiner Eltern oder einer anderen Person  befindet oder nicht.“ „(1) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Kind, das die Rechtsstellung eines Flüchtlings begehrt oder nach Maßgabe der anzuwendenden Regeln und Verfahren des Völkerrechts oder des innerstaatlichen Rechts als Flüchtling angesehen wird, angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung der Rechte erhält, die in diesem Übereinkommen (….oder in anderen internationalen Übereinkünften über Menschenrechte oder über humanitäre Fragen, denen die genannten Staaten als Vertragsparteien angehören,….) festgelegt sind, und zwar unabhängig davon, ob es sich in Begleitung seiner Eltern oder einer anderen Person  befindet oder nicht.“
-Das Recht auf Bildung ist aber in vielfacher Weise gesetzlich und faktisch eingeschränkt.+Das Recht auf Bildung ist aber in vielfacher Weise gesetzlich und faktisch eingeschränkt.\\
 Vielfach „erleben geflüchtete Kinder und ihre Eltern in vielen Fällen, dass es größte Mühe bereitet, eine Kita oder Schule zu finden – und zudem eine, die in erreichbarer Nähe des Wohnortes liegt. Der Zugang zu Kindertagesstätten ist häufig aufgrund langer Wartelisten erschwert und Kitas sind nicht bedarfsgerecht ausgestattet.“ (Initiative Bildungsrecht, S. 11) Insbesondere das Leben in Gemeinschaftsunterkünften ist mit eingeschränkten Kommunikations- und Teilhabechancen verbunden. Gäbe es nicht die vielen Initiativgruppen, dann wäre die Situation noch dramatischer. Vielfach „erleben geflüchtete Kinder und ihre Eltern in vielen Fällen, dass es größte Mühe bereitet, eine Kita oder Schule zu finden – und zudem eine, die in erreichbarer Nähe des Wohnortes liegt. Der Zugang zu Kindertagesstätten ist häufig aufgrund langer Wartelisten erschwert und Kitas sind nicht bedarfsgerecht ausgestattet.“ (Initiative Bildungsrecht, S. 11) Insbesondere das Leben in Gemeinschaftsunterkünften ist mit eingeschränkten Kommunikations- und Teilhabechancen verbunden. Gäbe es nicht die vielen Initiativgruppen, dann wäre die Situation noch dramatischer.
-Man kann den Stand der Forschung über die Probleme des Bildungswesens folgendermaßen zusammenfassen: +Man kann den Stand der Forschung über die Probleme des Bildungswesens folgendermaßen zusammenfassen: \\
 „Quantitativ basierte Gesamtüberblicke zu Flüchtlingen an allgemeinbildenden Schulen fehlen. Zwar lässt sich die Zahl der minderjährigen Asylsuchenden bundesweit beziffern, es existieren jedoch keine Zahlen darüber, wie viele davon an welchen Schulen in welchem Bundesland einen Platz haben. Eine gesetzliche Schulpflicht für minderjährige Asylbewerber, die an keine Voraussetzungen geknüpft ist, besteht derzeit nur in Berlin und im Saarland. Einige Daten deuten auf teilweise lange Wartezeiten für Beschulung hin; Übergangszeiten werden z. T. durch außerschulische Deutschkurse ‚aufgefangen‘. Vielfach entstehen Unterbrechungen und Lücken im Bildungsweg sowie Bildungsleerlaufzeiten … Auch die Form der Beschulung (z. B. Vorbereitungsklassen/‚Migrationsklassen‘ vs. Regelbeschulung) fällt regional sehr unterschiedlich aus. Eine lange Verweildauer in spezifischen, in der Regel sehr heterogen zusammengesetzten Migrationsklassen kann Integration erschweren. Ein weiteres Problem ist die Residenzpflicht; z. B. muss die Ausländerbehörde der Teilnahme an Klassenfahrten bzw. Schulausflügen zustimmen, wobei jeder Einzelfall geprüft wird. Eine besonders benachteiligte Gruppe bilden junge Flüchtlinge, die spät (mit 16 oder 17 Jahren) nach Deutschland eingereist sind und bei denen i. d. R. kein Einstieg in allgemeinbildende Schulen mehr möglich ist“. (Robert Bosch Stiftung/SVR 2016, S. 25) „Quantitativ basierte Gesamtüberblicke zu Flüchtlingen an allgemeinbildenden Schulen fehlen. Zwar lässt sich die Zahl der minderjährigen Asylsuchenden bundesweit beziffern, es existieren jedoch keine Zahlen darüber, wie viele davon an welchen Schulen in welchem Bundesland einen Platz haben. Eine gesetzliche Schulpflicht für minderjährige Asylbewerber, die an keine Voraussetzungen geknüpft ist, besteht derzeit nur in Berlin und im Saarland. Einige Daten deuten auf teilweise lange Wartezeiten für Beschulung hin; Übergangszeiten werden z. T. durch außerschulische Deutschkurse ‚aufgefangen‘. Vielfach entstehen Unterbrechungen und Lücken im Bildungsweg sowie Bildungsleerlaufzeiten … Auch die Form der Beschulung (z. B. Vorbereitungsklassen/‚Migrationsklassen‘ vs. Regelbeschulung) fällt regional sehr unterschiedlich aus. Eine lange Verweildauer in spezifischen, in der Regel sehr heterogen zusammengesetzten Migrationsklassen kann Integration erschweren. Ein weiteres Problem ist die Residenzpflicht; z. B. muss die Ausländerbehörde der Teilnahme an Klassenfahrten bzw. Schulausflügen zustimmen, wobei jeder Einzelfall geprüft wird. Eine besonders benachteiligte Gruppe bilden junge Flüchtlinge, die spät (mit 16 oder 17 Jahren) nach Deutschland eingereist sind und bei denen i. d. R. kein Einstieg in allgemeinbildende Schulen mehr möglich ist“. (Robert Bosch Stiftung/SVR 2016, S. 25)
  
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  Ein solcher Anspruch ist nur mit einem Master-Plan zu realisieren. Davon ist noch nichts zu sehen. Die Runden Tische scheinen hier im Land sehr unterschiedlich zu funktionieren. Die alten Prinzipien des Erlasses für die Förderung von Migrantenkindern gelten weiter, Geld wird bereitgestellt, sofern es abgerufen wird, die Erhöhung der Lehrerstunden ist geregelt. Man kann sagen, dass das bürokratische Minimum gerade so erfüllt wird, dass niemand rechtlich klagen kann. Aber in der Realität hängt noch viel zu viel von dem Engagement und Gestaltungswillen weniger ab, oft der Leitungspersonen in Schulen.  Ein solcher Anspruch ist nur mit einem Master-Plan zu realisieren. Davon ist noch nichts zu sehen. Die Runden Tische scheinen hier im Land sehr unterschiedlich zu funktionieren. Die alten Prinzipien des Erlasses für die Förderung von Migrantenkindern gelten weiter, Geld wird bereitgestellt, sofern es abgerufen wird, die Erhöhung der Lehrerstunden ist geregelt. Man kann sagen, dass das bürokratische Minimum gerade so erfüllt wird, dass niemand rechtlich klagen kann. Aber in der Realität hängt noch viel zu viel von dem Engagement und Gestaltungswillen weniger ab, oft der Leitungspersonen in Schulen.
  
-Es geht aber noch um mehr. Angesichts des aufblühenden Rassismus in Deutschland bekommt der Artikel 29 der Konvention, der die Bildungsziele behandelt, besondere Bedeutung. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, alle Kinder und Jugendlichen „auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten“. Und für Kinder gilt: Sie brauchen ein Aufwachsen in einer gewaltfreien Umgebung – d.h. auch frei von rassistischen Bedrohungen und Anschlägen. Vielfach ist die These gut begründet, dass traumatisierende Erfahrungen nach der Flucht ebenso häufig sind wie während der Flucht.+Es geht aber noch um mehr. Angesichts des aufblühenden Rassismus in Deutschland bekommt der Artikel 29 der Konvention, der die Bildungsziele behandelt, besondere Bedeutung. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, alle Kinder und Jugendlichen „auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten“. Und für Kinder gilt: Sie brauchen ein Aufwachsen in einer gewaltfreien Umgebung – d.h. auch frei von rassistischen Bedrohungen und Anschlägen. Vielfach ist die These gut begründet, dass traumatisierende Erfahrungen nach der Flucht ebenso häufig sind wie während der Flucht.\\
  Die Zuwanderung von Flüchtlingen und der Rassismus erfordern gerade nicht nur ein technokratisch zu vollbringendes Integrationsmanagement, sondern einen Lernprozess aller, da diese Gesellschaft in einem Veränderungsprozess steckt. Die Einwanderungsgesellschaft ist noch lange nicht bei einem angemessenen Selbstverständnis angekommen. Da wird immer noch der Eindruck erweckt, als ob nach einer „Integrationsphase“ das alte völkische Deutschland wieder hergestellt werden könnte. Viele Bürger haben das verstanden, andere nicht. Die Bundesregierung offensichtlich noch nicht.  Die Zuwanderung von Flüchtlingen und der Rassismus erfordern gerade nicht nur ein technokratisch zu vollbringendes Integrationsmanagement, sondern einen Lernprozess aller, da diese Gesellschaft in einem Veränderungsprozess steckt. Die Einwanderungsgesellschaft ist noch lange nicht bei einem angemessenen Selbstverständnis angekommen. Da wird immer noch der Eindruck erweckt, als ob nach einer „Integrationsphase“ das alte völkische Deutschland wieder hergestellt werden könnte. Viele Bürger haben das verstanden, andere nicht. Die Bundesregierung offensichtlich noch nicht.
  
 **Flucht** **Flucht**
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 Damit der Überblick erhalten bleibt, möchte ich zunächst einige Daten zur Einwanderungssituation referieren: Damit der Überblick erhalten bleibt, möchte ich zunächst einige Daten zur Einwanderungssituation referieren:
-475 000 Asylanträge wurden im gesamten Jahr 2015 gestellt. Genau 50% der Anträge betreffen Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahre. Im 1. Quartal 2016 wurden 181.000 Asylanträge (davon etwa 50 Prozent von syrischen Staatsangehörigen) gestellt. In diesem Zeitraum wurden etwa 150.000 Entscheidungen getroffen. Die vom Bundesamt dabei errechnete „Gesamtschutzquote“   betrug 63,1 Prozent. Die Zahl der noch nicht entschiedenen Asylanträge stieg aber auch im 1. Quartal 2016 weiter an. Ende März lag sie bei 409.113 Asylanträgen. Stark zurück gehen aktuell dagegen die Einreisezahlen von Flüchtlingen. Das Schließen der „Balkan-Route“ sowie der „Flüchtlings-Deal“ mit der Türkei und die gesetzlichen Restriktionen im deutschen Asylrecht zeigen Wirkung: Nur noch bundesweit 20.608 Zugänge von Asylsuchenden wurden im März 2016 im EASY-System registriert (Februar 2016: 61.428; Januar 2016: 91.671). Die meisten Flüchtlinge kommen nach wie vor aus Syrien, Irak und Afghanistan. (Initiativeausschuss für Rheinland-Pfalz, 12.4.2016)+475 000 Asylanträge wurden im gesamten Jahr 2015 gestellt. Genau 50% der Anträge betreffen Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahre. Im 1. Quartal 2016 wurden 181.000 Asylanträge (davon etwa 50 Prozent von syrischen Staatsangehörigen) gestellt. In diesem Zeitraum wurden etwa 150.000 Entscheidungen getroffen. Die vom Bundesamt dabei errechnete „Gesamtschutzquote“   betrug 63,1 Prozent. Die Zahl der noch nicht entschiedenen Asylanträge stieg aber auch im 1. Quartal 2016 weiter an. Ende März lag sie bei 409.113 Asylanträgen. Stark zurück gehen aktuell dagegen die Einreisezahlen von Flüchtlingen. Das Schließen der „Balkan-Route“ sowie der „Flüchtlings-Deal“ mit der Türkei und die gesetzlichen Restriktionen im deutschen Asylrecht zeigen Wirkung: Nur noch bundesweit 20.608 Zugänge von Asylsuchenden wurden im März 2016 im EASY-System registriert (Februar 2016: 61.428; Januar 2016: 91.671). Die meisten Flüchtlinge kommen nach wie vor aus Syrien, Irak und Afghanistan. (Initiativeausschuss für Rheinland-Pfalz, 12.4.2016)\\
 Die Daten über die Asylsuchenden müssen eingeordnet werden in die Strukturen der ausländischen Wohnbevölkerung und zum Migrationsgeschehen. Im März 2015 lebten in Deutschland 8.314.689 Ausländer. Davon waren 800.000 unter 16 Jahren alt, etwa 9,5 %. Die ausländische Bevölkerung ist zwar jünger als die einheimische, aber die große Mehrheit ist im erwerbsfähigen Alter – und das ist auch so beabsichtigt. Wenn wir sie nicht mehr brauchen, laufen ihre Aufenthaltserlaubnisse ab. Die Hälfte der Ausländer, die Deutschland pro Jahr verlassen, tut dies, weil sie nicht länger bleiben dürfen. Seit Jahren steigt sowohl die Zahl der Einwanderer als auch die Zahl der jährlichen Auswanderer. In 2014 sind 1.149.045 Ausländer eingewandert und 472.325 haben das Land verlassen. Auch der positive Wanderungssaldo ist kontinuierlich gestiegen. Seit vielen Jahren gibt es eine gezielte und gesteuerte Einwanderungspolitik, die durch den Zuzug von Asylsuchenden nur kurzfristig erweitert wurde. Wir betreiben seit Jahren eine aktive Einwanderungspolitik für die, die umstandslos in das Beschäftigungssystem integriert werden können, und beuten die Länder aus, deren Ausbildungskosten wir selbst dabei sparen. Die Daten über die Asylsuchenden müssen eingeordnet werden in die Strukturen der ausländischen Wohnbevölkerung und zum Migrationsgeschehen. Im März 2015 lebten in Deutschland 8.314.689 Ausländer. Davon waren 800.000 unter 16 Jahren alt, etwa 9,5 %. Die ausländische Bevölkerung ist zwar jünger als die einheimische, aber die große Mehrheit ist im erwerbsfähigen Alter – und das ist auch so beabsichtigt. Wenn wir sie nicht mehr brauchen, laufen ihre Aufenthaltserlaubnisse ab. Die Hälfte der Ausländer, die Deutschland pro Jahr verlassen, tut dies, weil sie nicht länger bleiben dürfen. Seit Jahren steigt sowohl die Zahl der Einwanderer als auch die Zahl der jährlichen Auswanderer. In 2014 sind 1.149.045 Ausländer eingewandert und 472.325 haben das Land verlassen. Auch der positive Wanderungssaldo ist kontinuierlich gestiegen. Seit vielen Jahren gibt es eine gezielte und gesteuerte Einwanderungspolitik, die durch den Zuzug von Asylsuchenden nur kurzfristig erweitert wurde. Wir betreiben seit Jahren eine aktive Einwanderungspolitik für die, die umstandslos in das Beschäftigungssystem integriert werden können, und beuten die Länder aus, deren Ausbildungskosten wir selbst dabei sparen.
  
-Auch deshalb gibt in Europa keinen Kampf gegen die Fluchtursachen, es gibt nur einen Kampf gegen Flüchtlinge. Es gibt auch keinen Kampf gegen Schleuser – das ist nur ein Etikett, das scheinbare Legitimation verschafft. In Wahrheit werden die Geschäftsbedingungen für sie verbessert. Die Dublin-Verträge haben dafür gesorgt, dass Flüchtlinge von Deutschland ferngehalten wurden. Die Grenzen sollen die anderen schließen, was vor allem Deutschland nutzt – in zweierlei Hinsicht: Die Flüchtlinge bleiben anderswo und die Regierung kann die anderen Staaten vom hohen Ross der moralischen Empörung herunter kritisieren. Wenn die anderen auf Flüchtlinge schießen und Tränengas einsetzen, kann man sich entrüsten. Wehe, wenn diese aber die Grenzen wieder öffnen würden. Dann würde die bayerische Regierung als Erste Lager an den Grenzen einrichten. Und die Türkei wird benutzt, um Zeit zu kaufen für ein Abbremsen der Fluchtbewegungen. Aber sie sind schon längst verlagert worden. An die Stelle einer Route sind viele Wege und Rinnsale getreten. +Auch deshalb gibt in Europa keinen Kampf gegen die Fluchtursachen, es gibt nur einen Kampf gegen Flüchtlinge. Es gibt auch keinen Kampf gegen Schleuser – das ist nur ein Etikett, das scheinbare Legitimation verschafft. In Wahrheit werden die Geschäftsbedingungen für sie verbessert. Die Dublin-Verträge haben dafür gesorgt, dass Flüchtlinge von Deutschland ferngehalten wurden. Die Grenzen sollen die anderen schließen, was vor allem Deutschland nutzt – in zweierlei Hinsicht: Die Flüchtlinge bleiben anderswo und die Regierung kann die anderen Staaten vom hohen Ross der moralischen Empörung herunter kritisieren. Wenn die anderen auf Flüchtlinge schießen und Tränengas einsetzen, kann man sich entrüsten. Wehe, wenn diese aber die Grenzen wieder öffnen würden. Dann würde die bayerische Regierung als Erste Lager an den Grenzen einrichten. Und die Türkei wird benutzt, um Zeit zu kaufen für ein Abbremsen der Fluchtbewegungen. Aber sie sind schon längst verlagert worden. An die Stelle einer Route sind viele Wege und Rinnsale getreten.\\ 
-Der Kampf gegen die Flüchtlinge ist ein Kaufen von Zeit, weil keine der Fluchtursachen beseitigt wird. Die Waffen aus Deutschland wandern ungestört in den Nahen Osten, die Freihandelsabkommen mit Afrika und den Ländern des Nahen Ostens werden intensiviert. Das hochproduktive Europa und Nordamerika und China überfluten diese Länder mit Lebensmittel und Fertigprodukten. Landflucht und Verarmung werden angeheizt, kein Land kann so Füße unter die eigene Entwicklung bekommen. Und das Geld der reichen Eliten wird von den europäischen Banken mit Handkuss angenommen und verheimlicht.+Der Kampf gegen die Flüchtlinge ist ein Kaufen von Zeit, weil keine der Fluchtursachen beseitigt wird. Die Waffen aus Deutschland wandern ungestört in den Nahen Osten, die Freihandelsabkommen mit Afrika und den Ländern des Nahen Ostens werden intensiviert. Das hochproduktive Europa und Nordamerika und China überfluten diese Länder mit Lebensmittel und Fertigprodukten. Landflucht und Verarmung werden angeheizt, kein Land kann so Füße unter die eigene Entwicklung bekommen. Und das Geld der reichen Eliten wird von den europäischen Banken mit Handkuss angenommen und verheimlicht.\\
 Ein Beispiel ist auch das Embargo der Europäischen Union. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch die EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, vor allem aber die Herstellung von Medikamenten sind schon lange vollständig zum Erliegen gekommen. Medikamente sind nur auf dem Schwarzmarkt zu bekommen und extrem teuer. Die armen Kinder sterben, weil sie nicht versorgt werden können. Die EU und die Bundesregierung könnten das Embargo heute beenden. Sie tun es nicht. Ein entsprechender Appell an die Regierung wurde noch nicht einmal beantwortet. Aber es wird von Bekämpfung der Fluchtursachen schwadroniert. Ein Beispiel ist auch das Embargo der Europäischen Union. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch die EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, vor allem aber die Herstellung von Medikamenten sind schon lange vollständig zum Erliegen gekommen. Medikamente sind nur auf dem Schwarzmarkt zu bekommen und extrem teuer. Die armen Kinder sterben, weil sie nicht versorgt werden können. Die EU und die Bundesregierung könnten das Embargo heute beenden. Sie tun es nicht. Ein entsprechender Appell an die Regierung wurde noch nicht einmal beantwortet. Aber es wird von Bekämpfung der Fluchtursachen schwadroniert.
  
-Doch auch innergesellschaftlich geht der Kampf gegen die Flüchtlinge weiter, er wird sogar intensiviert. Im März 2016 berichtet der deutsche Innenminister über das von ihm geplante Gesetz zur „Integration“. „Der Innenminister will Flüchtlingen einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verwehren, wenn sie Deutschkurse verweigern und Arbeitsangebote ausschlagen“ – meldet die SZ am 29.3.2016. Zwar ist kein einziger Fall bekannt, dass Flüchtlinge Sprachkurse verweigert haben, aber Gesetze gegen Flüchtlinge bedürfen heute offensichtlich keiner Begründung mehr. Und nach Arbeit suchen sie händeringend. Sie dürfen vielfach nicht arbeiten. +Doch auch innergesellschaftlich geht der Kampf gegen die Flüchtlinge weiter, er wird sogar intensiviert. Im März 2016 berichtet der deutsche Innenminister über das von ihm geplante Gesetz zur „Integration“. „Der Innenminister will Flüchtlingen einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verwehren, wenn sie Deutschkurse verweigern und Arbeitsangebote ausschlagen“ – meldet die SZ am 29.3.2016. Zwar ist kein einziger Fall bekannt, dass Flüchtlinge Sprachkurse verweigert haben, aber Gesetze gegen Flüchtlinge bedürfen heute offensichtlich keiner Begründung mehr. Und nach Arbeit suchen sie händeringend. Sie dürfen vielfach nicht arbeiten.\\ 
-Vor allem aber die Frage der Deutschkurse wird auf himmelschreiende Weise missbraucht. Denn am selben Tag wird gemeldet, dass allein in Rheinland-Pfalz Zehntausende Flüchtlinge auf Sprachkurse warten. Sie haben sich dafür gemeldet, bekommen aber keinen Platz – so eine Pressemitteilung des zuständigen Integrationsministeriums. (AZ 29.3.2016) Und die Sprachlehrer und Organisationen, die die Sprachkurse durchführen, werden auf unverschämte Weise schlecht bezahlt. Ohne die unendlich vielen ehrenamtlichen Lehrerinnen würde das System der Sprachkurse zusammenschrumpfen. +Vor allem aber die Frage der Deutschkurse wird auf himmelschreiende Weise missbraucht. Denn am selben Tag wird gemeldet, dass allein in Rheinland-Pfalz Zehntausende Flüchtlinge auf Sprachkurse warten. Sie haben sich dafür gemeldet, bekommen aber keinen Platz – so eine Pressemitteilung des zuständigen Integrationsministeriums. (AZ 29.3.2016) Und die Sprachlehrer und Organisationen, die die Sprachkurse durchführen, werden auf unverschämte Weise schlecht bezahlt. Ohne die unendlich vielen ehrenamtlichen Lehrerinnen würde das System der Sprachkurse zusammenschrumpfen.\\ 
-Das geplante Gesetz ist ein Integrationsverhinderungsgesetz. Denn wer weiß besser als die Flüchtlinge selbst, dass sie die deutsche Sprache brauchen. Ihnen zu unterstellen, sie würden sich diesen Angeboten verweigern, die es nicht gibt, ist nicht nur gehässig, sondern verhindert Integration. Denn wer will sich diesem Diktat, das überflüssig ist, unterwerfen, wenn ihm eine falsche Motivation unterstellt wird. Das Gesetz dient nur der Unterwerfung der Flüchtlinge. Sie sollen schlechter gestellt werden als alle Deutschen; denen aber soll, auch wenn sie zunehmend verarmen, signalisiert werden, dass auch sie über den Flüchtlingen stehen. Die Spaltung der Gesellschaft wird aktiv vorangetrieben.  +Das geplante Gesetz ist ein Integrationsverhinderungsgesetz. Denn wer weiß besser als die Flüchtlinge selbst, dass sie die deutsche Sprache brauchen. Ihnen zu unterstellen, sie würden sich diesen Angeboten verweigern, die es nicht gibt, ist nicht nur gehässig, sondern verhindert Integration. Denn wer will sich diesem Diktat, das überflüssig ist, unterwerfen, wenn ihm eine falsche Motivation unterstellt wird. Das Gesetz dient nur der Unterwerfung der Flüchtlinge. Sie sollen schlechter gestellt werden als alle Deutschen; denen aber soll, auch wenn sie zunehmend verarmen, signalisiert werden, dass auch sie über den Flüchtlingen stehen. Die Spaltung der Gesellschaft wird aktiv vorangetrieben. \\ 
-Oder man verleumdet sie mit der Behauptung der Integrationsverweigerung. Zu einem Zeitpunkt, da in Deutschland genau 40 000 nach Artikel 16a des Grundgesetzes anerkannte Flüchtlinge leben, soll eine Wohnsitzauflage für diese Gruppe eingeführt werden. Für ein halbes Promille der Bevölkerung soll es dieses Instrument des „unverhältnismäßigen Eingriffs in das Recht auf Freizügigkeit und die freie Wahl des Wohnsitzes“ geben. Welche Perversität. „Solche Auflagen, nicht nur für Flüchtlinge im Asylverfahren, sondern auch für anerkannte Flüchtlinge vorzusehen, verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention“ kritisiert das Deutsche Institut für Menschenrechte (15.3.2016). Das Gesetz soll für 211 000 Menschen mit Flüchtlingsschutz, der zeitlich befristet ist, also für 0,2 Prozent der Bevölkerung gelten. Das ist nicht nur irrelevant im Verhältnis zur innergesellschaftlichen normalen Migration, sondern ausgesprochen integrationsfeindlich, denn ohne Arbeitsplätze, die man sich frei suchen kann, gelingt in drei Jahren überhaupt nichts. Vielleicht lassen sich solche Menschen dann leichter abschieben.+Oder man verleumdet sie mit der Behauptung der Integrationsverweigerung. Zu einem Zeitpunkt, da in Deutschland genau 40 000 nach Artikel 16a des Grundgesetzes anerkannte Flüchtlinge leben, soll eine Wohnsitzauflage für diese Gruppe eingeführt werden. Für ein halbes Promille der Bevölkerung soll es dieses Instrument des „unverhältnismäßigen Eingriffs in das Recht auf Freizügigkeit und die freie Wahl des Wohnsitzes“ geben. Welche Perversität. „Solche Auflagen, nicht nur für Flüchtlinge im Asylverfahren, sondern auch für anerkannte Flüchtlinge vorzusehen, verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention“ kritisiert das Deutsche Institut für Menschenrechte (15.3.2016). Das Gesetz soll für 211 000 Menschen mit Flüchtlingsschutz, der zeitlich befristet ist, also für 0,2 Prozent der Bevölkerung gelten. Das ist nicht nur irrelevant im Verhältnis zur innergesellschaftlichen normalen Migration, sondern ausgesprochen integrationsfeindlich, denn ohne Arbeitsplätze, die man sich frei suchen kann, gelingt in drei Jahren überhaupt nichts. Vielleicht lassen sich solche Menschen dann leichter abschieben.\\
 Dieses Gesetzesvorhaben ist Ausdruck einer völkischen Politik im Dienst einer nationalistischen Schließung der Gesellschaft. In Abgrenzung zu den Nationalisten geht es darum, mit einer neuen kulturellen und politischen Selbstinterpretation den Wandel der Gesellschaft zu gestalten. Wir sind mehr als eine Einwanderungsgesellschaft. Wir befinden uns in einer Transformation zu einem „neuen“ Deutschland. Die neuen deutschen Medienmacher mit Migrationshintergrund haben uns das schon vor Jahren erklärt.  Dieses Gesetzesvorhaben ist Ausdruck einer völkischen Politik im Dienst einer nationalistischen Schließung der Gesellschaft. In Abgrenzung zu den Nationalisten geht es darum, mit einer neuen kulturellen und politischen Selbstinterpretation den Wandel der Gesellschaft zu gestalten. Wir sind mehr als eine Einwanderungsgesellschaft. Wir befinden uns in einer Transformation zu einem „neuen“ Deutschland. Die neuen deutschen Medienmacher mit Migrationshintergrund haben uns das schon vor Jahren erklärt. 
  
 **Pädagogik** **Pädagogik**
-Mit der starken Zuwanderung von Asylsuchenden im vergangenen Jahr hat auch ein neuer Zyklus der gesellschaftlichen Bearbeitung eines Sozialen Problems begonnen. In diese Bearbeitung ist vor allem die Pädagogik, also das Bildungssystem und sie Soziale Arbeit, eingebunden. Wohnung und Arbeit sind die beiden anderen Säulen der sogenannten Integration. Am Anfang steht wie in den 1970er Jahren die alarmierende Entdeckung von Missständen bzw. Handlungsbedarfen. Eine Welle der Hilfsbereitschaft breitet sich aus und führt zu vielfältigen Unterstützungsangeboten für Kinder, überwiegend nicht in der Schule. So haben die vierhundert Initiativgruppen im Jahr 1971 vor allem Hausaufgabenhilfen und Sprachkurse außerhalb der Schulen organisiert. Die Ausländerpädagogik der damaligen Zeit wird heute umgeschrieben in eine Flüchtlingspädagogik. Eine komplementäre Hilfebeziehung strukturiert sie.  + 
-In der zweiten Stufe reagiert das System, also das Bildungssystem, mit den typischen Instrumenten, nämlich Erlassen und bürokratischen Regelungen. Die Schulen wollen und erhalten mehr Geld, die eingerichteten Förderkurse und schulübergreifenden Koordinationsprozesse werden sehr unterschiedlich realisiert, die Lehrer*innen rufen nach Fortbildung, die Hochschulen nach Spezialstudiengängen. Die Erziehungswissenschaft reagiert erwartungsgemäß und produziert Spezialprogramme. Das System ist grundlegend eine Sortieranstalt und segmentiert nach seinen Regeln in Vorbereitungsklassen und Schularten. Die Gymnasien halten sich besonders zurück.  +Mit der starken Zuwanderung von Asylsuchenden im vergangenen Jahr hat auch ein neuer Zyklus der gesellschaftlichen Bearbeitung eines Sozialen Problems begonnen. In diese Bearbeitung ist vor allem die Pädagogik, also das Bildungssystem und sie Soziale Arbeit, eingebunden. Wohnung und Arbeit sind die beiden anderen Säulen der sogenannten Integration. Am Anfang steht wie in den 1970er Jahren die alarmierende Entdeckung von Missständen bzw. Handlungsbedarfen. Eine Welle der Hilfsbereitschaft breitet sich aus und führt zu vielfältigen Unterstützungsangeboten für Kinder, überwiegend nicht in der Schule. So haben die vierhundert Initiativgruppen im Jahr 1971 vor allem Hausaufgabenhilfen und Sprachkurse außerhalb der Schulen organisiert. Die Ausländerpädagogik der damaligen Zeit wird heute umgeschrieben in eine Flüchtlingspädagogik. Eine komplementäre Hilfebeziehung strukturiert sie. \\ 
-In der dritten Phase gilt das Problem als bearbeitet, die Gesellschaft beruhigt sich, die für die Lösung verantwortlichen Institutionen sind aber weiterhin unzufrieden, weil ihre Mittel begrenzt sind und die gesellschaftliche Anerkennung weitgehend ausbleibt. Der politische Diskurs schreibt die bleibenden Defizite den Beteiligten zu, insbesondere denen, die das Problem mit ihrer Anwesenheit hervorgerufen haben. In den pädagogischen Institutionen bemühen sich viele um eine pädagogische Förderung, es gelingt auch allmählich eine „Normalisierung“ in dem Sinne, dass sich Benachteiligungen ausgleichen. Vor allem aber: die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund emanzipieren sich von dieser Zuschreibung und wollen normale Menschen werden. Davon hält sie vielfach die Persistenz der Zuschreibung ab. +In der zweiten Stufe reagiert das System, also das Bildungssystem, mit den typischen Instrumenten, nämlich Erlassen und bürokratischen Regelungen. Die Schulen wollen und erhalten mehr Geld, die eingerichteten Förderkurse und schulübergreifenden Koordinationsprozesse werden sehr unterschiedlich realisiert, die Lehrer*innen rufen nach Fortbildung, die Hochschulen nach Spezialstudiengängen. Die Erziehungswissenschaft reagiert erwartungsgemäß und produziert Spezialprogramme. Das System ist grundlegend eine Sortieranstalt und segmentiert nach seinen Regeln in Vorbereitungsklassen und Schularten. Die Gymnasien halten sich besonders zurück. \\ 
-Wir befinden uns wahrscheinlich im Übergang von Phase eins zu Phase zwei. Die ersten Stimmen werden laut, dass der Freiwilligensektor auf Dauer überlastet ist. Auch bei den hilfsbereiten Profis machen sich schon Erschöpfungsphänomene bemerkbar. Die politische Steuerung muss nachfassen und wird bürokratische Festlegungen erlassen. Danach zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern zu groß sind und die Kultusministerkonferenz wird Rahmenrichtlinien erlassen – soweit sie nicht einfach die alten Richtlinien erneuert. Beim groß propagierten Kampf gegen Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung wurde das jetzt so gemacht: Minister Schäuble hat die Erklärung von 2009, nach der Finanzkrise, aus der Schublade geholt und erneut verkündet. Geschehen ist zwischenzeitlich nichts. +In der dritten Phase gilt das Problem als bearbeitet, die Gesellschaft beruhigt sich, die für die Lösung verantwortlichen Institutionen sind aber weiterhin unzufrieden, weil ihre Mittel begrenzt sind und die gesellschaftliche Anerkennung weitgehend ausbleibt. Der politische Diskurs schreibt die bleibenden Defizite den Beteiligten zu, insbesondere denen, die das Problem mit ihrer Anwesenheit hervorgerufen haben. In den pädagogischen Institutionen bemühen sich viele um eine pädagogische Förderung, es gelingt auch allmählich eine „Normalisierung“ in dem Sinne, dass sich Benachteiligungen ausgleichen. Vor allem aber: die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund emanzipieren sich von dieser Zuschreibung und wollen normale Menschen werden. Davon hält sie vielfach die Persistenz der Zuschreibung ab.\\ 
 +Wir befinden uns wahrscheinlich im Übergang von Phase eins zu Phase zwei. Die ersten Stimmen werden laut, dass der Freiwilligensektor auf Dauer überlastet ist. Auch bei den hilfsbereiten Profis machen sich schon Erschöpfungsphänomene bemerkbar. Die politische Steuerung muss nachfassen und wird bürokratische Festlegungen erlassen. Danach zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern zu groß sind und die Kultusministerkonferenz wird Rahmenrichtlinien erlassen – soweit sie nicht einfach die alten Richtlinien erneuert. Beim groß propagierten Kampf gegen Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung wurde das jetzt so gemacht: Minister Schäuble hat die Erklärung von 2009, nach der Finanzkrise, aus der Schublade geholt und erneut verkündet. Geschehen ist zwischenzeitlich nichts. \\
 Auch wenn insgesamt zu erwarten ist, dass sich solche Ablaufmuster wiederholen, ermöglicht die Reflexion auf diese Erfahrungen einen Spielraum, den wir nutzen können. Ich möchte dazu nur vier Punkte ansprechen. Auch wenn insgesamt zu erwarten ist, dass sich solche Ablaufmuster wiederholen, ermöglicht die Reflexion auf diese Erfahrungen einen Spielraum, den wir nutzen können. Ich möchte dazu nur vier Punkte ansprechen.
  
-1. +1.\\ 
-Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang der Einleitung wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, fokussieren nur auf dramatische Situationen, deren Bewältigung dem Beobachter als schier unmöglich erscheint. Zumindest müssten die Fliehenden in irgendeiner Weise „beschädigt“ sein. Die Formulierungen „viele sind traumatisiert“ oder „oft ist mit Flucht ein Trauma verbunden“ setzen die mediale Anamnese in eine scheinbar plausible Diagnose um. Für diejenigen, die in die pädagogische Arbeit mit jungen Flüchtlingen einsteigen, bedeutet das öffentlich markierte Vorausurteil eine Belastung, wissen sie doch, dass pädagogische Konzepte nur sehr begrenzt sind und tatsächliche therapeutische Bedarfe nicht abdecken können. +Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang der Einleitung wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, fokussieren nur auf dramatische Situationen, deren Bewältigung dem Beobachter als schier unmöglich erscheint. Zumindest müssten die Fliehenden in irgendeiner Weise „beschädigt“ sein. Die Formulierungen „viele sind traumatisiert“ oder „oft ist mit Flucht ein Trauma verbunden“ setzen die mediale Anamnese in eine scheinbar plausible Diagnose um. Für diejenigen, die in die pädagogische Arbeit mit jungen Flüchtlingen einsteigen, bedeutet das öffentlich markierte Vorausurteil eine Belastung, wissen sie doch, dass pädagogische Konzepte nur sehr begrenzt sind und tatsächliche therapeutische Bedarfe nicht abdecken können.\\ 
- Betrachtet man die herrschende Wahrnehmung, dann kann man ihre Besonderheit vor allem auf die lebensweltliche Fundierung der Wahrnehmungsmuster zurückführen. Im eigenen Erfahrungshorizont erscheinen die Bilder der Flucht als schrecklich, sie aktivieren Bewältigungsängste und, im Falle eines empathischen Nachvollzugs, starke Gefühle des hilflosen Ausgesetztseins. Weil in der Struktur der eigenen Lebenswelt die Ressourcen für die Bewältigung großer Belastungen noch nicht erlebt wurden, wird als einziges Bewältigungsmuster das des Traumas projiziert. So heißt es einleitend in einem neueren Aufsatz mit dem Titel „Kinder auf der Flucht“: „Flüchtlingskinder sind eine besonders schutzbedürftige und entwicklungsgefährdete Gruppe. Sie kommen alleine oder mit ihren Familien in ein fremdes Land, dessen Sprache sie häufig nicht sprechen und dessen Kultur sie nicht kennen. Sie sind vor nicht mehr erträglichen Zuständen geflohen und haben ihr Zuhause verloren. Die Kinder und Jugendlichen haben vor und auf der Flucht häufig Schreckliches erlebt. Aufgrund von Erfahrungen mit Gewalt und Tod, Entbehrung und Strapazen sind sie häufig physisch und psychisch stark belastet bis traumatisiert.“ (Meysen/González Méndez de Vigo 2015, S. 21)+ Betrachtet man die herrschende Wahrnehmung, dann kann man ihre Besonderheit vor allem auf die lebensweltliche Fundierung der Wahrnehmungsmuster zurückführen. Im eigenen Erfahrungshorizont erscheinen die Bilder der Flucht als schrecklich, sie aktivieren Bewältigungsängste und, im Falle eines empathischen Nachvollzugs, starke Gefühle des hilflosen Ausgesetztseins. Weil in der Struktur der eigenen Lebenswelt die Ressourcen für die Bewältigung großer Belastungen noch nicht erlebt wurden, wird als einziges Bewältigungsmuster das des Traumas projiziert. So heißt es einleitend in einem neueren Aufsatz mit dem Titel „Kinder auf der Flucht“: „Flüchtlingskinder sind eine besonders schutzbedürftige und entwicklungsgefährdete Gruppe. Sie kommen alleine oder mit ihren Familien in ein fremdes Land, dessen Sprache sie häufig nicht sprechen und dessen Kultur sie nicht kennen. Sie sind vor nicht mehr erträglichen Zuständen geflohen und haben ihr Zuhause verloren. Die Kinder und Jugendlichen haben vor und auf der Flucht häufig Schreckliches erlebt. Aufgrund von Erfahrungen mit Gewalt und Tod, Entbehrung und Strapazen sind sie häufig physisch und psychisch stark belastet bis traumatisiert.“ (Meysen/González Méndez de Vigo 2015, S. 21)\\
 In diesem Bild sind Ambivalenzen beseitigt, eine gefühlsbetonte Sicht auf das Kind überdeckt eine rationale Analyse. Das einzelne Kind kann nur noch als Fall von Hilfsbedürftigkeit wahrgenommen werden. Gegen diese Einseitigkeit soll ein pädagogisches Prinzip gesetzt werden, dass jedes Kind in seiner Handlungsfähigkeit, seinen Potentialen und Grenzen betrachtet werden soll. Die Schlussfolgerung lautet: Pädagoginnen und Pädagogen sollen bei ihrem Handwerk bleiben. Sie sind keine Therapeuten. Aber sie sind für die Gewährleistung von Schutzraum und Sicherheit für das Kind wichtiger denn je. In diesem Bild sind Ambivalenzen beseitigt, eine gefühlsbetonte Sicht auf das Kind überdeckt eine rationale Analyse. Das einzelne Kind kann nur noch als Fall von Hilfsbedürftigkeit wahrgenommen werden. Gegen diese Einseitigkeit soll ein pädagogisches Prinzip gesetzt werden, dass jedes Kind in seiner Handlungsfähigkeit, seinen Potentialen und Grenzen betrachtet werden soll. Die Schlussfolgerung lautet: Pädagoginnen und Pädagogen sollen bei ihrem Handwerk bleiben. Sie sind keine Therapeuten. Aber sie sind für die Gewährleistung von Schutzraum und Sicherheit für das Kind wichtiger denn je.
  
-2. +2.\\ 
-Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, anderen Gewaltverbrechen und Kriegstraumata erkranken bis zu einem Drittel der Betroffenen an einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Jörg M. Fegert und andere beobachten anhand einer systematischen „Übersicht zu Langzeitverläufen von Kriegsflüchtlingen, dass alle Studien höhere Raten an psychischen Auffälligkeiten berichteten; je methodisch aufwendiger jedoch die Diagnostik in den Studien war, desto geringer fiel die Rate an psychischen Störungen aus“ (Fegert u.a. 2015, S. 383). Die erste aktuelle Untersuchung in einer Erstaufnahmeeinrichtung in München kommt zu dem Ergebnis, dass 22% der untersuchten syrischen Kinder und Jugendlichen unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung litten und 16% unter einer Anpassungsstörung. Viel ausgeprägter sind andere gesundheitliche Beeinträchtigungen, und für die Therapie dieser Probleme wirkt sich der über lange Zeit verhinderte Zugang zu ärztlichen Leistungen extrem schädlich aus. +Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, anderen Gewaltverbrechen und Kriegstraumata erkranken bis zu einem Drittel der Betroffenen an einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Jörg M. Fegert und andere beobachten anhand einer systematischen „Übersicht zu Langzeitverläufen von Kriegsflüchtlingen, dass alle Studien höhere Raten an psychischen Auffälligkeiten berichteten; je methodisch aufwendiger jedoch die Diagnostik in den Studien war, desto geringer fiel die Rate an psychischen Störungen aus“ (Fegert u.a. 2015, S. 383). Die erste aktuelle Untersuchung in einer Erstaufnahmeeinrichtung in München kommt zu dem Ergebnis, dass 22% der untersuchten syrischen Kinder und Jugendlichen unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung litten und 16% unter einer Anpassungsstörung. Viel ausgeprägter sind andere gesundheitliche Beeinträchtigungen, und für die Therapie dieser Probleme wirkt sich der über lange Zeit verhinderte Zugang zu ärztlichen Leistungen extrem schädlich aus.\\ 
-Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, Kontrollverlust oder Hilflosigkeit kann man erkennen, ebenso regressive Vermeidungssymptome oder Übererregtheit. Gegenwärtig werden Schulungen, dies genauer zu erkennen, angeboten und sollten genutzt werden. Die Angebote der Parität haben, so sagt man, besondere Qualität. Es geht dabei nicht darum, dass aus Pädagogen Therapeuten werden, sondern dass Pädagogen rechtzeitig an andere Fachleute weiterverweisen können und den Übergang begleiten.+Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, Kontrollverlust oder Hilflosigkeit kann man erkennen, ebenso regressive Vermeidungssymptome oder Übererregtheit. Gegenwärtig werden Schulungen, dies genauer zu erkennen, angeboten und sollten genutzt werden. Die Angebote der Parität haben, so sagt man, besondere Qualität. Es geht dabei nicht darum, dass aus Pädagogen Therapeuten werden, sondern dass Pädagogen rechtzeitig an andere Fachleute weiterverweisen können und den Übergang begleiten.\\
 Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, Verlässlichkeit zu gewährleisten, nicht-intervenierende Akzeptanz zu vermitteln oder wie es in einer Schweizer Untersuchung heißt: reaktive Co-Präsenz zu realisieren. Kinder sollen nicht überbehütet, sondern bis hin zu den Grenzen ihrer autonomen Handlungsfähigkeiten geachtet werden. Aber sie sollen sich des Schutzes sicher sein. Um eine solche Umwelt für das Kind zu ermöglichen, ist Pädagogik genug gefordert. In der Schule wird sie ja immer begrenzt durch die schulischen Leistungsnormen und die wildwüchsigen Interaktionen zwischen Schülern und Schülerinnen.  Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, Verlässlichkeit zu gewährleisten, nicht-intervenierende Akzeptanz zu vermitteln oder wie es in einer Schweizer Untersuchung heißt: reaktive Co-Präsenz zu realisieren. Kinder sollen nicht überbehütet, sondern bis hin zu den Grenzen ihrer autonomen Handlungsfähigkeiten geachtet werden. Aber sie sollen sich des Schutzes sicher sein. Um eine solche Umwelt für das Kind zu ermöglichen, ist Pädagogik genug gefordert. In der Schule wird sie ja immer begrenzt durch die schulischen Leistungsnormen und die wildwüchsigen Interaktionen zwischen Schülern und Schülerinnen. 
  
-3.  +3.\\  
-Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur wider die Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, Unternehmer_innen  oder Lehrkräfte tätigen Interviepartner_innen am Ende ihrer Grundschulzeit keine Gymnasialempfehlung erhalten hatten und dass dennoch wiederum die Hälfte  ihren Weg über das Gymnasium gingen, um mit dem Abitur die Berechtigung zum Studium zu erreichen, dann ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass das Bildungssystem in weiten Teilen nicht in der Lage war, vorhandene Talente zu entdecken und gezielt zu fördern.“ (Lang/Pott/Scheider 2016, S.201) +Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur wider die Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, Unternehmer_innen  oder Lehrkräfte tätigen Interviepartner_innen am Ende ihrer Grundschulzeit keine Gymnasialempfehlung erhalten hatten und dass dennoch wiederum die Hälfte  ihren Weg über das Gymnasium gingen, um mit dem Abitur die Berechtigung zum Studium zu erreichen, dann ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass das Bildungssystem in weiten Teilen nicht in der Lage war, vorhandene Talente zu entdecken und gezielt zu fördern.“ (Lang/Pott/Scheider 2016, S.201)\\ 
-Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: Nach fünf Jahren in einer sogenannten Vorbereitungsklasse (das ist die Form, die heute wieder eingerichtet wird) und nach vielen Versuchen, in die deutsche Klasse zu kommen, wird sie in die Hauptschule übernommen. +Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: Nach fünf Jahren in einer sogenannten Vorbereitungsklasse (das ist die Form, die heute wieder eingerichtet wird) und nach vielen Versuchen, in die deutsche Klasse zu kommen, wird sie in die Hauptschule übernommen.\\ 
-„Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ … Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/Pott/Schneider 2016, S. 85)+„Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ … Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/Pott/Schneider 2016, S. 85)\\
 Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule. Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule.
-„Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt: ‚Leute, ich will einfach nicht mehr. Ich liebe dieses Land, aber ich will ´ne bessere Bildung!‘ Und: ‚Schickt mich in die Türkei!‘ Das ist so´n Irrwitz, dass ich dann als jemand, der in Deutschland geboren ist, für´n Jahr in die Türkei geh´!“ (ebenda)+„Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt: ‚Leute, ich will einfach nicht mehr. Ich liebe dieses Land, aber ich will ´ne bessere Bildung!‘ Und: ‚Schickt mich in die Türkei!‘ Das ist so´n Irrwitz, dass ich dann als jemand, der in Deutschland geboren ist, für´n Jahr in die Türkei geh´!“ (ebenda)\\
 Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“, wie der Fachterminus lautet („stereotype threat“) verstärkt. Das Bundesjugendkuratorium hat schon 2008 erklärt: „Am wichtigsten ist deshalb eine deutliche ‚Ent-kategorisierung‘, indem ‚Probleme‘ und ‚Missstände‘ nicht mehr mit Gruppenmerkmalen (‚AusländerIn zu sein‘) erklärt werden.“ (Bundesjugendkuratorium 2008, S. 11) Die Schlussfolgerung besteht natürlich nicht darin, das Stereotyp umzudrehen. Das wäre zu einfach. Anspruchsvoller, aber für eine Profession angemessen, ist die Forderung nach Individualisierung, nach einer konsequenten Zuwendung zu jedem Kind, um genau das zu sehen, was es kann und was es nicht kann. Das bedeutet auch, dass sein konkretes Können, beispielsweise beim Sprechen und Schreiben, von den an das einzelne Kind gerichteten Anforderungen und vor allem von den individuellen Fortschritten her zu beurteilen ist und dass das Kind individuelle Belobigung und Kritik erfährt. Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“, wie der Fachterminus lautet („stereotype threat“) verstärkt. Das Bundesjugendkuratorium hat schon 2008 erklärt: „Am wichtigsten ist deshalb eine deutliche ‚Ent-kategorisierung‘, indem ‚Probleme‘ und ‚Missstände‘ nicht mehr mit Gruppenmerkmalen (‚AusländerIn zu sein‘) erklärt werden.“ (Bundesjugendkuratorium 2008, S. 11) Die Schlussfolgerung besteht natürlich nicht darin, das Stereotyp umzudrehen. Das wäre zu einfach. Anspruchsvoller, aber für eine Profession angemessen, ist die Forderung nach Individualisierung, nach einer konsequenten Zuwendung zu jedem Kind, um genau das zu sehen, was es kann und was es nicht kann. Das bedeutet auch, dass sein konkretes Können, beispielsweise beim Sprechen und Schreiben, von den an das einzelne Kind gerichteten Anforderungen und vor allem von den individuellen Fortschritten her zu beurteilen ist und dass das Kind individuelle Belobigung und Kritik erfährt.
  
-4. +4.\\ 
-In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. +In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. \\
 Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27) Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27)
-Eine Elfjährige, die aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet ist, fühlt sich sicher. „Ihr Schulweg führt Shirin jedes Mal über den Bahnhof. Sie lacht, wenn sie von den dortigen Verlockungen erzählt: Drogeriemarkt, 1-Euro-Shop und Donut-Laden. Nur zu gern würde Shirin ihr Taschengeld für Klamotten, Kosmetika und Süßigkeiten ausgeben……. Einer ihrer Lieblingsorte in der neuen Heimat ist die öffentliche Bibliothek. Hier leiht sie sich Bücher und Filme aus…… Nur unweit der Bibliothek liegt noch ein wichtiger Ort für Shirin: das Stadtzentrum mit seinen Geschäften – beliebter Treffpunkt junger Mädchen. Die Elfjährige liebt es, mit den Freundinnen durch die Straßen zu schlendern und sich die Schaufenster anzuschauen.“ (S.30)+Eine Elfjährige, die aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet ist, fühlt sich sicher. „Ihr Schulweg führt Shirin jedes Mal über den Bahnhof. Sie lacht, wenn sie von den dortigen Verlockungen erzählt: Drogeriemarkt, 1-Euro-Shop und Donut-Laden. Nur zu gern würde Shirin ihr Taschengeld für Klamotten, Kosmetika und Süßigkeiten ausgeben……. Einer ihrer Lieblingsorte in der neuen Heimat ist die öffentliche Bibliothek. Hier leiht sie sich Bücher und Filme aus…… Nur unweit der Bibliothek liegt noch ein wichtiger Ort für Shirin: das Stadtzentrum mit seinen Geschäften – beliebter Treffpunkt junger Mädchen. Die Elfjährige liebt es, mit den Freundinnen durch die Straßen zu schlendern und sich die Schaufenster anzuschauen.“ (S.30)\\
 Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, nämlich derer, denen wir hier kein Lebensrecht einräumen. Kinder haben die Flucht vielfach nicht hinter sich, sondern sie stecken mittendrin. Auch die vielen Familien aus Syrien werden kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen. Wenn der Krieg tatsächlich beendet werden kann, dann wird genau jene Verdrängung stattfinden, die in Bezug auf Afghanistan schon begonnen hat. Nach dem Jugoslawienkrieg waren ebenfalls viele Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland. Die meisten Familien sind in ihre Herkunftsländer zurückgegangen. Aber bis heute ziehen sich die Abschiebungen hin. Gelegentlich kommt dieser Skandal in die Öffentlichkeit, wenn sich ganze Schulen und Belegschaften gegen die Ausweisung von Familien zur Wehr setzen. Wie absurd sind diese Regelungen: Kinder leben hier unter Vorbehalt. Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, nämlich derer, denen wir hier kein Lebensrecht einräumen. Kinder haben die Flucht vielfach nicht hinter sich, sondern sie stecken mittendrin. Auch die vielen Familien aus Syrien werden kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen. Wenn der Krieg tatsächlich beendet werden kann, dann wird genau jene Verdrängung stattfinden, die in Bezug auf Afghanistan schon begonnen hat. Nach dem Jugoslawienkrieg waren ebenfalls viele Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland. Die meisten Familien sind in ihre Herkunftsländer zurückgegangen. Aber bis heute ziehen sich die Abschiebungen hin. Gelegentlich kommt dieser Skandal in die Öffentlichkeit, wenn sich ganze Schulen und Belegschaften gegen die Ausweisung von Familien zur Wehr setzen. Wie absurd sind diese Regelungen: Kinder leben hier unter Vorbehalt.
  
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 **Literatur** **Literatur**
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 Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2015): Das Bundesamt in Zahlen 2014. Asyl, Migration und Integration. Nürnberg. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2015): Das Bundesamt in Zahlen 2014. Asyl, Migration und Integration. Nürnberg.
 Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, Folgen und Interventionen. In: Recht der Jugend und des Bildungswesens 4/2015, S. 380 – 389.  Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, Folgen und Interventionen. In: Recht der Jugend und des Bildungswesens 4/2015, S. 380 – 389. 
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 **Vortrag am 30.4.2017, Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes Mainz** **Vortrag am 30.4.2017, Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes Mainz**
  
-**Der Gegenstand: Kommunikation** +**Der Gegenstand: Kommunikation**\\ 
-Nach Pegida und AfD haben die talkshows im Fernsehen seit Anfang Januar 2016 ein neues Fressen gefunden: die gefährlichen jungen Männer aus Marokko. Zwar ist über die tatsächlichen Vorgänge, weil die Polizei jetzt gründlich arbeitet, wenig bekannt. Aber genau dies, dass man Genaues nicht weiß, ist ideal für Diskurse, die sich ihrer empirischen Basis nicht vergewissern brauchen und wollen. Es geht um Vorstellungen und Phantasien in den Köpfen von Millionen, die nur medial etwas vom Thema erfahren. +Nach Pegida und AfD haben die talkshows im Fernsehen seit Anfang Januar 2016 ein neues Fressen gefunden: die gefährlichen jungen Männer aus Marokko. Zwar ist über die tatsächlichen Vorgänge, weil die Polizei jetzt gründlich arbeitet, wenig bekannt. Aber genau dies, dass man Genaues nicht weiß, ist ideal für Diskurse, die sich ihrer empirischen Basis nicht vergewissern brauchen und wollen. Es geht um Vorstellungen und Phantasien in den Köpfen von Millionen, die nur medial etwas vom Thema erfahren.\\ 
-In der öffentlichen Diskussion werden Meinungen gebildet und die Orientierungsmuster vermittelt, die angesichts der gesellschaftlichen Verunsicherung durch Polarisierung und Verlust des Systemvertrauens gebraucht werden. Monatelang waren die Talkshows im Jahr 2015 mit PEGIDA angefüllt; danach kam die AfD zu dieser Chance der Selbstdarstellung. Diese Shows folgen der Logik, dass die aggressivsten und auffälligsten Meinungen am meisten honoriert werden. So werden Gewalt und Kriminalität, unmoralisches und abweichendes Handeln honoriert. Gleichzeitig wird „Normalität“ als die jeweils dargestellte Konformität der „rechtschaffenen Bürger“ hergestellt. Politisch bieten die Medien eine Plattform für die seriös sich gerierenden extremistischen Haltungen, ohne dass sie sich selbst dem Vorwurf der Agitation aussetzen müssen. Journalisten können mit ihren Entscheidungen, Pluralität darzustellen, zugleich ihre eigenen Auffassungen kaschieren. Bei genauerer Untersuchung wird dies sichtbar. +In der öffentlichen Diskussion werden Meinungen gebildet und die Orientierungsmuster vermittelt, die angesichts der gesellschaftlichen Verunsicherung durch Polarisierung und Verlust des Systemvertrauens gebraucht werden. Monatelang waren die Talkshows im Jahr 2015 mit PEGIDA angefüllt; danach kam die AfD zu dieser Chance der Selbstdarstellung. Diese Shows folgen der Logik, dass die aggressivsten und auffälligsten Meinungen am meisten honoriert werden. So werden Gewalt und Kriminalität, unmoralisches und abweichendes Handeln honoriert. Gleichzeitig wird „Normalität“ als die jeweils dargestellte Konformität der „rechtschaffenen Bürger“ hergestellt. Politisch bieten die Medien eine Plattform für die seriös sich gerierenden extremistischen Haltungen, ohne dass sie sich selbst dem Vorwurf der Agitation aussetzen müssen. Journalisten können mit ihren Entscheidungen, Pluralität darzustellen, zugleich ihre eigenen Auffassungen kaschieren. Bei genauerer Untersuchung wird dies sichtbar.\\ 
-Hinzu kommt ein zweites Element in den Darstellungen von Flucht, Kriminalität und anderen Formen der scheinbaren Bedrohung. Insbesondere in den Bildern von der Silvesternacht 2015 in Köln, die vielfach einen völlig nichtssagenden Inhalt hatten, wurde die Bedrohung „auf den Begriff gebracht“, vielleicht gerade deshalb, weil das Bild diffus war. Die Dramatisierung durch die Bilder hinterlässt mehr Schrecken als im Moment der Wahrnehmung bewusst wird. Es bildet sich ein stabiles kollektives Unbewusstes heraus, das jederzeit mobilisiert werden kann. Angst und Schrecken sind sein Inhalt, verbunden mit bestimmten Vorstellungen und Zuschreibungen. +Hinzu kommt ein zweites Element in den Darstellungen von Flucht, Kriminalität und anderen Formen der scheinbaren Bedrohung. Insbesondere in den Bildern von der Silvesternacht 2015 in Köln, die vielfach einen völlig nichtssagenden Inhalt hatten, wurde die Bedrohung „auf den Begriff gebracht“, vielleicht gerade deshalb, weil das Bild diffus war. Die Dramatisierung durch die Bilder hinterlässt mehr Schrecken als im Moment der Wahrnehmung bewusst wird. Es bildet sich ein stabiles kollektives Unbewusstes heraus, das jederzeit mobilisiert werden kann. Angst und Schrecken sind sein Inhalt, verbunden mit bestimmten Vorstellungen und Zuschreibungen.\\ 
-In der ungehemmten Konkurrenz um Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen wird die Berichterstattung der Medien hektischer und aufgeregter und produziert so eine Steigerung von Ängsten. Und selbst wenn immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass beispielsweise „die meisten Muslime in Deutschland friedfertig“ seien – die Bilder sprechen eine andere Sprache. Die mit den Bildern transportierten Vorstellungen von Personen und Gruppen bzw. von Situationen legen fest, auf wen sich die Ängste beziehen können. Vor allem wird der Eindruck gefestigt, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv: alles Unheil kommt „von draußen“, aus dem Ausland. Das eine Muster wird verstärkt: Gefahren, Kriminelle und Terroristen kommen von außen in „unsere“ Gesellschaft hinein. „Wir“ sind der friedliche Hort der Menschenrechte und die Erben von Freiheit und Gleichberechtigung. Die „anderen“ sind die Bedrohung. Dabei ist gerade der Terror schon lange da, von „uns“ selbst erzeugt: sowohl in den banlieus der französischen und belgischen Städte als auch in den nationalistischen Milieus Deutschlands – nicht nur in Ostdeutschland. Dass wir mit mehr als tausend Straftaten im Jahr 2015 gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte den Terror im eigenen Land hervorbringen, der aber so nicht bezeichnet wird, dass der IS von vielen Tausend jungen Menschen aus Mitteleuropa genährt wird, dass die Terroristen von Paris und Brüssel in Europa aufgewachsen sind – all dies wird zur Seite geschoben.+In der ungehemmten Konkurrenz um Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen wird die Berichterstattung der Medien hektischer und aufgeregter und produziert so eine Steigerung von Ängsten. Und selbst wenn immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass beispielsweise „die meisten Muslime in Deutschland friedfertig“ seien – die Bilder sprechen eine andere Sprache. Die mit den Bildern transportierten Vorstellungen von Personen und Gruppen bzw. von Situationen legen fest, auf wen sich die Ängste beziehen können. Vor allem wird der Eindruck gefestigt, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv: alles Unheil kommt „von draußen“, aus dem Ausland. Das eine Muster wird verstärkt: Gefahren, Kriminelle und Terroristen kommen von außen in „unsere“ Gesellschaft hinein. „Wir“ sind der friedliche Hort der Menschenrechte und die Erben von Freiheit und Gleichberechtigung. Die „anderen“ sind die Bedrohung. Dabei ist gerade der Terror schon lange da, von „uns“ selbst erzeugt: sowohl in den banlieus der französischen und belgischen Städte als auch in den nationalistischen Milieus Deutschlands – nicht nur in Ostdeutschland. Dass wir mit mehr als tausend Straftaten im Jahr 2015 gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte den Terror im eigenen Land hervorbringen, der aber so nicht bezeichnet wird, dass der IS von vielen Tausend jungen Menschen aus Mitteleuropa genährt wird, dass die Terroristen von Paris und Brüssel in Europa aufgewachsen sind – all dies wird zur Seite geschoben.\\
 Aber selbst dies spielt bei genauerer Betrachtung nur eine untergeordnete Rolle. Fakten, Tatsachen und Zusammenhänge der Außenwelt sind weniger bedeutsam als die inneren Zustände von Personen und ihre Wahrnehmungen im Kommunikationsprozess, die von den inneren Zuständen bestimmt sind. Wer mit seinem Leben unzufrieden ist, überträgt seine Enttäuschung auf Personen und Gruppen, die er moralisch abwerten kann. Panu Poutvaara und Max Steinhardt haben (wieder einmal, nach vielen gleich lautenden sozialpsychologischen Befunden) gezeigt, dass persönliche Gefühle der Frustration, der Bitterkeit und des Neides auf den Erfolg anderer den Hass gegen die Fremden antreiben. („Bitterness in Life and Attitudes Towards Immigration“, CESifo Working Paper No. 5611, November 2015) Und solche Gefühle erscheinen wichtiger als der sozialstrukturelle Status, Alter, Geschlecht und Bildungsgrad. Aber selbst dies spielt bei genauerer Betrachtung nur eine untergeordnete Rolle. Fakten, Tatsachen und Zusammenhänge der Außenwelt sind weniger bedeutsam als die inneren Zustände von Personen und ihre Wahrnehmungen im Kommunikationsprozess, die von den inneren Zuständen bestimmt sind. Wer mit seinem Leben unzufrieden ist, überträgt seine Enttäuschung auf Personen und Gruppen, die er moralisch abwerten kann. Panu Poutvaara und Max Steinhardt haben (wieder einmal, nach vielen gleich lautenden sozialpsychologischen Befunden) gezeigt, dass persönliche Gefühle der Frustration, der Bitterkeit und des Neides auf den Erfolg anderer den Hass gegen die Fremden antreiben. („Bitterness in Life and Attitudes Towards Immigration“, CESifo Working Paper No. 5611, November 2015) Und solche Gefühle erscheinen wichtiger als der sozialstrukturelle Status, Alter, Geschlecht und Bildungsgrad.
-Von Marokko nach Deutschland + 
-Wie trivial die Umstände der Produktion von Fluchtbewegungen sind, kann man am Beispiel der jungen Männer aus Marokko zeigen, die an Sylvester 2015 in Köln durch Diebstahl, Nötigungen und sexuelle Gewalt aufgefallen sein sollen. Aus Marokko hatte Deutschland ab 1963 Gastarbeiter/innen angeworben. Ein kleinerer Teil der Angeworbenen lebt in Deutschland und unterhält Beziehungen zur Verwandtschaft in Marokko. In das Land mit seinen 33 Millionen Einwohnern kommen gegenwärtig pro Jahr acht bis zehn Millionen Touristen, aus Deutschland geschätzte 500.000. Auch die Wirtschaftsbeziehungen sind „großartig“: „Das marokkanische Exportgeschäft im Automobilsektor boomt“, meldet die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Marokko im Januar 2016. Die europäischen Global Players im Autobau freuen sich über die billigen Zulieferer. Das Investitionsschutzabkommen von 2004 sorgt dafür, dass den deutschen Akteuren in Marokko nichts passieren kann. Ebenso ein Steuerabkommen, das die Verlagerung von Gewinnen aus Marokko heraus ermöglicht. Das Handels- und Dienstleistungsfreiheitsabkommen mit der EU wird noch verhandelt. Dann ist Marokko frei für die nächste Stufe der wirtschaftlichen Eroberung. Die globalen Wanderungsbewegungen folgen in zentralen Linien den Wegen des Geldes. Das zeigt sich am Verhältnis der armen und reichen Länder.+**Von Marokko nach Deutschland**\\ 
 +Wie trivial die Umstände der Produktion von Fluchtbewegungen sind, kann man am Beispiel der jungen Männer aus Marokko zeigen, die an Sylvester 2015 in Köln durch Diebstahl, Nötigungen und sexuelle Gewalt aufgefallen sein sollen. Aus Marokko hatte Deutschland ab 1963 Gastarbeiter/innen angeworben. Ein kleinerer Teil der Angeworbenen lebt in Deutschland und unterhält Beziehungen zur Verwandtschaft in Marokko. In das Land mit seinen 33 Millionen Einwohnern kommen gegenwärtig pro Jahr acht bis zehn Millionen Touristen, aus Deutschland geschätzte 500.000. Auch die Wirtschaftsbeziehungen sind „großartig“: „Das marokkanische Exportgeschäft im Automobilsektor boomt“, meldet die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Marokko im Januar 2016. Die europäischen Global Players im Autobau freuen sich über die billigen Zulieferer. Das Investitionsschutzabkommen von 2004 sorgt dafür, dass den deutschen Akteuren in Marokko nichts passieren kann. Ebenso ein Steuerabkommen, das die Verlagerung von Gewinnen aus Marokko heraus ermöglicht. Das Handels- und Dienstleistungsfreiheitsabkommen mit der EU wird noch verhandelt. Dann ist Marokko frei für die nächste Stufe der wirtschaftlichen Eroberung. Die globalen Wanderungsbewegungen folgen in zentralen Linien den Wegen des Geldes. Das zeigt sich am Verhältnis der armen und reichen Länder.\\
 Es ist nicht so, dass in der Entwicklungshilfe zu wenig gegeben wird. Es ist vielmehr so, dass zu viel genommen wird. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; das ist deutlich mehr als sie an Entwicklungshilfe erhalten.“ (Markus Meinzer: Der neue Kolonialismus, SZ 12.4.2013, S.2) Der Außenhandelsüberschuss für Deutschland betrug im Handel zwischen Deutschland und Marokko 2012 „nur“ 820 Millionen Euro; denn weder ist Deutschland für Marokko noch Marokko für Deutschland ein sehr wichtiger Handelspartner. Aber es geht hier ja um den Kontext, in dem offensichtlich junge Menschen aus Marokko nach Deutschland kommen und versuchen, in legalen und illegalen Weisen Geld zu verdienen, das sie (auch) an ihre Familien in Marokko schicken. Es ist nicht so, dass in der Entwicklungshilfe zu wenig gegeben wird. Es ist vielmehr so, dass zu viel genommen wird. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; das ist deutlich mehr als sie an Entwicklungshilfe erhalten.“ (Markus Meinzer: Der neue Kolonialismus, SZ 12.4.2013, S.2) Der Außenhandelsüberschuss für Deutschland betrug im Handel zwischen Deutschland und Marokko 2012 „nur“ 820 Millionen Euro; denn weder ist Deutschland für Marokko noch Marokko für Deutschland ein sehr wichtiger Handelspartner. Aber es geht hier ja um den Kontext, in dem offensichtlich junge Menschen aus Marokko nach Deutschland kommen und versuchen, in legalen und illegalen Weisen Geld zu verdienen, das sie (auch) an ihre Familien in Marokko schicken.
-Von Deutschland nach Marokko + 
-Die Modernisierung des Landes in vielen Schritten ist der europäisch induzierte Wandel, der auch „unsere“ Freiheiten, Möglichkeiten und Reichtümer mit sich bringt, dessen Früchte aber nur von den europäischen Ländern geerntet werden sollen. Natürlich lassen die Touristen auch Geld im Land – aber den Reibach machen die europäischen Organisatoren des Tourismus. Und die Touristen schwärmen davon, was sie für ihr Geld in Marokko kaufen können. Glauben die jungen Menschen in Marokko, sie könnten den Pfaden des Geldes folgen, dann sind sie illegal, unerwünscht und werden kein Asyl erhalten.+**Von Deutschland nach Marokko**\\ 
 +Die Modernisierung des Landes in vielen Schritten ist der europäisch induzierte Wandel, der auch „unsere“ Freiheiten, Möglichkeiten und Reichtümer mit sich bringt, dessen Früchte aber nur von den europäischen Ländern geerntet werden sollen. Natürlich lassen die Touristen auch Geld im Land – aber den Reibach machen die europäischen Organisatoren des Tourismus. Und die Touristen schwärmen davon, was sie für ihr Geld in Marokko kaufen können. Glauben die jungen Menschen in Marokko, sie könnten den Pfaden des Geldes folgen, dann sind sie illegal, unerwünscht und werden kein Asyl erhalten.\\
 Das Beispiel ist ungeeignet, um die gegenwärtig besonders für Europa relevanten Fluchtursachen zu beschreiben. Denn obwohl Marokko im „Asylpaket 2“ zum sicheren Herkunftsland erklärt wird und der Anschein einer wichtigen, die Einwanderung erheblich vermeidenden Entscheidung erweckt wird, geht es um eine kurzfristige Vermeidungsstrategie zur Abwehr der Flüchtlinge. Noch deutlicher wird der Charakter dieser Politik, wenn man überlegt, was im Falle der Ausweisung der marokkanischen jungen Menschen geschehen wird. Sie haben keine Erlaubnis zur Ausreise beantragt, was im Königreich Marokko wie im guten alten europäischen Feudalismus auch noch üblich ist, und gelten deshalb in Marokko als straffällig. Im Falle der Einkerkerung kann man sich den weiteren Lebens- und Migrationsweg vorstellen. Was aber die Situation der jungen Menschen in Marokko, von denen die Hälfte arbeitslos ist, ändern könnte, wäre der legale Einwanderungspfad für Afrika, den ProAsyl seit vielen Jahren fordert und der für wenige eine reale Chance, für viele aber eine einigermaßen realistische Hoffnung darstellen würde. Das Beispiel ist ungeeignet, um die gegenwärtig besonders für Europa relevanten Fluchtursachen zu beschreiben. Denn obwohl Marokko im „Asylpaket 2“ zum sicheren Herkunftsland erklärt wird und der Anschein einer wichtigen, die Einwanderung erheblich vermeidenden Entscheidung erweckt wird, geht es um eine kurzfristige Vermeidungsstrategie zur Abwehr der Flüchtlinge. Noch deutlicher wird der Charakter dieser Politik, wenn man überlegt, was im Falle der Ausweisung der marokkanischen jungen Menschen geschehen wird. Sie haben keine Erlaubnis zur Ausreise beantragt, was im Königreich Marokko wie im guten alten europäischen Feudalismus auch noch üblich ist, und gelten deshalb in Marokko als straffällig. Im Falle der Einkerkerung kann man sich den weiteren Lebens- und Migrationsweg vorstellen. Was aber die Situation der jungen Menschen in Marokko, von denen die Hälfte arbeitslos ist, ändern könnte, wäre der legale Einwanderungspfad für Afrika, den ProAsyl seit vielen Jahren fordert und der für wenige eine reale Chance, für viele aber eine einigermaßen realistische Hoffnung darstellen würde.
-Zwischen Deutschland und Marokko + 
-Das Beispiel ist aber sehr geeignet, die langfristig wirkenden strukturellen Beziehungen zwischen dem Maghreb und Europa, zwischen den Staaten um das Mittelmeer herum. Während einer Reise Ende Februar 2016 in die Maghreb-Staaten hat Bundesinnenminister De Maizière die Möglichkeiten abgeklärt, Tunesien, Algerien und Marokko als „sichere Herkunftsstaaten“ zu definieren. Dadurch sollen vor allem Abschiebungen erleichtert werden; gleichzeitig geht es um die Beschleunigung von Asylverfahren. Auch im Falle fehlender Personalpapiere soll durch Abgleichung der Fingerabdrücke die Abschiebung durchgesetzt werden können. „Die Klärung soll über Fingerabdrücke erfolgen, Marokko verfüge dazu über eine ‚vorzügliche Datenbank‘, sagte de Maizière.“ (SZ, 1.3.2016, S.1) Spätestens bei dieser Bemerkung kann der aufmerksame Leser aufmerken. Was bedeutet es, wenn ein Staat, der für seine Geheimdienste und die polizeiliche Kontrolle der Bevölkerung bekannt ist, eine solche Datenbasis besitzt? Amnesty International schreibt in seinem Jahresbericht: „The authorities restricted rights to freedom of expression, association and assembly, arresting and prosecuting critics, harassing human rights groups and forcibly dispersing was required. (Amnesty International Report 2015/2016; 23.2.2016) Die mediale Begleitung der Reise des Innenministers verweist in diesem Zusammenhang auf Einwanderungsdaten des Innenministeriums, die in den Statistiken der Einwanderung nicht, oder nur minimal abgebildet sind. So kommt das Herkunftsland Marokko in der Asyl-Statistik des Jahres 2015 nur einmal vor: bei den Rücknahmeersuchen an andere europäische Ankunftsländer, mit 2,3% der Rücknahmeersuchen im Jahr 2014. Von diesen 824 Fällen wurden 147 vollzogen; im Jahr 2015 wurden 112 realisiert. Bei den an den Grenzen aufgegriffenen UMF wurden im Jahr 2014 66 Jugendliche aus Marokko registriert, im Jahr 2015 war Marokko bei den wichtigsten Herkunftsländern nicht vertreten. (Bundestagsdrucksache 18/7625 vom 22.2.2016). +**Zwischen Deutschland und Marokko**\\ 
-In der Ausländerstatistik von 2014 werden 65 000 Personen aus Marokko als in Deutschland lebend aufgeführt; von der Aufenthaltsdauer her ist die größte Gruppe diejenige mit 30 und mehr Jahren Aufenthalt. Die Gesamtzahl der Menschen mit marokkanischer Herkunft wird auf 180.00 geschätzt. Andere Schätzungen nennen 140.000 Personen und weisen darauf hin, dass ca. 7.000 davon Studierende der 2. Generation sind. (de.quantara.de) Wieder andere Quellen sprechen von 130.000 Marokkanern in Deutschland (SWR international, 21.5.2013). Zwischen 2006 und 2012 sind jährlich ca. 3500 Personen zugezogen, während gleichzeitig jeweils 2.500 Personen fortgezogen sind. Dabei handelt es sich um die typische Fluktuation der eingewanderten „Gastarbeiterbevölkerung“. (10. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, Oktober 2014).+Das Beispiel ist aber sehr geeignet, die langfristig wirkenden strukturellen Beziehungen zwischen dem Maghreb und Europa, zwischen den Staaten um das Mittelmeer herum. Während einer Reise Ende Februar 2016 in die Maghreb-Staaten hat Bundesinnenminister De Maizière die Möglichkeiten abgeklärt, Tunesien, Algerien und Marokko als „sichere Herkunftsstaaten“ zu definieren. Dadurch sollen vor allem Abschiebungen erleichtert werden; gleichzeitig geht es um die Beschleunigung von Asylverfahren. Auch im Falle fehlender Personalpapiere soll durch Abgleichung der Fingerabdrücke die Abschiebung durchgesetzt werden können. „Die Klärung soll über Fingerabdrücke erfolgen, Marokko verfüge dazu über eine ‚vorzügliche Datenbank‘, sagte de Maizière.“ (SZ, 1.3.2016, S.1) Spätestens bei dieser Bemerkung kann der aufmerksame Leser aufmerken. Was bedeutet es, wenn ein Staat, der für seine Geheimdienste und die polizeiliche Kontrolle der Bevölkerung bekannt ist, eine solche Datenbasis besitzt? Amnesty International schreibt in seinem Jahresbericht: „The authorities restricted rights to freedom of expression, association and assembly, arresting and prosecuting critics, harassing human rights groups and forcibly dispersing was required. (Amnesty International Report 2015/2016; 23.2.2016) Die mediale Begleitung der Reise des Innenministers verweist in diesem Zusammenhang auf Einwanderungsdaten des Innenministeriums, die in den Statistiken der Einwanderung nicht, oder nur minimal abgebildet sind. So kommt das Herkunftsland Marokko in der Asyl-Statistik des Jahres 2015 nur einmal vor: bei den Rücknahmeersuchen an andere europäische Ankunftsländer, mit 2,3% der Rücknahmeersuchen im Jahr 2014. Von diesen 824 Fällen wurden 147 vollzogen; im Jahr 2015 wurden 112 realisiert. Bei den an den Grenzen aufgegriffenen UMF wurden im Jahr 2014 66 Jugendliche aus Marokko registriert, im Jahr 2015 war Marokko bei den wichtigsten Herkunftsländern nicht vertreten. (Bundestagsdrucksache 18/7625 vom 22.2.2016).\\ 
 +In der Ausländerstatistik von 2014 werden 65 000 Personen aus Marokko als in Deutschland lebend aufgeführt; von der Aufenthaltsdauer her ist die größte Gruppe diejenige mit 30 und mehr Jahren Aufenthalt. Die Gesamtzahl der Menschen mit marokkanischer Herkunft wird auf 180.00 geschätzt. Andere Schätzungen nennen 140.000 Personen und weisen darauf hin, dass ca. 7.000 davon Studierende der 2. Generation sind. (de.quantara.de) Wieder andere Quellen sprechen von 130.000 Marokkanern in Deutschland (SWR international, 21.5.2013). Zwischen 2006 und 2012 sind jährlich ca. 3500 Personen zugezogen, während gleichzeitig jeweils 2.500 Personen fortgezogen sind. Dabei handelt es sich um die typische Fluktuation der eingewanderten „Gastarbeiterbevölkerung“. (10. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, Oktober 2014).\\
 Die Beziehungen zwischen Marokko und Deutschland sind nicht so umfangreich, dass sie in der gegenwärtigen Flüchtlingsdiskussion im Vordergrund stehen sollten. Marokko ist stärker mit Frankreich, Spanien, Belgien und den Niederlanden verbunden. Aber die deutsch-marokkanischen Beziehungsstrukturen sind typisch für die langfristige Dynamik von Migrationsprozessen. Und selbst wenn Marokko wie die anderen Staaten Nordafrikas zum Bollwerk gegen die Migration aus Afrika und Asien ausgebaut wird, wenn deren Herrscher dafür reich beschenkt werden und unabhängiger von ihrer Bevölkerung herrschen können, so entscheidet sich an diesen Strukturen, ob es nur einen Kampf gegen Flüchtlinge oder auch einen Kampf gegen Fluchtursachen gibt. Die Beziehungen zwischen Marokko und Deutschland sind nicht so umfangreich, dass sie in der gegenwärtigen Flüchtlingsdiskussion im Vordergrund stehen sollten. Marokko ist stärker mit Frankreich, Spanien, Belgien und den Niederlanden verbunden. Aber die deutsch-marokkanischen Beziehungsstrukturen sind typisch für die langfristige Dynamik von Migrationsprozessen. Und selbst wenn Marokko wie die anderen Staaten Nordafrikas zum Bollwerk gegen die Migration aus Afrika und Asien ausgebaut wird, wenn deren Herrscher dafür reich beschenkt werden und unabhängiger von ihrer Bevölkerung herrschen können, so entscheidet sich an diesen Strukturen, ob es nur einen Kampf gegen Flüchtlinge oder auch einen Kampf gegen Fluchtursachen gibt.
-Noch einmal: Worum es geht + 
-Bei dem Versuch, ethnozentrisch die „Reinheit“ der eigenen Gesellschaft herzustellen, spielen zwei Mechanismen eine wichtige Rolle. Ein Mechanismus zielt darauf ab, das Eigene zu verniedlichen und das Andere zu vergrößern – wenn es sich um ein Übel handelt. Während die negativen Eigenschaften derer, die von außen kommen, überzeichnet werden, werden die eigenen Probleme marginalisiert. Die „marokkanischen jungen Männer an Sylvester in Köln“ sind zu einem feststehenden Stereotyp der Verwerflichkeit geworden, während der Bericht des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung vom 22.2.2016 nur in Randspalten der Presse oder überhaupt nicht erwähnt wurde. Über die Ereignisse in Köln wird es wohl niemals eine vollständige Aufklärung geben und dieses Ereignis von wenigen Stunden Dauer hat wohl mehr mit Polizeiversagen zu tun als mit dem tatsächlich eingetretenen Geschehen. Die Realität bleibt in einem diffusen Zwielicht. Dem Bericht des Missbrauchsbeauftragten liegt dagegen eine umfangreiche wissenschaftliche Expertise zu Grunde, die von einer Gruppe angesehener Wissenschaftler erstellt wurde. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass mehr als eine Million Kinder und Jugendliche in Deutschland Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind. (Andreas Jud, Miriam Rassenhofer, Andreas Witt, Annika Münzer & Jörg M. Fegert: EXPERTISE Häufigkeitsangaben zum sexuellen Missbrauch Internationale Einordnung, Bewertung der Kenntnislage in Deutschland, Beschreibung des Entwicklungsbedarfs, hrg. vom Unabhängigen Beauftragten für Sexuellen Kindermissbrauch) Dieser Umstand ist so beschämend für das Selbstverständnis der Menschen in Deutschland, dass er geradezu zu einer aggressiven Verdrängung verführt. Die Delikte der Anderen können dagegen zu einer bedrohlichen Angstphantasie gesteigert werden. Dabei spielt auch der einheimische Spätfeminismus sensu Schwarzer eine Rolle, der sich an die eigene Gesellschaft bis hin zur Selbstaufgabe angepasst hat und nun seinen Feind am fremden Mann findet. +**Noch einmal: Worum es geht**\\ 
-Ein zweiter Mechanismus ist die Exkommunikation dessen, was als Eigenes nicht zu leugnen ist. Nach den Pogromen in den sächsischen Gemeinden Clausnitz und Bautzen sagte der Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Das sind keine Menschen, die so etwas tun. Das sind Verbrecher.“ Unabhängig davon, wie die Taten im Einzelnen zu bewerten sind, so werden Personen, wie Götz Eisenberg feststellt (Nachdenkseiten 22.2.2016), ins Monströse verteufelt und aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen. Genau dies ist aber die Überschreitung einer Grenze, die die aufgeklärte Zivilität gezogen hat. Demagogischer könnte der mitverantwortliche Politiker nicht von seinen eigenen Versäumnissen ablenken. +Bei dem Versuch, ethnozentrisch die „Reinheit“ der eigenen Gesellschaft herzustellen, spielen zwei Mechanismen eine wichtige Rolle. Ein Mechanismus zielt darauf ab, das Eigene zu verniedlichen und das Andere zu vergrößern – wenn es sich um ein Übel handelt. Während die negativen Eigenschaften derer, die von außen kommen, überzeichnet werden, werden die eigenen Probleme marginalisiert. Die „marokkanischen jungen Männer an Sylvester in Köln“ sind zu einem feststehenden Stereotyp der Verwerflichkeit geworden, während der Bericht des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung vom 22.2.2016 nur in Randspalten der Presse oder überhaupt nicht erwähnt wurde. Über die Ereignisse in Köln wird es wohl niemals eine vollständige Aufklärung geben und dieses Ereignis von wenigen Stunden Dauer hat wohl mehr mit Polizeiversagen zu tun als mit dem tatsächlich eingetretenen Geschehen. Die Realität bleibt in einem diffusen Zwielicht. Dem Bericht des Missbrauchsbeauftragten liegt dagegen eine umfangreiche wissenschaftliche Expertise zu Grunde, die von einer Gruppe angesehener Wissenschaftler erstellt wurde. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass mehr als eine Million Kinder und Jugendliche in Deutschland Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind. (Andreas Jud, Miriam Rassenhofer, Andreas Witt, Annika Münzer & Jörg M. Fegert: EXPERTISE Häufigkeitsangaben zum sexuellen Missbrauch Internationale Einordnung, Bewertung der Kenntnislage in Deutschland, Beschreibung des Entwicklungsbedarfs, hrg. vom Unabhängigen Beauftragten für Sexuellen Kindermissbrauch) Dieser Umstand ist so beschämend für das Selbstverständnis der Menschen in Deutschland, dass er geradezu zu einer aggressiven Verdrängung verführt. Die Delikte der Anderen können dagegen zu einer bedrohlichen Angstphantasie gesteigert werden. Dabei spielt auch der einheimische Spätfeminismus sensu Schwarzer eine Rolle, der sich an die eigene Gesellschaft bis hin zur Selbstaufgabe angepasst hat und nun seinen Feind am fremden Mann findet.\\ 
-Wichtig aber ist, dass der rechtsextreme Terrorismus ebenso wie der millionenfache sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aus der eigenen Gesellschaft hinauskatapultiert wird. So werden auch die 13.800 Straf- und Gewalttaten von Rechtsextremen im Jahr 2015 (www.tagesschau.de/inland/rechtsextremismus-gewalt-101.html) bestenfalls einmal am Rande erwähnt. Und die 1000 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in einem Jahr werden ernsthaft nur in einem kleineren Teil der Politik ernstgenommen. Manche politische Gruppen lassen sich auch gerne von diesem Terror vor sich hertreiben. Absolut beunruhigend aber ist der Umstand, dass bis zum 15. September 2015 mehr als 450 Haftbefehle gegen 372 rechtsmotivierte Straftäter nicht vollstreckt waren. Das bedeutet: Entweder werden diese Personen nicht verhaftet, obwohl die Polizei weiß, wo sie sich befinden. Oder die Verbrecher entziehen sich einer Verhaftung, weil sie untergetaucht sind (SZ, 11.1.2016). Und wenn der bayrische Ministerpräsident den Umstand, dass Flüchtlinge ungehindert über die Grenzen nach Deutschland kommen können (obwohl sie dort registriert werden), als „Herrschaft des Unrechts“ bezeichnet und dafür allerhöchstens „Irritation“ erntet, dann wird auf besonders perverse Weise die nationalistische Prämisse dieses Denkens deutlich. Denn dieser Ausdruck wurde bisher für Verhältnisse wie in der DDR oder in Nazi-Deutschland verwendet.+Ein zweiter Mechanismus ist die Exkommunikation dessen, was als Eigenes nicht zu leugnen ist. Nach den Pogromen in den sächsischen Gemeinden Clausnitz und Bautzen sagte der Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Das sind keine Menschen, die so etwas tun. Das sind Verbrecher.“ Unabhängig davon, wie die Taten im Einzelnen zu bewerten sind, so werden Personen, wie Götz Eisenberg feststellt (Nachdenkseiten 22.2.2016), ins Monströse verteufelt und aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen. Genau dies ist aber die Überschreitung einer Grenze, die die aufgeklärte Zivilität gezogen hat. Demagogischer könnte der mitverantwortliche Politiker nicht von seinen eigenen Versäumnissen ablenken.\\ 
 +Wichtig aber ist, dass der rechtsextreme Terrorismus ebenso wie der millionenfache sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aus der eigenen Gesellschaft hinauskatapultiert wird. So werden auch die 13.800 Straf- und Gewalttaten von Rechtsextremen im Jahr 2015 (www.tagesschau.de/inland/rechtsextremismus-gewalt-101.html) bestenfalls einmal am Rande erwähnt. Und die 1000 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in einem Jahr werden ernsthaft nur in einem kleineren Teil der Politik ernstgenommen. Manche politische Gruppen lassen sich auch gerne von diesem Terror vor sich hertreiben. Absolut beunruhigend aber ist der Umstand, dass bis zum 15. September 2015 mehr als 450 Haftbefehle gegen 372 rechtsmotivierte Straftäter nicht vollstreckt waren. Das bedeutet: Entweder werden diese Personen nicht verhaftet, obwohl die Polizei weiß, wo sie sich befinden. Oder die Verbrecher entziehen sich einer Verhaftung, weil sie untergetaucht sind (SZ, 11.1.2016). Und wenn der bayrische Ministerpräsident den Umstand, dass Flüchtlinge ungehindert über die Grenzen nach Deutschland kommen können (obwohl sie dort registriert werden), als „Herrschaft des Unrechts“ bezeichnet und dafür allerhöchstens „Irritation“ erntet, dann wird auf besonders perverse Weise die nationalistische Prämisse dieses Denkens deutlich. Denn dieser Ausdruck wurde bisher für Verhältnisse wie in der DDR oder in Nazi-Deutschland verwendet.\\
 Diese Themen und Tatsachen werden durchaus nicht verschwiegen, aber sie spielen für die mediale Meinungsbildung keine Rolle. Der mainstream der Öffentlichkeit „schützt“ die Gesellschaft vor Zweifeln daran, ob sie ihre Verfassung ernst nimmt und überhaupt das Recht hat, von den Zuwanderern „Integration“ zu erwarten. Möglicherweise empfinden die jungen Männer aus Marokko eine größere Legitimation, in Europa, das ihr Land modernisiert, seine Arbeitskräfte verbraucht, seine Denkmäler sich angeeignet und seinen Reichtum nach Norden gebracht hat, sich das wieder anzueignen, was ihnen genommen wurde – zumindest in ihrer subjektiven Perspektive. Diese Themen und Tatsachen werden durchaus nicht verschwiegen, aber sie spielen für die mediale Meinungsbildung keine Rolle. Der mainstream der Öffentlichkeit „schützt“ die Gesellschaft vor Zweifeln daran, ob sie ihre Verfassung ernst nimmt und überhaupt das Recht hat, von den Zuwanderern „Integration“ zu erwarten. Möglicherweise empfinden die jungen Männer aus Marokko eine größere Legitimation, in Europa, das ihr Land modernisiert, seine Arbeitskräfte verbraucht, seine Denkmäler sich angeeignet und seinen Reichtum nach Norden gebracht hat, sich das wieder anzueignen, was ihnen genommen wurde – zumindest in ihrer subjektiven Perspektive.
  
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 **Referat anlässlich der Eröffnungsveranstaltung „Soziale Arbeit und Lehramt – Konvergierende Professionen in der Schule?“ zum Magisterstudiengang Schulsozialarbeit der Katholischen Universität Eichstätt, 7.11.2016** **Referat anlässlich der Eröffnungsveranstaltung „Soziale Arbeit und Lehramt – Konvergierende Professionen in der Schule?“ zum Magisterstudiengang Schulsozialarbeit der Katholischen Universität Eichstätt, 7.11.2016**
  
-**Vorbemerkung** +**Vorbemerkung**\\
 Was ist der Zweck der Schule? Die Kultivierung eines analytischen Verstands und die Pflege einer sich selbst reflektierenden Vernunft! Eine schöne Bestimmung, die im Alltag des Unterrichtens nicht immer sichtbar ist. Sie wird in der Funktion der Schule verdunkelt, durch belastende Emotionen blockiert, durch Macht und Aggressionen in den Beziehungen verhindert. Mit diesen Phänomenen hat die Schulsozialarbeit in vielerlei Form vor allem zu tun. Das ist nicht ihr Zweck, sondern ihre Tätigkeit ist ein Mittel um den Schulzweck zu realisieren. Aber sie bestimmt selbst, wie sie den Schulzweck definiert. In dieser Orientierung unterscheidet sie sich nicht vom Unterricht. Was ist der Zweck der Schule? Die Kultivierung eines analytischen Verstands und die Pflege einer sich selbst reflektierenden Vernunft! Eine schöne Bestimmung, die im Alltag des Unterrichtens nicht immer sichtbar ist. Sie wird in der Funktion der Schule verdunkelt, durch belastende Emotionen blockiert, durch Macht und Aggressionen in den Beziehungen verhindert. Mit diesen Phänomenen hat die Schulsozialarbeit in vielerlei Form vor allem zu tun. Das ist nicht ihr Zweck, sondern ihre Tätigkeit ist ein Mittel um den Schulzweck zu realisieren. Aber sie bestimmt selbst, wie sie den Schulzweck definiert. In dieser Orientierung unterscheidet sie sich nicht vom Unterricht.
  
 Die Formulierung des Themas hat mir genügend Spielraum gelassen, um Schwerpunkte zu setzen. Das ist auch notwendig, denn Schulsozialarbeit ist ein intensiv beackertes Gebiet und Integration ist ein weites Feld. Bezogen auf die verschiedenen Schulformen hat sich Schulsozialarbeit ausdifferenziert und zwischen Grundschule und Berufsbildenden Schulen unterschiedliche Formen entwickelt und heterogene Schwerpunkte gesetzt. An den Hochschulen und Universitäten hat die Schulsozialarbeit dann den Titel „psychotherapeutische Beratungsstelle“ oder „Fachschaft“ angenommen.  Die Formulierung des Themas hat mir genügend Spielraum gelassen, um Schwerpunkte zu setzen. Das ist auch notwendig, denn Schulsozialarbeit ist ein intensiv beackertes Gebiet und Integration ist ein weites Feld. Bezogen auf die verschiedenen Schulformen hat sich Schulsozialarbeit ausdifferenziert und zwischen Grundschule und Berufsbildenden Schulen unterschiedliche Formen entwickelt und heterogene Schwerpunkte gesetzt. An den Hochschulen und Universitäten hat die Schulsozialarbeit dann den Titel „psychotherapeutische Beratungsstelle“ oder „Fachschaft“ angenommen. 
-Ich möchte mich in meinem Beitrag auf die Berufsbildenden Schulen konzentrieren, denn sie sind in der Fachdebatte, soweit ich das übersehe, vernachlässigt. Wie so oft werden die Allgemeinbildenden Schulen in den Fokus genommen, die Berufliche Bildung steht immer noch im Schatten des Glanzes der bildungsbürgerlichen Allgemeinbildung. Doch nicht dieses sozialpädagogisch zu nennende Motiv treibt mich an, also die Zuwendung zu den Benachteiligten, sondern meine Behauptung, dass die Berufsbildenden Schulen eine komplexe Einheit bilden, die unter dem Gesichtspunkt der Integration die größte gesellschaftliche Relevanz hat.  +Ich möchte mich in meinem Beitrag auf die Berufsbildenden Schulen konzentrieren, denn sie sind in der Fachdebatte, soweit ich das übersehe, vernachlässigt. Wie so oft werden die Allgemeinbildenden Schulen in den Fokus genommen, die Berufliche Bildung steht immer noch im Schatten des Glanzes der bildungsbürgerlichen Allgemeinbildung. Doch nicht dieses sozialpädagogisch zu nennende Motiv treibt mich an, also die Zuwendung zu den Benachteiligten, sondern meine Behauptung, dass die Berufsbildenden Schulen eine komplexe Einheit bilden, die unter dem Gesichtspunkt der Integration die größte gesellschaftliche Relevanz hat. \\ 
-Die Grundschule ist epochal reformiert und wird von allerlein Unsinn, wie zum Beispiel dem Schreiben nach Gehör, heimgesucht. Die Sekundarstufe 1 ist tausendfach modifiziert, wird nach jeder Landtagswahl mit neuen Schultypen angereichert und existiert in unüberschaubarer Vielfalt. Das Gymnasium ist GottseiDank nicht mehr das, was es einmal war, aber seine Selektionsfunktion ist ungebrochen. Insbesondere in der Sekundarstufe 1 ist Schulsozialarbeit in diese Selektionsfunktion eingebunden, durchaus mit Chancen sie abzumildern.  +Die Grundschule ist epochal reformiert und wird von allerlein Unsinn, wie zum Beispiel dem Schreiben nach Gehör, heimgesucht. Die Sekundarstufe 1 ist tausendfach modifiziert, wird nach jeder Landtagswahl mit neuen Schultypen angereichert und existiert in unüberschaubarer Vielfalt. Das Gymnasium ist GottseiDank nicht mehr das, was es einmal war, aber seine Selektionsfunktion ist ungebrochen. Insbesondere in der Sekundarstufe 1 ist Schulsozialarbeit in diese Selektionsfunktion eingebunden, durchaus mit Chancen sie abzumildern. \\ 
-Aber die Berufsbildenden Schulen haben heute einen weiten Geltungsbereich vom Berufsvorbereitungsjahr bis hin zum Beruflichen Gymnasium. Sie vermitteln alle Abschlüsse und alle Abstiegs- sowie Aufstiegsmöglichkeiten. Sie wirken integrativ, weil sie auch schulisch gescheiterten Jugendlichen einen Wiedereinstieg in Bildungsprozesse ermöglichen und weil sie Jugendliche ohne jegliche formale Qualifikation aufzunehmen in der Lage sind. In dem Bundesland, aus dem ich komme, sind die Wege durch die Berufsbildende Schule vielfältiger als im gesamten Allgemeinbildenden Schulwesen. Die klassisch zu nennende Berufsschule im dualen Ausbildungssystem spielt noch eine Hauptrolle, aber Berufsvorbereitungsjahr, Berufsfachschule I und II, Berufsoberschule und Duale Berufsoberschule, die Berufsoberschule II, die Höhere Berufsfachschule und das Berufliche Gymnasium offerieren qualifizierte Abschlüsse, freilich auch Abstiege.  +Aber die Berufsbildenden Schulen haben heute einen weiten Geltungsbereich vom Berufsvorbereitungsjahr bis hin zum Beruflichen Gymnasium. Sie vermitteln alle Abschlüsse und alle Abstiegs- sowie Aufstiegsmöglichkeiten. Sie wirken integrativ, weil sie auch schulisch gescheiterten Jugendlichen einen Wiedereinstieg in Bildungsprozesse ermöglichen und weil sie Jugendliche ohne jegliche formale Qualifikation aufzunehmen in der Lage sind. In dem Bundesland, aus dem ich komme, sind die Wege durch die Berufsbildende Schule vielfältiger als im gesamten Allgemeinbildenden Schulwesen. Die klassisch zu nennende Berufsschule im dualen Ausbildungssystem spielt noch eine Hauptrolle, aber Berufsvorbereitungsjahr, Berufsfachschule I und II, Berufsoberschule und Duale Berufsoberschule, die Berufsoberschule II, die Höhere Berufsfachschule und das Berufliche Gymnasium offerieren qualifizierte Abschlüsse, freilich auch Abstiege. \\ 
-Gerade im ländlichen Raum sind die Berufsbildenden Schulen ein Zentrum der regionalen Bildungsermöglichung. Die Berufsbildende Schule Simmern im Hunsrück, die ich kürzlich besuchte (nebenbei ein Hinweis für die Freunde der empirischen Forschung: n also gleich 1), diese Schule bietet fachschulische Bildungsgänge für Altenpflege, Altenpflegehilfe, und Sozialwesen an, sie vermittelt berufliche Grundbildung ebenso wie den qualifizierten Sekundarabschluss 2, die Fachhochschulreife ganztägig oder berufsbegleitend in verschiedenen Fachrichtungen oder die allgemeine Hochschulreife. Im Berufsvorbereitungsjahr Sprache werden die jungen Flüchtlinge der ganzen Region mit und ohne Schulerfahrung zusammengefasst und in das moderne Bildungssystem einsozialisiert – mit allen Vorzügen und Malaisen dieses Systems.  +Gerade im ländlichen Raum sind die Berufsbildenden Schulen ein Zentrum der regionalen Bildungsermöglichung. Die Berufsbildende Schule Simmern im Hunsrück, die ich kürzlich besuchte (nebenbei ein Hinweis für die Freunde der empirischen Forschung: n also gleich 1), diese Schule bietet fachschulische Bildungsgänge für Altenpflege, Altenpflegehilfe, und Sozialwesen an, sie vermittelt berufliche Grundbildung ebenso wie den qualifizierten Sekundarabschluss 2, die Fachhochschulreife ganztägig oder berufsbegleitend in verschiedenen Fachrichtungen oder die allgemeine Hochschulreife. Im Berufsvorbereitungsjahr Sprache werden die jungen Flüchtlinge der ganzen Region mit und ohne Schulerfahrung zusammengefasst und in das moderne Bildungssystem einsozialisiert – mit allen Vorzügen und Malaisen dieses Systems. \\ 
-Durch wen wird dieses komplexe Gebilde zusammengehalten? Wer hat mit all den hundert Lehrern und Tausend Schülern zu tun? Natürlich die Hausmeister und das Schulsekretariat. Aber insbesondere durch die beiden Personen, die darüber hinaus ein eigenes Arbeits- und Besprechungszimmer haben: Der Schulleiter und die Schulsozialarbeiterin. Die Macht und die Kompetenzen sind selbstverständlich höchst ungleich verteilt. Da ist die Schule ein genaues Abbild der Gesellschaft. Für beide Funktionsstellen ist die Integration eine vorrangige Aufgabe. Der Schulleiter sichert den Erfolg, das formale Funktionieren und das Ergebnis, das die Schule an die Gesellschaft abliefert. Der Imperativ seiner Tätigkeit ist systemisch definiert. Die Schulsozialarbeiterin dagegen hat sich ihr Ansehen bei Lehrern und Schülern erarbeitet, ihre Tätigkeit wird von einer persönlichen Ausformung kommunikativer und psychosozialer Kompetenzen bestimmt. An den Rändern der Systemintegration des reibungslosen Ablaufes, für das der Schulleiter verantwortlich ist, sichert sie durch persönliche Anstrengung das Herausfallen von Schülern und Schülerinnen in deren Interesse an einem erfolgreichen Schulbesuch. Dass sie auch noch vielfach den Frust vieler Lehrkräfte auffängt, ist in einer Schule dieser Größenordnung schon gar nicht mehr zu erwarten, aber sie tut es.+Durch wen wird dieses komplexe Gebilde zusammengehalten? Wer hat mit all den hundert Lehrern und Tausend Schülern zu tun? Natürlich die Hausmeister und das Schulsekretariat. Aber insbesondere durch die beiden Personen, die darüber hinaus ein eigenes Arbeits- und Besprechungszimmer haben: Der Schulleiter und die Schulsozialarbeiterin. Die Macht und die Kompetenzen sind selbstverständlich höchst ungleich verteilt. Da ist die Schule ein genaues Abbild der Gesellschaft. Für beide Funktionsstellen ist die Integration eine vorrangige Aufgabe. Der Schulleiter sichert den Erfolg, das formale Funktionieren und das Ergebnis, das die Schule an die Gesellschaft abliefert. Der Imperativ seiner Tätigkeit ist systemisch definiert. Die Schulsozialarbeiterin dagegen hat sich ihr Ansehen bei Lehrern und Schülern erarbeitet, ihre Tätigkeit wird von einer persönlichen Ausformung kommunikativer und psychosozialer Kompetenzen bestimmt. An den Rändern der Systemintegration des reibungslosen Ablaufes, für das der Schulleiter verantwortlich ist, sichert sie durch persönliche Anstrengung das Herausfallen von Schülern und Schülerinnen in deren Interesse an einem erfolgreichen Schulbesuch. Dass sie auch noch vielfach den Frust vieler Lehrkräfte auffängt, ist in einer Schule dieser Größenordnung schon gar nicht mehr zu erwarten, aber sie tut es.\\
 Die beiden Arbeits- und Besprechungszimmer symbolisieren Orte der Integration. Wenn dabei von Integration gesprochen wird, dann nicht in dem migrationspolitisch eingeschränkten Sinn, sondern in einem soziologisch korrekten, nämlich universalistischen Sinn. Integration gehört wie Differenzierung, Segregation, Schichtung, Inklusion und Exklusion zu den soziologischen Grundbegriffen. Die Differenzierung des Begriffs beginnt mit der Unterscheidung von Sozial- und Systemintegration und wird häufig mit Formen der Solidarität in Verbindung gebracht. Üblich ist aber inzwischen die Einengung des Begriffs auf die Integration von Zuwanderern. Aber dies ist eine problematische Verkürzung. Denn die Struktur- und Integrationsprobleme der Gesellschaft, die auch ohne Migranten bestehen, geraten dabei aus dem Blick. Die beiden Arbeits- und Besprechungszimmer symbolisieren Orte der Integration. Wenn dabei von Integration gesprochen wird, dann nicht in dem migrationspolitisch eingeschränkten Sinn, sondern in einem soziologisch korrekten, nämlich universalistischen Sinn. Integration gehört wie Differenzierung, Segregation, Schichtung, Inklusion und Exklusion zu den soziologischen Grundbegriffen. Die Differenzierung des Begriffs beginnt mit der Unterscheidung von Sozial- und Systemintegration und wird häufig mit Formen der Solidarität in Verbindung gebracht. Üblich ist aber inzwischen die Einengung des Begriffs auf die Integration von Zuwanderern. Aber dies ist eine problematische Verkürzung. Denn die Struktur- und Integrationsprobleme der Gesellschaft, die auch ohne Migranten bestehen, geraten dabei aus dem Blick.
-Ich möchte dafür ein Beispiel geben. In Hunderten von Dokumenten wird die unzureichende Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund mit den unterschiedlichen Bildungsabschlüssen aufgezeigt, manchmal auch bedauert oder kritisiert. So lange die Schulstatistik in der Vergangenheit auf eindeutige Kriterien zurückgegriffen hat, wurde der Bildungserfolg von Inländern und Ausländern verglichen. Über die Jahre haben 15% der ausländischen Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen, bei den inländischen Schülern lag die Quote bei 5 bis 6 %. Auf diese Differenz bezogen sich die Debatten mit unterschiedlichen Erklärungen, die aber mit Sicherheit vor allem eine Wirkung hatten: das Problem des fehlenden Abschlusses bei den Ausländern zu platzieren. Sieht man sich die absoluten Zahlen an, ergibt sich folgendes Bild: Bei den Ausländern sind es 15.000 Jugendliche ohne Abschluss, bei den Deutschen sind es 52.000. Der Umfang des Problems, nämlich einer ergebnislosen Schulkarriere, ist umgekehrt proportional. Zwar wird im Übergangssystem der Berufsbildenden Schule manche Karriere, vor allem mit Hilfe der Schulsozialarbeit, in eine erfolgreiche Perspektive umgebogen. Aber die deutsche Gesellschaft hat erfolgreich ihre Problemdefinition auf die Ausländer gelenkt. Die Integrationsdiskussion verlagert sich auf die Zu- und Einwanderer. Die wissen gar nicht, wofür alles sie gut sind.  +Ich möchte dafür ein Beispiel geben. In Hunderten von Dokumenten wird die unzureichende Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund mit den unterschiedlichen Bildungsabschlüssen aufgezeigt, manchmal auch bedauert oder kritisiert. So lange die Schulstatistik in der Vergangenheit auf eindeutige Kriterien zurückgegriffen hat, wurde der Bildungserfolg von Inländern und Ausländern verglichen. Über die Jahre haben 15% der ausländischen Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen, bei den inländischen Schülern lag die Quote bei 5 bis 6 %. Auf diese Differenz bezogen sich die Debatten mit unterschiedlichen Erklärungen, die aber mit Sicherheit vor allem eine Wirkung hatten: das Problem des fehlenden Abschlusses bei den Ausländern zu platzieren. Sieht man sich die absoluten Zahlen an, ergibt sich folgendes Bild: Bei den Ausländern sind es 15.000 Jugendliche ohne Abschluss, bei den Deutschen sind es 52.000. Der Umfang des Problems, nämlich einer ergebnislosen Schulkarriere, ist umgekehrt proportional. Zwar wird im Übergangssystem der Berufsbildenden Schule manche Karriere, vor allem mit Hilfe der Schulsozialarbeit, in eine erfolgreiche Perspektive umgebogen. Aber die deutsche Gesellschaft hat erfolgreich ihre Problemdefinition auf die Ausländer gelenkt. Die Integrationsdiskussion verlagert sich auf die Zu- und Einwanderer. Die wissen gar nicht, wofür alles sie gut sind. \\ 
-Die projektive Verdrängung von Strukturproblemen wird noch deutlicher, wenn man die Tatsache der Armut in dieser Gesellschaft hinzunimmt. Dann zeigt sich nämlich, wie das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt in einer Panelstudie herausgearbeitet hat, dass in der migrantischen Bevölkerung die Bildungswege aus der Armut heraus zahlreicher und erfolgreicher sind als in der einheimischen Bevölkerung. In diesem Bevölkerungsteil sind nämlich erschöpfte Familien, sozialer Abstieg, berufliche Auszehrung und resignativer Anstrengungsverlust häufiger als in den Familien, die durch Migration ihr Schicksal verbessern wollen. In den nach der Migration folgenden Generationen wird deshalb der Bildungserfolg zahlreicher, aber auch die soziokulturelle Marginalisierung, die durch soziale, mediale und politische Diskriminierung hervorgebracht wird. +Die projektive Verdrängung von Strukturproblemen wird noch deutlicher, wenn man die Tatsache der Armut in dieser Gesellschaft hinzunimmt. Dann zeigt sich nämlich, wie das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt in einer Panelstudie herausgearbeitet hat, dass in der migrantischen Bevölkerung die Bildungswege aus der Armut heraus zahlreicher und erfolgreicher sind als in der einheimischen Bevölkerung. In diesem Bevölkerungsteil sind nämlich erschöpfte Familien, sozialer Abstieg, berufliche Auszehrung und resignativer Anstrengungsverlust häufiger als in den Familien, die durch Migration ihr Schicksal verbessern wollen. In den nach der Migration folgenden Generationen wird deshalb der Bildungserfolg zahlreicher, aber auch die soziokulturelle Marginalisierung, die durch soziale, mediale und politische Diskriminierung hervorgebracht wird.\\ 
-Diese Beobachtungen führen zurück zum systematischen Sinn des Integrationsbegriffs und zur Bedeutung der Schulsozialarbeit. Die Schule ist eine parapädagogische Institution der Leistungsauslese und der Einübung in die Regeln der Gesellschaft. Gesellschaftliche Anforderungen an jedes Individuum mildert sie als Schonraum ab, daraus resultieren pädagogische Imperative. Als Teil des Systems der Moderne rationalisiert sie aber Beziehungen unter dem Gesichtspunkt der strategischen Effektivität. Sie setzt dabei die normativen, auf liebevoller Zuwendung und solidarischen Handlungen beruhenden sozialen Motive voraus und verbraucht sie gleichzeitig mehr, als sie sie hervorbringen kann. Diese auflösende und verbrauchende Verbindung von System- und Sozialintegration braucht gerade in neoliberal umgebauten Gesellschaften und ihren Institutionen die Zufuhr von kommunikativem Handeln, von persönlicher Zuwendung und subjektorientierter Reflexion. Genau dies kann die Schulsozialarbeit. In ihr kommt Sozialpädagogik auf ihren Begriff.  +Diese Beobachtungen führen zurück zum systematischen Sinn des Integrationsbegriffs und zur Bedeutung der Schulsozialarbeit. Die Schule ist eine parapädagogische Institution der Leistungsauslese und der Einübung in die Regeln der Gesellschaft. Gesellschaftliche Anforderungen an jedes Individuum mildert sie als Schonraum ab, daraus resultieren pädagogische Imperative. Als Teil des Systems der Moderne rationalisiert sie aber Beziehungen unter dem Gesichtspunkt der strategischen Effektivität. Sie setzt dabei die normativen, auf liebevoller Zuwendung und solidarischen Handlungen beruhenden sozialen Motive voraus und verbraucht sie gleichzeitig mehr, als sie sie hervorbringen kann. Diese auflösende und verbrauchende Verbindung von System- und Sozialintegration braucht gerade in neoliberal umgebauten Gesellschaften und ihren Institutionen die Zufuhr von kommunikativem Handeln, von persönlicher Zuwendung und subjektorientierter Reflexion. Genau dies kann die Schulsozialarbeit. In ihr kommt Sozialpädagogik auf ihren Begriff. \\ 
-Integration ist die Leistung der Schulsozialarbeit, weil sie der Schule einen Reflexionsgewinn verschafft und kommunikative Kapazitäten aufbaut. Deshalb gibt es immer mehr Schulsozialarbeit. Dabei geht es nicht nur, vielleicht sogar am wenigsten, um die Einstellung von Sozialpädagogen und Sozialarbeiterinnen. Es geht darum, Spielraum für Nachdenken und Aufarbeiten von unbearbeiteten Konflikten zu schaffen und die Individuen, wenn man es theatralisch formuliert, mit den Anforderungen der Schule zu versöhnen. Diese Aufgabe stellt sich in allen Schularten, besonders aber in der Berufsbildenden Schule, die die Widersprüche der Gesellschaft am stärksten in einer Schulform zusammenführt. Denn die technischen Anforderungen vieler Lerngegenstände lassen sich am besten in strategische Handlungsanforderungen transformieren, präferieren einen Lehrmodus der bedingungslosen sachlichen Alternativlosigkeit. Diese Art von Pädagogik hat fast den Stand der digitalen Möglichkeiten von Null und Eins erreicht, realisiert also die Signatur des Zeitalters und bereitet hervorragend auf die europäische Demokratiekultur vor. Die Kultur der Berufsbildenden Schulen ist besonders spannungsvoll, weil die Ordnungen der Betriebe ebenso in sie hineinwirken wie die Ordnungen der gelehrten Fächer und dann, zuletzt, die Ordnung der didaktischen Formierung. Das pädagogische Handeln mit seiner Parteilichkeit für den Schüler steht quer zu diesen durchstrukturierten Ordnungen und hat es deshalb besonders schwer. Eine einzigartige Chance für Schulsozialarbeit – aber wie stark müsste sie sein?! +Integration ist die Leistung der Schulsozialarbeit, weil sie der Schule einen Reflexionsgewinn verschafft und kommunikative Kapazitäten aufbaut. Deshalb gibt es immer mehr Schulsozialarbeit. Dabei geht es nicht nur, vielleicht sogar am wenigsten, um die Einstellung von Sozialpädagogen und Sozialarbeiterinnen. Es geht darum, Spielraum für Nachdenken und Aufarbeiten von unbearbeiteten Konflikten zu schaffen und die Individuen, wenn man es theatralisch formuliert, mit den Anforderungen der Schule zu versöhnen. Diese Aufgabe stellt sich in allen Schularten, besonders aber in der Berufsbildenden Schule, die die Widersprüche der Gesellschaft am stärksten in einer Schulform zusammenführt. Denn die technischen Anforderungen vieler Lerngegenstände lassen sich am besten in strategische Handlungsanforderungen transformieren, präferieren einen Lehrmodus der bedingungslosen sachlichen Alternativlosigkeit. Diese Art von Pädagogik hat fast den Stand der digitalen Möglichkeiten von Null und Eins erreicht, realisiert also die Signatur des Zeitalters und bereitet hervorragend auf die europäische Demokratiekultur vor. Die Kultur der Berufsbildenden Schulen ist besonders spannungsvoll, weil die Ordnungen der Betriebe ebenso in sie hineinwirken wie die Ordnungen der gelehrten Fächer und dann, zuletzt, die Ordnung der didaktischen Formierung. Das pädagogische Handeln mit seiner Parteilichkeit für den Schüler steht quer zu diesen durchstrukturierten Ordnungen und hat es deshalb besonders schwer. Eine einzigartige Chance für Schulsozialarbeit – aber wie stark müsste sie sein?!\\ 
-Wie dem auch sei – die Schulsozialarbeit hat nicht nur in den Berufsbildenden Schulen einen Schwerpunkt gefunden in der Unterstützung der Lehrkräfte und der Schüler und Schülerinnen im Berufsvorbereitungsjahr Sprache, in das heute sehr viele Jugendliche mit Fluchterfahrung eingeschult werden. Zweifellos ist der Erwerb der deutschen Sprache eine elementare Notwendigkeit für diese Jugendlichen. Das wissen sie selbst am besten. Wenn man ihnen dies immer wieder erklärt, sind sie zunächst erstaunt darüber, dass man ihren subjektiven Willen nicht zur Kenntnis nimmt. Gehen die Ermahnungen, sie müssten doch um ihrer selbst willen vor allem Deutsch lernen, weiter, dann reagieren sie bisweilen mit der bloßen Verweigerung, hervorgerufen nicht auf der Ebene der sachlichen Anforderungen, sondern des Widerstands auf der Beziehungsebene. Weil sie die ständigen Ermahnungen als respektlos empfinden.  +Wie dem auch sei – die Schulsozialarbeit hat nicht nur in den Berufsbildenden Schulen einen Schwerpunkt gefunden in der Unterstützung der Lehrkräfte und der Schüler und Schülerinnen im Berufsvorbereitungsjahr Sprache, in das heute sehr viele Jugendliche mit Fluchterfahrung eingeschult werden. Zweifellos ist der Erwerb der deutschen Sprache eine elementare Notwendigkeit für diese Jugendlichen. Das wissen sie selbst am besten. Wenn man ihnen dies immer wieder erklärt, sind sie zunächst erstaunt darüber, dass man ihren subjektiven Willen nicht zur Kenntnis nimmt. Gehen die Ermahnungen, sie müssten doch um ihrer selbst willen vor allem Deutsch lernen, weiter, dann reagieren sie bisweilen mit der bloßen Verweigerung, hervorgerufen nicht auf der Ebene der sachlichen Anforderungen, sondern des Widerstands auf der Beziehungsebene. Weil sie die ständigen Ermahnungen als respektlos empfinden. \\ 
-Die Forderung, die Sprache erwerben zu müssen, ist ohnehin nicht eine pädagogische. Pädagogisch reflektiert steht das freundliche Wort am Anfang. Es muss nicht die Willkommenskultur der Teddybären sein, im Gegenteil. Es muss das freundliche Wort sein, das sich durchhält, gerade in den Schwierigkeiten der Ebenen und das die Klarheit eines Interesses an der Entwicklung des Jugendlichen um seiner selbst willen zum Ausdruck bringt. Empirisch kann man dies im Alltag jeder Schule beobachten, in manchen Schulen ist es stärker realisiert als in anderen. Je mehr es fehlt, braucht man die Schulsozialarbeit – freilich auch nur eine, die das, was sie von anderen erwartet, auch selbst realisieren kann, nämlich kommunikative Zuwendung und Bereitstellung von Reflexionsräumen. +Die Forderung, die Sprache erwerben zu müssen, ist ohnehin nicht eine pädagogische. Pädagogisch reflektiert steht das freundliche Wort am Anfang. Es muss nicht die Willkommenskultur der Teddybären sein, im Gegenteil. Es muss das freundliche Wort sein, das sich durchhält, gerade in den Schwierigkeiten der Ebenen und das die Klarheit eines Interesses an der Entwicklung des Jugendlichen um seiner selbst willen zum Ausdruck bringt. Empirisch kann man dies im Alltag jeder Schule beobachten, in manchen Schulen ist es stärker realisiert als in anderen. Je mehr es fehlt, braucht man die Schulsozialarbeit – freilich auch nur eine, die das, was sie von anderen erwartet, auch selbst realisieren kann, nämlich kommunikative Zuwendung und Bereitstellung von Reflexionsräumen. \\
 Aber mit den Berufsvorbereitungsklassen Sprache sind wir thematisch bei der üblicherweise gemeinten Bedeutung von Integration. Sie bezieht sich auf die Integration von zugewanderten Personen. Dass es sich um Personen handelt ist die erste wichtige Erinnerung in diesem Zusammenhang, denn normalerweise ist nur von Gruppen, Kollektiven und Massen im Plural die Rede. Allein diese Modifikation schafft Raum für pädagogisches Nachdenken. An die Stelle des Kollektivbildes tritt der individualisierende Blick auf das Kind und den Jugendlichen. Mit diesem Beginn einer pädagogischen Reflexion möchte ich Platz schaffen für einen produktiven Umgang mit Migrationsfolgen. Denn gerade in der hysterisch aufgeheizten Stimmung nach dem Sylvester 2015 sind vor allem Kollektivbilder verstärkt worden, die die konventionellen Stereotypen ins Gigantische gesteigert haben. Das Bild von der Überflutung, von brechenden Dämmen gegen die Invasion oder die Verbindung von Gewalt, Terror und jungen Flüchtlingen ist so stark geworden, dass alles, was politisch über lange Zeit undenkbar war, mühelos durchgesetzt werden kann. Im Notfall, wenn er nur erklärt ist, ist der kurze Prozess legitimiert. Das Verlangen des österreichischen Außenministers nach dem Schießbefehl gegen Flüchtlinge ist nur die ultima ratio einer Grenzsicherung, die streng nach nützlichen und unnützen Zuwanderern unterscheidet. Die Etablierung von Gefängnissen für Flüchtlinge in Griechenland, die Abwehr von Flüchtlingen durch brutale Internierung in Libyen mit europäischer Hilfe oder die ungeprüfte Ausweisung von Flüchtlingen in den türkischen Staat des Imperators – alle diese Maßnahmen dienen dem Kampf gegen Flüchtlinge. Die Funktionalisierung der Entwicklungspolitik zum Mittel der Migrationsverhinderung stärkt die Diktaturen Afrikas, beliefert die Herrscher mit Waffen und stattet sie mit Geld aus, das diese im Zweifelsfall wieder in die Schweiz schaffen. Alle diese und weitere Maßnahmen opfern die europäischen Werte, von denen so viel die Rede ist, auf dem Altar einer perversen Lebensweise. Denn die unbeschwerten Kreuzfahrten im Mittelmeer sind wichtiger als die Leichen der Flüchtlinge, auf die man dabei mühelos hinunterschauen kann. Der Profit mit den Waffenlieferungen an Saudi-Arabien ist der Zentralwert dieser Gesellschaft, der es gleichgültig ist, dass seit Jahren ein brutaler Krieg von Saudi-Arabien gegen die Bevölkerung des Jemen geführt wird. Aber mit den Berufsvorbereitungsklassen Sprache sind wir thematisch bei der üblicherweise gemeinten Bedeutung von Integration. Sie bezieht sich auf die Integration von zugewanderten Personen. Dass es sich um Personen handelt ist die erste wichtige Erinnerung in diesem Zusammenhang, denn normalerweise ist nur von Gruppen, Kollektiven und Massen im Plural die Rede. Allein diese Modifikation schafft Raum für pädagogisches Nachdenken. An die Stelle des Kollektivbildes tritt der individualisierende Blick auf das Kind und den Jugendlichen. Mit diesem Beginn einer pädagogischen Reflexion möchte ich Platz schaffen für einen produktiven Umgang mit Migrationsfolgen. Denn gerade in der hysterisch aufgeheizten Stimmung nach dem Sylvester 2015 sind vor allem Kollektivbilder verstärkt worden, die die konventionellen Stereotypen ins Gigantische gesteigert haben. Das Bild von der Überflutung, von brechenden Dämmen gegen die Invasion oder die Verbindung von Gewalt, Terror und jungen Flüchtlingen ist so stark geworden, dass alles, was politisch über lange Zeit undenkbar war, mühelos durchgesetzt werden kann. Im Notfall, wenn er nur erklärt ist, ist der kurze Prozess legitimiert. Das Verlangen des österreichischen Außenministers nach dem Schießbefehl gegen Flüchtlinge ist nur die ultima ratio einer Grenzsicherung, die streng nach nützlichen und unnützen Zuwanderern unterscheidet. Die Etablierung von Gefängnissen für Flüchtlinge in Griechenland, die Abwehr von Flüchtlingen durch brutale Internierung in Libyen mit europäischer Hilfe oder die ungeprüfte Ausweisung von Flüchtlingen in den türkischen Staat des Imperators – alle diese Maßnahmen dienen dem Kampf gegen Flüchtlinge. Die Funktionalisierung der Entwicklungspolitik zum Mittel der Migrationsverhinderung stärkt die Diktaturen Afrikas, beliefert die Herrscher mit Waffen und stattet sie mit Geld aus, das diese im Zweifelsfall wieder in die Schweiz schaffen. Alle diese und weitere Maßnahmen opfern die europäischen Werte, von denen so viel die Rede ist, auf dem Altar einer perversen Lebensweise. Denn die unbeschwerten Kreuzfahrten im Mittelmeer sind wichtiger als die Leichen der Flüchtlinge, auf die man dabei mühelos hinunterschauen kann. Der Profit mit den Waffenlieferungen an Saudi-Arabien ist der Zentralwert dieser Gesellschaft, der es gleichgültig ist, dass seit Jahren ein brutaler Krieg von Saudi-Arabien gegen die Bevölkerung des Jemen geführt wird.
  
-Aber ich möchte mich trotz oder vielleicht wegen dieses gesellschaftlichen und politischen Rahmens für pädagogische Überlegungen zur Schulsozialarbeit auf die Aspekte konzentrieren, die mir für die Formatierung eines pädagogischen Handelns wichtig erscheinen. +Aber ich möchte mich trotz oder vielleicht wegen dieses gesellschaftlichen und politischen Rahmens für pädagogische Überlegungen zur Schulsozialarbeit auf die Aspekte konzentrieren, die mir für die Formatierung eines pädagogischen Handelns wichtig erscheinen. \\
 Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang zur Macht der Kollektivbilder wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von Kindern und unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, fokussieren nur auf dramatische Situationen, deren Bewältigung dem Beobachter als schier unmöglich erscheint. Zumindest müssten die Fliehenden in irgendeiner Weise „beschädigt“ sein. Die Formulierungen „viele sind traumatisiert“ oder „oft ist mit Flucht ein Trauma verbunden“ setzen die mediale Anamnese in eine scheinbar plausible Diagnose um. Für diejenigen, die in die pädagogische Arbeit mit jungen Flüchtlingen einsteigen, bedeutet das öffentlich markierte Vorausurteil eine Belastung, wissen sie doch, dass pädagogische Konzepte nur sehr begrenzt sind und tatsächliche therapeutische Bedarfe nicht abdecken können. Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang zur Macht der Kollektivbilder wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von Kindern und unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, fokussieren nur auf dramatische Situationen, deren Bewältigung dem Beobachter als schier unmöglich erscheint. Zumindest müssten die Fliehenden in irgendeiner Weise „beschädigt“ sein. Die Formulierungen „viele sind traumatisiert“ oder „oft ist mit Flucht ein Trauma verbunden“ setzen die mediale Anamnese in eine scheinbar plausible Diagnose um. Für diejenigen, die in die pädagogische Arbeit mit jungen Flüchtlingen einsteigen, bedeutet das öffentlich markierte Vorausurteil eine Belastung, wissen sie doch, dass pädagogische Konzepte nur sehr begrenzt sind und tatsächliche therapeutische Bedarfe nicht abdecken können.
  Betrachtet man die herrschende Wahrnehmung, dann kann man ihre Besonderheit vor allem auf die lebensweltliche Fundierung der Wahrnehmungsmuster zurückführen. Im eigenen Erfahrungshorizont erscheinen die Bilder der Flucht als schrecklich, sie aktivieren Bewältigungsängste und, im Falle eines empathischen Nachvollzugs, starke Gefühle des hilflosen Ausgesetztseins. Weil in der Struktur der eigenen Lebenswelt die Ressourcen für die Bewältigung großer Belastungen noch nicht erlebt wurden, wird als einziges Bewältigungsmuster das des Traumas projiziert. In diesem Bild sind Ambivalenzen beseitigt, eine gefühlsbetonte Sicht auf das Kind überdeckt eine rationale Analyse. Das einzelne Kind kann nur noch als Fall von Hilfsbedürftigkeit wahrgenommen werden. Gegen diese Einseitigkeit soll ein pädagogisches Prinzip gesetzt werden, dass jedes Kind in seiner Handlungsfähigkeit, seinen Potentialen und Grenzen betrachtet werden soll. Die Schlussfolgerung lautet: Pädagoginnen und Pädagogen sollen bei ihrem Handwerk bleiben. Sie sind keine Therapeuten. Aber sie sind für die Gewährleistung von Schutzraum und Sicherheit für das Kind wichtiger denn je. Dies steht schon im Gegensatz zur erklärten Politik der Erzeugung von Unsicherheit für die Flüchtlinge, die neuerdings durch die Bank nur die einjährige Sicherheit des subsidiären Flüchtlingsstatus erhalten.   Betrachtet man die herrschende Wahrnehmung, dann kann man ihre Besonderheit vor allem auf die lebensweltliche Fundierung der Wahrnehmungsmuster zurückführen. Im eigenen Erfahrungshorizont erscheinen die Bilder der Flucht als schrecklich, sie aktivieren Bewältigungsängste und, im Falle eines empathischen Nachvollzugs, starke Gefühle des hilflosen Ausgesetztseins. Weil in der Struktur der eigenen Lebenswelt die Ressourcen für die Bewältigung großer Belastungen noch nicht erlebt wurden, wird als einziges Bewältigungsmuster das des Traumas projiziert. In diesem Bild sind Ambivalenzen beseitigt, eine gefühlsbetonte Sicht auf das Kind überdeckt eine rationale Analyse. Das einzelne Kind kann nur noch als Fall von Hilfsbedürftigkeit wahrgenommen werden. Gegen diese Einseitigkeit soll ein pädagogisches Prinzip gesetzt werden, dass jedes Kind in seiner Handlungsfähigkeit, seinen Potentialen und Grenzen betrachtet werden soll. Die Schlussfolgerung lautet: Pädagoginnen und Pädagogen sollen bei ihrem Handwerk bleiben. Sie sind keine Therapeuten. Aber sie sind für die Gewährleistung von Schutzraum und Sicherheit für das Kind wichtiger denn je. Dies steht schon im Gegensatz zur erklärten Politik der Erzeugung von Unsicherheit für die Flüchtlinge, die neuerdings durch die Bank nur die einjährige Sicherheit des subsidiären Flüchtlingsstatus erhalten. 
  
-Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, anderen Gewaltverbrechen und Kriegstraumata erkranken bis zu einem Drittel der Betroffenen an einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Jörg M. Fegert und andere beobachten anhand einer systematischen „Übersicht zu Langzeitverläufen von Kriegsflüchtlingen, dass alle Studien höhere Raten an psychischen Auffälligkeiten berichteten; je methodisch aufwendiger jedoch die Diagnostik in den Studien war, desto geringer fiel die Rate an psychischen Störungen aus“ (Fegert u.a. 2015, S. 383). Die erste aktuelle Untersuchung in einer Erstaufnahmeeinrichtung in München kommt zu dem Ergebnis, dass 22% der untersuchten syrischen Kinder und Jugendlichen unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung litten und 16% unter einer Anpassungsstörung. Viel ausgeprägter sind andere gesundheitliche Beeinträchtigungen, und für die Therapie dieser Probleme wirkt sich der über lange Zeit verhinderte Zugang zu ärztlichen Leistungen extrem schädlich aus. +Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, anderen Gewaltverbrechen und Kriegstraumata erkranken bis zu einem Drittel der Betroffenen an einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Jörg M. Fegert und andere beobachten anhand einer systematischen „Übersicht zu Langzeitverläufen von Kriegsflüchtlingen, dass alle Studien höhere Raten an psychischen Auffälligkeiten berichteten; je methodisch aufwendiger jedoch die Diagnostik in den Studien war, desto geringer fiel die Rate an psychischen Störungen aus“ (Fegert u.a. 2015, S. 383). Die erste aktuelle Untersuchung in einer Erstaufnahmeeinrichtung in München kommt zu dem Ergebnis, dass 22% der untersuchten syrischen Kinder und Jugendlichen unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung litten und 16% unter einer Anpassungsstörung. Viel ausgeprägter sind andere gesundheitliche Beeinträchtigungen, und für die Therapie dieser Probleme wirkt sich der über lange Zeit verhinderte Zugang zu ärztlichen Leistungen extrem schädlich aus.\\ 
-Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, Kontrollverlust oder Hilflosigkeit kann man erkennen, ebenso regressive Vermeidungssymptome oder Übererregtheit. Pädagogen können dann rechtzeitig an andere Fachleute weiterverweisen und, was noch wichtiger ist, den Übergang begleiten.+Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, Kontrollverlust oder Hilflosigkeit kann man erkennen, ebenso regressive Vermeidungssymptome oder Übererregtheit. Pädagogen können dann rechtzeitig an andere Fachleute weiterverweisen und, was noch wichtiger ist, den Übergang begleiten.\\
 Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, Verlässlichkeit zu gewährleisten, nicht-intervenierende Akzeptanz zu vermitteln oder wie es in einer Schweizer Untersuchung heißt: reaktive Co-Präsenz zu realisieren. Kinder sollen nicht überbehütet, sondern bis hin zu den Grenzen ihrer autonomen Handlungsfähigkeiten geachtet werden. Aber sie sollen sich des Schutzes sicher sein. Um eine solche Umwelt für das Kind zu ermöglichen, ist Pädagogik genug gefordert.  Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, Verlässlichkeit zu gewährleisten, nicht-intervenierende Akzeptanz zu vermitteln oder wie es in einer Schweizer Untersuchung heißt: reaktive Co-Präsenz zu realisieren. Kinder sollen nicht überbehütet, sondern bis hin zu den Grenzen ihrer autonomen Handlungsfähigkeiten geachtet werden. Aber sie sollen sich des Schutzes sicher sein. Um eine solche Umwelt für das Kind zu ermöglichen, ist Pädagogik genug gefordert. 
-Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur entgegen der Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, Unternehmer_innen  oder Lehrkräfte tätigen Interviepartner_innen am Ende ihrer Grundschulzeit keine Gymnasialempfehlung erhalten hatten und dass dennoch wiederum die Hälfte  ihren Weg über das Gymnasium gingen, um mit dem Abitur die Berechtigung zum Studium zu erreichen, dann ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass das Bildungssystem in weiten Teilen nicht in der Lage war, vorhandene Talente zu entdecken und gezielt zu fördern.“ (Lang/Pott/Scheider 2016, S.201) +Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur entgegen der Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, Unternehmer_innen  oder Lehrkräfte tätigen Interviepartner_innen am Ende ihrer Grundschulzeit keine Gymnasialempfehlung erhalten hatten und dass dennoch wiederum die Hälfte  ihren Weg über das Gymnasium gingen, um mit dem Abitur die Berechtigung zum Studium zu erreichen, dann ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass das Bildungssystem in weiten Teilen nicht in der Lage war, vorhandene Talente zu entdecken und gezielt zu fördern.“ (Lang/Pott/Scheider 2016, S.201)\\ 
-Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: Nach fünf Jahren in einer sogenannten Vorbereitungsklasse (das ist die Form, die heute wieder eingerichtet wird) und nach vielen Versuchen, in die deutsche Klasse zu kommen, wird sie in die Hauptschule übernommen. +Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: Nach fünf Jahren in einer sogenannten Vorbereitungsklasse (das ist die Form, die heute wieder eingerichtet wird) und nach vielen Versuchen, in die deutsche Klasse zu kommen, wird sie in die Hauptschule übernommen.\\ 
-„Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ ….Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/Pott/Schneider 2016, S. 85) +„Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ ….Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/Pott/Schneider 2016, S. 85)\\ 
-Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule. +Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule.\\ 
-„Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt:  ‚Leute, ich will einfach nicht mehr. Ich liebe dieses Land, aber ich will ´ne bessere Bildung!‘ Und: ‚Schickt mich in die Türkei!‘ Das ist so´n Irrwitz, dass ich dann als jemand, der in Deutschland geboren ist, für´n Jahr in die Türkei geh´!“ (ebenda)+„Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt:  ‚Leute, ich will einfach nicht mehr. Ich liebe dieses Land, aber ich will ´ne bessere Bildung!‘ Und: ‚Schickt mich in die Türkei!‘ Das ist so´n Irrwitz, dass ich dann als jemand, der in Deutschland geboren ist, für´n Jahr in die Türkei geh´!“ (ebenda)\\
 Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“ („stereotype threat“) verstärkt. Das Bundesjugendkuratorium hat schon 2008 erklärt: „Am wichtigsten ist deshalb eine deutliche ‚Ent-kategorisierung‘, indem ‚Probleme‘ und ‚Missstände‘ nicht mehr mit Gruppenmerkmalen (‚AusländerIn zu sein‘) erklärt werden.“ (Bundesjugendkuratorium 2008, S. 11) Die Schlussfolgerung besteht natürlich nicht darin, das Stereotyp umzudrehen. Das wäre zu einfach. Anspruchsvoller, aber für eine Profession angemessen, ist die Forderung nach einer konsequenten Zuwendung zu jedem Kind und Jugendlichen, um genau das zu sehen, was es kann und was es nicht kann. Das bedeutet auch, dass sein konkretes Können, beispielsweise beim Sprechen und Schreiben, von den an das einzelne Kind gerichteten Anforderungen und vor allem von den individuellen Fortschritten her zu beurteilen ist und dass das Kind individuelle Belobigung und Kritik erfährt. Schulsozialarbeiter sollen die Lehrkräfte nun nicht über ihre Vorurteile belehren. Sie haben ja selbst welche – gelegentlich auch gegenüber Lehrern und Lehrerinnen. Aber das Wissen um die eigene begrenzte Perspektivität kann Grundlage für gemeinsame Erörterungen. Das macht den Reflexionsgewinn durch Schulsozialarbeit aus. Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“ („stereotype threat“) verstärkt. Das Bundesjugendkuratorium hat schon 2008 erklärt: „Am wichtigsten ist deshalb eine deutliche ‚Ent-kategorisierung‘, indem ‚Probleme‘ und ‚Missstände‘ nicht mehr mit Gruppenmerkmalen (‚AusländerIn zu sein‘) erklärt werden.“ (Bundesjugendkuratorium 2008, S. 11) Die Schlussfolgerung besteht natürlich nicht darin, das Stereotyp umzudrehen. Das wäre zu einfach. Anspruchsvoller, aber für eine Profession angemessen, ist die Forderung nach einer konsequenten Zuwendung zu jedem Kind und Jugendlichen, um genau das zu sehen, was es kann und was es nicht kann. Das bedeutet auch, dass sein konkretes Können, beispielsweise beim Sprechen und Schreiben, von den an das einzelne Kind gerichteten Anforderungen und vor allem von den individuellen Fortschritten her zu beurteilen ist und dass das Kind individuelle Belobigung und Kritik erfährt. Schulsozialarbeiter sollen die Lehrkräfte nun nicht über ihre Vorurteile belehren. Sie haben ja selbst welche – gelegentlich auch gegenüber Lehrern und Lehrerinnen. Aber das Wissen um die eigene begrenzte Perspektivität kann Grundlage für gemeinsame Erörterungen. Das macht den Reflexionsgewinn durch Schulsozialarbeit aus.
-5.1 + 
-Schließlich eine letzte Überlegung. In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. +Schließlich eine letzte Überlegung. In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. \\
 Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27) Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27)
-Eine Elfjährige, die aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet ist, fühlt sich sicher. „Ihr Schulweg führt Shirin jedes Mal über den Bahnhof. Sie lacht, wenn sie von den dortigen Verlockungen erzählt: Drogeriemarkt, 1-Euro-Shop und Donut-Laden. Nur zu gern würde Shirin ihr Taschengeld für Klamotten, Kosmetika und Süßigkeiten ausgeben……. Einer ihrer Lieblingsorte in der neuen Heimat ist die öffentliche Bibliothek. Hier leiht sie sich Bücher und Filme aus…… Nur unweit der Bibliothek liegt noch ein wichtiger Ort für Shirin: das Stadtzentrum mit seinen Geschäften – beliebter Treffpunkt junger Mädchen. Die Elfjährige liebt es, mit den Freundinnen durch die Straßen zu schlendern und sich die Schaufenster anzuschauen.“ (S.30)+Eine Elfjährige, die aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet ist, fühlt sich sicher. „Ihr Schulweg führt Shirin jedes Mal über den Bahnhof. Sie lacht, wenn sie von den dortigen Verlockungen erzählt: Drogeriemarkt, 1-Euro-Shop und Donut-Laden. Nur zu gern würde Shirin ihr Taschengeld für Klamotten, Kosmetika und Süßigkeiten ausgeben……. Einer ihrer Lieblingsorte in der neuen Heimat ist die öffentliche Bibliothek. Hier leiht sie sich Bücher und Filme aus…… Nur unweit der Bibliothek liegt noch ein wichtiger Ort für Shirin: das Stadtzentrum mit seinen Geschäften – beliebter Treffpunkt junger Mädchen. Die Elfjährige liebt es, mit den Freundinnen durch die Straßen zu schlendern und sich die Schaufenster anzuschauen.“ (S.30)\\
 Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, nämlich derer, denen wir hier kein Lebensrecht einräumen. Kinder und Jugendliche haben die Flucht nicht hinter sich, sondern sie stecken mittendrin. Auch die vielen Familien aus Syrien werden kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen. Wenn der Krieg tatsächlich beendet werden kann, dann wird genau jene Verdrängung stattfinden, die in Bezug auf Afghanistan schon begonnen hat. Das ist ja eine ganz brutale Form der westlichen Politik: Erst wird ein Land durch die Lieferung von Waffen und durch unglaubliche Mengen von Geld zum Aufstand getrieben, dann wird es bombardiert und sein Staat wird zerstört, weil die bezahlte Regierung nur ihre korrupten Geschäfte betreibt. Jetzt, da die Auflösung des Staates offenkundig wird und die Taliban einen Großteil des Landes beherrschen, sollen Flüchtlinge zurückkehren. Nach dem Jugoslawienkrieg waren ebenfalls viele Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland. Die meisten Familien sind in ihre Herkunftsländer zurückgegangen. Aber bis heute ziehen sich die Abschiebungen hin. Gelegentlich kommt dieser Skandal in die Öffentlichkeit, wenn sich ganze Schulen und Belegschaften gegen die Ausweisung von Familien zur Wehr setzen. Wie absurd sind diese Regelungen: Kinder leben hier unter Vorbehalt. Damit wird in elementarer Weise gegen die Kinderrechtskonvention verstoßen. Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, nämlich derer, denen wir hier kein Lebensrecht einräumen. Kinder und Jugendliche haben die Flucht nicht hinter sich, sondern sie stecken mittendrin. Auch die vielen Familien aus Syrien werden kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen. Wenn der Krieg tatsächlich beendet werden kann, dann wird genau jene Verdrängung stattfinden, die in Bezug auf Afghanistan schon begonnen hat. Das ist ja eine ganz brutale Form der westlichen Politik: Erst wird ein Land durch die Lieferung von Waffen und durch unglaubliche Mengen von Geld zum Aufstand getrieben, dann wird es bombardiert und sein Staat wird zerstört, weil die bezahlte Regierung nur ihre korrupten Geschäfte betreibt. Jetzt, da die Auflösung des Staates offenkundig wird und die Taliban einen Großteil des Landes beherrschen, sollen Flüchtlinge zurückkehren. Nach dem Jugoslawienkrieg waren ebenfalls viele Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland. Die meisten Familien sind in ihre Herkunftsländer zurückgegangen. Aber bis heute ziehen sich die Abschiebungen hin. Gelegentlich kommt dieser Skandal in die Öffentlichkeit, wenn sich ganze Schulen und Belegschaften gegen die Ausweisung von Familien zur Wehr setzen. Wie absurd sind diese Regelungen: Kinder leben hier unter Vorbehalt. Damit wird in elementarer Weise gegen die Kinderrechtskonvention verstoßen.
 Am Ende steht deshalb ein einfacher Satz. „Kinder haben ein Recht auf den heutigen Tag.“ Janusz Korczak hat ihn formuliert und damit ein zentrales pädagogisches Prinzip formuliert. Das ist natürlich ein Prinzip, das im schulischen Alltag des Lernens für das Leben in den Hintergrund gerät. Die Schulsozialarbeiterin kann es hervorholen und Raum schaffen für pädagogische Reflexion. Im Jetzt zu lernen und herausgefordert zu werden, im Jetzt zu spielen und fröhlich zu sein, im Jetzt traurig zu sein und nachzudenken – dies haben Pädagogen und Pädagoginnen zu gewährleisten und zu fördern, damit die Kinder in ihre Zukunft, von der wir und sie selbst nichts wissen, optimistisch und selbstbewusst gehen können. Am Ende steht deshalb ein einfacher Satz. „Kinder haben ein Recht auf den heutigen Tag.“ Janusz Korczak hat ihn formuliert und damit ein zentrales pädagogisches Prinzip formuliert. Das ist natürlich ein Prinzip, das im schulischen Alltag des Lernens für das Leben in den Hintergrund gerät. Die Schulsozialarbeiterin kann es hervorholen und Raum schaffen für pädagogische Reflexion. Im Jetzt zu lernen und herausgefordert zu werden, im Jetzt zu spielen und fröhlich zu sein, im Jetzt traurig zu sein und nachzudenken – dies haben Pädagogen und Pädagoginnen zu gewährleisten und zu fördern, damit die Kinder in ihre Zukunft, von der wir und sie selbst nichts wissen, optimistisch und selbstbewusst gehen können.
-Literatur+ 
 +**Literatur**\\
 Bundesjugendkuratorium (2008): Pluralität ist Normalität für Kinder und Jugendliche. Vernachlässigte Aspekte und problematische Verkürzungen im Integrationsdiskurs. Bundesjugendkuratorium (2008): Pluralität ist Normalität für Kinder und Jugendliche. Vernachlässigte Aspekte und problematische Verkürzungen im Integrationsdiskurs.
-Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, Folgen und Interventionen. In: Recht der Jugend und des Bildungswesens 4/2015, S. 380 – 389. + 
 +Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, Folgen und Interventionen. In: Recht der Jugend und des Bildungswesens 4/2015, S. 380 – 389. 
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 Lang, Christine; Pott, Andreas; Schneider, Jens (2016): Unwahrscheinlich erfolgreich. Sozialer Aufstieg in der Einwanderungsgesellschaft. (IMIS-Beiträge, Heft 49/2016). Osnabrück. Lang, Christine; Pott, Andreas; Schneider, Jens (2016): Unwahrscheinlich erfolgreich. Sozialer Aufstieg in der Einwanderungsgesellschaft. (IMIS-Beiträge, Heft 49/2016). Osnabrück.
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 World Vision Deutschland, Hoffnungsträger Stiftung (Hrsg.): Angekommen in Deutschland. Friedrichsdorf 2016. World Vision Deutschland, Hoffnungsträger Stiftung (Hrsg.): Angekommen in Deutschland. Friedrichsdorf 2016.
  
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 ====Trump – der Repräsentant des 21. Jahrhunderts====  ====Trump – der Repräsentant des 21. Jahrhunderts==== 
-**Statement in der „Initiative für politisches Vor- und Nachdenken“ (Auch auf Türkisch: Trump – 21. Yüzyılın Temsilcisi.** +**Statement in der „Initiative für politisches Vor- und Nachdenken“** (Auch auf Türkisch: Trump – 21. Yüzyılın Temsilcisi.
 In: PoliTeknik.de, 15. Ausgabe vom 15.2.2017, http://politeknik.de.)    In: PoliTeknik.de, 15. Ausgabe vom 15.2.2017, http://politeknik.de.)   
  
-Die meisten Medien begreifen Trump nicht, weil sie keinen Begriff von der Gesellschaft haben. Aber die modernen und miteinander globalisiert verbundenen Gesellschaften befinden sich in einer Dynamik, die als Übergang vom Kapitalismus zu einer neuen Form des Feudalismus bezeichnet werden kann. Thomas Piketty hat in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ gezeigt, wie sich die Verteilung des Reichtums in den entwickelten Gesellschaften derjenigen des 18. und 19. Jahrhunderts annähert. Der „digitalisierte Kapitalismus“ (Manuel Castells) lässt die demokratischen „Deformationen“ des 20. Jahrhunderts hinter sich und bezieht auch die aufstrebenden Gesellschaften in seine Dynamik mit ein. Nicht China ist reich, sondern die herrschende Clique. Doch nicht nur der Reichtum und die Armut verändern ihr Gesicht und die Gesellschaften, sondern auch die Kultur entledigt sich ihrer bürgergesellschaftlichen Fassaden und tritt roh als ordinäre Selbstbeweihräucherung der Herrschaft einerseits und als exquisite Stilisierung des Feinen der Wenigen andererseits hervor. +Die meisten Medien begreifen Trump nicht, weil sie keinen Begriff von der Gesellschaft haben. Aber die modernen und miteinander globalisiert verbundenen Gesellschaften befinden sich in einer Dynamik, die als Übergang vom Kapitalismus zu einer neuen Form des Feudalismus bezeichnet werden kann. Thomas Piketty hat in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ gezeigt, wie sich die Verteilung des Reichtums in den entwickelten Gesellschaften derjenigen des 18. und 19. Jahrhunderts annähert. Der „digitalisierte Kapitalismus“ (Manuel Castells) lässt die demokratischen „Deformationen“ des 20. Jahrhunderts hinter sich und bezieht auch die aufstrebenden Gesellschaften in seine Dynamik mit ein. Nicht China ist reich, sondern die herrschende Clique. Doch nicht nur der Reichtum und die Armut verändern ihr Gesicht und die Gesellschaften, sondern auch die Kultur entledigt sich ihrer bürgergesellschaftlichen Fassaden und tritt roh als ordinäre Selbstbeweihräucherung der Herrschaft einerseits und als exquisite Stilisierung des Feinen der Wenigen andererseits hervor.\\ 
-Die Irritation der meisten Medien, der Blick richtet sich lediglich auf die deutsche Szene, rührt aber zusätzlich daher, dass sie ihre Definitionsdominanz, die sie als vierte Gewalt unkontrolliert entwickelt haben, verlieren, weil ein demokratisch gewählter Herrscher zwar strukturell die Privatheit der Verfügungsgewalt über die Medien stabilisiert, inhaltlich aber sich von der „Wohlanständigkeit“ ihres und seines Selbstbildes verabschiedet. Hinzu kommt, dass die meisten „Qualitätsmedien“ in Deutschland der „US-amerikanischen Heuchelei“ (Stephen Mennell) über Frieden, Freiheit und Demokratie anhängen und als Vasallen des Imperiums seine Macht verteidigen. Sie stecken bei all ihrer Abneigung gegen den Stil des Imperators in dem Dilemma, dass sie über ihn berichten müssen und bei aller Ablehnung ihn und seine Handlungen immer bekannter machen und damit durch den Raum, den sie ihm einräumen, prominenter machen. Diesen Mechanismus hat Niklas Luhmann schon vor längerer Zeit analysiert, was aber nicht verhindert, dass in Deutschland beispielsweise die AfD mit jedem Furz, den einer ihrer Führer lässt, Themen und Beteiligungen an Talkshows bestimmt. Während der Stil Trumps verachtet wird, wird eine Politik, die sich in Bezug auf ihre Prioritäten nicht von der seiner Vorgänger unterscheidet, herbeigesehnt. +Die Irritation der meisten Medien, der Blick richtet sich lediglich auf die deutsche Szene, rührt aber zusätzlich daher, dass sie ihre Definitionsdominanz, die sie als vierte Gewalt unkontrolliert entwickelt haben, verlieren, weil ein demokratisch gewählter Herrscher zwar strukturell die Privatheit der Verfügungsgewalt über die Medien stabilisiert, inhaltlich aber sich von der „Wohlanständigkeit“ ihres und seines Selbstbildes verabschiedet. Hinzu kommt, dass die meisten „Qualitätsmedien“ in Deutschland der „US-amerikanischen Heuchelei“ (Stephen Mennell) über Frieden, Freiheit und Demokratie anhängen und als Vasallen des Imperiums seine Macht verteidigen. Sie stecken bei all ihrer Abneigung gegen den Stil des Imperators in dem Dilemma, dass sie über ihn berichten müssen und bei aller Ablehnung ihn und seine Handlungen immer bekannter machen und damit durch den Raum, den sie ihm einräumen, prominenter machen. Diesen Mechanismus hat Niklas Luhmann schon vor längerer Zeit analysiert, was aber nicht verhindert, dass in Deutschland beispielsweise die AfD mit jedem Furz, den einer ihrer Führer lässt, Themen und Beteiligungen an Talkshows bestimmt. Während der Stil Trumps verachtet wird, wird eine Politik, die sich in Bezug auf ihre Prioritäten nicht von der seiner Vorgänger unterscheidet, herbeigesehnt.\\ 
-Mit Trump regiert das Kapital selbst, es benötigt nicht mehr einen „Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Kapitalistenklasse verwaltet“, wie Karl Marx und Friedrich Engels die Staatsgewalt bezeichnet haben. Die scheinbar großzügige Geste, dass Trump auf das übliche Gehalt eines amerikanischen Präsidenten (das ja ohnehin im Vergleich zu den Managereinkünften lächerlich gering ist) verzichtet, wurde bis heute eher anerkennend und nicht als Ausdruck der Verachtung gegenüber einem Einkommen aus den Steuergeldern des Volkes, das in irgendeiner begründbaren Relation zur Tätigkeit steht, bewertet. Die mit einer „Entlohnung“ üblicherweise verbundene Verbindlichkeit, die Tätigkeit auch als vertraglich geregelte Beziehung der Wechselseitigkeit zu verstehen, ist aufgekündigt. Das Land gehört dem Herrscher so wie einem Feudalherrn. Der Herrscher sucht sich seine nächsten Lehnsherren und Bediensteten an der Wall Street aus, deren Lebenssinn ebenso lediglich am Profit orientiert ist. +Mit Trump regiert das Kapital selbst, es benötigt nicht mehr einen „Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Kapitalistenklasse verwaltet“, wie Karl Marx und Friedrich Engels die Staatsgewalt bezeichnet haben. Die scheinbar großzügige Geste, dass Trump auf das übliche Gehalt eines amerikanischen Präsidenten (das ja ohnehin im Vergleich zu den Managereinkünften lächerlich gering ist) verzichtet, wurde bis heute eher anerkennend und nicht als Ausdruck der Verachtung gegenüber einem Einkommen aus den Steuergeldern des Volkes, das in irgendeiner begründbaren Relation zur Tätigkeit steht, bewertet. Die mit einer „Entlohnung“ üblicherweise verbundene Verbindlichkeit, die Tätigkeit auch als vertraglich geregelte Beziehung der Wechselseitigkeit zu verstehen, ist aufgekündigt. Das Land gehört dem Herrscher so wie einem Feudalherrn. Der Herrscher sucht sich seine nächsten Lehnsherren und Bediensteten an der Wall Street aus, deren Lebenssinn ebenso lediglich am Profit orientiert ist.\\ 
-Auch wenn die demokratischen und rechts- und sozialstaatlichen Bedingungen die Entfaltung des modernen Feudalismus noch hemmen, kann ein Blick in Wikipedia (!) mehr die gegenwärtigen Verhältnisse beleuchten als die Lektüre der common-sense-Literatur. „Eine idealtypische feudale Gesellschaft kann durch folgende Merkmale beschrieben werden: Ein Landesherr überlässt seinen militärischen Gefolgsleuten zu deren materieller Versorgung die Nutzung von Teilen seines Landes einschließlich der darauf befindlichen Bewohner. Das feodum ist ein zum Lehen (also ein im anfänglichen Grundprinzip nur zur Leihe) übertragenes beneficium, also eine Wohltat im Sinne eines Liegenschaftsvermögens, welches nach seiner Bodenbeschaffenheit sowie personellen Ausstattung (samt der damit einhergehenden baulichen und gerätschaftlichen Ausstattung) dazu geeignet und bestimmt ist, Erträge zum Unterhalt des Lehnsinhabers zu erwirtschaften. Im Anschluss an die Lehensgüter entwickeln sich mit der Zeit herrschaftliche und wirtschaftliche Gegebenheiten, die verrechtlicht werden und die den Personenkreis, der zur Landbewirtschaftung bestimmt ist (Bauern), von der gesellschaftlichen Organisationsgestaltung im Sinne einer staatlich-politischen Willensbildung ausschließen und gleichzeitig nach oben hin, zum obersten Landesherrn, der Entstehung einer geschlossenen Staatsverwaltung entgegenwirken“ – so weit Wikipedia. Die „Jobs“, die Trump besorgen wird, dienen der Akkumulation des Reichtums von einem Prozent der amerikanischen Bevölkerung. Und die mit „Jobs“ verbundenen Sozialleistungen können die demokratischen und sozialstaatlichen Leistungen des 20. Jahrhunderts, nämlich Sicherung einer freien Bildung, Versorgung im Krankheitsfall und im Alter, nicht erfüllen. Darauf hat Piketty nachdrücklich hingewiesen und argumentiert, dass diese Sicherungen zentral für demokratische Verhältnisse sind. +Auch wenn die demokratischen und rechts- und sozialstaatlichen Bedingungen die Entfaltung des modernen Feudalismus noch hemmen, kann ein Blick in Wikipedia (!) mehr die gegenwärtigen Verhältnisse beleuchten als die Lektüre der common-sense-Literatur. „Eine idealtypische feudale Gesellschaft kann durch folgende Merkmale beschrieben werden: Ein Landesherr überlässt seinen militärischen Gefolgsleuten zu deren materieller Versorgung die Nutzung von Teilen seines Landes einschließlich der darauf befindlichen Bewohner. Das feodum ist ein zum Lehen (also ein im anfänglichen Grundprinzip nur zur Leihe) übertragenes beneficium, also eine Wohltat im Sinne eines Liegenschaftsvermögens, welches nach seiner Bodenbeschaffenheit sowie personellen Ausstattung (samt der damit einhergehenden baulichen und gerätschaftlichen Ausstattung) dazu geeignet und bestimmt ist, Erträge zum Unterhalt des Lehnsinhabers zu erwirtschaften. Im Anschluss an die Lehensgüter entwickeln sich mit der Zeit herrschaftliche und wirtschaftliche Gegebenheiten, die verrechtlicht werden und die den Personenkreis, der zur Landbewirtschaftung bestimmt ist (Bauern), von der gesellschaftlichen Organisationsgestaltung im Sinne einer staatlich-politischen Willensbildung ausschließen und gleichzeitig nach oben hin, zum obersten Landesherrn, der Entstehung einer geschlossenen Staatsverwaltung entgegenwirken“ – so weit Wikipedia. Die „Jobs“, die Trump besorgen wird, dienen der Akkumulation des Reichtums von einem Prozent der amerikanischen Bevölkerung. Und die mit „Jobs“ verbundenen Sozialleistungen können die demokratischen und sozialstaatlichen Leistungen des 20. Jahrhunderts, nämlich Sicherung einer freien Bildung, Versorgung im Krankheitsfall und im Alter, nicht erfüllen. Darauf hat Piketty nachdrücklich hingewiesen und argumentiert, dass diese Sicherungen zentral für demokratische Verhältnisse sind.\\ 
-Die Kultur der Herrschaft hat sich in der Figur des narzisstischen Trump schon weit entfaltet. Die Präsentation im Kreis der Familie in dem berühmten CNN – Interview am 11.November 2016 (an diesem Tag beginnt die Kampagne der Mainzer Fastnacht) und der Einzug mit dem ganzen Clan nach der gewonnenen Wahl am 9.11.2016, als „Siegesrede“ medial verherrlicht, realisiert eine Protzigkeit, wie sie einmal Fürstbischöfe und französische Könige entfaltet hatten. Die Obszönität der Reden dient der Anbiederung an die rohe Kultur reduzierter Zivilität, die Pracht der Repräsentation, von den Medien ins Wunderbare gesteigert, suggeriert eine Teilnahme durch Anschauung an der Macht für dasselbe Publikum. Viele Kommentare konzentrieren sich auf diesen doppelten Schein der Verkleidung der Macht, der Wandel der Teilhabe verbirgt sich ihnen. Welche Kultur der neue Feudalismus hervor bringt, kann man in Europa am Palast des Imperators Erdogan oder an dem im Stil einer Kathedrale (!) von Victor Urban gebauten Fußballstadion, einige Hundert Meter von seinem Geburtshaus entfernt errichtet, ablesen. Die Brosamen für das Volk werden verdeckt durch die Bewunderung der Herrschaftskultur. +Die Kultur der Herrschaft hat sich in der Figur des narzisstischen Trump schon weit entfaltet. Die Präsentation im Kreis der Familie in dem berühmten CNN – Interview am 11.November 2016 (an diesem Tag beginnt die Kampagne der Mainzer Fastnacht) und der Einzug mit dem ganzen Clan nach der gewonnenen Wahl am 9.11.2016, als „Siegesrede“ medial verherrlicht, realisiert eine Protzigkeit, wie sie einmal Fürstbischöfe und französische Könige entfaltet hatten. Die Obszönität der Reden dient der Anbiederung an die rohe Kultur reduzierter Zivilität, die Pracht der Repräsentation, von den Medien ins Wunderbare gesteigert, suggeriert eine Teilnahme durch Anschauung an der Macht für dasselbe Publikum. Viele Kommentare konzentrieren sich auf diesen doppelten Schein der Verkleidung der Macht, der Wandel der Teilhabe verbirgt sich ihnen. Welche Kultur der neue Feudalismus hervor bringt, kann man in Europa am Palast des Imperators Erdogan oder an dem im Stil einer Kathedrale (!) von Victor Urban gebauten Fußballstadion, einige Hundert Meter von seinem Geburtshaus entfernt errichtet, ablesen. Die Brosamen für das Volk werden verdeckt durch die Bewunderung der Herrschaftskultur.\\ 
-Die Sozialdemokratie hatte dagegen Teilhabe verstanden als Teilhabe am materiellen Reichtum der Gesellschaft und der Verfügung über ihre Produktionsmittel für alle; jetzt reduziert sie die Teilhabe auf den Kern der Industriearbeiterschaft, der 45 Jahre lang ununterbrochen einen Arbeitsvertrag „besaß“. Die neue nationale Herrschaft versteht unter „sozial“ dann nur doch die Teilhabe durch Medienkonsum und das „Soziale“ der neuen Medien, die ein isoliertes Individuum voraussetzen, als Zugehörigkeit durch folgenloses Twittern. Die Kontrolle dieser Medien ist schon den Besitzern der Medien übertragen und noch nicht einmal mehr der Staatsgewalt zugänglich. Und für den großen Markt China stellen die Besitzer diensteifrig dem Staat die Kontrollmechanismen zur Verfügung.+Die Sozialdemokratie hatte dagegen Teilhabe verstanden als Teilhabe am materiellen Reichtum der Gesellschaft und der Verfügung über ihre Produktionsmittel für alle; jetzt reduziert sie die Teilhabe auf den Kern der Industriearbeiterschaft, der 45 Jahre lang ununterbrochen einen Arbeitsvertrag „besaß“. Die neue nationale Herrschaft versteht unter „sozial“ dann nur doch die Teilhabe durch Medienkonsum und das „Soziale“ der neuen Medien, die ein isoliertes Individuum voraussetzen, als Zugehörigkeit durch folgenloses Twittern. Die Kontrolle dieser Medien ist schon den Besitzern der Medien übertragen und noch nicht einmal mehr der Staatsgewalt zugänglich. Und für den großen Markt China stellen die Besitzer diensteifrig dem Staat die Kontrollmechanismen zur Verfügung.\\
 Die „Kriege im 21. Jahrhundert“ (wie der von Rudolph Bauer herausgegebene Band betitelt ist) brauchen im US-amerikanischen Imperium keine weitere Modifikation. Sie sind schon in den vergangenen Jahrzehnten auf der Grundlage von Lug und Betrug entstanden und haben sich einen Kehricht um das Völkerrecht oder die Menschenrechte geschert. Für Europa gilt, dass diese feudalistisch-willkürliche Praxis mit dem Krieg gegen Serbien 1999 begonnen hat und nun als Aufrüstung gegen Russland und gegen die „Migrationsströme“ fortgesetzt wird. Wenn der industriell-militärische Komplex dem Präsidenten Trump erst einmal eingeredet hat, dass man mit Rüstung und Krieg Profit machen und „Jobs“ schaffen kann, dass auch das Niederrüsten im Kalten Krieg Profit einbringt, dann wird selbst die vermeintliche Sympathie für den russischen Präsidenten Putin schnell verdunsten.  Die „Kriege im 21. Jahrhundert“ (wie der von Rudolph Bauer herausgegebene Band betitelt ist) brauchen im US-amerikanischen Imperium keine weitere Modifikation. Sie sind schon in den vergangenen Jahrzehnten auf der Grundlage von Lug und Betrug entstanden und haben sich einen Kehricht um das Völkerrecht oder die Menschenrechte geschert. Für Europa gilt, dass diese feudalistisch-willkürliche Praxis mit dem Krieg gegen Serbien 1999 begonnen hat und nun als Aufrüstung gegen Russland und gegen die „Migrationsströme“ fortgesetzt wird. Wenn der industriell-militärische Komplex dem Präsidenten Trump erst einmal eingeredet hat, dass man mit Rüstung und Krieg Profit machen und „Jobs“ schaffen kann, dass auch das Niederrüsten im Kalten Krieg Profit einbringt, dann wird selbst die vermeintliche Sympathie für den russischen Präsidenten Putin schnell verdunsten. 
  
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 **Methodische Notiz** **Methodische Notiz**
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 Meinen „Input“ zur Ausstellung stütze ich auf einige Studien, die in den letzten Jahren zum Umfang des bürgerschaftlichen Engagements durchgeführt wurden, auf Berichte über bürgerschaftliches Engagement im Bereich des Engagements für geflüchtete Menschen und auf Untersuchungen über die Wirksamkeit von Hilfen zur Integration. Über eigene praktische Erfahrungen verfüge ich durch die Beteiligung an MentoringMainz im Kinderschutzbund Mainz und bei der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt. Wichtige Einsichten konnten beim Mainzer Vernetzungstreffen im Februar 2018 gewonnen werden.  Meinen „Input“ zur Ausstellung stütze ich auf einige Studien, die in den letzten Jahren zum Umfang des bürgerschaftlichen Engagements durchgeführt wurden, auf Berichte über bürgerschaftliches Engagement im Bereich des Engagements für geflüchtete Menschen und auf Untersuchungen über die Wirksamkeit von Hilfen zur Integration. Über eigene praktische Erfahrungen verfüge ich durch die Beteiligung an MentoringMainz im Kinderschutzbund Mainz und bei der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt. Wichtige Einsichten konnten beim Mainzer Vernetzungstreffen im Februar 2018 gewonnen werden. 
  
 **Begriffliches** **Begriffliches**
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 Das Ehrenamt ist ein nützlich Ding. Thementage in den Medien und in der Politik, Preisausschreiben und Prädikate überall, Lobeshymnen und social responsibility – wie es scheint, wird der ganze Zusammenhalt der Gesellschaft an ihm festgemacht. Da erinnert man sich aber auch an das Wort von Jan Philipp Reemtsma: „Bei Worten, hat ein kluger Mann einmal gesagt, tut man gut, alle Übergrößen zu vermeiden, und man sollte rhetorisch keine Krisen heraufbeschwören, nur um wie ein Kämpfer dazustehen.“ Das Ehrenamt ist ein nützlich Ding. Thementage in den Medien und in der Politik, Preisausschreiben und Prädikate überall, Lobeshymnen und social responsibility – wie es scheint, wird der ganze Zusammenhalt der Gesellschaft an ihm festgemacht. Da erinnert man sich aber auch an das Wort von Jan Philipp Reemtsma: „Bei Worten, hat ein kluger Mann einmal gesagt, tut man gut, alle Übergrößen zu vermeiden, und man sollte rhetorisch keine Krisen heraufbeschwören, nur um wie ein Kämpfer dazustehen.“
 Das ist richtig – denn das Ehrenamt steht auch für System- und Staatsversagen. Während in der christlichen Tradition der großen Orden von den Maltesern bis zu den Johannitern noch Hilfe und militärische Verteidigung der Kirche in einer Hand lagen und dem Adel später honorige Betätigung erlaubten, wurde es in der Preußischen Städteordnung von 1808 kommunalisiert, weil für die Breite der unteren Aufgaben in den Gemeinden kein Geld mehr zur Verfügung stand. Das galt nicht nur für politische Funktionen, sondern auch für die Armenfürsorge, im Elberfelder System beispielsweise. Auch in der kirchlichen Wohltätigkeit lebte das Ehrenamt weiter – bis heute. Die Frauenbewegung am Ende das 19. Jahrhunderts hat dies verweltlicht und die Sozialen Berufe zunächst einmal ehrenamtlich konzipiert.  Das ist richtig – denn das Ehrenamt steht auch für System- und Staatsversagen. Während in der christlichen Tradition der großen Orden von den Maltesern bis zu den Johannitern noch Hilfe und militärische Verteidigung der Kirche in einer Hand lagen und dem Adel später honorige Betätigung erlaubten, wurde es in der Preußischen Städteordnung von 1808 kommunalisiert, weil für die Breite der unteren Aufgaben in den Gemeinden kein Geld mehr zur Verfügung stand. Das galt nicht nur für politische Funktionen, sondern auch für die Armenfürsorge, im Elberfelder System beispielsweise. Auch in der kirchlichen Wohltätigkeit lebte das Ehrenamt weiter – bis heute. Die Frauenbewegung am Ende das 19. Jahrhunderts hat dies verweltlicht und die Sozialen Berufe zunächst einmal ehrenamtlich konzipiert. 
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 **Mengenmäßiges** **Mengenmäßiges**
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 Der Umfang des freiwilligen Engagements ist beachtlich. Knapp 44% der Bevölkerung im Alter ab 14 Jahre sind freiwillig engagiert. Entgegen dem verbreiteten sozialkulturkritischen Bild hat dieses Engagements kontinuierlich zugenommen, von 1985 beispielsweise mit knapp 27% auf 30% im Jahr 2007. Über einen Anteil von 34% ist es dann auf die knapp 44% angestiegen. Und auch diese Daten sind ein paar Jahre alt. Das freiwillige Engagement verteilt sich nicht gleichmäßig über die Bevölkerungsgruppen, vielmehr engagieren sich Männer etwas häufiger als Frauen, die mittleren Altersgruppen zwischen 15 und 50 Jahren sind am stärksten engagiert, ab dem Alter von 65 Jahren nimmt das Engagement deutlich ab. Der Umfang des freiwilligen Engagements ist beachtlich. Knapp 44% der Bevölkerung im Alter ab 14 Jahre sind freiwillig engagiert. Entgegen dem verbreiteten sozialkulturkritischen Bild hat dieses Engagements kontinuierlich zugenommen, von 1985 beispielsweise mit knapp 27% auf 30% im Jahr 2007. Über einen Anteil von 34% ist es dann auf die knapp 44% angestiegen. Und auch diese Daten sind ein paar Jahre alt. Das freiwillige Engagement verteilt sich nicht gleichmäßig über die Bevölkerungsgruppen, vielmehr engagieren sich Männer etwas häufiger als Frauen, die mittleren Altersgruppen zwischen 15 und 50 Jahren sind am stärksten engagiert, ab dem Alter von 65 Jahren nimmt das Engagement deutlich ab.
 Rheinland-Pfalz war einmal, despektierlich formuliert, das Land der Reben und Rüben. Heute ist es u.a. das Land in Deutschland mit dem höchsten Anteil an Engagierten, nämlich 48,3%. Das heißt, dass sich 1,7 Millionen Menschen im Land engagieren. Dabei ist „Engagement“ wie überall etwas Unterschiedliches. Von der Mitgliedschaft als Karteileiche mit Beitragsleistung, immerhin, in einer Organisation bis hin zu täglicher Aktivität mit hohem Aufwand reicht das Spektrum.  Rheinland-Pfalz war einmal, despektierlich formuliert, das Land der Reben und Rüben. Heute ist es u.a. das Land in Deutschland mit dem höchsten Anteil an Engagierten, nämlich 48,3%. Das heißt, dass sich 1,7 Millionen Menschen im Land engagieren. Dabei ist „Engagement“ wie überall etwas Unterschiedliches. Von der Mitgliedschaft als Karteileiche mit Beitragsleistung, immerhin, in einer Organisation bis hin zu täglicher Aktivität mit hohem Aufwand reicht das Spektrum. 
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 **Engagement für Geflüchtete** **Engagement für Geflüchtete**
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 Alle Aussagen über das Engagement für Geflüchtete sind zu differenzieren nach dem, was jeweils gemeint ist. Es gibt ein gelegentliches Tätigwerden auf bestimmte Anlässe hin und ein tägliches Sich-kümmern um Personen, Familien, Gruppen oder Situationen. Täglich ein Begegnungscafé offen zu halten ist etwas anderes als eine gelegentliche Begleitung zur Ausländerbehörde. Beides ist wichtig. Auch vom Umfang her gibt es große Unterschiede: manche sind an zwei Stunden in der Woche mit Hilfen bei den Hausaufgaben aktiv, andere verbringen viele Wochenstunden bei der Nachhilfe oder bei der Begleitung der Mitglieder einer größeren Familie. Beides ist wichtig. Ein Teil des Engagements bezieht sich auf spezifische Problemlagen, beispielsweise Rechtsfragen, ein anderer Teil, mit einem deutlich höheren Grad an persönlicher Betroffenheit, ist universalistisch auf alle Fragen der migrantischen Lebenswelt orientiert. Beides ist wichtig. Viele Formen des Engagements entwickeln sich in einer engen persönlichen Berührung, anderen Formen finden in der Tätigkeit für Organisationen, die helfen, ihren guten Zweck. Beides ist wichtig. Und schließlich ist zu beobachten, dass viele Unterstützer*innen ihre bisherige Lebensführung weitgehend beibehalten, während andere im Engagement und in der Hilfe für andere einen (neuen) Lebensinhalt gefunden haben. Beides ist wichtig und erfordert unterschiedliche Begleitung.  Alle Aussagen über das Engagement für Geflüchtete sind zu differenzieren nach dem, was jeweils gemeint ist. Es gibt ein gelegentliches Tätigwerden auf bestimmte Anlässe hin und ein tägliches Sich-kümmern um Personen, Familien, Gruppen oder Situationen. Täglich ein Begegnungscafé offen zu halten ist etwas anderes als eine gelegentliche Begleitung zur Ausländerbehörde. Beides ist wichtig. Auch vom Umfang her gibt es große Unterschiede: manche sind an zwei Stunden in der Woche mit Hilfen bei den Hausaufgaben aktiv, andere verbringen viele Wochenstunden bei der Nachhilfe oder bei der Begleitung der Mitglieder einer größeren Familie. Beides ist wichtig. Ein Teil des Engagements bezieht sich auf spezifische Problemlagen, beispielsweise Rechtsfragen, ein anderer Teil, mit einem deutlich höheren Grad an persönlicher Betroffenheit, ist universalistisch auf alle Fragen der migrantischen Lebenswelt orientiert. Beides ist wichtig. Viele Formen des Engagements entwickeln sich in einer engen persönlichen Berührung, anderen Formen finden in der Tätigkeit für Organisationen, die helfen, ihren guten Zweck. Beides ist wichtig. Und schließlich ist zu beobachten, dass viele Unterstützer*innen ihre bisherige Lebensführung weitgehend beibehalten, während andere im Engagement und in der Hilfe für andere einen (neuen) Lebensinhalt gefunden haben. Beides ist wichtig und erfordert unterschiedliche Begleitung. 
 Der Wandel des Engagements in der Hilfe für Geflüchtete ist nicht zu übersehen. Im September 2015 begann eine große Woge der spontanen Hilfe für die mittellos ins Land kommenden Flüchtlinge, deren Schicksal man über die Medien hautnah beobachten konnte und deren Elend unübersehbar war. Spontane Hilfe in einer Atmosphäre des Willkommens und des freundlichen Begrüßens dominierte und begeisterte die Helfenden selbst. Kinderzimmer und Kleiderschränke wurden geräumt, Personen begrüßt und begleitet, die Aktivität einer überraschten Verwaltung wurde öffentlich motiviert. Diese Woge flachte langsam ab, denn die Spontaneität kann nicht auf Dauer gestellt werden, die Bedürfnisse der Geflüchteten haben sich differenziert, die Tätigkeit des Staates und der Wohlfahrtsorganisationen hat viele Anfangsprobleme gelöst.  Der Wandel des Engagements in der Hilfe für Geflüchtete ist nicht zu übersehen. Im September 2015 begann eine große Woge der spontanen Hilfe für die mittellos ins Land kommenden Flüchtlinge, deren Schicksal man über die Medien hautnah beobachten konnte und deren Elend unübersehbar war. Spontane Hilfe in einer Atmosphäre des Willkommens und des freundlichen Begrüßens dominierte und begeisterte die Helfenden selbst. Kinderzimmer und Kleiderschränke wurden geräumt, Personen begrüßt und begleitet, die Aktivität einer überraschten Verwaltung wurde öffentlich motiviert. Diese Woge flachte langsam ab, denn die Spontaneität kann nicht auf Dauer gestellt werden, die Bedürfnisse der Geflüchteten haben sich differenziert, die Tätigkeit des Staates und der Wohlfahrtsorganisationen hat viele Anfangsprobleme gelöst. 
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 **Zusammenhänge** **Zusammenhänge**
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 Die Gründe und Motive, die das freiwillige Engagement hervorbringen, sind im Allgemeinen mehrfach untersucht. In der Flüchtlingsarbeit ist das seltener geschehen. Die Untersuchung von Almut Zwengel hat etwas Licht ins Dunkel gebracht, obwohl sie nur eine kleine Untersuchungsgruppe erreicht hat. Die Erwartungen von Erfolg, Dankbarkeit und Anerkennung sind Motivkräfte, Freude und Respekt sind die Rahmungen der praktischen Tätigkeit. Bei den langfristig Engagierten steht eher die Dankbarkeit im Vordergrund, bei unklarer Dauer des Engagements der Erfolg.  Die Gründe und Motive, die das freiwillige Engagement hervorbringen, sind im Allgemeinen mehrfach untersucht. In der Flüchtlingsarbeit ist das seltener geschehen. Die Untersuchung von Almut Zwengel hat etwas Licht ins Dunkel gebracht, obwohl sie nur eine kleine Untersuchungsgruppe erreicht hat. Die Erwartungen von Erfolg, Dankbarkeit und Anerkennung sind Motivkräfte, Freude und Respekt sind die Rahmungen der praktischen Tätigkeit. Bei den langfristig Engagierten steht eher die Dankbarkeit im Vordergrund, bei unklarer Dauer des Engagements der Erfolg. 
 In der noch nicht veröffentlichten Arbeit des ism werden die bei einer Befragung genannten Stichworte in die folgende Reihung gebracht: 1. Sinnvolles tun; 2. Integration fördern; 3. helfen; 4. humanitäre Aktivität; 5.Teilhabe an der Gesellschaft; 6. Freude haben; 7. Kulturen kennenlernen; 8. Politisches Zeichen setzen. Eigenes Bedürfnis und gesellschaftliche Verantwortung verschmelzen zu einer sinnhaften Einheit. In dieser Kombination von Motiven und Möglichkeiten dürfte der wichtigste Unterschied zu beruflichem Handeln liegen.  In der noch nicht veröffentlichten Arbeit des ism werden die bei einer Befragung genannten Stichworte in die folgende Reihung gebracht: 1. Sinnvolles tun; 2. Integration fördern; 3. helfen; 4. humanitäre Aktivität; 5.Teilhabe an der Gesellschaft; 6. Freude haben; 7. Kulturen kennenlernen; 8. Politisches Zeichen setzen. Eigenes Bedürfnis und gesellschaftliche Verantwortung verschmelzen zu einer sinnhaften Einheit. In dieser Kombination von Motiven und Möglichkeiten dürfte der wichtigste Unterschied zu beruflichem Handeln liegen. 
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 **Engagement als Konfliktfeld** **Engagement als Konfliktfeld**
 +
 In der Studie von Andreas Zwick, Thomas Prasser und Andrea Rumpel wird freiwilliges Engagement als Konfliktfeld untersucht. Die engagierte Person steht im Zentrum von Beziehungen zu den Geflüchteten, zu den hauptberuflich Tätigen und zur relevanten Institution, wobei es sich bei allen Strukturmerkmalen um vielfältige Ausprägungen handeln kann. Die Konflikte zwischen Engagierten und Flüchtlingen werden selten genannt, sind aber für die Qualität der Arbeit und für die Selbstkontrolle der Engagierten wichtig.  In der Studie von Andreas Zwick, Thomas Prasser und Andrea Rumpel wird freiwilliges Engagement als Konfliktfeld untersucht. Die engagierte Person steht im Zentrum von Beziehungen zu den Geflüchteten, zu den hauptberuflich Tätigen und zur relevanten Institution, wobei es sich bei allen Strukturmerkmalen um vielfältige Ausprägungen handeln kann. Die Konflikte zwischen Engagierten und Flüchtlingen werden selten genannt, sind aber für die Qualität der Arbeit und für die Selbstkontrolle der Engagierten wichtig. 
 So gibt es einen Konflikt zwischen Fürsorge und Vereinnahmung, zwischen Autonomie und Abhängigkeit. Manches Handeln der Engagierten kann als übergriffig erlebt werden, anderes als zu wenig sorgend. Manche Erwartung der Unterstützten wird als Unwillen zur Selbstverantwortung gedeutet, anderes als übertriebenes Selbstbewusstsein. Autonomie und aufeinander Bezogensein in einer für beide akzeptierte Balance zu bringen ist ein Kunststück, das aber gelingt.  So gibt es einen Konflikt zwischen Fürsorge und Vereinnahmung, zwischen Autonomie und Abhängigkeit. Manches Handeln der Engagierten kann als übergriffig erlebt werden, anderes als zu wenig sorgend. Manche Erwartung der Unterstützten wird als Unwillen zur Selbstverantwortung gedeutet, anderes als übertriebenes Selbstbewusstsein. Autonomie und aufeinander Bezogensein in einer für beide akzeptierte Balance zu bringen ist ein Kunststück, das aber gelingt. 
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 **Zusammenhänge im Feld** **Zusammenhänge im Feld**
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 Freiwilliges Engagement ist einerseits frei und selbstbestimmt, andererseits findet es in einem komplex strukturierten Feld statt. Dies wurde schon in der Konfliktanalyse deutlich. Es findet nicht „auf der grünen Wiese“ statt, will aber auch nicht gegängelt werden. Es ist deshalb eine zusätzliche Aufgabe der Engagierten, sich um ihre Vernetzung zu kümmern.  Denn es ist auch interessiert am Zugang zu den Erfahrungen anderer, an der Tätigkeit der Hauptamtlichen in den Wohlfahrtsorganisationen und am Zugang zu den Institutionen, die für die Integration geflüchteter Menschen entscheidend sind: Schulen, Betriebe, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, Jobcenter und Agentur für Arbeit, kommunale Verwaltung und, vor allem, die Ausländerbehörde. Diese Verbindungen ergeben sich als Arbeitsbeziehungen nicht von selbst, sondern bedürfen der Aufnahme und Pflege.  Freiwilliges Engagement ist einerseits frei und selbstbestimmt, andererseits findet es in einem komplex strukturierten Feld statt. Dies wurde schon in der Konfliktanalyse deutlich. Es findet nicht „auf der grünen Wiese“ statt, will aber auch nicht gegängelt werden. Es ist deshalb eine zusätzliche Aufgabe der Engagierten, sich um ihre Vernetzung zu kümmern.  Denn es ist auch interessiert am Zugang zu den Erfahrungen anderer, an der Tätigkeit der Hauptamtlichen in den Wohlfahrtsorganisationen und am Zugang zu den Institutionen, die für die Integration geflüchteter Menschen entscheidend sind: Schulen, Betriebe, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, Jobcenter und Agentur für Arbeit, kommunale Verwaltung und, vor allem, die Ausländerbehörde. Diese Verbindungen ergeben sich als Arbeitsbeziehungen nicht von selbst, sondern bedürfen der Aufnahme und Pflege. 
 Im Falle des MentoringMainz beispielsweise wurden, bevor die Tätigkeit der Mentor*innen beginnen konnte, durch persönliche Gespräche Kooperationsbeziehungen mit dem Jugendamt und den Vormündern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, mit den Trägern und Mitarbeiter*innen der Wohngruppen aufgenommen. Auch der Informationszusammenhang des lokalen Flüchtlingsrats, des Bundesverbands UMF und der kommunalen Serviceeinrichtung wurde genutzt. Für die weitere Entwicklung und Wirksamkeit des neuen Projekts Mentoring bildeten diese Kontakte ein tragendes Beziehungsnetz.  Im Falle des MentoringMainz beispielsweise wurden, bevor die Tätigkeit der Mentor*innen beginnen konnte, durch persönliche Gespräche Kooperationsbeziehungen mit dem Jugendamt und den Vormündern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, mit den Trägern und Mitarbeiter*innen der Wohngruppen aufgenommen. Auch der Informationszusammenhang des lokalen Flüchtlingsrats, des Bundesverbands UMF und der kommunalen Serviceeinrichtung wurde genutzt. Für die weitere Entwicklung und Wirksamkeit des neuen Projekts Mentoring bildeten diese Kontakte ein tragendes Beziehungsnetz. 
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 **Forderungen und Anforderungen** **Forderungen und Anforderungen**
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 Dieses Anforderungsbündel erscheint überwältigend und in der Tat haben freiwillig Engagierte ein komplexes Anforderungsfeld zu bearbeiten. Andererseits sind die grundlegenden Anforderungen an sie einfach: Sie sollen über eine reflektierte Lebenserfahrung verfügen, sie sollen eine innere Freiheit zu ihrer eigenen Kultur haben und eine bestimmte Zeit für Aktivitäten zur Verfügung stellen, wobei auch Raum erforderlich ist für spontane Aktionen. Dieses Anforderungsbündel erscheint überwältigend und in der Tat haben freiwillig Engagierte ein komplexes Anforderungsfeld zu bearbeiten. Andererseits sind die grundlegenden Anforderungen an sie einfach: Sie sollen über eine reflektierte Lebenserfahrung verfügen, sie sollen eine innere Freiheit zu ihrer eigenen Kultur haben und eine bestimmte Zeit für Aktivitäten zur Verfügung stellen, wobei auch Raum erforderlich ist für spontane Aktionen.
 In der Regel brauchen freiwillig Engagierte auch eine Begleitung. Sie brauchen Informationen über die Umstände ihres Tätigkeitsfeldes, Reflexion über die Zusammenhänge der Lebenswelt geflüchteter Menschen und sie brauchen Selbstreflexion als Arbeit am Selbst. Behutsame Moderation aus einem bescheiden bleibenden Erfahrungs- und Informationsvorsprung heraus ist eine effektive Hilfe. Die auch in diesem Feld tätigen „Einzelkämpfer*innen“ leisten sehr viel, aber sie sind gefährdet, wenn ihr Engagement sie auffrisst, wenn es ihnen über den Kopf wächst, wenn sie keine distanzierte Selbstwahrnehmung mehr haben. Vor allem brauchen sie, wie andere engagiert Berufstätige auch, Bereiche in ihrer Lebenswelt, die sie nur erfreuen und ihnen Entspannung gewähren.  In der Regel brauchen freiwillig Engagierte auch eine Begleitung. Sie brauchen Informationen über die Umstände ihres Tätigkeitsfeldes, Reflexion über die Zusammenhänge der Lebenswelt geflüchteter Menschen und sie brauchen Selbstreflexion als Arbeit am Selbst. Behutsame Moderation aus einem bescheiden bleibenden Erfahrungs- und Informationsvorsprung heraus ist eine effektive Hilfe. Die auch in diesem Feld tätigen „Einzelkämpfer*innen“ leisten sehr viel, aber sie sind gefährdet, wenn ihr Engagement sie auffrisst, wenn es ihnen über den Kopf wächst, wenn sie keine distanzierte Selbstwahrnehmung mehr haben. Vor allem brauchen sie, wie andere engagiert Berufstätige auch, Bereiche in ihrer Lebenswelt, die sie nur erfreuen und ihnen Entspannung gewähren. 
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 **Abschließendes** **Abschließendes**
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 Die freiwillige Bürgerarbeit ist ein wertvolles Gut. Gelegentlich wird sie zum zentralen Kitt der Gesellschaft erklärt. Doch die Soziologie und die Psychologie erinnern uns daran, dass beim Zusammenhalt zuerst das Geld, dann die Angst und erst an dritter Stelle die Liebe kommt. Dennoch und in diesem Kontext gerade deshalb ist das Engagement für andere, für die, die in ihrer Situation Unterstützung brauchen, der Faktor, der einer Gesellschaft ihr menschliches Antlitz geben kann.  Die freiwillige Bürgerarbeit ist ein wertvolles Gut. Gelegentlich wird sie zum zentralen Kitt der Gesellschaft erklärt. Doch die Soziologie und die Psychologie erinnern uns daran, dass beim Zusammenhalt zuerst das Geld, dann die Angst und erst an dritter Stelle die Liebe kommt. Dennoch und in diesem Kontext gerade deshalb ist das Engagement für andere, für die, die in ihrer Situation Unterstützung brauchen, der Faktor, der einer Gesellschaft ihr menschliches Antlitz geben kann. 
 Das Freiwilligenengagement hat äußere Grenzen in der rechtlichen Lage der Adressaten, in den Mängel der Sammelunterkünfte, im Wohnungsmarkt, in bürokratischer Verhärtung und im Rassismus. Es hat auch innere Grenzen, denn es ist eine Last, sich um die Beziehung bemühen zu müssen, auf die korrekten deutschen Zeitabsprachen festgelegt zu sein, kulturelle Differenzen nicht gutheißen, aber respektieren zu sollen, ständig Nähe und Distanz balancieren zu müssen.  Das Freiwilligenengagement hat äußere Grenzen in der rechtlichen Lage der Adressaten, in den Mängel der Sammelunterkünfte, im Wohnungsmarkt, in bürokratischer Verhärtung und im Rassismus. Es hat auch innere Grenzen, denn es ist eine Last, sich um die Beziehung bemühen zu müssen, auf die korrekten deutschen Zeitabsprachen festgelegt zu sein, kulturelle Differenzen nicht gutheißen, aber respektieren zu sollen, ständig Nähe und Distanz balancieren zu müssen. 
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 **Studien und Dokumente** **Studien und Dokumente**
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   * Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) Projektgruppe Zivilengagement (Mareike Alscher, Dietmar Dathe, Eckhard Priller (Projektleitung), Rudolf Speth): Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland, Berlin, Juni 2009.Hrg.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.    * Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) Projektgruppe Zivilengagement (Mareike Alscher, Dietmar Dathe, Eckhard Priller (Projektleitung), Rudolf Speth): Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland, Berlin, Juni 2009.Hrg.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 
   * Strukturen und Motive der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit (EFA) in Deutschland 2. Forschungsbericht Ergebnisse einer explorativen Umfrage vom November/Dezember 2015. Eine Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM), Humboldt-Universität zu Berlin (Serhat Karakayali und Olaf Kleist), 8. August 2016.   * Strukturen und Motive der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit (EFA) in Deutschland 2. Forschungsbericht Ergebnisse einer explorativen Umfrage vom November/Dezember 2015. Eine Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM), Humboldt-Universität zu Berlin (Serhat Karakayali und Olaf Kleist), 8. August 2016.
   * Freiwilliges Engagement in Deutschland Zusammenfassung zentraler Ergebnisse des Vierten Deutschen Freiwilligensurveys; Verfasser: Julia Simonson, Claudia Vogel, Clemens Tesch-Römer. Hg.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Dezember 2016.   * Freiwilliges Engagement in Deutschland Zusammenfassung zentraler Ergebnisse des Vierten Deutschen Freiwilligensurveys; Verfasser: Julia Simonson, Claudia Vogel, Clemens Tesch-Römer. Hg.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Dezember 2016.
  
-A  ktiv für Flüchtlinge RLP: „Begleitung und Unterstützung für Ehrenamtliche im Flüchtlingsbereich in RLP“; Präsentation bei der Tagung des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz am 18.12.2019.+  Aktiv für Flüchtlinge RLP: „Begleitung und Unterstützung für Ehrenamtliche im Flüchtlingsbereich in RLP“; Präsentation bei der Tagung des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz am 18.12.2019.
   * Almut Zwengel: Erfolg, Dankbarkeit und Anerkennung. Zur Verstetigung ehrenamtlichen Engagements für Geflüchtete. In: neue praxis 49.Jg., Heft 6, S. 510 – 526.   * Almut Zwengel: Erfolg, Dankbarkeit und Anerkennung. Zur Verstetigung ehrenamtlichen Engagements für Geflüchtete. In: neue praxis 49.Jg., Heft 6, S. 510 – 526.
   * Anika Metzdorf, Rebecca Schmolke (Hrsg.) WIR GEHT NUR GEMEINSAM. Junge Geflüchtete in den Angeboten der Jugendarbeit – eine Arbeitshilfe für die Praxis. Hg.: Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism), Servicestelle junge Geflüchtete und Stiftung Ravensburger Verlag, Mainz März 2020.    * Anika Metzdorf, Rebecca Schmolke (Hrsg.) WIR GEHT NUR GEMEINSAM. Junge Geflüchtete in den Angeboten der Jugendarbeit – eine Arbeitshilfe für die Praxis. Hg.: Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism), Servicestelle junge Geflüchtete und Stiftung Ravensburger Verlag, Mainz März 2020. 
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   * Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Forschungsbericht Nr. 484, Erfolgsfaktoren für die Integration von Flüchtlingen, Juni 2017. Erstellt vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) an der Georg-August-Universität im Juli 2016.   * Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Forschungsbericht Nr. 484, Erfolgsfaktoren für die Integration von Flüchtlingen, Juni 2017. Erstellt vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) an der Georg-August-Universität im Juli 2016.
   * Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Innovationen in der beruflichen Bildung (Hg), Bundesinstitut für Berufsbildung, Arbeitsbereich 4.4 „Stärkung der Berufsbildung, Bildungsketten“: Fachtagung „Integration von Geflüchteten und Neuzugewanderten in Ausbildung und Arbeitsmarkt – Ein Zwischenfazit“ am 25. Juli 2019 in Bonn Bad Godesberg. Servicestelle Bildungsketten, August 2019.   * Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Innovationen in der beruflichen Bildung (Hg), Bundesinstitut für Berufsbildung, Arbeitsbereich 4.4 „Stärkung der Berufsbildung, Bildungsketten“: Fachtagung „Integration von Geflüchteten und Neuzugewanderten in Ausbildung und Arbeitsmarkt – Ein Zwischenfazit“ am 25. Juli 2019 in Bonn Bad Godesberg. Servicestelle Bildungsketten, August 2019.
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   * Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschungsbereich) 2020: Zugang per Zufallsprinzip? Neuzugewanderte auf dem Weg in die berufliche Bildung, Berlin.   * Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschungsbereich) 2020: Zugang per Zufallsprinzip? Neuzugewanderte auf dem Weg in die berufliche Bildung, Berlin.
   * „Integration von Flüchtlingen in Deutschland: Erste Ergebnisse aus der ReGES-Studie“. Reihe LIfBi Working Papers (Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) Bamberg) (ReGES = Refugees in the German Educational System).   * „Integration von Flüchtlingen in Deutschland: Erste Ergebnisse aus der ReGES-Studie“. Reihe LIfBi Working Papers (Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) Bamberg) (ReGES = Refugees in the German Educational System).
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 **Eigene Vorarbeiten** **Eigene Vorarbeiten**
-Ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Eine empirische Untersuchung zu ihrem Selbstverständnis. Weinheim-Basel 1982. (zusammen mit Christian Beck und anderen). 
- 
-Ehrenamtliche Tätigkeit in Jugendverbänden und Jugendzentren. In: deutsche jugend. Heft 3/1988, S. 126 - 132. 
- 
-Bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich. In: Thomas Olk und Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch Bürgerschaftliches Engagement. Weinheim/München 2011, S. 317 – 328. 
  
-Die langen Wellen des Engagements. In: Migration und Soziale Arbeit 27 (2005). Heft 3, S. 84 – 86.+  * Ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Eine empirische Untersuchung zu ihrem Selbstverständnis. Weinheim-Basel 1982. (zusammen mit Christian Beck und anderen). 
 +  * Ehrenamtliche Tätigkeit in Jugendverbänden und Jugendzentren. In: deutsche jugend. Heft 3/1988, S. 126 - 132. 
 +  * Bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich. In: Thomas Olk und Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch Bürgerschaftliches Engagement. Weinheim/München 2011, S. 317 – 328. 
 +  * Die langen Wellen des Engagements. In: Migration und Soziale Arbeit 27 (2005). Heft 3, S. 84 – 86.
  
  
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-====Medizinisch-Industrieller Komplex (MedIK): Ein Verwandter des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIK) – Franz Hamburger====+====Medizinisch-Industrieller Komplex (MedIK): Ein Verwandter des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIK)====
    
 Zu meinem Soziologiestudium (ab 1966) gehörte die Teilnahme an einem Mittelseminar zum Buch „The Power Elite“ (1956) von C. Wright Mills.  Es wurde an der Universität Köln von Erwin K. Scheuch angeboten, der gelegentlich selbst anwesend war, das Seminar, wie an der feudalen Universität üblich, von seinem Mitarbeiter durchführen ließ. Gemäß der Ausrichtung der Scheuch-Schule konzentrierten sich Fragen auf die methodische Erfassung des Positions- versus Zuschreibungsansatzes. Scheuch wandte sich erst später, als er in der Kommunalpolitik nicht sehr erfolgreich war, der Analyse des „Klüngels“, also des lokalen Machtzentrums in Köln, zu. Zu meinem Soziologiestudium (ab 1966) gehörte die Teilnahme an einem Mittelseminar zum Buch „The Power Elite“ (1956) von C. Wright Mills.  Es wurde an der Universität Köln von Erwin K. Scheuch angeboten, der gelegentlich selbst anwesend war, das Seminar, wie an der feudalen Universität üblich, von seinem Mitarbeiter durchführen ließ. Gemäß der Ausrichtung der Scheuch-Schule konzentrierten sich Fragen auf die methodische Erfassung des Positions- versus Zuschreibungsansatzes. Scheuch wandte sich erst später, als er in der Kommunalpolitik nicht sehr erfolgreich war, der Analyse des „Klüngels“, also des lokalen Machtzentrums in Köln, zu.
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 Im Verlauf der Corona-Politik sind nun diese Muster wieder in die Politik zurückgeführt worden, indem der Staat pädagogisch dem Bürger gegenübertreten darf  und soll. So kann gefordert werden, dass der „Kuschelkurs“ zu beenden sei, das „Brechen der vierten Welle“ nur mit „Verschärfungen“ und „hartem Durchgreifen“ gelinge könne. Scheinbar nur gegenüber den sogenannten „Impfgegnern“ oder „Impfverweigerern“ tritt der Staat, mit Billigung des Verfassungsgerichts, als Lehr- und Zuchtmeister auf, sondern gerade auch gegenüber den braven Bürgern, die den Imperativen des Medizinisch-Industriellen Komplexes Folge leisten. Sie werden mit dem Prädikat „vernünftig“ ausgezeichnet und sie merken noch nicht einmal, dass ein Bürger nur selbst über seine Vernunft entscheiden kann. Sie dürfen „Solidarität“ einklagen, wo es nur um die Angst um das eigene Leben geht. Im Verlauf der Corona-Politik sind nun diese Muster wieder in die Politik zurückgeführt worden, indem der Staat pädagogisch dem Bürger gegenübertreten darf  und soll. So kann gefordert werden, dass der „Kuschelkurs“ zu beenden sei, das „Brechen der vierten Welle“ nur mit „Verschärfungen“ und „hartem Durchgreifen“ gelinge könne. Scheinbar nur gegenüber den sogenannten „Impfgegnern“ oder „Impfverweigerern“ tritt der Staat, mit Billigung des Verfassungsgerichts, als Lehr- und Zuchtmeister auf, sondern gerade auch gegenüber den braven Bürgern, die den Imperativen des Medizinisch-Industriellen Komplexes Folge leisten. Sie werden mit dem Prädikat „vernünftig“ ausgezeichnet und sie merken noch nicht einmal, dass ein Bürger nur selbst über seine Vernunft entscheiden kann. Sie dürfen „Solidarität“ einklagen, wo es nur um die Angst um das eigene Leben geht.
 Die Pädagogisierung der bürgerlichen Freiheit, die an ein bestimmtes Wohlverhalten, also gerade nicht nur an die übliche Gesetzeskonformität gekoppelt wird, stellt die Freiheit unter Vorbehalt einer politischen Konformität. Die unendliche Angst um das Leben kann nicht mit Herdenimmunität rechnen. Die pädagogisch erzeugte Herdenkonformität tritt an die Stelle einer bürgerlichen Übereinkunft. Die Pädagogisierung der bürgerlichen Freiheit, die an ein bestimmtes Wohlverhalten, also gerade nicht nur an die übliche Gesetzeskonformität gekoppelt wird, stellt die Freiheit unter Vorbehalt einer politischen Konformität. Die unendliche Angst um das Leben kann nicht mit Herdenimmunität rechnen. Die pädagogisch erzeugte Herdenkonformität tritt an die Stelle einer bürgerlichen Übereinkunft.
-Quelle: + 
-  19.12.2021+19.12.2021
  
  
vortraege.1715027537.txt.gz · Zuletzt geändert: 2024/05/06 22:32 von admin