vortraege
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vortraege [2024/05/06 22:33] – [Texte] admin | vortraege [2024/05/09 18:19] (aktuell) – [Trump – der Repräsentant des 21. Jahrhunderts] admin | ||
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- | * Religion und Migration. | + | * [[https:// |
- | * Gabe-Konvivialität-Integration. | + | * [[https:// |
- | * Migration und Religion – ein vielschichtiger Zusammenhang. | + | * [[https:// |
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**15.6. 2013, aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Migrantenseelsorge des Evangelischen Dekanats Bad Kreuznach** | **15.6. 2013, aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Migrantenseelsorge des Evangelischen Dekanats Bad Kreuznach** | ||
- | Die Religionen haben heute keinen guten Ruf. Sie werden vor allem zum Thema, wenn es um Kriege und Konflikte geht. In der öffentlichen Meinung wird ihnen das Potential zugeschrieben, | + | Die Religionen haben heute keinen guten Ruf. Sie werden vor allem zum Thema, wenn es um Kriege und Konflikte geht. In der öffentlichen Meinung wird ihnen das Potential zugeschrieben, |
- | Angesichts dieser Debatten rücken die großen Leistungen der Religionen und Kirchen in den Hintergrund. Es ist die Sorge für die Armen, die Unterstützung der Schwachen, die Hilfe für die, die am Rande der Gesellschaft stehen, die Integration derer, die von Ausschluss bedroht sind, und derer, die mit Gewalt Probleme lösen wollen. Gerade in dieser Gegensätzlichkeit des Einsatzes, nämlich dem Engagement für die Opfer einerseits und dem Bemühen andererseits, | + | Angesichts dieser Debatten rücken die großen Leistungen der Religionen und Kirchen in den Hintergrund. Es ist die Sorge für die Armen, die Unterstützung der Schwachen, die Hilfe für die, die am Rande der Gesellschaft stehen, die Integration derer, die von Ausschluss bedroht sind, und derer, die mit Gewalt Probleme lösen wollen. Gerade in dieser Gegensätzlichkeit des Einsatzes, nämlich dem Engagement für die Opfer einerseits und dem Bemühen andererseits, |
Wenn man die christliche Botschaft zusammenfassen möchte, dann sind Samariterdienst und die Stiftung des Friedens wesentliche Aspekte. Und diesem Dienst widmen sich die Kirchen in Deutschland auch in hohem Maße. Nicht nur weil es für den Staat billiger kommt oder er die Leistungen mit Entgelten honoriert, sind Diakonie und Caritas die praktische Seite der Kirche in der Gesellschaft. Dazu zählt auch immer schon die Sorge für die Fremden und das Engagement für eine menschliche Ausgestaltung ihrer Lebensbedingungen. Die Kirchen haben als erste die Beratung und Unterstützung für die Gastarbeiter gesichert, sie haben sich für deren menschenwürdige Unterbringung eingesetzt, sie haben sich um die Bildung der Kinder und die Integration der Frauen gekümmert, sie haben die Interkulturellen Wochen mit aus der Taufe gehoben und schließlich gegen die verschiedenen Verschärfungen des Ausländer- und Asylrechts gekämpft. Ja, es waren Kämpfe und nicht immer nur wohlmeinende Erklärungen und viele kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben ihr ganzes Leben in den Dienst an den Armen gestellt. Dies auch deshalb, weil es eben nicht nur um den Kampf gegen materielle Armut, sondern auch um Verzweiflung und Orientierungslosigkeit, | Wenn man die christliche Botschaft zusammenfassen möchte, dann sind Samariterdienst und die Stiftung des Friedens wesentliche Aspekte. Und diesem Dienst widmen sich die Kirchen in Deutschland auch in hohem Maße. Nicht nur weil es für den Staat billiger kommt oder er die Leistungen mit Entgelten honoriert, sind Diakonie und Caritas die praktische Seite der Kirche in der Gesellschaft. Dazu zählt auch immer schon die Sorge für die Fremden und das Engagement für eine menschliche Ausgestaltung ihrer Lebensbedingungen. Die Kirchen haben als erste die Beratung und Unterstützung für die Gastarbeiter gesichert, sie haben sich für deren menschenwürdige Unterbringung eingesetzt, sie haben sich um die Bildung der Kinder und die Integration der Frauen gekümmert, sie haben die Interkulturellen Wochen mit aus der Taufe gehoben und schließlich gegen die verschiedenen Verschärfungen des Ausländer- und Asylrechts gekämpft. Ja, es waren Kämpfe und nicht immer nur wohlmeinende Erklärungen und viele kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben ihr ganzes Leben in den Dienst an den Armen gestellt. Dies auch deshalb, weil es eben nicht nur um den Kampf gegen materielle Armut, sondern auch um Verzweiflung und Orientierungslosigkeit, | ||
- | Ich konnte als Jugendlicher mit dem Kirchenlied „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh, mit mancherlei Beschwerden, | + | Ich konnte als Jugendlicher mit dem Kirchenlied „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh, mit mancherlei Beschwerden, |
- | Eines der wichtigsten Felder kirchlichen Engagements ist heute die Flüchtlingsarbeit. Die Kirchen setzen sich für die ein, die angeblich für nichts nütze sind. Die Gesellschaft will nur die haben, die für sie von Nutzen sind. Flüchtlingsarbeit heißt heute aber nicht nur praktische Hilfe zu leisten, sondern vor allem auch, die Zusammenhänge verstehen lernen, die zur Flucht führen. Es ist nicht nur so, dass wir zu wenig Barmherzigkeit üben. Es ist auch so, dass wir zu wenig analysieren und daraus die konsequenten Schlüsse ziehen. Ich möchte das an einem kleinen Beispiel verdeutlichen: | + | Eines der wichtigsten Felder kirchlichen Engagements ist heute die Flüchtlingsarbeit. Die Kirchen setzen sich für die ein, die angeblich für nichts nütze sind. Die Gesellschaft will nur die haben, die für sie von Nutzen sind. Flüchtlingsarbeit heißt heute aber nicht nur praktische Hilfe zu leisten, sondern vor allem auch, die Zusammenhänge verstehen lernen, die zur Flucht führen. Es ist nicht nur so, dass wir zu wenig Barmherzigkeit üben. Es ist auch so, dass wir zu wenig analysieren und daraus die konsequenten Schlüsse ziehen. Ich möchte das an einem kleinen Beispiel verdeutlichen: |
- | Die globalen Wanderungsbewegungen folgen in zentralen Linien den Wegen des Geldes. Das zeigt sich am Verhältnis der armen und reichen Länder. | + | Die globalen Wanderungsbewegungen folgen in zentralen Linien den Wegen des Geldes. Das zeigt sich am Verhältnis der armen und reichen Länder.\\ |
Es ist nicht so, dass wir bei der Entwicklungshilfe zu wenig geben. Es ist vielmehr so, dass wir zu viel nehmen. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; | Es ist nicht so, dass wir bei der Entwicklungshilfe zu wenig geben. Es ist vielmehr so, dass wir zu viel nehmen. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; | ||
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- | Diesen Text kann man lesen als eine Aufforderung zum Abbau von Vorurteilen. Das ist richtig und notwendig. Insbesondere dann, wenn Vorurteile sich verfestigen, | + | Diesen Text kann man lesen als eine Aufforderung zum Abbau von Vorurteilen. Das ist richtig und notwendig. Insbesondere dann, wenn Vorurteile sich verfestigen, |
Die eigene Borniertheit und Verbissenheit in der Ablehnung der Anderen, heute zum Beispiel des Islam, zu erkennen und sie zu mindern, ist eine genuin christliche Aufgabe. Dabei geht es gerade nicht um Selbstbehauptung, | Die eigene Borniertheit und Verbissenheit in der Ablehnung der Anderen, heute zum Beispiel des Islam, zu erkennen und sie zu mindern, ist eine genuin christliche Aufgabe. Dabei geht es gerade nicht um Selbstbehauptung, | ||
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Diesen Gedankengang möchte ich in meiner ersten These zuspitzen: | Diesen Gedankengang möchte ich in meiner ersten These zuspitzen: | ||
- | Mit dem ständigen Verweis auf den Bildungsmisserfolg der Kinder mit Migrationshintergrund wird eine politische Instrumentalisierung der Migranten vollzogen, die der ökonomischen Instrumentalisierung nachfolgt. | + | Mit dem ständigen Verweis auf den Bildungsmisserfolg der Kinder mit Migrationshintergrund wird eine politische Instrumentalisierung der Migranten vollzogen, die der ökonomischen Instrumentalisierung nachfolgt.\\ |
Immer wieder wird die Bildungssituation der Migranten als „dramatisch“ bezeichnet. Die schulische Selektion im Bildungssystem wird damit als Problem benannt, aber zugleich auf eine Personengruppe projiziert. Deshalb kann sich die Kritik an der sozialen Selektivität des Bildungssystems nicht ernsthaft, das heißt folgenreich entfalten. Denn ernsthaft betroffen von der selektiven Wirkung seien ja vor allem die Ausländer. Wenn ca. 15 % der ausländischen Abgänger aus dem allgemeinbildenden Schulwesen in Deutschland keinen Abschluss erreichen, so handelt es sich um ca. 16 000 Jugendliche. Die ca. 6,5 % der deutschen Schulabgänger machen eine Gruppe von ca. 52 000 Schülern aus – mit einem männlichen Schwerpunkt. Die Chancen, auf qualifizierte Weise in die Gesellschaft „integriert“ zu werden, sind für beide Gruppen gleichermaßen eingeschränkt. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die kleinere Gruppe mit dem höheren Prozentanteil belastet das Bild der Migranten und stabilisiert Vorurteile – gerade bei denen, die, wie im Handwerk, über die Einstellung von Auszubildenden entscheiden. Die Folge ist bekannt: Auch bei gleichem Abschluss und bei gleichen Noten haben ausländische Schulabgänger deutlich schlechtere Chancen. Die Kritik an der sozialen Selektivität des Schulwesens wird de-legitimiert, | Immer wieder wird die Bildungssituation der Migranten als „dramatisch“ bezeichnet. Die schulische Selektion im Bildungssystem wird damit als Problem benannt, aber zugleich auf eine Personengruppe projiziert. Deshalb kann sich die Kritik an der sozialen Selektivität des Bildungssystems nicht ernsthaft, das heißt folgenreich entfalten. Denn ernsthaft betroffen von der selektiven Wirkung seien ja vor allem die Ausländer. Wenn ca. 15 % der ausländischen Abgänger aus dem allgemeinbildenden Schulwesen in Deutschland keinen Abschluss erreichen, so handelt es sich um ca. 16 000 Jugendliche. Die ca. 6,5 % der deutschen Schulabgänger machen eine Gruppe von ca. 52 000 Schülern aus – mit einem männlichen Schwerpunkt. Die Chancen, auf qualifizierte Weise in die Gesellschaft „integriert“ zu werden, sind für beide Gruppen gleichermaßen eingeschränkt. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die kleinere Gruppe mit dem höheren Prozentanteil belastet das Bild der Migranten und stabilisiert Vorurteile – gerade bei denen, die, wie im Handwerk, über die Einstellung von Auszubildenden entscheiden. Die Folge ist bekannt: Auch bei gleichem Abschluss und bei gleichen Noten haben ausländische Schulabgänger deutlich schlechtere Chancen. Die Kritik an der sozialen Selektivität des Schulwesens wird de-legitimiert, | ||
Dies nenne ich die politische Instrumentalisierung des Ausländers für Herrschafts- und Statusinteressen. Im Hamburger Volksentscheid haben sie sich ausgetobt. Schon nach der ersten PISA-Studie haben manche versucht, „die Ausländer“ aus der Statistik des allzu bescheidenen deutschen Bildungserfolges „herauszurechnen“. Auch wenn solcher Unsinn nicht ständig wiederholt wird, so hat sich das Denkmuster doch tief eingegraben und wird an den Stammtischen des Bildungsbürgertums zelebriert. Denn PISA stellte eine Kränkung dieser deutschen Tradition dar. | Dies nenne ich die politische Instrumentalisierung des Ausländers für Herrschafts- und Statusinteressen. Im Hamburger Volksentscheid haben sie sich ausgetobt. Schon nach der ersten PISA-Studie haben manche versucht, „die Ausländer“ aus der Statistik des allzu bescheidenen deutschen Bildungserfolges „herauszurechnen“. Auch wenn solcher Unsinn nicht ständig wiederholt wird, so hat sich das Denkmuster doch tief eingegraben und wird an den Stammtischen des Bildungsbürgertums zelebriert. Denn PISA stellte eine Kränkung dieser deutschen Tradition dar. | ||
- | Das Bildungsbürgertum pflegte aber nicht nur ein nationales Muster, sondern kultivierte auch einen schichtspezifischen Habitus, der in der Verachtung der unteren Klassen seinen Ausdruck fand. Der Umstand, dass die Menschen mit Migrationshintergrund, | + | Das Bildungsbürgertum pflegte aber nicht nur ein nationales Muster, sondern kultivierte auch einen schichtspezifischen Habitus, der in der Verachtung der unteren Klassen seinen Ausdruck fand. Der Umstand, dass die Menschen mit Migrationshintergrund, |
- | Zugleich aber muss sich die Analyse der „Bildungsarmut“ der Migranten neu orientieren und auf die objektive Lage in der Gesellschaft eingehen. Deshalb lautet meine zweite These: | + | Zugleich aber muss sich die Analyse der „Bildungsarmut“ der Migranten neu orientieren und auf die objektive Lage in der Gesellschaft eingehen. Deshalb lautet meine zweite These:\\ |
- | Nicht der Migrationshintergrund ist die Ursache für Bildungsbenachteiligung, | + | Nicht der Migrationshintergrund ist die Ursache für Bildungsbenachteiligung, |
- | Armut ist grundsätzlich die Folge der Lohnarbeiterexistenz. Ohne sozialstaatliche Absicherungen, | + | Armut ist grundsätzlich die Folge der Lohnarbeiterexistenz. Ohne sozialstaatliche Absicherungen, |
- | Nun ist Migration in den meisten Fällen auch ein Prozess der Herstellung von „reiner“ Lohnarbeiterexistenz. Denn die Ressourcen der Subsistenzwirtschaft werden zurückgelassen, | + | Nun ist Migration in den meisten Fällen auch ein Prozess der Herstellung von „reiner“ Lohnarbeiterexistenz. Denn die Ressourcen der Subsistenzwirtschaft werden zurückgelassen, |
- | Die Menschen mit Migrationshintergrund sind also nicht zufällig ärmer als die Bio-Deutschen. Schon die ersten Armutsberichte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zeigen, dass 60% der Ausländerhaushalte mindestens einmal in 9 Jahren unter die Armutsgrenze absinken. Sie sind nicht dauernd, aber immer wieder arm. Heute ist die Armut differenziert beim Migrationshintergrund „Haushalte mit Migrationshintergrund“ sind zu 26 – 28 % arm, bei denen ohne den Hintergrund liegt bei Quote bei 11 bis 12 %. Bei den Ausländern allein macht die Quote der Armen ein Drittel aus. Und bei ausländischen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegt die Armutsquote bei 41,2% - ein Datum aus dem Zweiten Integrationsindikatorenbericht. Auch sind 17% der erwerbstätigen Ausländer arm. Und die Hälfte der alleinerziehenden Ausländer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Schließlich führen auch die Sozialleistungen bei einem Fünftel der sie beziehenden Ausländer zu Armut. | + | Die Menschen mit Migrationshintergrund sind also nicht zufällig ärmer als die Bio-Deutschen. Schon die ersten Armutsberichte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zeigen, dass 60% der Ausländerhaushalte mindestens einmal in 9 Jahren unter die Armutsgrenze absinken. Sie sind nicht dauernd, aber immer wieder arm. Heute ist die Armut differenziert beim Migrationshintergrund „Haushalte mit Migrationshintergrund“ sind zu 26 – 28 % arm, bei denen ohne den Hintergrund liegt bei Quote bei 11 bis 12 %. Bei den Ausländern allein macht die Quote der Armen ein Drittel aus. Und bei ausländischen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegt die Armutsquote bei 41,2% - ein Datum aus dem Zweiten Integrationsindikatorenbericht. Auch sind 17% der erwerbstätigen Ausländer arm. Und die Hälfte der alleinerziehenden Ausländer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Schließlich führen auch die Sozialleistungen bei einem Fünftel der sie beziehenden Ausländer zu Armut. |
- | Wenn man nun die Quote der armen ausländischen Kinder und Jugendlichen von 41,2 % in Relation setzt zu den 15 % der Schulabgänger ohne Abschluss bekommt man ein realistisches Bild und eine Vorstellung davon, mit welcher Anstrengung gerade ausländische Kinder und Jugendliche versuchen, über Bildung aus ihrer Armutslage heraus zu kommen. Doch dies gelingt auf Dauer nur begrenzt, denn auch ein guter Realschulabschluss ist bei Bewerbern auf dem Ausbildungsmarkt nur begrenzt mit Chancen verbunden, wenn sie den „falschen“ Pass haben. | + | Wenn man nun die Quote der armen ausländischen Kinder und Jugendlichen von 41,2 % in Relation setzt zu den 15 % der Schulabgänger ohne Abschluss bekommt man ein realistisches Bild und eine Vorstellung davon, mit welcher Anstrengung gerade ausländische Kinder und Jugendliche versuchen, über Bildung aus ihrer Armutslage heraus zu kommen. Doch dies gelingt auf Dauer nur begrenzt, denn auch ein guter Realschulabschluss ist bei Bewerbern auf dem Ausbildungsmarkt nur begrenzt mit Chancen verbunden, wenn sie den „falschen“ Pass haben.\\ |
Was immer im Bildungssystem geschieht: es kann den Bildungsanspruch der ausländischen Eltern und die Anstrengungen ihrer Kinder nicht klein kriegen. Auf dem Markt muss neue Ungleichheit hergestellt werden, obwohl er doch das Image der reinen Leistungsbezogenheit kultiviert. Doch die Analyse der geschlechtsspezifischen Ungleichheit hat schon überdeutlich gezeigt, dass diese Barrieren auf dem Markt, und dann besonders auf dem Weg zur Verfügungsmacht, | Was immer im Bildungssystem geschieht: es kann den Bildungsanspruch der ausländischen Eltern und die Anstrengungen ihrer Kinder nicht klein kriegen. Auf dem Markt muss neue Ungleichheit hergestellt werden, obwohl er doch das Image der reinen Leistungsbezogenheit kultiviert. Doch die Analyse der geschlechtsspezifischen Ungleichheit hat schon überdeutlich gezeigt, dass diese Barrieren auf dem Markt, und dann besonders auf dem Weg zur Verfügungsmacht, | ||
- | Diese Überlegungen zwingen zu einer dritten These: Die Fokussierung auf Bildung, auf die Lösung von Benachteiligung durch Bildung kann auch ein Beitrag zur Stabilisierung der Benachteiligung sein. Zu einfach ist die OECD-Parole von der Überwindung von Armut und der Ermöglichung von sozialem Aufstieg durch Bildung. Die Daten zum Studium von Arbeiter- und Akademikerkinder zeigen heute, dass die benachteiligenden Relationen nicht abgebaut, sondern eher verstärkt wurden. Auch ist die Rede von dem großen Wert der „hohen“ Bildungsabschlüsse nur eine begrenzte Charakterisierung der Wirklichkeit. Gefragt ist nach wie vor das große Heer der flexiblen Menschen, die jeden Job annehmen (und als Hartz-IV-Bezieher auch annehmen müssen), die nicht auf der Qualität von Handwerklichkeit bestehen, wie Richard Sennett analysiert hat, die leicht in den Arbeitsmarkt inkludiert werden und ebenso leicht wieder exkludiert werden können. Sie müssen zwar eine gewisse allgemeine Handlungsfähigkeit haben, aber ansonsten kommt es nur auf Fertigkeiten an. Die ständige Rede von Kompetenzen, | + | Diese Überlegungen zwingen zu einer dritten These: Die Fokussierung auf Bildung, auf die Lösung von Benachteiligung durch Bildung kann auch ein Beitrag zur Stabilisierung der Benachteiligung sein. Zu einfach ist die OECD-Parole von der Überwindung von Armut und der Ermöglichung von sozialem Aufstieg durch Bildung. Die Daten zum Studium von Arbeiter- und Akademikerkinder zeigen heute, dass die benachteiligenden Relationen nicht abgebaut, sondern eher verstärkt wurden. Auch ist die Rede von dem großen Wert der „hohen“ Bildungsabschlüsse nur eine begrenzte Charakterisierung der Wirklichkeit. Gefragt ist nach wie vor das große Heer der flexiblen Menschen, die jeden Job annehmen (und als Hartz-IV-Bezieher auch annehmen müssen), die nicht auf der Qualität von Handwerklichkeit bestehen, wie Richard Sennett analysiert hat, die leicht in den Arbeitsmarkt inkludiert werden und ebenso leicht wieder exkludiert werden können. Sie müssen zwar eine gewisse allgemeine Handlungsfähigkeit haben, aber ansonsten kommt es nur auf Fertigkeiten an. Die ständige Rede von Kompetenzen, |
- | Die Vorenthaltung von habitueller Gleichheit ist zu einem zentralen Mechanismus der Statussicherung geworden. Auch wenn die Staatsbürgerschaft erworben wurde, ist die Erfahrung, dass habituell Gleichheit verweigert wird, mit einer tiefen Kränkung der integrierten Menschen mit Migrationshintergrund verbunden. Integration soll nicht stattfinden. Paul Mecheril hat diesen Prozess schon vor einiger Zeit untersucht. | + | Die Vorenthaltung von habitueller Gleichheit ist zu einem zentralen Mechanismus der Statussicherung geworden. Auch wenn die Staatsbürgerschaft erworben wurde, ist die Erfahrung, dass habituell Gleichheit verweigert wird, mit einer tiefen Kränkung der integrierten Menschen mit Migrationshintergrund verbunden. Integration soll nicht stattfinden. Paul Mecheril hat diesen Prozess schon vor einiger Zeit untersucht. |
- | Gleichheit entsteht durchaus auch durch Bildung. Aber sie wird auch durch die Bildung und vor allem durch die Bildung eines Habitus aufrechterhalten. Die Ungleichheit hat dagegen ihre zentralen Quellen in der Verfügung über Eigentum auf der einen Seite und die konstitutionelle Unfähigkeit auf der anderen Seite, über die Bedingungen der Erwerbsarbeit selbst entscheiden zu können. Angesichts von Zwangsarbeit, | + | Gleichheit entsteht durchaus auch durch Bildung. Aber sie wird auch durch die Bildung und vor allem durch die Bildung eines Habitus aufrechterhalten. Die Ungleichheit hat dagegen ihre zentralen Quellen in der Verfügung über Eigentum auf der einen Seite und die konstitutionelle Unfähigkeit auf der anderen Seite, über die Bedingungen der Erwerbsarbeit selbst entscheiden zu können. Angesichts von Zwangsarbeit, |
Ich fürchte, dass die Lebenswege der schulerfolgreichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht das halten, was ihnen die Bildungseuphoriker versprechen. | Ich fürchte, dass die Lebenswege der schulerfolgreichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht das halten, was ihnen die Bildungseuphoriker versprechen. | ||
Das einzig Verlässliche scheint mir, dass die widersprüchlichen Erfahrungen einen Bildungsprozess ermöglichen, | Das einzig Verlässliche scheint mir, dass die widersprüchlichen Erfahrungen einen Bildungsprozess ermöglichen, | ||
- | Es geht aber, das ist meine vierte These, auch um die Bildung der Einheimischen. Das meine ich wie im Hinblick auf die Menschen mit Migrationsgeschichte auch in zweierlei Hinsicht. Es geht um die schulische Bildung mit Zertifikat für die armen deutschen Kinder und Jugendlichen, | + | Es geht aber, das ist meine vierte These, auch um die Bildung der Einheimischen. Das meine ich wie im Hinblick auf die Menschen mit Migrationsgeschichte auch in zweierlei Hinsicht. Es geht um die schulische Bildung mit Zertifikat für die armen deutschen Kinder und Jugendlichen, |
Sie richtet sich aber auch auf den Prozess, den wir mit dem anspruchsvollen Begriff der Bildung bezeichnen. Es geht dabei um Selbstbildung, | Sie richtet sich aber auch auf den Prozess, den wir mit dem anspruchsvollen Begriff der Bildung bezeichnen. Es geht dabei um Selbstbildung, | ||
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**8.10.2014 an der Universität Debrecen** | **8.10.2014 an der Universität Debrecen** | ||
- | Über Dynamiken der Wohlfahrt in 30 Minuten sprechen zu wollen gleicht dem Flug des Ikarus. Steigt man zu weit auf, verbrennt man sich die Worte an der Abstraktheit der Theorien. Fliegt man zu weit unten, versinkt man im Wasser der vielen Formen von Wohlfahrt. Also versuche ich in der Mitte zu bleiben. Vielleicht hat es auch Ikarus wenigstens 30 Minuten lang geschafft. | + | Über Dynamiken der Wohlfahrt in 30 Minuten sprechen zu wollen gleicht dem Flug des Ikarus. Steigt man zu weit auf, verbrennt man sich die Worte an der Abstraktheit der Theorien. Fliegt man zu weit unten, versinkt man im Wasser der vielen Formen von Wohlfahrt. Also versuche ich in der Mitte zu bleiben. Vielleicht hat es auch Ikarus wenigstens 30 Minuten lang geschafft.\\ |
„Wohlfahrt“ ist keine feste Größe, über sie wird politisch gestritten und in einem diskursiven Prozess entschieden. Die Beteiligten haben natürlich ungleiche Chancen, auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. Diese Vorstellung eines Diskurses über Wohlfahrt geht über funktionalistische Theorien hinaus und sucht nach den normativen Gründen für Wohlfahrt. | „Wohlfahrt“ ist keine feste Größe, über sie wird politisch gestritten und in einem diskursiven Prozess entschieden. Die Beteiligten haben natürlich ungleiche Chancen, auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. Diese Vorstellung eines Diskurses über Wohlfahrt geht über funktionalistische Theorien hinaus und sucht nach den normativen Gründen für Wohlfahrt. | ||
**Geschichtliche Aspekte** | **Geschichtliche Aspekte** | ||
- | Der Funktionalismus kann die sozialstaatlichen Eingriffe in die Gesellschaft als Notwendigkeit erklären, die sich aus der Industrialisierung und Verstädterung im 19. Jahrhundert beginnend ergeben hat. Soziale Politik bearbeitet die Risiken der Lohnarbeiterexistenz wie Krankheit, Alter, Invalidität, | + | |
- | Während wir diese Sicherungen der Wohlfahrt in allen Ländern Europas vorfinden, ist das Ausmaß der Realisierung recht unterschiedlich. Diese Unterschiede lassen sich historisch erklären. Dabei wird die Frage wichtig, wie am Anfang der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung das soziale Problem in dem jeweiligen Land bestimmt wurde (Kaufmann 2003, S. 33). In der Folge haben sich in Europa recht unterschiedliche Formen des Wohlfahrtspluralismus entwickelt. Überall sind die Akteure Staat und Markt, gesellschaftliche Organisationen und private Haushalte beteiligt. Der jeweilige Anteil ihrer Aktivitäten ist sehr unterschiedlich. | + | Der Funktionalismus kann die sozialstaatlichen Eingriffe in die Gesellschaft als Notwendigkeit erklären, die sich aus der Industrialisierung und Verstädterung im 19. Jahrhundert beginnend ergeben hat. Soziale Politik bearbeitet die Risiken der Lohnarbeiterexistenz wie Krankheit, Alter, Invalidität, |
+ | Während wir diese Sicherungen der Wohlfahrt in allen Ländern Europas vorfinden, ist das Ausmaß der Realisierung recht unterschiedlich. Diese Unterschiede lassen sich historisch erklären. Dabei wird die Frage wichtig, wie am Anfang der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung das soziale Problem in dem jeweiligen Land bestimmt wurde (Kaufmann 2003, S. 33). In der Folge haben sich in Europa recht unterschiedliche Formen des Wohlfahrtspluralismus entwickelt. Überall sind die Akteure Staat und Markt, gesellschaftliche Organisationen und private Haushalte beteiligt. Der jeweilige Anteil ihrer Aktivitäten ist sehr unterschiedlich.\\ | ||
Über das Verhältnis der Akteure und über das Ausmaß, wie Wohlfahrt realisiert werden soll, entscheidet der nationale Diskurs – dass sich dies im Prozess der europäischen Integration und der Globalisierung nicht mehr halten lässt, wird noch zu besprechen sein. Bedeutsam ist für die weitere Eingrenzung des Themas, also um mich dann auf Soziale Arbeit konzentrieren zu können, ein weiterer Aspekt: „Wohlfahrt“ ist zunächst eine „Problemformel öffentlicher Kommunikation …, die sich auf die Vermittlung zwischen den partikulären Formen der Lebensführung und dem Zustand bzw. den Entwicklungsperspektiven eines Gemeinwesens bezieht“ (S. 227). Es macht also die Diskussion über das richtige Ausmaß der Wohlfahrt schwierig, weil immer eine Verknüpfung zwischen den kollektiven Aktivitäten und den Individuen und ihren Verhaltensweisen hergestellt wird. Wer verdient es also, dass ihm durch den Staat geholfen wird? Welche Voraussetzungen muss der Einzelne erfüllen, damit ihm institutionelle Unterstützung zuteilwird? | Über das Verhältnis der Akteure und über das Ausmaß, wie Wohlfahrt realisiert werden soll, entscheidet der nationale Diskurs – dass sich dies im Prozess der europäischen Integration und der Globalisierung nicht mehr halten lässt, wird noch zu besprechen sein. Bedeutsam ist für die weitere Eingrenzung des Themas, also um mich dann auf Soziale Arbeit konzentrieren zu können, ein weiterer Aspekt: „Wohlfahrt“ ist zunächst eine „Problemformel öffentlicher Kommunikation …, die sich auf die Vermittlung zwischen den partikulären Formen der Lebensführung und dem Zustand bzw. den Entwicklungsperspektiven eines Gemeinwesens bezieht“ (S. 227). Es macht also die Diskussion über das richtige Ausmaß der Wohlfahrt schwierig, weil immer eine Verknüpfung zwischen den kollektiven Aktivitäten und den Individuen und ihren Verhaltensweisen hergestellt wird. Wer verdient es also, dass ihm durch den Staat geholfen wird? Welche Voraussetzungen muss der Einzelne erfüllen, damit ihm institutionelle Unterstützung zuteilwird? | ||
Sofort erinnern wir uns an die Mechanismen der Diskreditierung oder Privilegierung von Personengruppen. Den würdigen Armen wird das Recht auf Hilfe zugesprochen, | Sofort erinnern wir uns an die Mechanismen der Diskreditierung oder Privilegierung von Personengruppen. Den würdigen Armen wird das Recht auf Hilfe zugesprochen, | ||
**Normative Grundlagen** | **Normative Grundlagen** | ||
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Diese Fragen verweisen nicht nur auf den systematischen Begriff der Wohlfahrtsproduktion. Sie sind auch typisch für eine Zeit, in der die Legitimität des Sozialstaats schon länger in Frage gestellt wird. Auf jeden Fall zeigt sich bei einer solchen Bestimmung von Wohlfahrt und Wohlfahrtsproduktion die Bedeutung des Worts „Sozial-Politik“, | Diese Fragen verweisen nicht nur auf den systematischen Begriff der Wohlfahrtsproduktion. Sie sind auch typisch für eine Zeit, in der die Legitimität des Sozialstaats schon länger in Frage gestellt wird. Auf jeden Fall zeigt sich bei einer solchen Bestimmung von Wohlfahrt und Wohlfahrtsproduktion die Bedeutung des Worts „Sozial-Politik“, | ||
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**Der Sozialstaat** | **Der Sozialstaat** | ||
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Zunächst aber muss man daran erinnern, dass nach dem 2.Weltkrieg in Europa eine Phase des Wirtschaftswachstums erreicht wurde, die auch durch Wohlfahrtspolitik, | Zunächst aber muss man daran erinnern, dass nach dem 2.Weltkrieg in Europa eine Phase des Wirtschaftswachstums erreicht wurde, die auch durch Wohlfahrtspolitik, | ||
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**Globalisierung** | **Globalisierung** | ||
- | Es gibt zweifellos verschiedene Ursachen für die ab Mitte der 1970er Jahre diagnostizierte Krise des Sozialstaats. Am wichtigsten dürfte der Fall der Profitrate sein, der die Unternehmen in Japan, Westeuropa und Nordamerika veranlasste, | + | |
+ | Es gibt zweifellos verschiedene Ursachen für die ab Mitte der 1970er Jahre diagnostizierte Krise des Sozialstaats. Am wichtigsten dürfte der Fall der Profitrate sein, der die Unternehmen in Japan, Westeuropa und Nordamerika veranlasste, | ||
Was durch Globalisierung voranschreitet, | Was durch Globalisierung voranschreitet, | ||
**Amerikanisierung? | **Amerikanisierung? | ||
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Ein Merkmal dieser Politik ist eine beachtliche Annäherung der europäischen, | Ein Merkmal dieser Politik ist eine beachtliche Annäherung der europäischen, | ||
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**Der aktivierende Sozialstaat** | **Der aktivierende Sozialstaat** | ||
- | Die Überlegungen zum Arbeitsmarkt greifen jedoch zu kurz, sie sind auf das Ökonomische begrenzt. Der Umbau des vorsorgenden Sozialstaats in einen aktivierenden Sozialstaat ist mit einer grundsätzlichen Neuerfindung des Sozialen (Lessenich) verbunden. Die individuellen Wertpräferenzen sind jetzt auch die Steuerungsimperative des Staates. Die Individuen sind an Autonomie, Flexibilität, | + | |
+ | Die Überlegungen zum Arbeitsmarkt greifen jedoch zu kurz, sie sind auf das Ökonomische begrenzt. Der Umbau des vorsorgenden Sozialstaats in einen aktivierenden Sozialstaat ist mit einer grundsätzlichen Neuerfindung des Sozialen (Lessenich) verbunden. Die individuellen Wertpräferenzen sind jetzt auch die Steuerungsimperative des Staates. Die Individuen sind an Autonomie, Flexibilität, | ||
Das Programm von „Fördern und Fordern“ hat ebenso eine Formel aus dem Innenbereich der Sozialarbeit in die Politik transformiert. Beratung und Begleitung werden im „Fallmanagement“ verschmolzen mit permanenter Kontrolle und Sanktionsandrohungen. | Das Programm von „Fördern und Fordern“ hat ebenso eine Formel aus dem Innenbereich der Sozialarbeit in die Politik transformiert. Beratung und Begleitung werden im „Fallmanagement“ verschmolzen mit permanenter Kontrolle und Sanktionsandrohungen. | ||
- | Der aktivierende Sozialstaat, | + | Der aktivierende Sozialstaat, |
Alle Berichte aus der Welt der Arbeit weisen deshalb auf permanenten Stress, auf Überforderung, | Alle Berichte aus der Welt der Arbeit weisen deshalb auf permanenten Stress, auf Überforderung, | ||
**Aufwind und Druck** | **Aufwind und Druck** | ||
- | Das Doppelgesicht der Pädagogisierung der Gesellschaft kommt an vielen Stellen der gegenwärtigen Entwicklung zum Vorschein. So wächst der Bereich der Jugendhilfe in Deutschland seit Jahren kontinuierlich. Von Abbau des Sozialstaats kann an dieser Stelle keine Rede sein. Die vorschulische Erziehung wird mit großer Geschwindigkeit ausgebaut, die Kosten für die Jugendhilfe steigen jährlich. Die Zahl der in der Jugendhilfe Tätigen ist von ca. 510 000 im Jahr 2000 auf ca. 700 000 im Jahr 2013 gestiegen. Zwischen 2006 und 2012 sind die Ausgaben für von 20,9 auf 32,2 Milliarden gestiegen. Zwischen 1998 und 2012 haben sich die Ausgaben fast verdoppelt. (Komdat 1& | + | |
- | In Deutschland wurde besonders die Tätigkeit in den Kindertagesstätten in der Weise pädagogisiert, | + | Das Doppelgesicht der Pädagogisierung der Gesellschaft kommt an vielen Stellen der gegenwärtigen Entwicklung zum Vorschein. So wächst der Bereich der Jugendhilfe in Deutschland seit Jahren kontinuierlich. Von Abbau des Sozialstaats kann an dieser Stelle keine Rede sein. Die vorschulische Erziehung wird mit großer Geschwindigkeit ausgebaut, die Kosten für die Jugendhilfe steigen jährlich. Die Zahl der in der Jugendhilfe Tätigen ist von ca. 510 000 im Jahr 2000 auf ca. 700 000 im Jahr 2013 gestiegen. Zwischen 2006 und 2012 sind die Ausgaben für von 20,9 auf 32,2 Milliarden gestiegen. Zwischen 1998 und 2012 haben sich die Ausgaben fast verdoppelt. (Komdat 1& |
- | Die widersprüchliche Expansion der Sozialpädagogik wird auch an den Programmen für den Kinderschutz und für den Umgang mit Jugendkriminalität sichtbar. Eine der strukturellen Veränderungen in der Steuerung der Jugendhilfe ist der Wechsel von „Wohlfahrt“ zu „Sicherheit“ als Zielformeln (vgl. Dollinger 2014). Dieser Wandel ist grundlegend und berührt alle Politikbereiche. „Sicherheit“ ist gleichzeitig weiter gefasst als die „soziale Sicherheit“, | + | In Deutschland wurde besonders die Tätigkeit in den Kindertagesstätten in der Weise pädagogisiert, |
+ | Die widersprüchliche Expansion der Sozialpädagogik wird auch an den Programmen für den Kinderschutz und für den Umgang mit Jugendkriminalität sichtbar. Eine der strukturellen Veränderungen in der Steuerung der Jugendhilfe ist der Wechsel von „Wohlfahrt“ zu „Sicherheit“ als Zielformeln (vgl. Dollinger 2014). Dieser Wandel ist grundlegend und berührt alle Politikbereiche. „Sicherheit“ ist gleichzeitig weiter gefasst als die „soziale Sicherheit“, | ||
Die Leistung der Gemeinschaften ist immer auch soziale Kontrolle gewesen. Sie hat auch Orientierung vermittelt und ohne sie wird Verunsicherung zur allumfassenden Erfahrung im Alltag. Orientierungssicherheit wird dann vor allem durch die Medien hergestellt – von den Massenmedien bis hin zu den „sozialen Netzwerken“. Gerade die Massenmedien erzeugen aber nicht nur Sicherheit, sondern machen Angst durch ihre Fixierung auf crime und die Dramatisierung des Ungewöhnlichen. Sie bedienen die Lust an Sensationen und steigern dieses Bedürfnis im Kampf um Markanteile. Besonders lukrativ sind in dieser Hinsicht Berichte über Katastrophen mit unschuldigen Opfern, verwerflichen Tätern und starken Schädigungen, | Die Leistung der Gemeinschaften ist immer auch soziale Kontrolle gewesen. Sie hat auch Orientierung vermittelt und ohne sie wird Verunsicherung zur allumfassenden Erfahrung im Alltag. Orientierungssicherheit wird dann vor allem durch die Medien hergestellt – von den Massenmedien bis hin zu den „sozialen Netzwerken“. Gerade die Massenmedien erzeugen aber nicht nur Sicherheit, sondern machen Angst durch ihre Fixierung auf crime und die Dramatisierung des Ungewöhnlichen. Sie bedienen die Lust an Sensationen und steigern dieses Bedürfnis im Kampf um Markanteile. Besonders lukrativ sind in dieser Hinsicht Berichte über Katastrophen mit unschuldigen Opfern, verwerflichen Tätern und starken Schädigungen, | ||
- | Allerdings lässt sich eine solche Spirale der staatlichen Repression (und der sozialen Kontrolle der Nachbarschaft im Falle des Kinderschutzes) nicht beliebig fortsetzen. Denn die Politik der Sicherheit produziert weitere Bedürfnisse nach mehr Sicherheit. Und Strafe statt Therapie erzeugt Rückfälligkeit. Deshalb gibt es immer wieder eine Auseinandersetzung um differenzierte Interventionen, | + | Allerdings lässt sich eine solche Spirale der staatlichen Repression (und der sozialen Kontrolle der Nachbarschaft im Falle des Kinderschutzes) nicht beliebig fortsetzen. Denn die Politik der Sicherheit produziert weitere Bedürfnisse nach mehr Sicherheit. Und Strafe statt Therapie erzeugt Rückfälligkeit. Deshalb gibt es immer wieder eine Auseinandersetzung um differenzierte Interventionen, |
- | Sozialpolitik nimmt die Form einer intensiven Politik der Risikovermeidung an. Umfangreiche Diagnosen und Verfahren der Überwachung sollen Katastrophen vermeiden – doch sie decken auch immer neue unsichere Lebenslagen auf und rufen nach weiteren Interventionen. | + | Sozialpolitik nimmt die Form einer intensiven Politik der Risikovermeidung an. Umfangreiche Diagnosen und Verfahren der Überwachung sollen Katastrophen vermeiden – doch sie decken auch immer neue unsichere Lebenslagen auf und rufen nach weiteren Interventionen. |
In diesen Prozessen ist die Soziale Arbeit also massiv involviert. Ihre quantitative Ausweitung ist jedoch mit einer qualitativen Formung verbunden. Gesellschaftlich erwünscht sind Konzepte, die nicht mehr zwischen subjektiven Ansprüchen und gesellschaftlichen Anforderungen vermitteln, sondern Verfahren, die unter dem Mantel der Individualisierung die gesellschaftlichen Anforderungen durchsetzen. Der friendly visitor mit seinem puritanischen Habitus ist zurückgekehrt. | In diesen Prozessen ist die Soziale Arbeit also massiv involviert. Ihre quantitative Ausweitung ist jedoch mit einer qualitativen Formung verbunden. Gesellschaftlich erwünscht sind Konzepte, die nicht mehr zwischen subjektiven Ansprüchen und gesellschaftlichen Anforderungen vermitteln, sondern Verfahren, die unter dem Mantel der Individualisierung die gesellschaftlichen Anforderungen durchsetzen. Der friendly visitor mit seinem puritanischen Habitus ist zurückgekehrt. | ||
**Literatur** | **Literatur** | ||
- | Dollinger, Bernd: Soziale Arbeit als Realisierung protektiver Sicherheitspolitiken. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik 12 (2014), S. 296 – 314. | + | |
- | Esser, Josef: Der kooperative Nationalstaat im Zeitalter der „Globalisierung“. In: Döring, Dieter (Hrsg.): Sozialstaat in der Globalisierung. Frankfurt am Mainz: Suhrkamp 1999, S. 117 – 144. | + | Dollinger, Bernd: Soziale Arbeit als Realisierung protektiver Sicherheitspolitiken. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik 12 (2014), S. 296 – 314.\\ |
- | Kaufmann, Franz Xaver: Varianten des Wohlfahrtsstaates. Der deutsche Sozialstaat im internationalen Vergleich. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003. | + | Esser, Josef: Der kooperative Nationalstaat im Zeitalter der „Globalisierung“. In: Döring, Dieter (Hrsg.): Sozialstaat in der Globalisierung. Frankfurt am Mainz: Suhrkamp 1999, S. 117 – 144.\\ |
- | Komdat (Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe). 17 (2014) Heft 1&2 | + | Kaufmann, Franz Xaver: Varianten des Wohlfahrtsstaates. Der deutsche Sozialstaat im internationalen Vergleich. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003.\\ |
- | Lessenich, Stephan: Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialkstaat im flexiblen Kapitalismus. Bielefeld: transcript 2008 | + | Komdat (Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe). 17 (2014) Heft 1&2\\ |
- | Lutz, Burkart: Der kurze Traum immerwährender Prosperität. Eine Neuinterpretation der industriell-kapitalistischen Entwicklung im Europa des 20. Jahrhunderts. Frankfurt am Main/New York: Campus 1989. | + | Lessenich, Stephan: Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialkstaat im flexiblen Kapitalismus. Bielefeld: transcript 2008\\ |
- | Marshall, Thomas Humphrey: Bürgerrechte und soziale Klassen. Zur Soziologie des Wohlfahrtsstaates. Frankfurt am Main: Campus 1992. | + | Lutz, Burkart: Der kurze Traum immerwährender Prosperität. Eine Neuinterpretation der industriell-kapitalistischen Entwicklung im Europa des 20. Jahrhunderts. Frankfurt am Main/New York: Campus 1989.\\ |
- | Nodes, Wilfried/ | + | Marshall, Thomas Humphrey: Bürgerrechte und soziale Klassen. Zur Soziologie des Wohlfahrtsstaates. Frankfurt am Main: Campus 1992.\\ |
- | Seeleib-Kaiser, | + | Nodes, Wilfried/ |
+ | Seeleib-Kaiser, | ||
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**Institut zur Förderung von Bildung und Integration – INBI. Beitrag zur Feier zum 15-jährigen Bestehen am 24.11.2015 in Mainz** | **Institut zur Förderung von Bildung und Integration – INBI. Beitrag zur Feier zum 15-jährigen Bestehen am 24.11.2015 in Mainz** | ||
- | Wenn ich diese Rede vor vier Wochen gehalten hätte, dann wäre ich wahrscheinlich in der Einleitung auf die deutschen Skandale des Jahres eingegangen: | + | Wenn ich diese Rede vor vier Wochen gehalten hätte, dann wäre ich wahrscheinlich in der Einleitung auf die deutschen Skandale des Jahres eingegangen: |
- | Wenn aber in einer Gesellschaft die „inneren Werte“ abhandengekommen sind, dann braucht sie vor allem einen äußeren Feind oder Gegner, der vielleicht noch liederlicher ist als sie selbst. Dieser Mechanismus ist der älteste in der Geschichte der Menschheit, in der Abraham-erzählung, | + | Wenn aber in einer Gesellschaft die „inneren Werte“ abhandengekommen sind, dann braucht sie vor allem einen äußeren Feind oder Gegner, der vielleicht noch liederlicher ist als sie selbst. Dieser Mechanismus ist der älteste in der Geschichte der Menschheit, in der Abraham-erzählung, |
- | Diese Ordnung unserer Lebenswelt hat ja auch etwas ausgesprochen Lebensdienliches; | + | Diese Ordnung unserer Lebenswelt hat ja auch etwas ausgesprochen Lebensdienliches; |
Mit dieser Frage bin ich nun endlich, nach dem etwas ausgedehnten Anlauf im Allgemeinen, | Mit dieser Frage bin ich nun endlich, nach dem etwas ausgedehnten Anlauf im Allgemeinen, | ||
- | Wir befinden uns mit diesem Gedankengang mitten in der Frage, wie wir, jeder und jede von uns, Mensch geworden sind und ständig Mensch werden. Weder der Bildungsprozess noch unsere Menschwerdung wird je abgeschlossen. Und manche Theologien und andere religiöse Vorstellungen ziehen daraus den Schluss, dass der Mensch im Tod seine Menschwerdung vollendet. Das will ich an dieser Stelle nicht fortsetzen. Es geht hier ja um eine 15-Jahr-Feier. | + | Wir befinden uns mit diesem Gedankengang mitten in der Frage, wie wir, jeder und jede von uns, Mensch geworden sind und ständig Mensch werden. Weder der Bildungsprozess noch unsere Menschwerdung wird je abgeschlossen. Und manche Theologien und andere religiöse Vorstellungen ziehen daraus den Schluss, dass der Mensch im Tod seine Menschwerdung vollendet. Das will ich an dieser Stelle nicht fortsetzen. Es geht hier ja um eine 15-Jahr-Feier. |
- | Aber ich will mich auf das Thema der Bildung konzentrieren. Das Subjekt ist der Mensch, der weiß, dass er unterworfen ist. Diese ursprüngliche Wortbedeutung ist entscheidend. Das Subjekt ist nicht der Herrscher oder die Herrscherin der Welt, es ist den Gesetzen der Natur und der Geschichte der Gesellschaft unterworfen. Aus diesen kann es nicht herausspringen. Es kann sich nur, oder sagen wir an dieser Stelle, es kann sich aber diese Gesetze aneignen, sie verstehen und mit ihnen selbstbestimmt umgehen. Bildung ist Widerspruch. Bildung ist der Weg, wie wir die für uns als Individuen und für uns zusammen als Menschheit entscheidenden Vorgaben aneignen können. Dabei geht es heute um die Menschenwürde und die Menschenrechte. Denn ohne sie kann das Individuum nicht Würde für sich reklamieren, | + | Aber ich will mich auf das Thema der Bildung konzentrieren. Das Subjekt ist der Mensch, der weiß, dass er unterworfen ist. Diese ursprüngliche Wortbedeutung ist entscheidend. Das Subjekt ist nicht der Herrscher oder die Herrscherin der Welt, es ist den Gesetzen der Natur und der Geschichte der Gesellschaft unterworfen. Aus diesen kann es nicht herausspringen. Es kann sich nur, oder sagen wir an dieser Stelle, es kann sich aber diese Gesetze aneignen, sie verstehen und mit ihnen selbstbestimmt umgehen. Bildung ist Widerspruch. Bildung ist der Weg, wie wir die für uns als Individuen und für uns zusammen als Menschheit entscheidenden Vorgaben aneignen können. Dabei geht es heute um die Menschenwürde und die Menschenrechte. Denn ohne sie kann das Individuum nicht Würde für sich reklamieren, |
- | Viele Menschen denken leicht melancholisch über ihre Kindheit nach – ist sie doch Symbol der verlorenen Einheit des Individuums mit seiner Welt. Und wenn Kinder konzentriert spielen, können wir zusehen, wie sie in dieser Einheit der Konzentration und des Bei-sich-Seins Mensch werden. Als Subjekt wissen wir, dass wir diese Einheit nicht wieder herstellen können. Bildung aber vermittelt uns die Fähigkeit, bei uns zu sein und gleichzeitig die Welt von dem her zu verstehen, was sie „im Innersten zusammenhält“. | + | Viele Menschen denken leicht melancholisch über ihre Kindheit nach – ist sie doch Symbol der verlorenen Einheit des Individuums mit seiner Welt. Und wenn Kinder konzentriert spielen, können wir zusehen, wie sie in dieser Einheit der Konzentration und des Bei-sich-Seins Mensch werden. Als Subjekt wissen wir, dass wir diese Einheit nicht wieder herstellen können. Bildung aber vermittelt uns die Fähigkeit, bei uns zu sein und gleichzeitig die Welt von dem her zu verstehen, was sie „im Innersten zusammenhält“. |
- | Bildung führt nicht automatisch zur Trauer über die Menschen, die irgendwo in der Welt sterben. Sie ermöglicht uns aber ein Überschreiten unserer Fixierung auf uns selbst, sie ermöglicht uns eine Reflexion auf die Umstände, wie wir in unserer kleinen Welt mit den Welten anderer Menschen verbunden sind, sie ermöglicht uns Einsichten in Zusammenhänge. Und sie ermuntert uns zur Übernahme von Verantwortung für diese Welt. | + | Bildung führt nicht automatisch zur Trauer über die Menschen, die irgendwo in der Welt sterben. Sie ermöglicht uns aber ein Überschreiten unserer Fixierung auf uns selbst, sie ermöglicht uns eine Reflexion auf die Umstände, wie wir in unserer kleinen Welt mit den Welten anderer Menschen verbunden sind, sie ermöglicht uns Einsichten in Zusammenhänge. Und sie ermuntert uns zur Übernahme von Verantwortung für diese Welt. \\ |
Also: Nichts weniger als Bildung will INBI fördern. Das ist ein hoher Anspruch. Aber für seine Realisierung sich einzusetzen – das lohnt sich. Also weiterhin viel Kraft, klaren Verstand und Liebe zur Bildung für die nächsten 15 Jahre…… | Also: Nichts weniger als Bildung will INBI fördern. Das ist ein hoher Anspruch. Aber für seine Realisierung sich einzusetzen – das lohnt sich. Also weiterhin viel Kraft, klaren Verstand und Liebe zur Bildung für die nächsten 15 Jahre…… | ||
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Meine Damen und Herren, | Meine Damen und Herren, | ||
- | im Sommer dieses Jahres wurde General Joseph Dunford zum Chef des Amerikanischen Generalstabs ernannt. Er wies dabei darauf hin, dass Russland als Gegner der USA ernster zu nehmen sei als der Islamische Staat. Auf Anfrage aus Deutschland schrieb der liberale, des Nationalismus unverdächtige Intellektuelle Norman Bierbaum in einem Kommentar, dass dies kein besorgniserregendes Statement, sondern lediglich die typische Auffassung der amerikanischen Militärelite sei. Ob das nun beruhigend ist oder nicht, wäre in Rheinland-Pfalz ernsthaft zu diskutieren, | + | im Sommer dieses Jahres wurde General Joseph Dunford zum Chef des Amerikanischen Generalstabs ernannt. Er wies dabei darauf hin, dass Russland als Gegner der USA ernster zu nehmen sei als der Islamische Staat. Auf Anfrage aus Deutschland schrieb der liberale, des Nationalismus unverdächtige Intellektuelle Norman Bierbaum in einem Kommentar, dass dies kein besorgniserregendes Statement, sondern lediglich die typische Auffassung der amerikanischen Militärelite sei. Ob das nun beruhigend ist oder nicht, wäre in Rheinland-Pfalz ernsthaft zu diskutieren, |
Damit ist eine Frage dieser Diskussion, die nach der Zukunft, vorläufig schon beantwortet, | Damit ist eine Frage dieser Diskussion, die nach der Zukunft, vorläufig schon beantwortet, | ||
Die Frage der Podiumsdiskussion ist jenseits der aktuellen Ereignisse, nämlich der Zuwanderung von Flüchtlingen nach Mitteleuropa gestellt. Aber sie kann nicht unabhängig von dieser Zuwanderung, | Die Frage der Podiumsdiskussion ist jenseits der aktuellen Ereignisse, nämlich der Zuwanderung von Flüchtlingen nach Mitteleuropa gestellt. Aber sie kann nicht unabhängig von dieser Zuwanderung, | ||
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Ich halte die unbedingte Neutralität der Staatsorgane im Umgang mit Flüchtlingen und allen Eingewanderten für das gegenwärtig höchste Gut. Wir lesen von Hunderten von Attentaten auf Flüchtlingsunterkünfte. Nach Angaben der Bundesregierung sind im Monat Mai 968 politisch rechts motivierte Straftaten erfasst worden, darunter 81 Gewalttaten mit 68 Verletzten. Gegen keinen der Tatverdächtigen wurde Haftbefahl erlassen. Bei den Hunderten von Terrorakten gegen Flüchtlingsunterkünfte seit Beginn des Jahres habe ich nur zwei Mal von einer Verhaftung gelesen, nämlich als die Mordabsicht nicht mehr bezweifelt werden konnte. Vielfach werden diese Taten als Krawall verharmlost, | Ich halte die unbedingte Neutralität der Staatsorgane im Umgang mit Flüchtlingen und allen Eingewanderten für das gegenwärtig höchste Gut. Wir lesen von Hunderten von Attentaten auf Flüchtlingsunterkünfte. Nach Angaben der Bundesregierung sind im Monat Mai 968 politisch rechts motivierte Straftaten erfasst worden, darunter 81 Gewalttaten mit 68 Verletzten. Gegen keinen der Tatverdächtigen wurde Haftbefahl erlassen. Bei den Hunderten von Terrorakten gegen Flüchtlingsunterkünfte seit Beginn des Jahres habe ich nur zwei Mal von einer Verhaftung gelesen, nämlich als die Mordabsicht nicht mehr bezweifelt werden konnte. Vielfach werden diese Taten als Krawall verharmlost, | ||
- | Und was treibt eigentlich der Verfassungsschutz? | + | Und was treibt eigentlich der Verfassungsschutz? |
Wir sollten unbedingt auf den amerikanischen Bürgerkrieg zwischen Polizei und schwarzer Armutsbevölkerung blicken: Wenn die rechtsstaatliche Gleichbehandlung durch die Staatsorgane Rassismus bedingt verloren geht, tut sich ein Abgrund für die Demokratie und den Rechtsstaat auf. Und es werden in den USA nicht nur Schwarze von weißen Polizisten erschossen, sondern auch Polizisten von schwarzen Tätern. An sich sind Polizei und Justiz in Deutschland die Institutionen, | Wir sollten unbedingt auf den amerikanischen Bürgerkrieg zwischen Polizei und schwarzer Armutsbevölkerung blicken: Wenn die rechtsstaatliche Gleichbehandlung durch die Staatsorgane Rassismus bedingt verloren geht, tut sich ein Abgrund für die Demokratie und den Rechtsstaat auf. Und es werden in den USA nicht nur Schwarze von weißen Polizisten erschossen, sondern auch Polizisten von schwarzen Tätern. An sich sind Polizei und Justiz in Deutschland die Institutionen, | ||
- | Es kommt also gerade in dieser möglicherweise kritischen Situation darauf an, unsere rechtsstaatlichen Grundlagen zu festigen. Denn wenn sie noch nicht einmal Stabilität in leicht bewegten Zeiten aufweisen, wie soll es dann in belasteten Situationen der Zukunft aussehen? Leider haben wir von Europa nichts Positives zu erwarten, obwohl der Prozess, in dem das heutige Europa entstanden ist, untrennbar mit der Mobilisierung von Menschen verbunden ist. Die ersten Anwerbungen geschahen zeitgleich mit der Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Davon hat Deutschland in besonderer Weise profitiert. Und die Europäische Union hat die Lösung von Arbeitsmarktproblemen in besonders flexibler Weise ermöglicht. Das treibende Element waren immer die Ausdehnungsbedürfnisse der Märkte. Die Kontinuität der Ausweitung der europäischen Union ist ökonomisch, | + | Es kommt also gerade in dieser möglicherweise kritischen Situation darauf an, unsere rechtsstaatlichen Grundlagen zu festigen. Denn wenn sie noch nicht einmal Stabilität in leicht bewegten Zeiten aufweisen, wie soll es dann in belasteten Situationen der Zukunft aussehen? Leider haben wir von Europa nichts Positives zu erwarten, obwohl der Prozess, in dem das heutige Europa entstanden ist, untrennbar mit der Mobilisierung von Menschen verbunden ist. Die ersten Anwerbungen geschahen zeitgleich mit der Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Davon hat Deutschland in besonderer Weise profitiert. Und die Europäische Union hat die Lösung von Arbeitsmarktproblemen in besonders flexibler Weise ermöglicht. Das treibende Element waren immer die Ausdehnungsbedürfnisse der Märkte. Die Kontinuität der Ausweitung der europäischen Union ist ökonomisch, |
- | Europa ist aber besonders in die Entstehung von Fluchtursachen eingebunden. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, | + | Europa ist aber besonders in die Entstehung von Fluchtursachen eingebunden. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, |
Aber es wird von Bekämpfung der Fluchtursachen schwadroniert. Ich kann solche Äußerungen von Politiken und Politikerinnen nur noch hören, wenn sie in der Heuteshow kommentiert werden. Vielleicht hat das Gespräch zwischen Putin und Obama heute geholfen, Verhandlungen mit allen Beteiligten aufzunehmen. Putin hat das schon 2012 vorgeschlagen, | Aber es wird von Bekämpfung der Fluchtursachen schwadroniert. Ich kann solche Äußerungen von Politiken und Politikerinnen nur noch hören, wenn sie in der Heuteshow kommentiert werden. Vielleicht hat das Gespräch zwischen Putin und Obama heute geholfen, Verhandlungen mit allen Beteiligten aufzunehmen. Putin hat das schon 2012 vorgeschlagen, | ||
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Fluchtursachen werden in einem langen Prozess aufgebaut; deshalb ist die aktuelle Vertröstung auf ihren Abbau, da weder in der Waffenexportpolitik noch in der internationalen Handelspolitik der Europäischen Union Änderungen vorgenommen werden, reine politische Propaganda. Tatsächlich werden gegenwärtig kurzfristig nur repressive Maßnahmen zur Abwehr von Flüchtlingen getroffen. Genau dies ist aber die Vertiefung der Sackgasse, in der Europa schon lange steckt. Es ist makaber, dass der folgende Stammtischwitz stimmt: Was kosten die Flüchtlinge nach Deutschland? | Fluchtursachen werden in einem langen Prozess aufgebaut; deshalb ist die aktuelle Vertröstung auf ihren Abbau, da weder in der Waffenexportpolitik noch in der internationalen Handelspolitik der Europäischen Union Änderungen vorgenommen werden, reine politische Propaganda. Tatsächlich werden gegenwärtig kurzfristig nur repressive Maßnahmen zur Abwehr von Flüchtlingen getroffen. Genau dies ist aber die Vertiefung der Sackgasse, in der Europa schon lange steckt. Es ist makaber, dass der folgende Stammtischwitz stimmt: Was kosten die Flüchtlinge nach Deutschland? | ||
- | Dennoch gibt es heute viele konkrete Handlungsmöglichkeiten: | + | Dennoch gibt es heute viele konkrete Handlungsmöglichkeiten: |
Wir können uns alle um eine umfassende Information bemühen. Selbst in den Medien gibt es nicht nur den Mainstream. Die Politik setzt auf unsere Unkenntnis und auf das Vergessen. Zum Beispiel können wir uns daran erinnern, dass der korrupte und total verarmte Staat Kosovo herbeigebombt wurde auf der Grundlage von Lügen und arglistigen Täuschungen. Kein Wunder, dass die Menschen fliehen. Und ich kann es ihnen nicht verdenken, dass sie wenigstens etwas Geld mitnehmen wollen, wenn sie ausgewiesen werden, denn ihre Familien leben und sterben im Elend. | Wir können uns alle um eine umfassende Information bemühen. Selbst in den Medien gibt es nicht nur den Mainstream. Die Politik setzt auf unsere Unkenntnis und auf das Vergessen. Zum Beispiel können wir uns daran erinnern, dass der korrupte und total verarmte Staat Kosovo herbeigebombt wurde auf der Grundlage von Lügen und arglistigen Täuschungen. Kein Wunder, dass die Menschen fliehen. Und ich kann es ihnen nicht verdenken, dass sie wenigstens etwas Geld mitnehmen wollen, wenn sie ausgewiesen werden, denn ihre Familien leben und sterben im Elend. | ||
Die EU kann heute das Embargo gegen Syrien aufheben, damit die Kinder wieder Medikamente bekommen. | Die EU kann heute das Embargo gegen Syrien aufheben, damit die Kinder wieder Medikamente bekommen. | ||
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Ein Einwanderungskorridor für Afrika kann jetzt durch ein Einwanderungsgesetz geschaffen werden. | Ein Einwanderungskorridor für Afrika kann jetzt durch ein Einwanderungsgesetz geschaffen werden. | ||
Die Finanzierung des UNHCR steht auf wackligen Beinen; hier gibt es seit Mittwoch Verbesserungen durch den Europäischen Rat – aber in lächerlichem Umfang im Vergleich zu dem, was die EU durch Handelsverträge profitiert. | Die Finanzierung des UNHCR steht auf wackligen Beinen; hier gibt es seit Mittwoch Verbesserungen durch den Europäischen Rat – aber in lächerlichem Umfang im Vergleich zu dem, was die EU durch Handelsverträge profitiert. | ||
- | Das Einwanderungsgesetz zur Lösung von Arbeitsmarktproblemen könnte schon seit Jahren beschlossen sein – nicht als grundlegende Problemlösung, | + | Das Einwanderungsgesetz zur Lösung von Arbeitsmarktproblemen könnte schon seit Jahren beschlossen sein – nicht als grundlegende Problemlösung, |
- | Deutschland und die EU müssen sich aus der Verklammerung mit der amerikanischen Kriegstreiberei lösen, denn die Kriege im Nahen Osten sind der Hintergrund, | + | Deutschland und die EU müssen sich aus der Verklammerung mit der amerikanischen Kriegstreiberei lösen, denn die Kriege im Nahen Osten sind der Hintergrund, |
Die Forderung nach Gleichberechtigung kann nicht aufgeteilt werden für einzelne Migrantengruppen. Wer auf der Grundlage eines rechtsstaatlichen Asylverfahrens, | Die Forderung nach Gleichberechtigung kann nicht aufgeteilt werden für einzelne Migrantengruppen. Wer auf der Grundlage eines rechtsstaatlichen Asylverfahrens, | ||
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Meine Damen und Herren, | Meine Damen und Herren, | ||
Eigentlich müsste man gegen die AfD nicht unbedingt demonstrieren und schon gar nicht nachdenken. Denn diese Partei hat nicht die Qualität eines ernsthaften politischen Anliegens. Es handelt sich um ein Sammelbecken von unzufrieden bis rassistisch, | Eigentlich müsste man gegen die AfD nicht unbedingt demonstrieren und schon gar nicht nachdenken. Denn diese Partei hat nicht die Qualität eines ernsthaften politischen Anliegens. Es handelt sich um ein Sammelbecken von unzufrieden bis rassistisch, | ||
- | Aber es gibt auch Themen, die diese Partei aufgreift, die besser bearbeitet werden müssen. Dass Europa ein Verein von Wettbewerbsstaaten ist – das ist schon lange bekannt. Wir wissen ja heute, dass Deutschland dies in den Dublin-vereinbarungen besonders ausgiebig genutzt hat. Von Anfang an haben die Staaten, mit der Zustimmung ihrer Bevölkerung, | + | Aber es gibt auch Themen, die diese Partei aufgreift, die besser bearbeitet werden müssen. Dass Europa ein Verein von Wettbewerbsstaaten ist – das ist schon lange bekannt. Wir wissen ja heute, dass Deutschland dies in den Dublin-vereinbarungen besonders ausgiebig genutzt hat. Von Anfang an haben die Staaten, mit der Zustimmung ihrer Bevölkerung, |
- | In diesen Wochen und Monaten aber greift die AfD vor allem das Thema Migration und die Zuwanderung von Flüchtlingen auf. Die psychische Struktur dieser Partei ist geradezu disponiert für dieses Thema und sie hätte deshalb eher einen Therapeuten nötig als eine ernsthafte politische Auseinandersetzung. Denn sie greift fremdenfeindliche und rassistische Emotionen und Aggressionen auf und gibt ihnen ungehemmt ein Sprachrohr. Und diese Partei strahlt aus. Sie setzt Themen auf die Tagesordnung, | + | In diesen Wochen und Monaten aber greift die AfD vor allem das Thema Migration und die Zuwanderung von Flüchtlingen auf. Die psychische Struktur dieser Partei ist geradezu disponiert für dieses Thema und sie hätte deshalb eher einen Therapeuten nötig als eine ernsthafte politische Auseinandersetzung. Denn sie greift fremdenfeindliche und rassistische Emotionen und Aggressionen auf und gibt ihnen ungehemmt ein Sprachrohr. Und diese Partei strahlt aus. Sie setzt Themen auf die Tagesordnung, |
- | Ich spreche in diesem Zusammenhang nicht so sehr von Ängsten und Sorgen. Denn Angst, Furcht und Sorge um die Sicherheit sind auch menschendienliche Gefühle. Wir brauchen sie zum Leben in einer unüberschaubaren Welt. Was die AfD aber bedient, sind zumindest ethnozentrische und egozentrische Muster, mit denen man sich gegen andere durchsetzen will. Die viel beschworene Absicht, dass man Ängste und Sorgen ernstnehmen müsse, ist richtig, aber trivial. Man spricht mit den Menschen, die sich sorgen, und nicht über sie. Man bringt nicht ihre Ängste mit politischer Absicht in die Öffentlichkeit, | + | Ich spreche in diesem Zusammenhang nicht so sehr von Ängsten und Sorgen. Denn Angst, Furcht und Sorge um die Sicherheit sind auch menschendienliche Gefühle. Wir brauchen sie zum Leben in einer unüberschaubaren Welt. Was die AfD aber bedient, sind zumindest ethnozentrische und egozentrische Muster, mit denen man sich gegen andere durchsetzen will. Die viel beschworene Absicht, dass man Ängste und Sorgen ernstnehmen müsse, ist richtig, aber trivial. Man spricht mit den Menschen, die sich sorgen, und nicht über sie. Man bringt nicht ihre Ängste mit politischer Absicht in die Öffentlichkeit, |
- | Die AfD bewirkt mit ihrer bloßen Existenz eine ganz praktische Konfrontation der anderen politischen Parteien, die sich zu den Auffassungen der AfD zumindest positionieren müssen. Und weil diese Auffassungen öffentliche Resonanz finden und weil es in allen Parteien ebenso wie in allen Gesellschaftsschichten nationale Orientierungen gibt, sind die Wirkungen der AfD erheblich. Man kann das gegenwärtig in Frankreich sehen, wo ein Präsident, der im Frühjahr noch nicht einmal von einem Fünftel der Bevölkerung Zustimmung erhielt, jetzt als Kriegsherr auftritt. Er übertrumpft die Konservativen und die Nationalisten der Front nationale. Aber wir wissen, was aus politisierten Emotionen entstanden ist seit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak. Bomben bekämpfen vielleicht den Terror, aber sicherlich bringen sie neuen Terror hervor. Durch den Irakkrieg hat sich die Landschaft des Terrors entscheidend verändert. | + | Die AfD bewirkt mit ihrer bloßen Existenz eine ganz praktische Konfrontation der anderen politischen Parteien, die sich zu den Auffassungen der AfD zumindest positionieren müssen. Und weil diese Auffassungen öffentliche Resonanz finden und weil es in allen Parteien ebenso wie in allen Gesellschaftsschichten nationale Orientierungen gibt, sind die Wirkungen der AfD erheblich. Man kann das gegenwärtig in Frankreich sehen, wo ein Präsident, der im Frühjahr noch nicht einmal von einem Fünftel der Bevölkerung Zustimmung erhielt, jetzt als Kriegsherr auftritt. Er übertrumpft die Konservativen und die Nationalisten der Front nationale. Aber wir wissen, was aus politisierten Emotionen entstanden ist seit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak. Bomben bekämpfen vielleicht den Terror, aber sicherlich bringen sie neuen Terror hervor. Durch den Irakkrieg hat sich die Landschaft des Terrors entscheidend verändert. |
- | Wer übrigens den blutrünstigen Text der Marseillaise nicht mitsingen will, findet im Internet das „Lied der freyen Wöllsteiner“ von 1793 auf die gleiche Melodie. Da geht es wirklich um die Freiheit – um welche Freiheiten es insgesamt heute geht – das ist die Frage. Ist es die demokratische Freiheit der Verfassung? Ist es mehr als Konsumismus und Hedonismus? Über die Nachricht “Ein Luxushotel in einem der ärmsten Staaten der Welt wurde überfallen“ sollten wir noch länger nachdenken. | + | Wer übrigens den blutrünstigen Text der Marseillaise nicht mitsingen will, findet im Internet das „Lied der freyen Wöllsteiner“ von 1793 auf die gleiche Melodie. Da geht es wirklich um die Freiheit – um welche Freiheiten es insgesamt heute geht – das ist die Frage. Ist es die demokratische Freiheit der Verfassung? Ist es mehr als Konsumismus und Hedonismus? Über die Nachricht “Ein Luxushotel in einem der ärmsten Staaten der Welt wurde überfallen“ sollten wir noch länger nachdenken.\\ |
Die AfD wird aber auch bedient und bestärkt in ihren gehässigen Thesen. Sie findet dadurch mehr Anhänger, dass andere politische Akteure nichts tun oder zu viel tun, um ihr das Wasser abzugraben. | Die AfD wird aber auch bedient und bestärkt in ihren gehässigen Thesen. Sie findet dadurch mehr Anhänger, dass andere politische Akteure nichts tun oder zu viel tun, um ihr das Wasser abzugraben. | ||
- | Sie wird bedient durch eine Wirtschaft, von der heute kein klares Wort zu hören ist, dass die Verstümmelung des Asylrechts, nämlich die Verkürzung eines ersten Aufenthaltstitels auf ein Jahr, überhaupt keine Perspektive ist für Integration und für die Sicherung des Arbeitskräftepotentials. Seit mehr als einem Jahrzehnt hören wir täglich, dass 6,3 Millionen Arbeitskräfte aus der Zuwanderung gebraucht werden, um die demografische Lücke zu schließen. In diesen Tagen ist es ruhig geworden von den Unternehmern; | + | Sie wird bedient durch eine Wirtschaft, von der heute kein klares Wort zu hören ist, dass die Verstümmelung des Asylrechts, nämlich die Verkürzung eines ersten Aufenthaltstitels auf ein Jahr, überhaupt keine Perspektive ist für Integration und für die Sicherung des Arbeitskräftepotentials. Seit mehr als einem Jahrzehnt hören wir täglich, dass 6,3 Millionen Arbeitskräfte aus der Zuwanderung gebraucht werden, um die demografische Lücke zu schließen. In diesen Tagen ist es ruhig geworden von den Unternehmern; |
- | Und die AfD wird bedient von den bayrischen Dumpfbacken, | + | Und die AfD wird bedient von den bayrischen Dumpfbacken, |
- | Die AfD wird bedient von der CDU/CSU bzw. Teilen davon, die in der Regierung eine militante Opposition inszenieren, | + | Die AfD wird bedient von der CDU/CSU bzw. Teilen davon, die in der Regierung eine militante Opposition inszenieren, |
- | Die AfD wird auch bedient von vielen Medien. Seit einer Woche sieht man von morgens bis abends in allen Fernsehprogrammen die immer gleichen Bilder des Schreckens. Aus den Archiven werden die Schreckensbilder von früheren terroristischen Attentaten hervorgeholt und wieder verbreitet – Hauptsache Gewalt, Hauptsache Emotionen, Hauptsache Kanalisierung von Hass und Aggressivität. | + | Die AfD wird auch bedient von vielen Medien. Seit einer Woche sieht man von morgens bis abends in allen Fernsehprogrammen die immer gleichen Bilder des Schreckens. Aus den Archiven werden die Schreckensbilder von früheren terroristischen Attentaten hervorgeholt und wieder verbreitet – Hauptsache Gewalt, Hauptsache Emotionen, Hauptsache Kanalisierung von Hass und Aggressivität. |
- | Die Dramatisierung durch die Bilder hinterlässt mehr Schrecken als wir im Moment ahnen. Es bildet sich ein stabiles kollektives Unbewusstes heraus, das jederzeit mobilisiert werden kann. Vor allem, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv, kommt alles Unheil „von draußen“, | + | Die Dramatisierung durch die Bilder hinterlässt mehr Schrecken als wir im Moment ahnen. Es bildet sich ein stabiles kollektives Unbewusstes heraus, das jederzeit mobilisiert werden kann. Vor allem, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv, kommt alles Unheil „von draußen“, |
Und schließlich wird das Geschäft der AfD auch besorgt von wildgewordenen Demonstranten, | Und schließlich wird das Geschäft der AfD auch besorgt von wildgewordenen Demonstranten, | ||
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**Symposium zum 80. Geburtstag von Hans Thiersch an der Universität Lüneburg, 6.6.2015** | **Symposium zum 80. Geburtstag von Hans Thiersch an der Universität Lüneburg, 6.6.2015** | ||
- | Die Fragestellung mag überraschen angesichts der Beobachtung, | + | Die Fragestellung mag überraschen angesichts der Beobachtung, |
- | Als „ethnozentrisch“ werden in diesem Zusammenhang nicht nur diejenigen Muster der Wahrnehmung bezeichnet, die sich explizit auf Nation oder Volk, also verallgemeinerte Kollektive beziehen, sondern auch Bewertungen, | + | Als „ethnozentrisch“ werden in diesem Zusammenhang nicht nur diejenigen Muster der Wahrnehmung bezeichnet, die sich explizit auf Nation oder Volk, also verallgemeinerte Kollektive beziehen, sondern auch Bewertungen, |
Ich betrachte meinen Beitrag als einen Mosaikstein in der laufenden und weiterhin notwendigen Diskussion. Ich gehe aus von drei Beobachtungen, | Ich betrachte meinen Beitrag als einen Mosaikstein in der laufenden und weiterhin notwendigen Diskussion. Ich gehe aus von drei Beobachtungen, | ||
**Drei Beobachtungen** | **Drei Beobachtungen** | ||
- | Beim letzten Bundeskongress Soziale Arbeit in Hamburg habe ich beim Blick über die Köpfe der Anwesenden bei den Plenumsveranstaltungen die Kopftücher vermisst. Natürlich ist diese Wahrnehmung zunächst meiner eigenen Erwartung geschuldet, eine selbstverständliche Präsenz von Musliminnen, | + | |
- | Eine zweite Beobachtung bezieht sich auf die gegenwärtige Aufnahme von Flüchtlingen. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, | + | Beim letzten Bundeskongress Soziale Arbeit in Hamburg habe ich beim Blick über die Köpfe der Anwesenden bei den Plenumsveranstaltungen die Kopftücher vermisst. Natürlich ist diese Wahrnehmung zunächst meiner eigenen Erwartung geschuldet, eine selbstverständliche Präsenz von Musliminnen, |
+ | Eine zweite Beobachtung bezieht sich auf die gegenwärtige Aufnahme von Flüchtlingen. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, | ||
Auch eine dritte Beobachtung beruht nicht darauf, dass den Milieus der Sozialen Arbeit schlicht Rassismus vorgeworfen wird, sondern wohl darauf, dass die Kultur der Empathie und des Gutmachenwollens die Befangenheit in den Mustern der eigenen Lebenswelt verdeckt. So wird generell – von der Polizei bis zur Gefängnisseelsorge, | Auch eine dritte Beobachtung beruht nicht darauf, dass den Milieus der Sozialen Arbeit schlicht Rassismus vorgeworfen wird, sondern wohl darauf, dass die Kultur der Empathie und des Gutmachenwollens die Befangenheit in den Mustern der eigenen Lebenswelt verdeckt. So wird generell – von der Polizei bis zur Gefängnisseelsorge, | ||
**Eine methodische Zwischenbemerkung** | **Eine methodische Zwischenbemerkung** | ||
- | Die Beobachtungen sind selbstverständlich widersprüchlich. Denn sie thematisieren sowohl eine unzureichende als auch eine übertriebene Wahrnehmung von Differenz. Was aber als übertrieben oder als unzureichend verstanden werden kann, erscheint willkürlich. Erst in einer kritischen und empirischen Auseinandersetzung können solche Behauptungen, | + | |
- | Versteht man Lebensweltorientierung als ein „pragmatisches Konzept“ (Grunwald/ | + | Die Beobachtungen sind selbstverständlich widersprüchlich. Denn sie thematisieren sowohl eine unzureichende als auch eine übertriebene Wahrnehmung von Differenz. Was aber als übertrieben oder als unzureichend verstanden werden kann, erscheint willkürlich. Erst in einer kritischen und empirischen Auseinandersetzung können solche Behauptungen, |
- | Versteht man aber die „Lebensweltorientierte Soziale Arbeit“ als die Theorie des pragmatischen Konzepts, dann kann man ihre analytischen Möglichkeiten nutzen und nicht nur die Verstricktheiten des performativen Handelns untersuchen, | + | Versteht man Lebensweltorientierung als ein „pragmatisches Konzept“ (Grunwald/ |
+ | Versteht man aber die „Lebensweltorientierte Soziale Arbeit“ als die Theorie des pragmatischen Konzepts, dann kann man ihre analytischen Möglichkeiten nutzen und nicht nur die Verstricktheiten des performativen Handelns untersuchen, | ||
Die Texte zur Sozialen Arbeit stellen dabei eine bestimmte Diskursebene dar. Sie vermitteln thematisch und inhaltlich zwischen teils wissenschaftlichen, | Die Texte zur Sozialen Arbeit stellen dabei eine bestimmte Diskursebene dar. Sie vermitteln thematisch und inhaltlich zwischen teils wissenschaftlichen, | ||
**Vier empirische Beispiele** | **Vier empirische Beispiele** | ||
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Ein Beispiel für die starke Wirkung der eigenen Lebenswelt finden wir bei Klaus Mollenhauer (1996). So wird von ihm mit großer Selbstverständlichkeit " | Ein Beispiel für die starke Wirkung der eigenen Lebenswelt finden wir bei Klaus Mollenhauer (1996). So wird von ihm mit großer Selbstverständlichkeit " | ||
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„In Deutschland wächst eine erhebliche Zahl an Kindern und Jugendlichen auf, für die es zum Alltag gehört, dass ihre Eltern nicht hierzulande geboren sind und dass ihre Großeltern zumindest zum Teil nicht hier in Deutschland leben. Sie erleben Heterogenität in vielen alltäglichen Dingen von Kindesbeinen an. Sie entwickeln daraus Stärken und Kompetenzen, | „In Deutschland wächst eine erhebliche Zahl an Kindern und Jugendlichen auf, für die es zum Alltag gehört, dass ihre Eltern nicht hierzulande geboren sind und dass ihre Großeltern zumindest zum Teil nicht hier in Deutschland leben. Sie erleben Heterogenität in vielen alltäglichen Dingen von Kindesbeinen an. Sie entwickeln daraus Stärken und Kompetenzen, | ||
- | Gerade an diesem Text kann gezeigt werden, dass es nicht um richtig oder falsch einer Situationsbeschreibung geht, auch dass es nicht um mangelndes Verständnis für die Lage bestimmter Gruppen von Kindern und Jugendlichen geht. Warum aber werden bestimmte Merkmale einer Gruppe zugeschrieben oder nur einer Gruppe? Der Jugendbericht analysiert das Aufwachsen in modernen Gesellschaften so, dass die genannten Erfahrungsmerkmale für alle Kinder zutreffen, dass die kulturelle und soziale Differenziertheit der Gesellschaft als universell verbreitet angenommen werden kann. In diesen strukturellen Beschreibungen werden diese personenunabhängig, | + | Gerade an diesem Text kann gezeigt werden, dass es nicht um richtig oder falsch einer Situationsbeschreibung geht, auch dass es nicht um mangelndes Verständnis für die Lage bestimmter Gruppen von Kindern und Jugendlichen geht. Warum aber werden bestimmte Merkmale einer Gruppe zugeschrieben oder nur einer Gruppe? Der Jugendbericht analysiert das Aufwachsen in modernen Gesellschaften so, dass die genannten Erfahrungsmerkmale für alle Kinder zutreffen, dass die kulturelle und soziale Differenziertheit der Gesellschaft als universell verbreitet angenommen werden kann. In diesen strukturellen Beschreibungen werden diese personenunabhängig, |
- | Insbesondere zu dieser Vorstellung von der Harmonie lebensweltlicher Strukturen gibt es nicht nur eine lange Kritik sozialwissenschaftlicher Studien. Gerade im Hinblick auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, | + | Insbesondere zu dieser Vorstellung von der Harmonie lebensweltlicher Strukturen gibt es nicht nur eine lange Kritik sozialwissenschaftlicher Studien. Gerade im Hinblick auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, |
„Hierzulande“ ist der Ort, von dem aus die Erkenntnis über Migrantenkinder formuliert wird, und wer hierher kommt, muss wohl Fremdheitserfahrungen machen. Auch dass Selbstverständlichkeiten keine sind, sondern ihre Eindeutigkeit verlieren, ist eine Beobachtung, | „Hierzulande“ ist der Ort, von dem aus die Erkenntnis über Migrantenkinder formuliert wird, und wer hierher kommt, muss wohl Fremdheitserfahrungen machen. Auch dass Selbstverständlichkeiten keine sind, sondern ihre Eindeutigkeit verlieren, ist eine Beobachtung, | ||
Auch in einer neueren, an sich verdienstvollen Dissertation in der Tradition der Mädchenhausbewegung findet sich die Dominanz eigenkultureller Wertsetzungen bei der Wahrnehmung des Fremden. Der „Rollenzerfall migrierter Personen“ (Kirchhart 2008, S. 220) rückt in den Mittelpunkt der Betrachtung und bildet eine Interpretationsfolie für heterogene Beobachtungen. Zwar werden ähnliche Problemlagen, | Auch in einer neueren, an sich verdienstvollen Dissertation in der Tradition der Mädchenhausbewegung findet sich die Dominanz eigenkultureller Wertsetzungen bei der Wahrnehmung des Fremden. Der „Rollenzerfall migrierter Personen“ (Kirchhart 2008, S. 220) rückt in den Mittelpunkt der Betrachtung und bildet eine Interpretationsfolie für heterogene Beobachtungen. Zwar werden ähnliche Problemlagen, | ||
- | Ein letztes Beispiel kommt zwar nicht direkt aus der Sozialpädagogik, | + | Ein letztes Beispiel kommt zwar nicht direkt aus der Sozialpädagogik, |
„Die besonders schwachen Schüler stammen ganz überwiegend aus Familien, in denen Vater und Mutter selbst nur wenig gebildet sind. Viele von ihnen sind nach Deutschland eingewandert. Sie sind meist schon längere Zeit arbeitslos, verhältnismäßig arm und oft auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im Laufe der Jahre geraten sie in eine verfestigte randständige Lage und sehen keine Chance mehr, sich durch eigene Anstrengungen daraus zu befreien.“ (S. 51) Diese Gruppen verursachen dann „riesige Summen von Wohlfahrtsaufwendungen und darüber hinaus große Produktionsausfälle“ (S. 225). Das „Heer von Enttäuschten und Ausgestoßenen“ (S. 226) bildet eine „soziale Unterklasse von unmotivierten Jugendlichen“, | „Die besonders schwachen Schüler stammen ganz überwiegend aus Familien, in denen Vater und Mutter selbst nur wenig gebildet sind. Viele von ihnen sind nach Deutschland eingewandert. Sie sind meist schon längere Zeit arbeitslos, verhältnismäßig arm und oft auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im Laufe der Jahre geraten sie in eine verfestigte randständige Lage und sehen keine Chance mehr, sich durch eigene Anstrengungen daraus zu befreien.“ (S. 51) Diese Gruppen verursachen dann „riesige Summen von Wohlfahrtsaufwendungen und darüber hinaus große Produktionsausfälle“ (S. 225). Das „Heer von Enttäuschten und Ausgestoßenen“ (S. 226) bildet eine „soziale Unterklasse von unmotivierten Jugendlichen“, | ||
Auch hier wird das Glück der modernen Seligkeit getrübt durch die Invasion der Rückständigkeit, | Auch hier wird das Glück der modernen Seligkeit getrübt durch die Invasion der Rückständigkeit, | ||
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**Abschließende These** | **Abschließende These** | ||
- | Natürlich rechtfertigen die willkürliche Auswahl der Beispiele und die unsystematischen Beobachtungen nur eine spekulative These. Auch ist darauf hinzuweisen, | + | |
+ | Natürlich rechtfertigen die willkürliche Auswahl der Beispiele und die unsystematischen Beobachtungen nur eine spekulative These. Auch ist darauf hinzuweisen, | ||
Mehr denn je gehören diese Fragen in die Ausbildung der Sozialen Berufe. Denn die wenigen empirischen Studien zum tatsächlichen pädagogischen Handeln in sozialpädagogischen Einrichtungen stellen „kulturalistische Argumentationsweisen“ (Nortman 2010) oder rassistische Vernachlässigungen der Subjektperspektive (Melter 2006) fest. Dabei zeigt sich, dass auch der Interkulturalismus als generalisierte Handlungsstrategie die eigenen Befangenheiten ausblendet und sich anheischig macht, den anderen besser zu verstehen als er es selbst vermag. Diese Überheblichkeit aber ist eine spezifische Tradition der Sozialen Berufe, die schon immer mit Differenz umgehen müssen. Sie können sie weder wegdefinieren noch pathologisieren noch kulturalisieren. Diese Einsicht in der Tradition von „Etwas fehlt“ (Brumlik/ | Mehr denn je gehören diese Fragen in die Ausbildung der Sozialen Berufe. Denn die wenigen empirischen Studien zum tatsächlichen pädagogischen Handeln in sozialpädagogischen Einrichtungen stellen „kulturalistische Argumentationsweisen“ (Nortman 2010) oder rassistische Vernachlässigungen der Subjektperspektive (Melter 2006) fest. Dabei zeigt sich, dass auch der Interkulturalismus als generalisierte Handlungsstrategie die eigenen Befangenheiten ausblendet und sich anheischig macht, den anderen besser zu verstehen als er es selbst vermag. Diese Überheblichkeit aber ist eine spezifische Tradition der Sozialen Berufe, die schon immer mit Differenz umgehen müssen. Sie können sie weder wegdefinieren noch pathologisieren noch kulturalisieren. Diese Einsicht in der Tradition von „Etwas fehlt“ (Brumlik/ | ||
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Dirim, | Dirim, | ||
- | Grundwald, K./ | + | Grunwald, K./ |
Hurrelmann, K./ | Hurrelmann, K./ | ||
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Kirchhart, St. (2008): Inobhutnahme in Theorie und Praxis. Grundlagen der stationären Krisenintervention in der Jugendhilfe und empirische Untersuchung in einer Inobhutnahmeeinrichtung für Mädchen, Bad Heilbrunn | Kirchhart, St. (2008): Inobhutnahme in Theorie und Praxis. Grundlagen der stationären Krisenintervention in der Jugendhilfe und empirische Untersuchung in einer Inobhutnahmeeinrichtung für Mädchen, Bad Heilbrunn | ||
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Melter, | Melter, | ||
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Mollenhauer, | Mollenhauer, | ||
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Norman, A.(2010): „Migrationshintergrund ist halt auch irgendwie Thema“. Eltern mit Migrationshintergrund im Kontext der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Freiburg im Breisgau. | Norman, A.(2010): „Migrationshintergrund ist halt auch irgendwie Thema“. Eltern mit Migrationshintergrund im Kontext der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Freiburg im Breisgau. | ||
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Meine Damen und Herren! | Meine Damen und Herren! | ||
- | Das Wichtigste zuerst: Blicken wir auf die Brille, die wir aufhaben. Das Bild von Kindern auf der Flucht ist eindeutig. Kinder sind in jedem Fall die Opfer der Verhältnisse. Die Opfer in Krieg und Zerstörung, | + | Das Wichtigste zuerst: Blicken wir auf die Brille, die wir aufhaben. Das Bild von Kindern auf der Flucht ist eindeutig. Kinder sind in jedem Fall die Opfer der Verhältnisse. Die Opfer in Krieg und Zerstörung, |
Aber wir, also diese ganze Gesellschaft, | Aber wir, also diese ganze Gesellschaft, | ||
Und der Blick auf die Opferkinder wird gelegentlich irritiert. Wir sehen, dass die Kinder in Idomeni miteinander spielen, dass sie in der Matschepampe fröhlich spielen, wie es die hiesigen Kinder verboten bekommen. Wir sehen die wenigen Kinder in Kobane bei ihren Streifzügen in den Ruinen und Trümmern. Die Flucht erscheint gelegentlich wie ein großes Abenteuer, mit vielen anderen Kindern gemeinsam, im Schutz der Familie und der Verwandtschaft. Trotz der Entbehrungen und Belastungen zeigen sich die Kinder stolz und selbstbewusst über das, was sie können. Wenn die modische Rede von der agency, der Handlungsmächtigkeit, | Und der Blick auf die Opferkinder wird gelegentlich irritiert. Wir sehen, dass die Kinder in Idomeni miteinander spielen, dass sie in der Matschepampe fröhlich spielen, wie es die hiesigen Kinder verboten bekommen. Wir sehen die wenigen Kinder in Kobane bei ihren Streifzügen in den Ruinen und Trümmern. Die Flucht erscheint gelegentlich wie ein großes Abenteuer, mit vielen anderen Kindern gemeinsam, im Schutz der Familie und der Verwandtschaft. Trotz der Entbehrungen und Belastungen zeigen sich die Kinder stolz und selbstbewusst über das, was sie können. Wenn die modische Rede von der agency, der Handlungsmächtigkeit, | ||
Und noch einmal werden die Bilder von den Kindern irritiert. Kinder werden zu einem Mittel im Kampf um Asyl. Die Eltern in Idomeni und anderswo haben ihre Kinder mit Plakaten ausgestattet mit Aufschriften in Deutsch. Sobald irgendwo eine Fernsehkamera erscheint, werden die Kinder ihr zugewandt und zum Rufen aufgefordert. Die Kinder werden für den Willen, aber auch für die Verzweiflung der Eltern instrumentalisiert. Und manche Spendenaktion verwendet die Kinderbilder zur Aquisition von Geld. Pro Asyl dagegen informiert zwar politisch, aber verwendet auch dazu das Bild von den Kindern als Opfer. So heißt es in einem Aufruf Mitte März: „In Griechenland sitzen mittlerweile schätzungsweise 42.000 Menschen fest, mehr als 13.000 davon harren momentan direkt an der Grenze in Idomeni aus – darunter Menschen mit Behinderungen, | Und noch einmal werden die Bilder von den Kindern irritiert. Kinder werden zu einem Mittel im Kampf um Asyl. Die Eltern in Idomeni und anderswo haben ihre Kinder mit Plakaten ausgestattet mit Aufschriften in Deutsch. Sobald irgendwo eine Fernsehkamera erscheint, werden die Kinder ihr zugewandt und zum Rufen aufgefordert. Die Kinder werden für den Willen, aber auch für die Verzweiflung der Eltern instrumentalisiert. Und manche Spendenaktion verwendet die Kinderbilder zur Aquisition von Geld. Pro Asyl dagegen informiert zwar politisch, aber verwendet auch dazu das Bild von den Kindern als Opfer. So heißt es in einem Aufruf Mitte März: „In Griechenland sitzen mittlerweile schätzungsweise 42.000 Menschen fest, mehr als 13.000 davon harren momentan direkt an der Grenze in Idomeni aus – darunter Menschen mit Behinderungen, | ||
- | Ich nenne die Reflexion auf unsere Bilder im Kopf die erste Aufgabe, weil die mediengemachten Bilder unsere Motivationen anstacheln, helfen zu wollen, wo Not herrscht. Aber der typische Blick der Willkommenskultur erfasst nur eine Seite der Medaille und macht die Helfer und Helferinnen nicht nur verletzlich, | + | Ich nenne die Reflexion auf unsere Bilder im Kopf die erste Aufgabe, weil die mediengemachten Bilder unsere Motivationen anstacheln, helfen zu wollen, wo Not herrscht. Aber der typische Blick der Willkommenskultur erfasst nur eine Seite der Medaille und macht die Helfer und Helferinnen nicht nur verletzlich, |
- | Es gibt übrigens auch realistische Bilder: Ein Bild (Zeitonline 3.4.2016) kann aufklärerisch sein, mehr als alle Worte. An einem Strand auf Fuerteventura sonnen sich drei Urlauber im Hintergrund des Bildes, im Vordergrund kriecht ein Flüchtling aus Afrika, offensichtlich total erschöpft, über den heißen Sand. Also erst wenn wir „uns“ miteinbeziehen und abbilden lassen, entsteht ein Zusammenhang. | + | Es gibt übrigens auch realistische Bilder: Ein Bild (Zeitonline 3.4.2016) kann aufklärerisch sein, mehr als alle Worte. An einem Strand auf Fuerteventura sonnen sich drei Urlauber im Hintergrund des Bildes, im Vordergrund kriecht ein Flüchtling aus Afrika, offensichtlich total erschöpft, über den heißen Sand. Also erst wenn wir „uns“ miteinbeziehen und abbilden lassen, entsteht ein Zusammenhang.\\ |
Es geht dabei nicht um einen „realistischen“ Blick auf Kinder und Jugendliche. Es geht um die selbstkritische Erweiterung unserer Wahrnehmung, | Es geht dabei nicht um einen „realistischen“ Blick auf Kinder und Jugendliche. Es geht um die selbstkritische Erweiterung unserer Wahrnehmung, | ||
**Kinder** | **Kinder** | ||
+ | |||
Wir haben einen hervorragenden rechtlichen Rahmen, um das zu geben, was Kinder nach der Flucht brauchen. Deutschland ist eines von 195 Ländern, die die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet haben. Es war schon sehr schäbig gewesen, dass eines der reichsten Länder bis 2010 Vorbehalte formuliert hatte, die gerade die Verpflichtung für Kinder auf und nach der Flucht betrafen. Bei der Realisierung des Rechts auf Bildung gelten jetzt überhaupt keine Einschränkungen mehr. Das Recht des Kindes auf Bildung steht jedem Kind ohne Diskriminierung zu (Art. 2). Das Wohl des Kindes muss mit Vorrang berücksichtigt werden (Art. 3), die Entwicklung des Kindes muss in größtmöglichem Umfang gewährleistet werden (Art. 6) und die Meinung des Kindes muss in Entscheidungen über die Umsetzung des Rechts auf Bildung mit Gewicht einbezogen werden (Art. 12). Auch zugewanderte Kinder mit Behinderungen genießen sämtliche Rechte. Das Besondere ist darüber hinaus, dass diese Rechte in allen Phasen des Migrations- und Fluchtprozesses gelten müssen, also nicht erst, wenn ein bestimmter Rechtsstatus erreicht ist. | Wir haben einen hervorragenden rechtlichen Rahmen, um das zu geben, was Kinder nach der Flucht brauchen. Deutschland ist eines von 195 Ländern, die die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet haben. Es war schon sehr schäbig gewesen, dass eines der reichsten Länder bis 2010 Vorbehalte formuliert hatte, die gerade die Verpflichtung für Kinder auf und nach der Flucht betrafen. Bei der Realisierung des Rechts auf Bildung gelten jetzt überhaupt keine Einschränkungen mehr. Das Recht des Kindes auf Bildung steht jedem Kind ohne Diskriminierung zu (Art. 2). Das Wohl des Kindes muss mit Vorrang berücksichtigt werden (Art. 3), die Entwicklung des Kindes muss in größtmöglichem Umfang gewährleistet werden (Art. 6) und die Meinung des Kindes muss in Entscheidungen über die Umsetzung des Rechts auf Bildung mit Gewicht einbezogen werden (Art. 12). Auch zugewanderte Kinder mit Behinderungen genießen sämtliche Rechte. Das Besondere ist darüber hinaus, dass diese Rechte in allen Phasen des Migrations- und Fluchtprozesses gelten müssen, also nicht erst, wenn ein bestimmter Rechtsstatus erreicht ist. | ||
- | Wie so oft hat auch die Europäische Union keine schlechten Rahmenbedingungen als verbindlich für die Mitgliedsländer formuliert: Auch die reformierte EU-Aufnahmerichtlinie (RL 2013/ | + | Wie so oft hat auch die Europäische Union keine schlechten Rahmenbedingungen als verbindlich für die Mitgliedsländer formuliert: Auch die reformierte EU-Aufnahmerichtlinie (RL 2013/ |
Die Kinderrechtskonvention hat ebenfalls einen eigenen Artikel, nämlich Artikel 22, zu Flüchtlingskindern. | Die Kinderrechtskonvention hat ebenfalls einen eigenen Artikel, nämlich Artikel 22, zu Flüchtlingskindern. | ||
„(1) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, | „(1) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, | ||
- | Das Recht auf Bildung ist aber in vielfacher Weise gesetzlich und faktisch eingeschränkt. | + | Das Recht auf Bildung ist aber in vielfacher Weise gesetzlich und faktisch eingeschränkt.\\ |
Vielfach „erleben geflüchtete Kinder und ihre Eltern in vielen Fällen, dass es größte Mühe bereitet, eine Kita oder Schule zu finden – und zudem eine, die in erreichbarer Nähe des Wohnortes liegt. Der Zugang zu Kindertagesstätten ist häufig aufgrund langer Wartelisten erschwert und Kitas sind nicht bedarfsgerecht ausgestattet.“ (Initiative Bildungsrecht, | Vielfach „erleben geflüchtete Kinder und ihre Eltern in vielen Fällen, dass es größte Mühe bereitet, eine Kita oder Schule zu finden – und zudem eine, die in erreichbarer Nähe des Wohnortes liegt. Der Zugang zu Kindertagesstätten ist häufig aufgrund langer Wartelisten erschwert und Kitas sind nicht bedarfsgerecht ausgestattet.“ (Initiative Bildungsrecht, | ||
- | Man kann den Stand der Forschung über die Probleme des Bildungswesens folgendermaßen zusammenfassen: | + | Man kann den Stand der Forschung über die Probleme des Bildungswesens folgendermaßen zusammenfassen: |
„Quantitativ basierte Gesamtüberblicke zu Flüchtlingen an allgemeinbildenden Schulen fehlen. Zwar lässt sich die Zahl der minderjährigen Asylsuchenden bundesweit beziffern, es existieren jedoch keine Zahlen darüber, wie viele davon an welchen Schulen in welchem Bundesland einen Platz haben. Eine gesetzliche Schulpflicht für minderjährige Asylbewerber, | „Quantitativ basierte Gesamtüberblicke zu Flüchtlingen an allgemeinbildenden Schulen fehlen. Zwar lässt sich die Zahl der minderjährigen Asylsuchenden bundesweit beziffern, es existieren jedoch keine Zahlen darüber, wie viele davon an welchen Schulen in welchem Bundesland einen Platz haben. Eine gesetzliche Schulpflicht für minderjährige Asylbewerber, | ||
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Ein solcher Anspruch ist nur mit einem Master-Plan zu realisieren. Davon ist noch nichts zu sehen. Die Runden Tische scheinen hier im Land sehr unterschiedlich zu funktionieren. Die alten Prinzipien des Erlasses für die Förderung von Migrantenkindern gelten weiter, Geld wird bereitgestellt, | Ein solcher Anspruch ist nur mit einem Master-Plan zu realisieren. Davon ist noch nichts zu sehen. Die Runden Tische scheinen hier im Land sehr unterschiedlich zu funktionieren. Die alten Prinzipien des Erlasses für die Förderung von Migrantenkindern gelten weiter, Geld wird bereitgestellt, | ||
- | Es geht aber noch um mehr. Angesichts des aufblühenden Rassismus in Deutschland bekommt der Artikel 29 der Konvention, der die Bildungsziele behandelt, besondere Bedeutung. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, | + | Es geht aber noch um mehr. Angesichts des aufblühenden Rassismus in Deutschland bekommt der Artikel 29 der Konvention, der die Bildungsziele behandelt, besondere Bedeutung. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, |
Die Zuwanderung von Flüchtlingen und der Rassismus erfordern gerade nicht nur ein technokratisch zu vollbringendes Integrationsmanagement, | Die Zuwanderung von Flüchtlingen und der Rassismus erfordern gerade nicht nur ein technokratisch zu vollbringendes Integrationsmanagement, | ||
**Flucht** | **Flucht** | ||
+ | |||
Damit der Überblick erhalten bleibt, möchte ich zunächst einige Daten zur Einwanderungssituation referieren: | Damit der Überblick erhalten bleibt, möchte ich zunächst einige Daten zur Einwanderungssituation referieren: | ||
- | 475 000 Asylanträge wurden im gesamten Jahr 2015 gestellt. Genau 50% der Anträge betreffen Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahre. Im 1. Quartal 2016 wurden 181.000 Asylanträge (davon etwa 50 Prozent von syrischen Staatsangehörigen) gestellt. In diesem Zeitraum wurden etwa 150.000 Entscheidungen getroffen. Die vom Bundesamt dabei errechnete „Gesamtschutzquote“ | + | 475 000 Asylanträge wurden im gesamten Jahr 2015 gestellt. Genau 50% der Anträge betreffen Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahre. Im 1. Quartal 2016 wurden 181.000 Asylanträge (davon etwa 50 Prozent von syrischen Staatsangehörigen) gestellt. In diesem Zeitraum wurden etwa 150.000 Entscheidungen getroffen. Die vom Bundesamt dabei errechnete „Gesamtschutzquote“ |
Die Daten über die Asylsuchenden müssen eingeordnet werden in die Strukturen der ausländischen Wohnbevölkerung und zum Migrationsgeschehen. Im März 2015 lebten in Deutschland 8.314.689 Ausländer. Davon waren 800.000 unter 16 Jahren alt, etwa 9,5 %. Die ausländische Bevölkerung ist zwar jünger als die einheimische, | Die Daten über die Asylsuchenden müssen eingeordnet werden in die Strukturen der ausländischen Wohnbevölkerung und zum Migrationsgeschehen. Im März 2015 lebten in Deutschland 8.314.689 Ausländer. Davon waren 800.000 unter 16 Jahren alt, etwa 9,5 %. Die ausländische Bevölkerung ist zwar jünger als die einheimische, | ||
- | Auch deshalb gibt in Europa keinen Kampf gegen die Fluchtursachen, | + | Auch deshalb gibt in Europa keinen Kampf gegen die Fluchtursachen, |
- | Der Kampf gegen die Flüchtlinge ist ein Kaufen von Zeit, weil keine der Fluchtursachen beseitigt wird. Die Waffen aus Deutschland wandern ungestört in den Nahen Osten, die Freihandelsabkommen mit Afrika und den Ländern des Nahen Ostens werden intensiviert. Das hochproduktive Europa und Nordamerika und China überfluten diese Länder mit Lebensmittel und Fertigprodukten. Landflucht und Verarmung werden angeheizt, kein Land kann so Füße unter die eigene Entwicklung bekommen. Und das Geld der reichen Eliten wird von den europäischen Banken mit Handkuss angenommen und verheimlicht. | + | Der Kampf gegen die Flüchtlinge ist ein Kaufen von Zeit, weil keine der Fluchtursachen beseitigt wird. Die Waffen aus Deutschland wandern ungestört in den Nahen Osten, die Freihandelsabkommen mit Afrika und den Ländern des Nahen Ostens werden intensiviert. Das hochproduktive Europa und Nordamerika und China überfluten diese Länder mit Lebensmittel und Fertigprodukten. Landflucht und Verarmung werden angeheizt, kein Land kann so Füße unter die eigene Entwicklung bekommen. Und das Geld der reichen Eliten wird von den europäischen Banken mit Handkuss angenommen und verheimlicht.\\ |
Ein Beispiel ist auch das Embargo der Europäischen Union. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch die EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, | Ein Beispiel ist auch das Embargo der Europäischen Union. An dem Krieg der USA und Saudi-Arabiens gegen Syrien beteiligen sich auch die EU und die Bundesrepublik. Sie haben seit 2011 ein totales Embargo verhängt. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, | ||
- | Doch auch innergesellschaftlich geht der Kampf gegen die Flüchtlinge weiter, er wird sogar intensiviert. Im März 2016 berichtet der deutsche Innenminister über das von ihm geplante Gesetz zur „Integration“. „Der Innenminister will Flüchtlingen einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verwehren, wenn sie Deutschkurse verweigern und Arbeitsangebote ausschlagen“ – meldet die SZ am 29.3.2016. Zwar ist kein einziger Fall bekannt, dass Flüchtlinge Sprachkurse verweigert haben, aber Gesetze gegen Flüchtlinge bedürfen heute offensichtlich keiner Begründung mehr. Und nach Arbeit suchen sie händeringend. Sie dürfen vielfach nicht arbeiten. | + | Doch auch innergesellschaftlich geht der Kampf gegen die Flüchtlinge weiter, er wird sogar intensiviert. Im März 2016 berichtet der deutsche Innenminister über das von ihm geplante Gesetz zur „Integration“. „Der Innenminister will Flüchtlingen einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verwehren, wenn sie Deutschkurse verweigern und Arbeitsangebote ausschlagen“ – meldet die SZ am 29.3.2016. Zwar ist kein einziger Fall bekannt, dass Flüchtlinge Sprachkurse verweigert haben, aber Gesetze gegen Flüchtlinge bedürfen heute offensichtlich keiner Begründung mehr. Und nach Arbeit suchen sie händeringend. Sie dürfen vielfach nicht arbeiten.\\ |
- | Vor allem aber die Frage der Deutschkurse wird auf himmelschreiende Weise missbraucht. Denn am selben Tag wird gemeldet, dass allein in Rheinland-Pfalz Zehntausende Flüchtlinge auf Sprachkurse warten. Sie haben sich dafür gemeldet, bekommen aber keinen Platz – so eine Pressemitteilung des zuständigen Integrationsministeriums. (AZ 29.3.2016) Und die Sprachlehrer und Organisationen, | + | Vor allem aber die Frage der Deutschkurse wird auf himmelschreiende Weise missbraucht. Denn am selben Tag wird gemeldet, dass allein in Rheinland-Pfalz Zehntausende Flüchtlinge auf Sprachkurse warten. Sie haben sich dafür gemeldet, bekommen aber keinen Platz – so eine Pressemitteilung des zuständigen Integrationsministeriums. (AZ 29.3.2016) Und die Sprachlehrer und Organisationen, |
- | Das geplante Gesetz ist ein Integrationsverhinderungsgesetz. Denn wer weiß besser als die Flüchtlinge selbst, dass sie die deutsche Sprache brauchen. Ihnen zu unterstellen, | + | Das geplante Gesetz ist ein Integrationsverhinderungsgesetz. Denn wer weiß besser als die Flüchtlinge selbst, dass sie die deutsche Sprache brauchen. Ihnen zu unterstellen, |
- | Oder man verleumdet sie mit der Behauptung der Integrationsverweigerung. Zu einem Zeitpunkt, da in Deutschland genau 40 000 nach Artikel 16a des Grundgesetzes anerkannte Flüchtlinge leben, soll eine Wohnsitzauflage für diese Gruppe eingeführt werden. Für ein halbes Promille der Bevölkerung soll es dieses Instrument des „unverhältnismäßigen Eingriffs in das Recht auf Freizügigkeit und die freie Wahl des Wohnsitzes“ geben. Welche Perversität. „Solche Auflagen, nicht nur für Flüchtlinge im Asylverfahren, | + | Oder man verleumdet sie mit der Behauptung der Integrationsverweigerung. Zu einem Zeitpunkt, da in Deutschland genau 40 000 nach Artikel 16a des Grundgesetzes anerkannte Flüchtlinge leben, soll eine Wohnsitzauflage für diese Gruppe eingeführt werden. Für ein halbes Promille der Bevölkerung soll es dieses Instrument des „unverhältnismäßigen Eingriffs in das Recht auf Freizügigkeit und die freie Wahl des Wohnsitzes“ geben. Welche Perversität. „Solche Auflagen, nicht nur für Flüchtlinge im Asylverfahren, |
Dieses Gesetzesvorhaben ist Ausdruck einer völkischen Politik im Dienst einer nationalistischen Schließung der Gesellschaft. In Abgrenzung zu den Nationalisten geht es darum, mit einer neuen kulturellen und politischen Selbstinterpretation den Wandel der Gesellschaft zu gestalten. Wir sind mehr als eine Einwanderungsgesellschaft. Wir befinden uns in einer Transformation zu einem „neuen“ Deutschland. Die neuen deutschen Medienmacher mit Migrationshintergrund haben uns das schon vor Jahren erklärt. | Dieses Gesetzesvorhaben ist Ausdruck einer völkischen Politik im Dienst einer nationalistischen Schließung der Gesellschaft. In Abgrenzung zu den Nationalisten geht es darum, mit einer neuen kulturellen und politischen Selbstinterpretation den Wandel der Gesellschaft zu gestalten. Wir sind mehr als eine Einwanderungsgesellschaft. Wir befinden uns in einer Transformation zu einem „neuen“ Deutschland. Die neuen deutschen Medienmacher mit Migrationshintergrund haben uns das schon vor Jahren erklärt. | ||
**Pädagogik** | **Pädagogik** | ||
- | Mit der starken Zuwanderung von Asylsuchenden im vergangenen Jahr hat auch ein neuer Zyklus der gesellschaftlichen Bearbeitung eines Sozialen Problems begonnen. In diese Bearbeitung ist vor allem die Pädagogik, also das Bildungssystem und sie Soziale Arbeit, eingebunden. Wohnung und Arbeit sind die beiden anderen Säulen der sogenannten Integration. Am Anfang steht wie in den 1970er Jahren die alarmierende Entdeckung von Missständen bzw. Handlungsbedarfen. Eine Welle der Hilfsbereitschaft breitet sich aus und führt zu vielfältigen Unterstützungsangeboten für Kinder, überwiegend nicht in der Schule. So haben die vierhundert Initiativgruppen im Jahr 1971 vor allem Hausaufgabenhilfen und Sprachkurse außerhalb der Schulen organisiert. Die Ausländerpädagogik der damaligen Zeit wird heute umgeschrieben in eine Flüchtlingspädagogik. Eine komplementäre Hilfebeziehung strukturiert sie. | + | |
- | In der zweiten Stufe reagiert das System, also das Bildungssystem, | + | Mit der starken Zuwanderung von Asylsuchenden im vergangenen Jahr hat auch ein neuer Zyklus der gesellschaftlichen Bearbeitung eines Sozialen Problems begonnen. In diese Bearbeitung ist vor allem die Pädagogik, also das Bildungssystem und sie Soziale Arbeit, eingebunden. Wohnung und Arbeit sind die beiden anderen Säulen der sogenannten Integration. Am Anfang steht wie in den 1970er Jahren die alarmierende Entdeckung von Missständen bzw. Handlungsbedarfen. Eine Welle der Hilfsbereitschaft breitet sich aus und führt zu vielfältigen Unterstützungsangeboten für Kinder, überwiegend nicht in der Schule. So haben die vierhundert Initiativgruppen im Jahr 1971 vor allem Hausaufgabenhilfen und Sprachkurse außerhalb der Schulen organisiert. Die Ausländerpädagogik der damaligen Zeit wird heute umgeschrieben in eine Flüchtlingspädagogik. Eine komplementäre Hilfebeziehung strukturiert sie. \\ |
- | In der dritten Phase gilt das Problem als bearbeitet, die Gesellschaft beruhigt sich, die für die Lösung verantwortlichen Institutionen sind aber weiterhin unzufrieden, | + | In der zweiten Stufe reagiert das System, also das Bildungssystem, |
- | Wir befinden uns wahrscheinlich im Übergang von Phase eins zu Phase zwei. Die ersten Stimmen werden laut, dass der Freiwilligensektor auf Dauer überlastet ist. Auch bei den hilfsbereiten Profis machen sich schon Erschöpfungsphänomene bemerkbar. Die politische Steuerung muss nachfassen und wird bürokratische Festlegungen erlassen. Danach zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern zu groß sind und die Kultusministerkonferenz wird Rahmenrichtlinien erlassen – soweit sie nicht einfach die alten Richtlinien erneuert. Beim groß propagierten Kampf gegen Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung wurde das jetzt so gemacht: Minister Schäuble hat die Erklärung von 2009, nach der Finanzkrise, | + | In der dritten Phase gilt das Problem als bearbeitet, die Gesellschaft beruhigt sich, die für die Lösung verantwortlichen Institutionen sind aber weiterhin unzufrieden, |
+ | Wir befinden uns wahrscheinlich im Übergang von Phase eins zu Phase zwei. Die ersten Stimmen werden laut, dass der Freiwilligensektor auf Dauer überlastet ist. Auch bei den hilfsbereiten Profis machen sich schon Erschöpfungsphänomene bemerkbar. Die politische Steuerung muss nachfassen und wird bürokratische Festlegungen erlassen. Danach zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern zu groß sind und die Kultusministerkonferenz wird Rahmenrichtlinien erlassen – soweit sie nicht einfach die alten Richtlinien erneuert. Beim groß propagierten Kampf gegen Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung wurde das jetzt so gemacht: Minister Schäuble hat die Erklärung von 2009, nach der Finanzkrise, | ||
Auch wenn insgesamt zu erwarten ist, dass sich solche Ablaufmuster wiederholen, | Auch wenn insgesamt zu erwarten ist, dass sich solche Ablaufmuster wiederholen, | ||
- | 1. | + | 1.\\ |
- | Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang der Einleitung wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, | + | Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang der Einleitung wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, |
- | | + | |
In diesem Bild sind Ambivalenzen beseitigt, eine gefühlsbetonte Sicht auf das Kind überdeckt eine rationale Analyse. Das einzelne Kind kann nur noch als Fall von Hilfsbedürftigkeit wahrgenommen werden. Gegen diese Einseitigkeit soll ein pädagogisches Prinzip gesetzt werden, dass jedes Kind in seiner Handlungsfähigkeit, | In diesem Bild sind Ambivalenzen beseitigt, eine gefühlsbetonte Sicht auf das Kind überdeckt eine rationale Analyse. Das einzelne Kind kann nur noch als Fall von Hilfsbedürftigkeit wahrgenommen werden. Gegen diese Einseitigkeit soll ein pädagogisches Prinzip gesetzt werden, dass jedes Kind in seiner Handlungsfähigkeit, | ||
- | 2. | + | 2.\\ |
- | Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, | + | Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, |
- | Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, | + | Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, |
Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, | Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, | ||
- | 3. | + | 3.\\ |
- | Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur wider die Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, | + | Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur wider die Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, |
- | Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: | + | Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: |
- | „Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ … Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/ | + | „Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ … Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/ |
Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule. | Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule. | ||
- | „Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt: ‚Leute, ich will einfach nicht mehr. Ich liebe dieses Land, aber ich will ´ne bessere Bildung!‘ Und: ‚Schickt mich in die Türkei!‘ Das ist so´n Irrwitz, dass ich dann als jemand, der in Deutschland geboren ist, für´n Jahr in die Türkei geh´!“ (ebenda) | + | „Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt: ‚Leute, ich will einfach nicht mehr. Ich liebe dieses Land, aber ich will ´ne bessere Bildung!‘ Und: ‚Schickt mich in die Türkei!‘ Das ist so´n Irrwitz, dass ich dann als jemand, der in Deutschland geboren ist, für´n Jahr in die Türkei geh´!“ (ebenda)\\ |
Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“, | Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“, | ||
- | 4. | + | 4.\\ |
- | In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. | + | In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. |
Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27) | Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27) | ||
- | Eine Elfjährige, | + | Eine Elfjährige, |
Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, | Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, | ||
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**Literatur** | **Literatur** | ||
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2015): Das Bundesamt in Zahlen 2014. Asyl, Migration und Integration. Nürnberg. | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2015): Das Bundesamt in Zahlen 2014. Asyl, Migration und Integration. Nürnberg. | ||
Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, | Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, | ||
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**Vortrag am 30.4.2017, Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes Mainz** | **Vortrag am 30.4.2017, Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes Mainz** | ||
- | **Der Gegenstand: Kommunikation** | + | **Der Gegenstand: Kommunikation**\\ |
- | Nach Pegida und AfD haben die talkshows im Fernsehen seit Anfang Januar 2016 ein neues Fressen gefunden: die gefährlichen jungen Männer aus Marokko. Zwar ist über die tatsächlichen Vorgänge, weil die Polizei jetzt gründlich arbeitet, wenig bekannt. Aber genau dies, dass man Genaues nicht weiß, ist ideal für Diskurse, die sich ihrer empirischen Basis nicht vergewissern brauchen und wollen. Es geht um Vorstellungen und Phantasien in den Köpfen von Millionen, die nur medial etwas vom Thema erfahren. | + | Nach Pegida und AfD haben die talkshows im Fernsehen seit Anfang Januar 2016 ein neues Fressen gefunden: die gefährlichen jungen Männer aus Marokko. Zwar ist über die tatsächlichen Vorgänge, weil die Polizei jetzt gründlich arbeitet, wenig bekannt. Aber genau dies, dass man Genaues nicht weiß, ist ideal für Diskurse, die sich ihrer empirischen Basis nicht vergewissern brauchen und wollen. Es geht um Vorstellungen und Phantasien in den Köpfen von Millionen, die nur medial etwas vom Thema erfahren.\\ |
- | In der öffentlichen Diskussion werden Meinungen gebildet und die Orientierungsmuster vermittelt, die angesichts der gesellschaftlichen Verunsicherung durch Polarisierung und Verlust des Systemvertrauens gebraucht werden. Monatelang waren die Talkshows im Jahr 2015 mit PEGIDA angefüllt; danach kam die AfD zu dieser Chance der Selbstdarstellung. Diese Shows folgen der Logik, dass die aggressivsten und auffälligsten Meinungen am meisten honoriert werden. So werden Gewalt und Kriminalität, | + | In der öffentlichen Diskussion werden Meinungen gebildet und die Orientierungsmuster vermittelt, die angesichts der gesellschaftlichen Verunsicherung durch Polarisierung und Verlust des Systemvertrauens gebraucht werden. Monatelang waren die Talkshows im Jahr 2015 mit PEGIDA angefüllt; danach kam die AfD zu dieser Chance der Selbstdarstellung. Diese Shows folgen der Logik, dass die aggressivsten und auffälligsten Meinungen am meisten honoriert werden. So werden Gewalt und Kriminalität, |
- | Hinzu kommt ein zweites Element in den Darstellungen von Flucht, Kriminalität und anderen Formen der scheinbaren Bedrohung. Insbesondere in den Bildern von der Silvesternacht 2015 in Köln, die vielfach einen völlig nichtssagenden Inhalt hatten, wurde die Bedrohung „auf den Begriff gebracht“, | + | Hinzu kommt ein zweites Element in den Darstellungen von Flucht, Kriminalität und anderen Formen der scheinbaren Bedrohung. Insbesondere in den Bildern von der Silvesternacht 2015 in Köln, die vielfach einen völlig nichtssagenden Inhalt hatten, wurde die Bedrohung „auf den Begriff gebracht“, |
- | In der ungehemmten Konkurrenz um Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen wird die Berichterstattung der Medien hektischer und aufgeregter und produziert so eine Steigerung von Ängsten. Und selbst wenn immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass beispielsweise „die meisten Muslime in Deutschland friedfertig“ seien – die Bilder sprechen eine andere Sprache. Die mit den Bildern transportierten Vorstellungen von Personen und Gruppen bzw. von Situationen legen fest, auf wen sich die Ängste beziehen können. Vor allem wird der Eindruck gefestigt, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv: alles Unheil kommt „von draußen“, | + | In der ungehemmten Konkurrenz um Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen wird die Berichterstattung der Medien hektischer und aufgeregter und produziert so eine Steigerung von Ängsten. Und selbst wenn immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass beispielsweise „die meisten Muslime in Deutschland friedfertig“ seien – die Bilder sprechen eine andere Sprache. Die mit den Bildern transportierten Vorstellungen von Personen und Gruppen bzw. von Situationen legen fest, auf wen sich die Ängste beziehen können. Vor allem wird der Eindruck gefestigt, und dies ist ein altes nationalistisches Motiv: alles Unheil kommt „von draußen“, |
Aber selbst dies spielt bei genauerer Betrachtung nur eine untergeordnete Rolle. Fakten, Tatsachen und Zusammenhänge der Außenwelt sind weniger bedeutsam als die inneren Zustände von Personen und ihre Wahrnehmungen im Kommunikationsprozess, | Aber selbst dies spielt bei genauerer Betrachtung nur eine untergeordnete Rolle. Fakten, Tatsachen und Zusammenhänge der Außenwelt sind weniger bedeutsam als die inneren Zustände von Personen und ihre Wahrnehmungen im Kommunikationsprozess, | ||
- | Von Marokko nach Deutschland | + | |
- | Wie trivial die Umstände der Produktion von Fluchtbewegungen sind, kann man am Beispiel der jungen Männer aus Marokko zeigen, die an Sylvester 2015 in Köln durch Diebstahl, Nötigungen und sexuelle Gewalt aufgefallen sein sollen. Aus Marokko hatte Deutschland ab 1963 Gastarbeiter/ | + | **Von Marokko nach Deutschland**\\ |
+ | Wie trivial die Umstände der Produktion von Fluchtbewegungen sind, kann man am Beispiel der jungen Männer aus Marokko zeigen, die an Sylvester 2015 in Köln durch Diebstahl, Nötigungen und sexuelle Gewalt aufgefallen sein sollen. Aus Marokko hatte Deutschland ab 1963 Gastarbeiter/ | ||
Es ist nicht so, dass in der Entwicklungshilfe zu wenig gegeben wird. Es ist vielmehr so, dass zu viel genommen wird. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; | Es ist nicht so, dass in der Entwicklungshilfe zu wenig gegeben wird. Es ist vielmehr so, dass zu viel genommen wird. Denn nach den Berechnungen des „Internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit“ fließt aus den sogenannten Entwicklungsländern ein riesiger Strom Geld in die Steueroasen und die reichen Länder der Welt. „Die Entwicklungsländer verlieren durch illegale Finanzströme jährlich ein Vielfaches dessen an Kapital, was sie durch öffentliche Entwicklungshilfe erhalten. Allein durch Preismanipulationen von Konzernen verlieren die armen Länder jährlich 160 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen; | ||
- | Von Deutschland nach Marokko | + | |
- | Die Modernisierung des Landes in vielen Schritten ist der europäisch induzierte Wandel, der auch „unsere“ Freiheiten, Möglichkeiten und Reichtümer mit sich bringt, dessen Früchte aber nur von den europäischen Ländern geerntet werden sollen. Natürlich lassen die Touristen auch Geld im Land – aber den Reibach machen die europäischen Organisatoren des Tourismus. Und die Touristen schwärmen davon, was sie für ihr Geld in Marokko kaufen können. Glauben die jungen Menschen in Marokko, sie könnten den Pfaden des Geldes folgen, dann sind sie illegal, unerwünscht und werden kein Asyl erhalten. | + | **Von Deutschland nach Marokko**\\ |
+ | Die Modernisierung des Landes in vielen Schritten ist der europäisch induzierte Wandel, der auch „unsere“ Freiheiten, Möglichkeiten und Reichtümer mit sich bringt, dessen Früchte aber nur von den europäischen Ländern geerntet werden sollen. Natürlich lassen die Touristen auch Geld im Land – aber den Reibach machen die europäischen Organisatoren des Tourismus. Und die Touristen schwärmen davon, was sie für ihr Geld in Marokko kaufen können. Glauben die jungen Menschen in Marokko, sie könnten den Pfaden des Geldes folgen, dann sind sie illegal, unerwünscht und werden kein Asyl erhalten.\\ | ||
Das Beispiel ist ungeeignet, um die gegenwärtig besonders für Europa relevanten Fluchtursachen zu beschreiben. Denn obwohl Marokko im „Asylpaket 2“ zum sicheren Herkunftsland erklärt wird und der Anschein einer wichtigen, die Einwanderung erheblich vermeidenden Entscheidung erweckt wird, geht es um eine kurzfristige Vermeidungsstrategie zur Abwehr der Flüchtlinge. Noch deutlicher wird der Charakter dieser Politik, wenn man überlegt, was im Falle der Ausweisung der marokkanischen jungen Menschen geschehen wird. Sie haben keine Erlaubnis zur Ausreise beantragt, was im Königreich Marokko wie im guten alten europäischen Feudalismus auch noch üblich ist, und gelten deshalb in Marokko als straffällig. Im Falle der Einkerkerung kann man sich den weiteren Lebens- und Migrationsweg vorstellen. Was aber die Situation der jungen Menschen in Marokko, von denen die Hälfte arbeitslos ist, ändern könnte, wäre der legale Einwanderungspfad für Afrika, den ProAsyl seit vielen Jahren fordert und der für wenige eine reale Chance, für viele aber eine einigermaßen realistische Hoffnung darstellen würde. | Das Beispiel ist ungeeignet, um die gegenwärtig besonders für Europa relevanten Fluchtursachen zu beschreiben. Denn obwohl Marokko im „Asylpaket 2“ zum sicheren Herkunftsland erklärt wird und der Anschein einer wichtigen, die Einwanderung erheblich vermeidenden Entscheidung erweckt wird, geht es um eine kurzfristige Vermeidungsstrategie zur Abwehr der Flüchtlinge. Noch deutlicher wird der Charakter dieser Politik, wenn man überlegt, was im Falle der Ausweisung der marokkanischen jungen Menschen geschehen wird. Sie haben keine Erlaubnis zur Ausreise beantragt, was im Königreich Marokko wie im guten alten europäischen Feudalismus auch noch üblich ist, und gelten deshalb in Marokko als straffällig. Im Falle der Einkerkerung kann man sich den weiteren Lebens- und Migrationsweg vorstellen. Was aber die Situation der jungen Menschen in Marokko, von denen die Hälfte arbeitslos ist, ändern könnte, wäre der legale Einwanderungspfad für Afrika, den ProAsyl seit vielen Jahren fordert und der für wenige eine reale Chance, für viele aber eine einigermaßen realistische Hoffnung darstellen würde. | ||
- | Zwischen Deutschland und Marokko | + | |
- | Das Beispiel ist aber sehr geeignet, die langfristig wirkenden strukturellen Beziehungen zwischen dem Maghreb und Europa, zwischen den Staaten um das Mittelmeer herum. Während einer Reise Ende Februar 2016 in die Maghreb-Staaten hat Bundesinnenminister De Maizière die Möglichkeiten abgeklärt, Tunesien, Algerien und Marokko als „sichere Herkunftsstaaten“ zu definieren. Dadurch sollen vor allem Abschiebungen erleichtert werden; gleichzeitig geht es um die Beschleunigung von Asylverfahren. Auch im Falle fehlender Personalpapiere soll durch Abgleichung der Fingerabdrücke die Abschiebung durchgesetzt werden können. „Die Klärung soll über Fingerabdrücke erfolgen, Marokko verfüge dazu über eine ‚vorzügliche Datenbank‘, | + | **Zwischen Deutschland und Marokko**\\ |
- | In der Ausländerstatistik von 2014 werden 65 000 Personen aus Marokko als in Deutschland lebend aufgeführt; | + | Das Beispiel ist aber sehr geeignet, die langfristig wirkenden strukturellen Beziehungen zwischen dem Maghreb und Europa, zwischen den Staaten um das Mittelmeer herum. Während einer Reise Ende Februar 2016 in die Maghreb-Staaten hat Bundesinnenminister De Maizière die Möglichkeiten abgeklärt, Tunesien, Algerien und Marokko als „sichere Herkunftsstaaten“ zu definieren. Dadurch sollen vor allem Abschiebungen erleichtert werden; gleichzeitig geht es um die Beschleunigung von Asylverfahren. Auch im Falle fehlender Personalpapiere soll durch Abgleichung der Fingerabdrücke die Abschiebung durchgesetzt werden können. „Die Klärung soll über Fingerabdrücke erfolgen, Marokko verfüge dazu über eine ‚vorzügliche Datenbank‘, |
+ | In der Ausländerstatistik von 2014 werden 65 000 Personen aus Marokko als in Deutschland lebend aufgeführt; | ||
Die Beziehungen zwischen Marokko und Deutschland sind nicht so umfangreich, | Die Beziehungen zwischen Marokko und Deutschland sind nicht so umfangreich, | ||
- | Noch einmal: Worum es geht | + | |
- | Bei dem Versuch, ethnozentrisch die „Reinheit“ der eigenen Gesellschaft herzustellen, | + | **Noch einmal: Worum es geht**\\ |
- | Ein zweiter Mechanismus ist die Exkommunikation dessen, was als Eigenes nicht zu leugnen ist. Nach den Pogromen in den sächsischen Gemeinden Clausnitz und Bautzen sagte der Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Das sind keine Menschen, die so etwas tun. Das sind Verbrecher.“ Unabhängig davon, wie die Taten im Einzelnen zu bewerten sind, so werden Personen, wie Götz Eisenberg feststellt (Nachdenkseiten 22.2.2016), ins Monströse verteufelt und aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen. Genau dies ist aber die Überschreitung einer Grenze, die die aufgeklärte Zivilität gezogen hat. Demagogischer könnte der mitverantwortliche Politiker nicht von seinen eigenen Versäumnissen ablenken. | + | Bei dem Versuch, ethnozentrisch die „Reinheit“ der eigenen Gesellschaft herzustellen, |
- | Wichtig aber ist, dass der rechtsextreme Terrorismus ebenso wie der millionenfache sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aus der eigenen Gesellschaft hinauskatapultiert wird. So werden auch die 13.800 Straf- und Gewalttaten von Rechtsextremen im Jahr 2015 (www.tagesschau.de/ | + | Ein zweiter Mechanismus ist die Exkommunikation dessen, was als Eigenes nicht zu leugnen ist. Nach den Pogromen in den sächsischen Gemeinden Clausnitz und Bautzen sagte der Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Das sind keine Menschen, die so etwas tun. Das sind Verbrecher.“ Unabhängig davon, wie die Taten im Einzelnen zu bewerten sind, so werden Personen, wie Götz Eisenberg feststellt (Nachdenkseiten 22.2.2016), ins Monströse verteufelt und aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen. Genau dies ist aber die Überschreitung einer Grenze, die die aufgeklärte Zivilität gezogen hat. Demagogischer könnte der mitverantwortliche Politiker nicht von seinen eigenen Versäumnissen ablenken.\\ |
+ | Wichtig aber ist, dass der rechtsextreme Terrorismus ebenso wie der millionenfache sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aus der eigenen Gesellschaft hinauskatapultiert wird. So werden auch die 13.800 Straf- und Gewalttaten von Rechtsextremen im Jahr 2015 (www.tagesschau.de/ | ||
Diese Themen und Tatsachen werden durchaus nicht verschwiegen, | Diese Themen und Tatsachen werden durchaus nicht verschwiegen, | ||
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**Referat anlässlich der Eröffnungsveranstaltung „Soziale Arbeit und Lehramt – Konvergierende Professionen in der Schule?“ zum Magisterstudiengang Schulsozialarbeit der Katholischen Universität Eichstätt, 7.11.2016** | **Referat anlässlich der Eröffnungsveranstaltung „Soziale Arbeit und Lehramt – Konvergierende Professionen in der Schule?“ zum Magisterstudiengang Schulsozialarbeit der Katholischen Universität Eichstätt, 7.11.2016** | ||
- | **Vorbemerkung** | + | **Vorbemerkung**\\ |
Was ist der Zweck der Schule? Die Kultivierung eines analytischen Verstands und die Pflege einer sich selbst reflektierenden Vernunft! Eine schöne Bestimmung, die im Alltag des Unterrichtens nicht immer sichtbar ist. Sie wird in der Funktion der Schule verdunkelt, durch belastende Emotionen blockiert, durch Macht und Aggressionen in den Beziehungen verhindert. Mit diesen Phänomenen hat die Schulsozialarbeit in vielerlei Form vor allem zu tun. Das ist nicht ihr Zweck, sondern ihre Tätigkeit ist ein Mittel um den Schulzweck zu realisieren. Aber sie bestimmt selbst, wie sie den Schulzweck definiert. In dieser Orientierung unterscheidet sie sich nicht vom Unterricht. | Was ist der Zweck der Schule? Die Kultivierung eines analytischen Verstands und die Pflege einer sich selbst reflektierenden Vernunft! Eine schöne Bestimmung, die im Alltag des Unterrichtens nicht immer sichtbar ist. Sie wird in der Funktion der Schule verdunkelt, durch belastende Emotionen blockiert, durch Macht und Aggressionen in den Beziehungen verhindert. Mit diesen Phänomenen hat die Schulsozialarbeit in vielerlei Form vor allem zu tun. Das ist nicht ihr Zweck, sondern ihre Tätigkeit ist ein Mittel um den Schulzweck zu realisieren. Aber sie bestimmt selbst, wie sie den Schulzweck definiert. In dieser Orientierung unterscheidet sie sich nicht vom Unterricht. | ||
Die Formulierung des Themas hat mir genügend Spielraum gelassen, um Schwerpunkte zu setzen. Das ist auch notwendig, denn Schulsozialarbeit ist ein intensiv beackertes Gebiet und Integration ist ein weites Feld. Bezogen auf die verschiedenen Schulformen hat sich Schulsozialarbeit ausdifferenziert und zwischen Grundschule und Berufsbildenden Schulen unterschiedliche Formen entwickelt und heterogene Schwerpunkte gesetzt. An den Hochschulen und Universitäten hat die Schulsozialarbeit dann den Titel „psychotherapeutische Beratungsstelle“ oder „Fachschaft“ angenommen. | Die Formulierung des Themas hat mir genügend Spielraum gelassen, um Schwerpunkte zu setzen. Das ist auch notwendig, denn Schulsozialarbeit ist ein intensiv beackertes Gebiet und Integration ist ein weites Feld. Bezogen auf die verschiedenen Schulformen hat sich Schulsozialarbeit ausdifferenziert und zwischen Grundschule und Berufsbildenden Schulen unterschiedliche Formen entwickelt und heterogene Schwerpunkte gesetzt. An den Hochschulen und Universitäten hat die Schulsozialarbeit dann den Titel „psychotherapeutische Beratungsstelle“ oder „Fachschaft“ angenommen. | ||
- | Ich möchte mich in meinem Beitrag auf die Berufsbildenden Schulen konzentrieren, | + | Ich möchte mich in meinem Beitrag auf die Berufsbildenden Schulen konzentrieren, |
- | Die Grundschule ist epochal reformiert und wird von allerlein Unsinn, wie zum Beispiel dem Schreiben nach Gehör, heimgesucht. Die Sekundarstufe 1 ist tausendfach modifiziert, | + | Die Grundschule ist epochal reformiert und wird von allerlein Unsinn, wie zum Beispiel dem Schreiben nach Gehör, heimgesucht. Die Sekundarstufe 1 ist tausendfach modifiziert, |
- | Aber die Berufsbildenden Schulen haben heute einen weiten Geltungsbereich vom Berufsvorbereitungsjahr bis hin zum Beruflichen Gymnasium. Sie vermitteln alle Abschlüsse und alle Abstiegs- sowie Aufstiegsmöglichkeiten. Sie wirken integrativ, weil sie auch schulisch gescheiterten Jugendlichen einen Wiedereinstieg in Bildungsprozesse ermöglichen und weil sie Jugendliche ohne jegliche formale Qualifikation aufzunehmen in der Lage sind. In dem Bundesland, aus dem ich komme, sind die Wege durch die Berufsbildende Schule vielfältiger als im gesamten Allgemeinbildenden Schulwesen. Die klassisch zu nennende Berufsschule im dualen Ausbildungssystem spielt noch eine Hauptrolle, aber Berufsvorbereitungsjahr, | + | Aber die Berufsbildenden Schulen haben heute einen weiten Geltungsbereich vom Berufsvorbereitungsjahr bis hin zum Beruflichen Gymnasium. Sie vermitteln alle Abschlüsse und alle Abstiegs- sowie Aufstiegsmöglichkeiten. Sie wirken integrativ, weil sie auch schulisch gescheiterten Jugendlichen einen Wiedereinstieg in Bildungsprozesse ermöglichen und weil sie Jugendliche ohne jegliche formale Qualifikation aufzunehmen in der Lage sind. In dem Bundesland, aus dem ich komme, sind die Wege durch die Berufsbildende Schule vielfältiger als im gesamten Allgemeinbildenden Schulwesen. Die klassisch zu nennende Berufsschule im dualen Ausbildungssystem spielt noch eine Hauptrolle, aber Berufsvorbereitungsjahr, |
- | Gerade im ländlichen Raum sind die Berufsbildenden Schulen ein Zentrum der regionalen Bildungsermöglichung. Die Berufsbildende Schule Simmern im Hunsrück, die ich kürzlich besuchte (nebenbei ein Hinweis für die Freunde der empirischen Forschung: n also gleich 1), diese Schule bietet fachschulische Bildungsgänge für Altenpflege, | + | Gerade im ländlichen Raum sind die Berufsbildenden Schulen ein Zentrum der regionalen Bildungsermöglichung. Die Berufsbildende Schule Simmern im Hunsrück, die ich kürzlich besuchte (nebenbei ein Hinweis für die Freunde der empirischen Forschung: n also gleich 1), diese Schule bietet fachschulische Bildungsgänge für Altenpflege, |
- | Durch wen wird dieses komplexe Gebilde zusammengehalten? | + | Durch wen wird dieses komplexe Gebilde zusammengehalten? |
Die beiden Arbeits- und Besprechungszimmer symbolisieren Orte der Integration. Wenn dabei von Integration gesprochen wird, dann nicht in dem migrationspolitisch eingeschränkten Sinn, sondern in einem soziologisch korrekten, nämlich universalistischen Sinn. Integration gehört wie Differenzierung, | Die beiden Arbeits- und Besprechungszimmer symbolisieren Orte der Integration. Wenn dabei von Integration gesprochen wird, dann nicht in dem migrationspolitisch eingeschränkten Sinn, sondern in einem soziologisch korrekten, nämlich universalistischen Sinn. Integration gehört wie Differenzierung, | ||
- | Ich möchte dafür ein Beispiel geben. In Hunderten von Dokumenten wird die unzureichende Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund mit den unterschiedlichen Bildungsabschlüssen aufgezeigt, manchmal auch bedauert oder kritisiert. So lange die Schulstatistik in der Vergangenheit auf eindeutige Kriterien zurückgegriffen hat, wurde der Bildungserfolg von Inländern und Ausländern verglichen. Über die Jahre haben 15% der ausländischen Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen, bei den inländischen Schülern lag die Quote bei 5 bis 6 %. Auf diese Differenz bezogen sich die Debatten mit unterschiedlichen Erklärungen, | + | Ich möchte dafür ein Beispiel geben. In Hunderten von Dokumenten wird die unzureichende Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund mit den unterschiedlichen Bildungsabschlüssen aufgezeigt, manchmal auch bedauert oder kritisiert. So lange die Schulstatistik in der Vergangenheit auf eindeutige Kriterien zurückgegriffen hat, wurde der Bildungserfolg von Inländern und Ausländern verglichen. Über die Jahre haben 15% der ausländischen Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen, bei den inländischen Schülern lag die Quote bei 5 bis 6 %. Auf diese Differenz bezogen sich die Debatten mit unterschiedlichen Erklärungen, |
- | Die projektive Verdrängung von Strukturproblemen wird noch deutlicher, wenn man die Tatsache der Armut in dieser Gesellschaft hinzunimmt. Dann zeigt sich nämlich, wie das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt in einer Panelstudie herausgearbeitet hat, dass in der migrantischen Bevölkerung die Bildungswege aus der Armut heraus zahlreicher und erfolgreicher sind als in der einheimischen Bevölkerung. In diesem Bevölkerungsteil sind nämlich erschöpfte Familien, sozialer Abstieg, berufliche Auszehrung und resignativer Anstrengungsverlust häufiger als in den Familien, die durch Migration ihr Schicksal verbessern wollen. In den nach der Migration folgenden Generationen wird deshalb der Bildungserfolg zahlreicher, | + | Die projektive Verdrängung von Strukturproblemen wird noch deutlicher, wenn man die Tatsache der Armut in dieser Gesellschaft hinzunimmt. Dann zeigt sich nämlich, wie das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt in einer Panelstudie herausgearbeitet hat, dass in der migrantischen Bevölkerung die Bildungswege aus der Armut heraus zahlreicher und erfolgreicher sind als in der einheimischen Bevölkerung. In diesem Bevölkerungsteil sind nämlich erschöpfte Familien, sozialer Abstieg, berufliche Auszehrung und resignativer Anstrengungsverlust häufiger als in den Familien, die durch Migration ihr Schicksal verbessern wollen. In den nach der Migration folgenden Generationen wird deshalb der Bildungserfolg zahlreicher, |
- | Diese Beobachtungen führen zurück zum systematischen Sinn des Integrationsbegriffs und zur Bedeutung der Schulsozialarbeit. Die Schule ist eine parapädagogische Institution der Leistungsauslese und der Einübung in die Regeln der Gesellschaft. Gesellschaftliche Anforderungen an jedes Individuum mildert sie als Schonraum ab, daraus resultieren pädagogische Imperative. Als Teil des Systems der Moderne rationalisiert sie aber Beziehungen unter dem Gesichtspunkt der strategischen Effektivität. Sie setzt dabei die normativen, auf liebevoller Zuwendung und solidarischen Handlungen beruhenden sozialen Motive voraus und verbraucht sie gleichzeitig mehr, als sie sie hervorbringen kann. Diese auflösende und verbrauchende Verbindung von System- und Sozialintegration braucht gerade in neoliberal umgebauten Gesellschaften und ihren Institutionen die Zufuhr von kommunikativem Handeln, von persönlicher Zuwendung und subjektorientierter Reflexion. Genau dies kann die Schulsozialarbeit. In ihr kommt Sozialpädagogik auf ihren Begriff. | + | Diese Beobachtungen führen zurück zum systematischen Sinn des Integrationsbegriffs und zur Bedeutung der Schulsozialarbeit. Die Schule ist eine parapädagogische Institution der Leistungsauslese und der Einübung in die Regeln der Gesellschaft. Gesellschaftliche Anforderungen an jedes Individuum mildert sie als Schonraum ab, daraus resultieren pädagogische Imperative. Als Teil des Systems der Moderne rationalisiert sie aber Beziehungen unter dem Gesichtspunkt der strategischen Effektivität. Sie setzt dabei die normativen, auf liebevoller Zuwendung und solidarischen Handlungen beruhenden sozialen Motive voraus und verbraucht sie gleichzeitig mehr, als sie sie hervorbringen kann. Diese auflösende und verbrauchende Verbindung von System- und Sozialintegration braucht gerade in neoliberal umgebauten Gesellschaften und ihren Institutionen die Zufuhr von kommunikativem Handeln, von persönlicher Zuwendung und subjektorientierter Reflexion. Genau dies kann die Schulsozialarbeit. In ihr kommt Sozialpädagogik auf ihren Begriff. |
- | Integration ist die Leistung der Schulsozialarbeit, | + | Integration ist die Leistung der Schulsozialarbeit, |
- | Wie dem auch sei – die Schulsozialarbeit hat nicht nur in den Berufsbildenden Schulen einen Schwerpunkt gefunden in der Unterstützung der Lehrkräfte und der Schüler und Schülerinnen im Berufsvorbereitungsjahr Sprache, in das heute sehr viele Jugendliche mit Fluchterfahrung eingeschult werden. Zweifellos ist der Erwerb der deutschen Sprache eine elementare Notwendigkeit für diese Jugendlichen. Das wissen sie selbst am besten. Wenn man ihnen dies immer wieder erklärt, sind sie zunächst erstaunt darüber, dass man ihren subjektiven Willen nicht zur Kenntnis nimmt. Gehen die Ermahnungen, | + | Wie dem auch sei – die Schulsozialarbeit hat nicht nur in den Berufsbildenden Schulen einen Schwerpunkt gefunden in der Unterstützung der Lehrkräfte und der Schüler und Schülerinnen im Berufsvorbereitungsjahr Sprache, in das heute sehr viele Jugendliche mit Fluchterfahrung eingeschult werden. Zweifellos ist der Erwerb der deutschen Sprache eine elementare Notwendigkeit für diese Jugendlichen. Das wissen sie selbst am besten. Wenn man ihnen dies immer wieder erklärt, sind sie zunächst erstaunt darüber, dass man ihren subjektiven Willen nicht zur Kenntnis nimmt. Gehen die Ermahnungen, |
- | Die Forderung, die Sprache erwerben zu müssen, ist ohnehin nicht eine pädagogische. Pädagogisch reflektiert steht das freundliche Wort am Anfang. Es muss nicht die Willkommenskultur der Teddybären sein, im Gegenteil. Es muss das freundliche Wort sein, das sich durchhält, gerade in den Schwierigkeiten der Ebenen und das die Klarheit eines Interesses an der Entwicklung des Jugendlichen um seiner selbst willen zum Ausdruck bringt. Empirisch kann man dies im Alltag jeder Schule beobachten, in manchen Schulen ist es stärker realisiert als in anderen. Je mehr es fehlt, braucht man die Schulsozialarbeit – freilich auch nur eine, die das, was sie von anderen erwartet, auch selbst realisieren kann, nämlich kommunikative Zuwendung und Bereitstellung von Reflexionsräumen. | + | Die Forderung, die Sprache erwerben zu müssen, ist ohnehin nicht eine pädagogische. Pädagogisch reflektiert steht das freundliche Wort am Anfang. Es muss nicht die Willkommenskultur der Teddybären sein, im Gegenteil. Es muss das freundliche Wort sein, das sich durchhält, gerade in den Schwierigkeiten der Ebenen und das die Klarheit eines Interesses an der Entwicklung des Jugendlichen um seiner selbst willen zum Ausdruck bringt. Empirisch kann man dies im Alltag jeder Schule beobachten, in manchen Schulen ist es stärker realisiert als in anderen. Je mehr es fehlt, braucht man die Schulsozialarbeit – freilich auch nur eine, die das, was sie von anderen erwartet, auch selbst realisieren kann, nämlich kommunikative Zuwendung und Bereitstellung von Reflexionsräumen. |
Aber mit den Berufsvorbereitungsklassen Sprache sind wir thematisch bei der üblicherweise gemeinten Bedeutung von Integration. Sie bezieht sich auf die Integration von zugewanderten Personen. Dass es sich um Personen handelt ist die erste wichtige Erinnerung in diesem Zusammenhang, | Aber mit den Berufsvorbereitungsklassen Sprache sind wir thematisch bei der üblicherweise gemeinten Bedeutung von Integration. Sie bezieht sich auf die Integration von zugewanderten Personen. Dass es sich um Personen handelt ist die erste wichtige Erinnerung in diesem Zusammenhang, | ||
- | Aber ich möchte mich trotz oder vielleicht wegen dieses gesellschaftlichen und politischen Rahmens für pädagogische Überlegungen zur Schulsozialarbeit auf die Aspekte konzentrieren, | + | Aber ich möchte mich trotz oder vielleicht wegen dieses gesellschaftlichen und politischen Rahmens für pädagogische Überlegungen zur Schulsozialarbeit auf die Aspekte konzentrieren, |
Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang zur Macht der Kollektivbilder wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von Kindern und unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, | Für die erste Beobachtung greife ich den Gedankengang zur Macht der Kollektivbilder wieder auf. Sie bezieht sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen seit dem „Zuwanderungsjahr“ 2015. Insbesondere in der Wahrnehmung von Kindern und unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen beherrscht die Annahme von Traumata die kollektive öffentliche Anamnese. Auch diejenigen, die keinen jungen Flüchtling kennen oder mit ihm arbeiten, können sich auf Grund der Medienbilder und des öffentlichen Meinungsbildes sicher sein, dass traumatische Belastungen die Lebenssituation der Flüchtlinge kennzeichnen. Die Bilder, die die Medien transportieren, | ||
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- | Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, | + | Traumata und die Posttraumatischen Belastungsstörungen sind aber keine Erfindung. Nach Vergewaltigung, |
- | Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, | + | Für die pädagogische Arbeit ergeben sich aus diesen Beobachtungen zwei Schlussfolgerungen. So wie im Falle von Kindesmissbrauch benötigen Pädagogen und Pädagoginnen eine geschulte Sensibilität für die Wahrnehmung der Umstände, mit denen die Kinder nicht mehr zurechtkommen. Gefühle von Angst, Schutzlosigkeit, |
Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, | Die zweite Schlussfolgerung zielt auf das pädagogische Handeln selbst. Denn dieses Handeln hat die Qualität, eine sichere Umwelt herzustellen, | ||
- | Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur entgegen der Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, | + | Womit wir uns zu Beginn der Beschulung von Flüchtlingskindern auseinandersetzen müssen, das ist das Muster der stereotypen Fehleinschätzung von Migrantenkindern. Wie das Stereotyp vom schlechten Schüler, dem nichts zugetraut wird und der nur entgegen der Einschätzung seiner Lehrer und Lehrerinnen Erfolg haben kann, hat das Stereotyp vom Migrantenkind die zurückliegenden Jahrzehnte bestimmt. Nach einer neueren Studie über bildungserfolgreiche Migrantenkinder muss man festhalten, dass sie überwiegend gegen die Schule ihren Erfolg erarbeitet haben. So heißt es in einer neuen Studie: „Wenn wir feststellen müssen, dass über die Hälfte unserer später als Jurist_innen, |
- | Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: | + | Eine heutige Rechtsanwältin schildert ihre Schulzeit folgendermaßen: |
- | „Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ ….Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/ | + | „Und dann hab´ ich jedes Jahr meine Lehrer angefleht, 6., 7., 8., 9. Klasse, jedes Jahr bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und hab ihm gesagt: ‚Herr Soundso, ich möchte auf die Realschule!‘“ ….Da „hieß es, ‚Du wirst es nicht packen! Das ist viel zu schwierig für Dich!‘ Dabei war ich eine der Klassenbesten.“ (Lang/ |
- | Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule. | + | Nach der 9. Klasse erhält sie ein Übergangszeugnis für die Realschule.\\ |
- | „Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt: | + | „Und das war mir dann einfach zu viel, das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Und da hab´ ich zu meinen Eltern gesagt: |
Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“ („stereotype threat“) verstärkt. Das Bundesjugendkuratorium hat schon 2008 erklärt: „Am wichtigsten ist deshalb eine deutliche ‚Ent-kategorisierung‘, | Zu diesem Mechanismus gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen und Erfahrungen. Gerade die dauernde Rede vom Problem, Migrant zu sein, und von der großen Hilfsbedürftigkeit hat die „Bedrohung durch Stereotype“ („stereotype threat“) verstärkt. Das Bundesjugendkuratorium hat schon 2008 erklärt: „Am wichtigsten ist deshalb eine deutliche ‚Ent-kategorisierung‘, | ||
- | 5.1 | + | |
- | Schließlich eine letzte Überlegung. In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. | + | Schließlich eine letzte Überlegung. In der World Vision Studie, in der Kinder interviewt wurden, finden wir die unterschiedlichsten Erfahrungen der Kinder. Sie verweisen uns erneut auf die Verschiedenheit der Welterfahrung hier an ihrem Lebensort. |
Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27) | Jakob, ein Zehnjähriger aus dem Kosovo, berichtet von seinen schönen Träumen. „Doch statt sich wie andere Kinder seinen Träumen hinzugeben, wird Jakob von einer großen Angst beherrscht: dass er und seine Familie bald wieder in den Kosovo abgeschoben werden. Die Gedanken belasten ihn so sehr, dass er nachts kaum schlafen kann. ‚Nicht bisschen habe Stress, aber ganz viel‘, erklärt der Junge. Ein Bekannter hat ihm erzählt, dass die Polizei bevorzugt nachts komme, um die Familien abzuholen, und sie so, wie sie sind, wieder in das Herkunftsland zurückschicke.“ (S. 27) | ||
- | Eine Elfjährige, | + | Eine Elfjährige, |
Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, | Beides ist möglich – die Faszination durch die Konsumwelt und die Angst vor der nächtlichen Abschiebung. Auch Deutschland produziert gewaltsame Vertreibung, | ||
Am Ende steht deshalb ein einfacher Satz. „Kinder haben ein Recht auf den heutigen Tag.“ Janusz Korczak hat ihn formuliert und damit ein zentrales pädagogisches Prinzip formuliert. Das ist natürlich ein Prinzip, das im schulischen Alltag des Lernens für das Leben in den Hintergrund gerät. Die Schulsozialarbeiterin kann es hervorholen und Raum schaffen für pädagogische Reflexion. Im Jetzt zu lernen und herausgefordert zu werden, im Jetzt zu spielen und fröhlich zu sein, im Jetzt traurig zu sein und nachzudenken – dies haben Pädagogen und Pädagoginnen zu gewährleisten und zu fördern, damit die Kinder in ihre Zukunft, von der wir und sie selbst nichts wissen, optimistisch und selbstbewusst gehen können. | Am Ende steht deshalb ein einfacher Satz. „Kinder haben ein Recht auf den heutigen Tag.“ Janusz Korczak hat ihn formuliert und damit ein zentrales pädagogisches Prinzip formuliert. Das ist natürlich ein Prinzip, das im schulischen Alltag des Lernens für das Leben in den Hintergrund gerät. Die Schulsozialarbeiterin kann es hervorholen und Raum schaffen für pädagogische Reflexion. Im Jetzt zu lernen und herausgefordert zu werden, im Jetzt zu spielen und fröhlich zu sein, im Jetzt traurig zu sein und nachzudenken – dies haben Pädagogen und Pädagoginnen zu gewährleisten und zu fördern, damit die Kinder in ihre Zukunft, von der wir und sie selbst nichts wissen, optimistisch und selbstbewusst gehen können. | ||
- | Literatur | + | |
+ | **Literatur**\\ | ||
Bundesjugendkuratorium (2008): Pluralität ist Normalität für Kinder und Jugendliche. Vernachlässigte Aspekte und problematische Verkürzungen im Integrationsdiskurs. | Bundesjugendkuratorium (2008): Pluralität ist Normalität für Kinder und Jugendliche. Vernachlässigte Aspekte und problematische Verkürzungen im Integrationsdiskurs. | ||
- | Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, | + | |
+ | Fegert, Jörg M.; Plener, Paul L.; Kölch, Michael (2015): Traumatisierung von Flüchtlingskindern – Häufigkeiten, | ||
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Lang, Christine; Pott, Andreas; Schneider, Jens (2016): Unwahrscheinlich erfolgreich. Sozialer Aufstieg in der Einwanderungsgesellschaft. (IMIS-Beiträge, | Lang, Christine; Pott, Andreas; Schneider, Jens (2016): Unwahrscheinlich erfolgreich. Sozialer Aufstieg in der Einwanderungsgesellschaft. (IMIS-Beiträge, | ||
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World Vision Deutschland, | World Vision Deutschland, | ||
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====Trump – der Repräsentant des 21. Jahrhunderts==== | ====Trump – der Repräsentant des 21. Jahrhunderts==== | ||
- | **Statement in der „Initiative für politisches Vor- und Nachdenken“ (Auch auf Türkisch: Trump – 21. Yüzyılın Temsilcisi.** | + | **Statement in der „Initiative für politisches Vor- und Nachdenken“** (Auch auf Türkisch: Trump – 21. Yüzyılın Temsilcisi. |
In: PoliTeknik.de, | In: PoliTeknik.de, | ||
- | Die meisten Medien begreifen Trump nicht, weil sie keinen Begriff von der Gesellschaft haben. Aber die modernen und miteinander globalisiert verbundenen Gesellschaften befinden sich in einer Dynamik, die als Übergang vom Kapitalismus zu einer neuen Form des Feudalismus bezeichnet werden kann. Thomas Piketty hat in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ gezeigt, wie sich die Verteilung des Reichtums in den entwickelten Gesellschaften derjenigen des 18. und 19. Jahrhunderts annähert. Der „digitalisierte Kapitalismus“ (Manuel Castells) lässt die demokratischen „Deformationen“ des 20. Jahrhunderts hinter sich und bezieht auch die aufstrebenden Gesellschaften in seine Dynamik mit ein. Nicht China ist reich, sondern die herrschende Clique. Doch nicht nur der Reichtum und die Armut verändern ihr Gesicht und die Gesellschaften, | + | Die meisten Medien begreifen Trump nicht, weil sie keinen Begriff von der Gesellschaft haben. Aber die modernen und miteinander globalisiert verbundenen Gesellschaften befinden sich in einer Dynamik, die als Übergang vom Kapitalismus zu einer neuen Form des Feudalismus bezeichnet werden kann. Thomas Piketty hat in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ gezeigt, wie sich die Verteilung des Reichtums in den entwickelten Gesellschaften derjenigen des 18. und 19. Jahrhunderts annähert. Der „digitalisierte Kapitalismus“ (Manuel Castells) lässt die demokratischen „Deformationen“ des 20. Jahrhunderts hinter sich und bezieht auch die aufstrebenden Gesellschaften in seine Dynamik mit ein. Nicht China ist reich, sondern die herrschende Clique. Doch nicht nur der Reichtum und die Armut verändern ihr Gesicht und die Gesellschaften, |
- | Die Irritation der meisten Medien, der Blick richtet sich lediglich auf die deutsche Szene, rührt aber zusätzlich daher, dass sie ihre Definitionsdominanz, | + | Die Irritation der meisten Medien, der Blick richtet sich lediglich auf die deutsche Szene, rührt aber zusätzlich daher, dass sie ihre Definitionsdominanz, |
- | Mit Trump regiert das Kapital selbst, es benötigt nicht mehr einen „Ausschuss, | + | Mit Trump regiert das Kapital selbst, es benötigt nicht mehr einen „Ausschuss, |
- | Auch wenn die demokratischen und rechts- und sozialstaatlichen Bedingungen die Entfaltung des modernen Feudalismus noch hemmen, kann ein Blick in Wikipedia (!) mehr die gegenwärtigen Verhältnisse beleuchten als die Lektüre der common-sense-Literatur. „Eine idealtypische feudale Gesellschaft kann durch folgende Merkmale beschrieben werden: Ein Landesherr überlässt seinen militärischen Gefolgsleuten zu deren materieller Versorgung die Nutzung von Teilen seines Landes einschließlich der darauf befindlichen Bewohner. Das feodum ist ein zum Lehen (also ein im anfänglichen Grundprinzip nur zur Leihe) übertragenes beneficium, also eine Wohltat im Sinne eines Liegenschaftsvermögens, | + | Auch wenn die demokratischen und rechts- und sozialstaatlichen Bedingungen die Entfaltung des modernen Feudalismus noch hemmen, kann ein Blick in Wikipedia (!) mehr die gegenwärtigen Verhältnisse beleuchten als die Lektüre der common-sense-Literatur. „Eine idealtypische feudale Gesellschaft kann durch folgende Merkmale beschrieben werden: Ein Landesherr überlässt seinen militärischen Gefolgsleuten zu deren materieller Versorgung die Nutzung von Teilen seines Landes einschließlich der darauf befindlichen Bewohner. Das feodum ist ein zum Lehen (also ein im anfänglichen Grundprinzip nur zur Leihe) übertragenes beneficium, also eine Wohltat im Sinne eines Liegenschaftsvermögens, |
- | Die Kultur der Herrschaft hat sich in der Figur des narzisstischen Trump schon weit entfaltet. Die Präsentation im Kreis der Familie in dem berühmten CNN – Interview am 11.November 2016 (an diesem Tag beginnt die Kampagne der Mainzer Fastnacht) und der Einzug mit dem ganzen Clan nach der gewonnenen Wahl am 9.11.2016, als „Siegesrede“ medial verherrlicht, | + | Die Kultur der Herrschaft hat sich in der Figur des narzisstischen Trump schon weit entfaltet. Die Präsentation im Kreis der Familie in dem berühmten CNN – Interview am 11.November 2016 (an diesem Tag beginnt die Kampagne der Mainzer Fastnacht) und der Einzug mit dem ganzen Clan nach der gewonnenen Wahl am 9.11.2016, als „Siegesrede“ medial verherrlicht, |
- | Die Sozialdemokratie hatte dagegen Teilhabe verstanden als Teilhabe am materiellen Reichtum der Gesellschaft und der Verfügung über ihre Produktionsmittel für alle; jetzt reduziert sie die Teilhabe auf den Kern der Industriearbeiterschaft, | + | Die Sozialdemokratie hatte dagegen Teilhabe verstanden als Teilhabe am materiellen Reichtum der Gesellschaft und der Verfügung über ihre Produktionsmittel für alle; jetzt reduziert sie die Teilhabe auf den Kern der Industriearbeiterschaft, |
Die „Kriege im 21. Jahrhundert“ (wie der von Rudolph Bauer herausgegebene Band betitelt ist) brauchen im US-amerikanischen Imperium keine weitere Modifikation. Sie sind schon in den vergangenen Jahrzehnten auf der Grundlage von Lug und Betrug entstanden und haben sich einen Kehricht um das Völkerrecht oder die Menschenrechte geschert. Für Europa gilt, dass diese feudalistisch-willkürliche Praxis mit dem Krieg gegen Serbien 1999 begonnen hat und nun als Aufrüstung gegen Russland und gegen die „Migrationsströme“ fortgesetzt wird. Wenn der industriell-militärische Komplex dem Präsidenten Trump erst einmal eingeredet hat, dass man mit Rüstung und Krieg Profit machen und „Jobs“ schaffen kann, dass auch das Niederrüsten im Kalten Krieg Profit einbringt, dann wird selbst die vermeintliche Sympathie für den russischen Präsidenten Putin schnell verdunsten. | Die „Kriege im 21. Jahrhundert“ (wie der von Rudolph Bauer herausgegebene Band betitelt ist) brauchen im US-amerikanischen Imperium keine weitere Modifikation. Sie sind schon in den vergangenen Jahrzehnten auf der Grundlage von Lug und Betrug entstanden und haben sich einen Kehricht um das Völkerrecht oder die Menschenrechte geschert. Für Europa gilt, dass diese feudalistisch-willkürliche Praxis mit dem Krieg gegen Serbien 1999 begonnen hat und nun als Aufrüstung gegen Russland und gegen die „Migrationsströme“ fortgesetzt wird. Wenn der industriell-militärische Komplex dem Präsidenten Trump erst einmal eingeredet hat, dass man mit Rüstung und Krieg Profit machen und „Jobs“ schaffen kann, dass auch das Niederrüsten im Kalten Krieg Profit einbringt, dann wird selbst die vermeintliche Sympathie für den russischen Präsidenten Putin schnell verdunsten. | ||
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**Methodische Notiz** | **Methodische Notiz** | ||
+ | |||
Meinen „Input“ zur Ausstellung stütze ich auf einige Studien, die in den letzten Jahren zum Umfang des bürgerschaftlichen Engagements durchgeführt wurden, auf Berichte über bürgerschaftliches Engagement im Bereich des Engagements für geflüchtete Menschen und auf Untersuchungen über die Wirksamkeit von Hilfen zur Integration. Über eigene praktische Erfahrungen verfüge ich durch die Beteiligung an MentoringMainz im Kinderschutzbund Mainz und bei der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt. Wichtige Einsichten konnten beim Mainzer Vernetzungstreffen im Februar 2018 gewonnen werden. | Meinen „Input“ zur Ausstellung stütze ich auf einige Studien, die in den letzten Jahren zum Umfang des bürgerschaftlichen Engagements durchgeführt wurden, auf Berichte über bürgerschaftliches Engagement im Bereich des Engagements für geflüchtete Menschen und auf Untersuchungen über die Wirksamkeit von Hilfen zur Integration. Über eigene praktische Erfahrungen verfüge ich durch die Beteiligung an MentoringMainz im Kinderschutzbund Mainz und bei der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt. Wichtige Einsichten konnten beim Mainzer Vernetzungstreffen im Februar 2018 gewonnen werden. | ||
**Begriffliches** | **Begriffliches** | ||
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Das Ehrenamt ist ein nützlich Ding. Thementage in den Medien und in der Politik, Preisausschreiben und Prädikate überall, Lobeshymnen und social responsibility – wie es scheint, wird der ganze Zusammenhalt der Gesellschaft an ihm festgemacht. Da erinnert man sich aber auch an das Wort von Jan Philipp Reemtsma: „Bei Worten, hat ein kluger Mann einmal gesagt, tut man gut, alle Übergrößen zu vermeiden, und man sollte rhetorisch keine Krisen heraufbeschwören, | Das Ehrenamt ist ein nützlich Ding. Thementage in den Medien und in der Politik, Preisausschreiben und Prädikate überall, Lobeshymnen und social responsibility – wie es scheint, wird der ganze Zusammenhalt der Gesellschaft an ihm festgemacht. Da erinnert man sich aber auch an das Wort von Jan Philipp Reemtsma: „Bei Worten, hat ein kluger Mann einmal gesagt, tut man gut, alle Übergrößen zu vermeiden, und man sollte rhetorisch keine Krisen heraufbeschwören, | ||
Das ist richtig – denn das Ehrenamt steht auch für System- und Staatsversagen. Während in der christlichen Tradition der großen Orden von den Maltesern bis zu den Johannitern noch Hilfe und militärische Verteidigung der Kirche in einer Hand lagen und dem Adel später honorige Betätigung erlaubten, wurde es in der Preußischen Städteordnung von 1808 kommunalisiert, | Das ist richtig – denn das Ehrenamt steht auch für System- und Staatsversagen. Während in der christlichen Tradition der großen Orden von den Maltesern bis zu den Johannitern noch Hilfe und militärische Verteidigung der Kirche in einer Hand lagen und dem Adel später honorige Betätigung erlaubten, wurde es in der Preußischen Städteordnung von 1808 kommunalisiert, | ||
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**Mengenmäßiges** | **Mengenmäßiges** | ||
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Der Umfang des freiwilligen Engagements ist beachtlich. Knapp 44% der Bevölkerung im Alter ab 14 Jahre sind freiwillig engagiert. Entgegen dem verbreiteten sozialkulturkritischen Bild hat dieses Engagements kontinuierlich zugenommen, von 1985 beispielsweise mit knapp 27% auf 30% im Jahr 2007. Über einen Anteil von 34% ist es dann auf die knapp 44% angestiegen. Und auch diese Daten sind ein paar Jahre alt. Das freiwillige Engagement verteilt sich nicht gleichmäßig über die Bevölkerungsgruppen, | Der Umfang des freiwilligen Engagements ist beachtlich. Knapp 44% der Bevölkerung im Alter ab 14 Jahre sind freiwillig engagiert. Entgegen dem verbreiteten sozialkulturkritischen Bild hat dieses Engagements kontinuierlich zugenommen, von 1985 beispielsweise mit knapp 27% auf 30% im Jahr 2007. Über einen Anteil von 34% ist es dann auf die knapp 44% angestiegen. Und auch diese Daten sind ein paar Jahre alt. Das freiwillige Engagement verteilt sich nicht gleichmäßig über die Bevölkerungsgruppen, | ||
Rheinland-Pfalz war einmal, despektierlich formuliert, das Land der Reben und Rüben. Heute ist es u.a. das Land in Deutschland mit dem höchsten Anteil an Engagierten, | Rheinland-Pfalz war einmal, despektierlich formuliert, das Land der Reben und Rüben. Heute ist es u.a. das Land in Deutschland mit dem höchsten Anteil an Engagierten, | ||
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**Engagement für Geflüchtete** | **Engagement für Geflüchtete** | ||
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Alle Aussagen über das Engagement für Geflüchtete sind zu differenzieren nach dem, was jeweils gemeint ist. Es gibt ein gelegentliches Tätigwerden auf bestimmte Anlässe hin und ein tägliches Sich-kümmern um Personen, Familien, Gruppen oder Situationen. Täglich ein Begegnungscafé offen zu halten ist etwas anderes als eine gelegentliche Begleitung zur Ausländerbehörde. Beides ist wichtig. Auch vom Umfang her gibt es große Unterschiede: | Alle Aussagen über das Engagement für Geflüchtete sind zu differenzieren nach dem, was jeweils gemeint ist. Es gibt ein gelegentliches Tätigwerden auf bestimmte Anlässe hin und ein tägliches Sich-kümmern um Personen, Familien, Gruppen oder Situationen. Täglich ein Begegnungscafé offen zu halten ist etwas anderes als eine gelegentliche Begleitung zur Ausländerbehörde. Beides ist wichtig. Auch vom Umfang her gibt es große Unterschiede: | ||
Der Wandel des Engagements in der Hilfe für Geflüchtete ist nicht zu übersehen. Im September 2015 begann eine große Woge der spontanen Hilfe für die mittellos ins Land kommenden Flüchtlinge, | Der Wandel des Engagements in der Hilfe für Geflüchtete ist nicht zu übersehen. Im September 2015 begann eine große Woge der spontanen Hilfe für die mittellos ins Land kommenden Flüchtlinge, | ||
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**Zusammenhänge** | **Zusammenhänge** | ||
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Die Gründe und Motive, die das freiwillige Engagement hervorbringen, | Die Gründe und Motive, die das freiwillige Engagement hervorbringen, | ||
In der noch nicht veröffentlichten Arbeit des ism werden die bei einer Befragung genannten Stichworte in die folgende Reihung gebracht: 1. Sinnvolles tun; 2. Integration fördern; 3. helfen; 4. humanitäre Aktivität; 5.Teilhabe an der Gesellschaft; | In der noch nicht veröffentlichten Arbeit des ism werden die bei einer Befragung genannten Stichworte in die folgende Reihung gebracht: 1. Sinnvolles tun; 2. Integration fördern; 3. helfen; 4. humanitäre Aktivität; 5.Teilhabe an der Gesellschaft; | ||
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**Engagement als Konfliktfeld** | **Engagement als Konfliktfeld** | ||
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In der Studie von Andreas Zwick, Thomas Prasser und Andrea Rumpel wird freiwilliges Engagement als Konfliktfeld untersucht. Die engagierte Person steht im Zentrum von Beziehungen zu den Geflüchteten, | In der Studie von Andreas Zwick, Thomas Prasser und Andrea Rumpel wird freiwilliges Engagement als Konfliktfeld untersucht. Die engagierte Person steht im Zentrum von Beziehungen zu den Geflüchteten, | ||
So gibt es einen Konflikt zwischen Fürsorge und Vereinnahmung, | So gibt es einen Konflikt zwischen Fürsorge und Vereinnahmung, | ||
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**Zusammenhänge im Feld** | **Zusammenhänge im Feld** | ||
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Freiwilliges Engagement ist einerseits frei und selbstbestimmt, | Freiwilliges Engagement ist einerseits frei und selbstbestimmt, | ||
Im Falle des MentoringMainz beispielsweise wurden, bevor die Tätigkeit der Mentor*innen beginnen konnte, durch persönliche Gespräche Kooperationsbeziehungen mit dem Jugendamt und den Vormündern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, | Im Falle des MentoringMainz beispielsweise wurden, bevor die Tätigkeit der Mentor*innen beginnen konnte, durch persönliche Gespräche Kooperationsbeziehungen mit dem Jugendamt und den Vormündern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, | ||
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**Forderungen und Anforderungen** | **Forderungen und Anforderungen** | ||
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Dieses Anforderungsbündel erscheint überwältigend und in der Tat haben freiwillig Engagierte ein komplexes Anforderungsfeld zu bearbeiten. Andererseits sind die grundlegenden Anforderungen an sie einfach: Sie sollen über eine reflektierte Lebenserfahrung verfügen, sie sollen eine innere Freiheit zu ihrer eigenen Kultur haben und eine bestimmte Zeit für Aktivitäten zur Verfügung stellen, wobei auch Raum erforderlich ist für spontane Aktionen. | Dieses Anforderungsbündel erscheint überwältigend und in der Tat haben freiwillig Engagierte ein komplexes Anforderungsfeld zu bearbeiten. Andererseits sind die grundlegenden Anforderungen an sie einfach: Sie sollen über eine reflektierte Lebenserfahrung verfügen, sie sollen eine innere Freiheit zu ihrer eigenen Kultur haben und eine bestimmte Zeit für Aktivitäten zur Verfügung stellen, wobei auch Raum erforderlich ist für spontane Aktionen. | ||
In der Regel brauchen freiwillig Engagierte auch eine Begleitung. Sie brauchen Informationen über die Umstände ihres Tätigkeitsfeldes, | In der Regel brauchen freiwillig Engagierte auch eine Begleitung. Sie brauchen Informationen über die Umstände ihres Tätigkeitsfeldes, | ||
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**Abschließendes** | **Abschließendes** | ||
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Die freiwillige Bürgerarbeit ist ein wertvolles Gut. Gelegentlich wird sie zum zentralen Kitt der Gesellschaft erklärt. Doch die Soziologie und die Psychologie erinnern uns daran, dass beim Zusammenhalt zuerst das Geld, dann die Angst und erst an dritter Stelle die Liebe kommt. Dennoch und in diesem Kontext gerade deshalb ist das Engagement für andere, für die, die in ihrer Situation Unterstützung brauchen, der Faktor, der einer Gesellschaft ihr menschliches Antlitz geben kann. | Die freiwillige Bürgerarbeit ist ein wertvolles Gut. Gelegentlich wird sie zum zentralen Kitt der Gesellschaft erklärt. Doch die Soziologie und die Psychologie erinnern uns daran, dass beim Zusammenhalt zuerst das Geld, dann die Angst und erst an dritter Stelle die Liebe kommt. Dennoch und in diesem Kontext gerade deshalb ist das Engagement für andere, für die, die in ihrer Situation Unterstützung brauchen, der Faktor, der einer Gesellschaft ihr menschliches Antlitz geben kann. | ||
Das Freiwilligenengagement hat äußere Grenzen in der rechtlichen Lage der Adressaten, in den Mängel der Sammelunterkünfte, | Das Freiwilligenengagement hat äußere Grenzen in der rechtlichen Lage der Adressaten, in den Mängel der Sammelunterkünfte, | ||
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**Studien und Dokumente** | **Studien und Dokumente** | ||
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* Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) Projektgruppe Zivilengagement (Mareike Alscher, Dietmar Dathe, Eckhard Priller (Projektleitung), | * Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) Projektgruppe Zivilengagement (Mareike Alscher, Dietmar Dathe, Eckhard Priller (Projektleitung), | ||
* Strukturen und Motive der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit (EFA) in Deutschland 2. Forschungsbericht Ergebnisse einer explorativen Umfrage vom November/ | * Strukturen und Motive der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit (EFA) in Deutschland 2. Forschungsbericht Ergebnisse einer explorativen Umfrage vom November/ | ||
* Freiwilliges Engagement in Deutschland Zusammenfassung zentraler Ergebnisse des Vierten Deutschen Freiwilligensurveys; | * Freiwilliges Engagement in Deutschland Zusammenfassung zentraler Ergebnisse des Vierten Deutschen Freiwilligensurveys; | ||
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* Almut Zwengel: Erfolg, Dankbarkeit und Anerkennung. Zur Verstetigung ehrenamtlichen Engagements für Geflüchtete. In: neue praxis 49.Jg., Heft 6, S. 510 – 526. | * Almut Zwengel: Erfolg, Dankbarkeit und Anerkennung. Zur Verstetigung ehrenamtlichen Engagements für Geflüchtete. In: neue praxis 49.Jg., Heft 6, S. 510 – 526. | ||
* Anika Metzdorf, Rebecca Schmolke (Hrsg.) WIR GEHT NUR GEMEINSAM. Junge Geflüchtete in den Angeboten der Jugendarbeit – eine Arbeitshilfe für die Praxis. Hg.: Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism), Servicestelle junge Geflüchtete und Stiftung Ravensburger Verlag, Mainz März 2020. | * Anika Metzdorf, Rebecca Schmolke (Hrsg.) WIR GEHT NUR GEMEINSAM. Junge Geflüchtete in den Angeboten der Jugendarbeit – eine Arbeitshilfe für die Praxis. Hg.: Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism), Servicestelle junge Geflüchtete und Stiftung Ravensburger Verlag, Mainz März 2020. | ||
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* Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Forschungsbericht Nr. 484, Erfolgsfaktoren für die Integration von Flüchtlingen, | * Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Forschungsbericht Nr. 484, Erfolgsfaktoren für die Integration von Flüchtlingen, | ||
* Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Innovationen in der beruflichen Bildung (Hg), Bundesinstitut für Berufsbildung, | * Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Innovationen in der beruflichen Bildung (Hg), Bundesinstitut für Berufsbildung, | ||
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* Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschungsbereich) 2020: Zugang per Zufallsprinzip? | * Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschungsbereich) 2020: Zugang per Zufallsprinzip? | ||
* „Integration von Flüchtlingen in Deutschland: | * „Integration von Flüchtlingen in Deutschland: | ||
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**Eigene Vorarbeiten** | **Eigene Vorarbeiten** | ||
- | Ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Eine empirische Untersuchung zu ihrem Selbstverständnis. Weinheim-Basel 1982. (zusammen mit Christian Beck und anderen). | ||
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- | Ehrenamtliche Tätigkeit in Jugendverbänden und Jugendzentren. In: deutsche jugend. Heft 3/1988, S. 126 - 132. | ||
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- | Bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich. In: Thomas Olk und Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch Bürgerschaftliches Engagement. Weinheim/ | ||
- | Die langen Wellen des Engagements. In: Migration und Soziale Arbeit 27 (2005). Heft 3, S. 84 – 86. | + | * Ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Eine empirische Untersuchung zu ihrem Selbstverständnis. Weinheim-Basel 1982. (zusammen mit Christian Beck und anderen). |
+ | * Ehrenamtliche Tätigkeit in Jugendverbänden und Jugendzentren. In: deutsche jugend. Heft 3/1988, S. 126 - 132. | ||
+ | * Bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich. In: Thomas Olk und Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch Bürgerschaftliches Engagement. Weinheim/ | ||
+ | * Die langen Wellen des Engagements. In: Migration und Soziale Arbeit 27 (2005). Heft 3, S. 84 – 86. | ||
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- | ====Medizinisch-Industrieller Komplex (MedIK): Ein Verwandter des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIK) – Franz Hamburger==== | + | ====Medizinisch-Industrieller Komplex (MedIK): Ein Verwandter des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIK)==== |
Zu meinem Soziologiestudium (ab 1966) gehörte die Teilnahme an einem Mittelseminar zum Buch „The Power Elite“ (1956) von C. Wright Mills. | Zu meinem Soziologiestudium (ab 1966) gehörte die Teilnahme an einem Mittelseminar zum Buch „The Power Elite“ (1956) von C. Wright Mills. |
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